Alle Jahre wieder trifft sich die ökumenische Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) und legt die Jahreslosung fest. Sie ist nicht nur in den ersten Wochen des Januars Grundlage vieler Andachten und Predigten. Sorgsam und mit Feingefühl werden unterschiedliche Vorschläge diskutiert, bevor das Ergebnis veröffentlicht wird.
Die Jahreslosung 2022 trifft uns mitten im Leben. Abweisung gibt es immer wieder. Hochaktuell erleben wir, dass man für viele Aktivitäten, sogar die meisten Gottesdienste im Land, eine Zugangsberechtigung braucht. Ablehnung und sogar Abgrenzung anderer Meinungen und Lebenseinstellungen sind mittlerweile leider Teil unserer gesellschaftlichen Realität.
Jesus Christus spricht: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“ Klare, einfache und verständliche Worte. Eigentlich braucht man da überhaupt nichts hinzufügen. Dieses Versprechen Jesu gilt. Bei ihm gibt es keine Ablehnung, keine Ausgrenzung oder Zugangsbeschränkung. Seine Tür steht offen.
Inhalt
Total simpel und doch unendlich tief
Jedes Jahr aufs Neue staune ich über die Klarheit und Einfachheit der Jahreslosungen. Gleichzeitig staune ich aber auch über eine Tiefe, die uns viel langfristiger, als durch eine einzelne Andacht oder Predigt begleiten kann.
Es ist sicher kein Zufall, dass die Einheitsübersetzung für diese Jahreslosung gewählt wurde. Trotzdem lohnt sich der Vergleich, um die Worte Jesu zu ergründen. Während die modernen Übersetzungen den Fokus auf der Abweisung haben, sind die Wortgetreuen präziser. Sowohl Luther, als auch Schlachter und Elberfelder schreiben wortgleich „den werde ich nicht hinausstoßen.“
Ein Blick in den Urtext bringt diese Präzision ans Licht. Wenn man sich die griechischen Vokabeln ansieht, stößt man auf mehr, als nur Annahme und Akzeptanz. Das griechische Wort ekballõ meint „hinauswerfen“ oder gar „austreiben“. Im Johannesevangelium begegnete es zuvor bei der Tempelreinigung, als Jesus die Händler aus dem Tempel wies (Joh 2,15).
Jesus verspricht seinen Jüngern also nicht nur, dass er sie an- und aufnimmt. Er sagt ihnen vielmehr zu, dass er sie nie wieder in die Welt hinaustreiben, sie sich selbst überlassen wird.
Der Zusammenhang macht es deutlich
Im Textvergleich fällt ein weiteres Detail schnell auf: Die Jahreslosung ist eigentlich nur der zweite Satz aus Vers 37. Die einleitenden Worte zeigen auf, was Jesus genau meint. Diejenigen, die der Vater ihm gibt, wird er nicht hinausstoßen. Aus Vers 36 wird außerdem noch deutlicher, dass es um Glauben geht – das zentrale Thema im ganzen Kapitel.
Das Versprechen von Jesus Christus steht nicht für sich allein. Im Zusammenhang erkennen wir die Verbindung zwischen seinem Heilsauftrag, dem Glauben der Jünger und der Perspektive auf die Ewigkeit.
Biblischer Tiefgang für Monate
Die Jahreslosung bietet die Möglichkeit zum intensiven Bibelstudium. Das Kapitel sechs im Johannesevangelium hat es in sich. Es beginnt mit einem der berühmtesten Wunder Jesu, der Speisung von 5000 Männern. Über die Idee dieser Männer, Jesus zum König zu machen, und Jesu Antwort, lieber den qualvollen Tod zu wählen, kommt es am Ende zum großen Bruch in Jesu Verkündigung. 4988 Männer wenden ihm den Rücken zu, nur zwölf bleiben an seiner Seite, einer von ihnen gar als späterer Verräter.
Eingebettet in diese Ablehnung der Botschaft Jesu, also den Unglauben der Menge, bekommt die Jahreslosung nochmal eine ganz andere Facette. Das Versprechen Jesu gilt insbesondere denjenigen, die dem Ruf des Vaters folgen und dem Sohn Gottes ohne jede materielle Sicherheit Vertrauen schenken.
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Simon Birr nutzt Logos Bibelsoftware seit 14 Jahren. Er ist Pastor der Freien evangelischen Gemeinde Ewersbach, Blogger (www.sbirr.de) und christlicher YouTuber (https://youtu.be/67i7XMcLBQY).