Aus dem Englischen von Brett McCracken
Übersetzung: Dorothea Weiland
Lesedauer: 14 Minuten
Die jüngsten Fortschritte, die im Bereich der hoch entwickelten generativen KI erzielt wurden, haben für Schlagzeilen gesorgt und unzählige heiße Diskussionen ausgelöst. In ein paar Jahren werden uns ChatGPT, KI-generierte Deepfakes und Co. jedoch wahrscheinlich wie aus einer längst vergangenen Zeit vorkommen. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die KI unseren Alltag so sehr durchdrungen hat, wie es das Internet heute bereits tut.
Für uns Christen stellt sich nicht so sehr die Frage, ob wir KI in Zukunft nutzen wollen, sondern auf welche Weise wir das tun werden. Entscheidend ist, dass wir verstehen lernen, was KI ist und was nicht – was sie leisten kann (in Bereichen, in denen sie uns Menschen klar überlegen ist) und was nicht (Bereiche, die uns Menschen vorbehalten bleiben sollten).
Inhalt
Weisheit oder Intelligenz? – Was die KI kann und was nicht
Ich versuche mich mal an einer Antwort: Mithilfe von künstlicher Intelligenz kann man sehr viel Wissen zusammentragen, es kategorisieren und per Knopfdruck schnell zusammenfassen. Die KI kann dadurch sehr effizient auf eine Frage, ein Problem oder einen Prompt reagieren. Das funktioniert bereits jetzt schon sehr gut. Was die künstliche Intelligenz nicht so gut kann, ist neues Wissen zu generieren. Sie stellt keine neuen Fragen oder entwickelt grundlegend wichtige Konzepte oder Theorien wie es Theologen, Philosophen oder auch Dichter tun, die lange über ein Thema nachdenken.
Ein KI-Algorithmus kann Probleme auf kreative und anpassungsfähige Weise „lösen“. Er ist jedoch nicht in der Lage, zu verstehen, warum ein Problem ein Problem ist oder warum eine Fragestellung wichtiger als eine andere ist. Ihm fehlt das Urteilsvermögen, um zwischen schwerwiegenderen und kleineren Probleme unterscheiden zu können.
Algorithmen sind nicht in der Lage, Probleme moralisch einzuordnen und Lösungsansätze vorzuschlagen. Sie sind utilitaristisch, agieren datenbasiert und sind effizient. Informationen werden extrem schnell und präzise verarbeitet, doch die KI ist selbst nicht in der Lage, zu denken. Auch auf die schwierigsten Fragen findet sie schnell die „richtige Antwort“. Aber sie kann uns nicht erklären, wie wir unser Leben gut und richtig gestalten können.
Anders ausgedrückt: Die KI kann mit allem, was mit Wissen zu tun hat, gut umgehen, doch sie ist unfähig zur Weisheit.
Weisheit und der Einsatz von KI
Wir sollten keine Angst vor den Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz haben, unser Wissen zu erweitern. Wenn wir klug mit KI umgehen und sie an der richtigen Stelle einsetzen, kann sie Informationen gut zusammenführen und ein hilfreiches Werkzeug mit weitreichenden Anwendungsmöglichkeiten werden. Künstliche Intelligenz ist wie ein digitaler Suchassistent. Wenn Sie Pastor sind oder Theologie studieren, sollten Sie die eigene Beschäftigung mit der Bibel und Ihre Liebe zu Gottes Wort niemals einer KI überlassen. Sie kann Ihnen im Studium jedoch tiefere Erkenntnisse verschaffen, ähnlich wie es die verschiedenen Werkzeuge in Logos jetzt bereits tun.
Die Analyse der biblischen Sprachen, das Auffinden kompliziert verknüpfter Querverweise und biblischer Motive in der ganzen Bibel kann sehr mühsam sein. Wir sollten diese Arbeit nie vollständig der KI überlassen, doch sie kann uns durchaus von Nutzen sein – sie spart uns Zeit und kann uns auch helfen, Dinge zu entdecken, die wir sonst vielleicht übersehen würden.
Wir können uns nur eine begrenzte Zahl von Namen, Details, Zahlen, Mustern usw. merken. Die KI ist in dieser Hinsicht nicht eingeschränkt. Wenn wir die künstliche Intelligenz für „Routinearbeiten“ einsetzen und nicht für Aufgaben, die eine höhere Art von Denken erfordern (z. B. eine moralische Bewertung, Argumentationen, Abwägung von wichtigen und weniger wichtigen Dingen), kann sie ein sehr hilfreiches Werkzeug sein.
Die KI hilft beim Wissenserwerb – aber sie wird uns nie an Weisheit übertreffen
Die künstliche Intelligenz wird sich in den nächsten Jahren rasant weiterentwickeln. Irgendwann wird sie uns Menschen in der Fähigkeit, Wissen zu erwerben und zu speichern, übertreffen (wenn sie dies nicht bereits getan hat). Aber sie wird uns niemals an Weisheit übertreffen, da sie diese gar nicht haben kann. Weisheit ist eine einzigartige Fähigkeit des Menschen. Gott hat uns erschaffen – als Ebenbild dessen, der der Inbegriff der Weisheit ist (siehe Spr 8; 1Kor 1,24). Folglich besitzen wir ein von Gott verliehenes moralisches Gespür, das Roboter niemals haben können.
Die KI gibt das sogar zu. Ich habe neulich ChatGPT folgende Frage gestellt: Kann künstliche Intelligenz weise sein? Ich habe (nach etwa drei Sekunden) diese Antwort erhalten:
“Die künstliche Intelligenz kann zwar scheinbar auf kluge Art und Weise Aufgaben ausführen, z. B. Entscheidungen auf der Grundlage großer Datenmengen treffen, sie kann jedoch nicht in dem Sinne als weise betrachtet werden, wie es ein Mensch sein kann. Weisheit erfordert ein tiefes Weltverständnis und Verständnis für das Wesen des Menschen sowie die Fähigkeit zu Empathie, Kreativität und moralischem Urteilsvermögen. Derzeit kann eine KI diese Fähigkeiten noch nicht erreichen. Sie ist auf die Verarbeitung von Daten beschränkt und kann auf deren Grundlage Voraussagen treffen.”
Zudem verfügen KI-Systeme nicht über ein Gewissen, machen auch keine persönlichen Erfahrungen oder erleben Emotionen, die grundlegend zum menschlichen Wesen und zur Weisheit dazugehören. KI-Systeme können zwar aus Daten lernen und Entscheidungen treffen, sie haben jedoch nicht die Fähigkeit, ihre eigenen Erfahrungen zu reflektieren, die Folgen ihres Handels zu verstehen oder auf der Grundlage von Empathie und Mitgefühl moralische Entscheidungen zu treffen. Die künstliche Intelligenz kann zwar Menschen bei der Entscheidungsfindung helfen und wertvolle Erkenntnisse liefern, doch sie ist nicht in der Lage, menschliche Weisheit zu ersetzen.
Ein wichtiger Grund dafür, dass KI niemals weise sein kann, ist, dass Weisheit aus der Gemeinschaft mit Gott und durch Gebet kommt (Jak 1,5 ; 3,13–18 ). Im Buch der Sprüche lautet eine wichtige Erkenntnis, dass Weisheit in der Beziehung zu Gott und in Bezug auf Gott zu finden ist.
Der Weisheit Anfang ist die Furcht des HERRN. (Spr 9,10 LUT2017 )
Weisheit bedeutet, Ehrfurcht vor Gott zu haben
Weisheit bedeutet nicht, dass man über Gott Bescheid weiß. Das tut die KI auch. Wenn man ChatGPT bittet „Zehn Fakten über Gott“ aufzulisten, würde man eine solche Aufzählung wahrscheinlich erhalten. Weisheit ist jedoch mehr als über Gott Bescheid zu wissen. Weisheit bedeutet, Gott zu kennen, ihn zu lieben und ihn in Ehrfurcht und Ehrerbietung anzubeten. Roboter leben weder in Beziehungen noch beten sie jemanden an.
In einer von Technologie geprägten Welt, die uns zunehmend dazu verleitet, uns selbst als Götter zu betrachten – ein Götzendienst, der durch die fast an Allwissenheit grenzenden Fähigkeiten von KI noch verstärkt wird – kommt Weisheit aus einer gesunden Ehrfurcht vor Gottes Autorität und der demütigen Annahme unserer Begrenzungen. Wir sind Geschöpfe, er aber ist unser Schöpfer. Seine Wahrheit ist immer unendlich vertrauenswürdiger als „unsere Wahrheit“.
Im Zeitalter von KI müssen wir uns diese Art von Weisheit zu eigen machen. Wir brauchen Weisheit nicht nur, weil sie eine der wenigen menschlichen Fähigkeiten ist, an die KI nie herankommen wird, sondern weil sie uns dabei hilft, KI auf umsichtige, moralisch gute Weise zu nutzen. Die künstliche Intelligenz kann uns alle notwendigen Informationen liefern, bevor wir eine Entscheidung treffen. Aber nur die Weisheit selbst lässt uns wirklich die beste Entscheidung treffen. Die KI sorgt für Informationen. Weisheit bewertet sie.
3 Wege, um Weisheit zu kultivieren
Unsere Welt braucht in Zukunft Menschen, die weise Führungspersönlichkeiten sind. Christen können solche Personen sein, doch wir müssen jetzt bereits Gewohnheiten einüben, die uns in der Zukunft helfen, weise zu agieren. Hier sind drei Vorschläge, um dieses Ziel zu erreichen.
1. Mut zur Langsamkeit
Künstliche Intelligenz sorgt dafür, dass wir immer schneller an Informationen kommen und Wissen sammeln können. Was früher noch viele Stunden lang mühevoll in Bibliotheken zusammengesucht werden musste, ist heute in Sekundenschnelle verfügbar. Die hohe Effizienz und der schnelle Informationsfluss in einer von künstlicher Intelligenz geprägten Welt können jedoch gefährlich werden, wenn sie uns dazu bringen, schneller zu denken als es gut für uns ist, sodass wir zu maschinenähnlichen Informationsverarbeitern, anstatt zu menschlichen Denkern werden, die ihre beste Arbeit leisten, wenn sie sich die Zeit nehmen, Sachverhalte gründlich zu durchdenken, anstatt einfach nur radikal effizient zu sein.
Die rasende Geschwindigkeit des Informationszeitalters ist einer der wichtigsten Gründe, warum wir uns mit Weisheit so schwertun. Unser hyperaktiver, hektischer Modus operandi, der alles optimiert, ist der Weisheit einfach nicht zuträglich. Wir brauchen Raum, Stille und medienfreie Zeiten, wenn wir weise werden wollen. Wir leben jedoch in einer von Medien geprägten Welt, in der jede freie Minute mit neuen Reizen gefüllt wird. Die hohe Geschwindigkeit kann dazu führen, dass wir schneller mehr Wissen bzw. Informationen gewinnen. Es ist jedoch die Langsamkeit, die uns zur Weisheit führt.
Die hohe Effizienz und der schnelle Informationsfluss in einer von künstlicher Intelligenz geprägten Welt können gefährlich werden, wenn sie uns dazu bringen, schneller zu denken als es gut für uns ist.
Weisheit zu gewinnen ist ein Prozess
Um Weisheit zu gewinnen, ist auch der Prozess des Lernens wichtig. Es geht nicht einfach nur darum, auf Fragen eine Antwort zu finden oder so schnell wie möglich von A nach B zu kommen. Der Weg, auf dem wir zu einem Ergebnis gelangen, verläuft oft nicht geradlinig und hält dadurch wertvolle Erkenntnisse für uns bereit. Das ist ein wichtiger Punkt auch für Studierende und Dozierende, dem man auch im Zeitalter von KI Aufmerksamkeit schenken sollte.
Wir werden möglicherweise die Handlung und die wichtigsten Themen von Schuld und Sühne besser in Erinnerung behalten, wenn wir uns eine von KI erstellte Zusammenfassung zu dem Roman durchlesen. Aber das ist kein Ersatz dafür, Dostojewskis Buch tatsächlich selbst zu lesen. Bei einem Roman geht es nicht nur um die „Erkenntnisse“, die eine KI gut für Sie zusammenfassen kann. Es geht um das Lesen selbst und darum, in dieser fiktiven Welt Zeit zu verbringen, sich in der Fantasie zu verlieren, den Gefühlen nachzuspüren, die durch die Worte entstehen und darüber nachzudenken, wie die eigene Seele davon berührt wird.
Das Gleiche gilt auch für das Lesen der Bibel. Natürlich kann man künstliche Intelligenz nutzen, um einen Psalm oder das Buch Hiob zusammenzufassen. Aber bei diesen Büchern handelt es sich um Poesie. Es geht ihnen nicht nur darum, Ideen zu vermitteln. Es geht auch darum, wie diese Gedanken in poetische Sprache gekleidet werden. Die KI interessiert sich jedoch nicht dafür, wie Wissen durch Poesie vermittelt wird und wie sie in uns Menschen nachklingt. Sie interessiert sich lediglich für das effiziente „Was“ der Wissensvermittlung.
Weisheit bedeutet, einen Sinn für die Schönheit des Lebens zu entwickeln
Wenn wir weise werden wollen, müssen wir einen Hunger für die Poesie im Leben entwickeln, für die Schönheit des Lebens, die jenseits von nackten Tatsachen zu finden ist. Byung Chul-Han argumentiert in seiner Vita Contemplativa dafür, dass „Information die aktive Form der Sprache ist, während die Sprache in der Poesie die Funktion der Kontemplation übernimmt“. In einer von Informationen besessenen, hyperaktiven Welt, nehmen wir uns selten die Zeit, uns mit Poesie auseinanderzusetzen:
Im Rausch der Informationen und der Kommunikation entfernen wir uns immer weiter von der Poesie als Kontemplation der Sprache und fangen sogar an, sie zu hassen.
Machen Sie langsamer. Lesen Sie mehr poetische Texte. Denken Sie über die Schönheit von Sprache und über die Geheimnisse dieser Welt nach. Gönnen Sie sich Stille. Ruhe. Sie sind keine Maschine. Anders als bei einer KI geht es in Ihrem Leben nicht um Effizienz und Antworten. Es geht um Anbetung. Um Ehrfurcht.
2. Wachsen Sie in der Liebe und der Anbetung.
Der sicherste Weg, Weisheit zu erlangen, ist nicht das Anhäufen von mehr Wissen. Es ist mehr Liebe – zu unserem Schöpfer und zu anderen Menschen.
Auch das unterscheidet uns von der künstlichen Intelligenz. Anders als trainierte Maschinen, die geschaffen wurden, um Informationen zu verarbeiten, sind wir geschaffen, um zu lieben. Wir sind auf Anbetung angelegt. Wir nehmen nicht an Weisheit zu, wenn unser Verstand auf Hochtouren läuft, sondern wenn unsere Herzen von echter Liebe erfüllt sind.
Wenn Gott der Ursprung und Maßstab aller Weisheit ist, ist es nur logisch, dass wir Weisheit gewinnen, wenn unsere Beziehung zu ihm immer tiefer wird: wenn wir mit ihm in seinem Wort Gemeinschaft haben, ihn anbeten und ihm für all die Gaben danken, die er uns in dieser Welt im Überfluss schenkt.
Der Kleine Westminster Katechismus bringt es gut auf den Punkt:
„Das höchste Ziel des Menschen ist, Gott zu verherrlichen und sich für immer an ihm zu erfreuen.“
Wir kommen am besten zur Entfaltung, wenn wir das tun, wozu wir erschaffen wurden: Gott zu lieben und uns an ihm zu erfreuen. Weise zu werden, bedeutet das zu tun, wozu wir erschaffen wurden.
Das höchste Ziel der künstlichen Intelligenz besteht hingegen lediglich darin, Informationen schnell zu verarbeiten und sie effektiv zusammenzustellen. Das unterscheidet sie fundamental von uns Menschen. Die KI wurde nicht zur Anbetung erschaffen.
Weisheit bedeutet, Gott immer mehr zu lieben
Gott immer mehr zu lieben ist das Beste, was Sie tun können, um Weisheit zu erlangen. Richten Sie Ihr Herz auf ihn aus. Betrachten Sie jeden Moment – jede Begegnung mit Schönheit, jeden Schluck köstlichen Kaffees, jeden Duft nach Jasmin oder jedes Lagerfeuer – als Möglichkeit, Gott mehr zu lieben. Besuchen Sie jede Woche einen Gottesdienst und hören Sie im Auto Lobpreismusik. Gehen Sie in der Natur spazieren und beten Sie mit Freude in Ihrem Herzen, wenn Sie die Vögel in den Zweigen zwitschern hören.
Lieben Sie den Herrn mit ganzer Seele und ganzer Kraft. Lieben Sie auch Ihren Nächsten, wie es Jesus geboten hat (Mk 12,30–31 ): Ihre Familie, Ihre Gemeinde, Kollegen, Nachbarn, den Barista, der Ihnen Ihren Kaffee zubereitet, … Gehen Sie mit Ihrer Liebe großzügig um. Achten Sie nicht darauf, was Sie Ihnen nützt oder ob Sie etwas dafür zurückbekommen. Das ist die Liebe, mit der Gott uns liebt. Wenn wir selbst auch so lieben, werden wir ihm immer ähnlicher. Wir werden weiser. Menschen, die sich gegen die Liebe entscheiden, oder die künstliche Intelligenz, die nicht lieben kann, können nicht weise werden. Liebe ist eine wichtige Grundlage für Weisheit.
Manche brillanten Genies auf dieser Welt sind lieblose Griesgrame. Viele brillante Menschen mit mehreren Doktortiteln tragen Wut in sich und sind Narzissten. Sie mögen vielleicht viel Wissen, aber nur sehr wenig Weisheit haben. Erinnern Sie sich an das, was Paulus einmal gesagt hat:
Wenn ich …wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis …und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. 1Kor 13,2 LUT2017 )
3. Nehmen Sie Ihre Körperlichkeit an
Eine weitere Möglichkeit, Weisheit zu erlangen, besteht darin, unsere Körperlichkeit und die tatsächliche, physische Welt, in der wir leben, anzunehmen. Das wird zunehmend wichtiger, da unser digitales Zeitalter immer bildschirmbasierter und körperloser (und damit unmenschlicher) wird.
Klar, die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Die Digitalisierung ist da und KI ist es auch. Aber wir sind diejenigen, die entscheiden müssen, wie wir damit umgehen – wie viel Zeit wir online und wie viel wir in der tatsächlichen, physischen Welt verbringen. Neben vielen sinnvollen Dingen, die wir digital erledigen können, birgt die virtuelle Welt auch ihre eigenen Gefahren. Man kann sich schnell in Illusionen verlieren, die uns die Algorithmen vorsetzen.
Online-Aktivitäten ziehen uns in einen Strudel aus flüchtigen Ablenkungen und Pseudo-Events hinein, die uns oft sehr emotional machen, wenn es um weit von uns entfernte Ereignisse geht, von denen wir anderweitig nie erfahren hätten. Dadurch, dass im digitalen Zeitalter alles miteinander verbunden ist, wird unsere Perspektive verzerrt und unsere Aufmerksamkeit jeden Tag in hundert verschiedene Richtungen gelenkt.
Es ist wichtig, bewusst immer wieder Zeit fernab des Bildschirms zu verbringen – sei es in der Natur oder in gemeinschaftlichen Aktivitäten mit anderen. Wir gewinnen an Weisheit, wenn wir an der Realität festhalten, uns unserer Begrenzungen bewusst sind, mit unseren Unzulänglichkeiten umgehen lernen und uns kompromisslos der Wahrheit statt irgendwelchen verlockenden Fantasien verschreiben.
Weisheit heißt, die eigenen Grenzen zu kennen
Unser Leben wird gedeihen und wir werden an Weisheit zunehmen, wenn wir unsere Begrenzungen, die uns als Geschöpfe auferlegt sind, annehmen. Wir sind nicht Gott. Er ist allgegenwärtig – wir nicht. Wir können jede Menge wissen – und die künstliche Intelligenz kann uns als Menschen dazu verhelfen, mehr Wissen anzuhäufen als es in der Vergangenheit möglich war, sodass wir effektiver sein können als jemals zuvor. Aber wir werden niemals alles wissen oder alles tun können. Wir sind sterbliche Wesen. Unser Leben währt nur eine sehr kurze Zeit und wir sind nur Gast auf Erden.
Das soll keine düstere Realität beschreiben, sondern uns zu Dankbarkeit und Anbetung bringen. Wie klein und unbedeutend wir auch sein mögen – wir sind hier! Und das ist keine Selbstverständlichkeit. Weisheit bedeutet, diese Gnade zu erkennen und ihr mit Anbetung und Dankbarkeit zu begegnen.
Fazit
Die künstliche Intelligenz ist da. Sie wird unsere Welt auf dramatische Art und Weise verändern und wir stehen erst noch am Anfang. Als Christen brauchen wir jedoch keine Angst davor zu haben. Wenn wir mit der KI gut umgehen und sie vor allem bei datenorientierten Aufgaben und als „Rechercheassistenten“ einsetzen, können wir von diesem Instrument profitieren, ohne uns zu sehr davon abhängig zu machen.
Um unsere Menschlichkeit im Angesicht von Technologien, die menschliche Eigenschaften nachahmen, behalten zu können, ist Weisheit der Schlüssel. Wir müssen uns auf dieses Alleinstellungsmerkmal von Menschen konzentrieren. Uns entschleunigen und uns wieder dem Nachdenken statt der Informationsverarbeitung widmen.
Wir müssen uns wieder in Gewohnheiten üben, die in unserem Herzen Liebe, Leidenschaft und Anbetung wachsen lassen – und uns damit von der leidenschaftslosen Datenverarbeitung der KI unterscheiden. Und wir müssen die konkrete, fühlbare Ordnung von Gottes Schöpfung wieder neu annehmen, zu der auch die schönen Grenzen unserer Geschöpflichkeit gehören.
Denken Sie immer daran: Die künstliche Intelligenz kann noch so schlau werden – doch weise wird sie niemals sein! Weisheit ist etwas, was nur Menschen gewinnen können, denn wir wurden als Ebenbilder Gottes erschaffen und sollen ihn, den Inbegriff der Weisheit, anbeten.