Rettet die Predigt! [Teil 1]

Von Thomas Powilleit

Homiletik, Predigt
September 19, 2017

Die Pre­digt scheint in Gefahr zu sein. Vor allem im Got­tes­dienst wird sie mehr und mehr an den Rand gedrängt. Zuneh­mend begeg­net man Ein­stel­lun­gen wie: Wer kann sich denn heu­te noch 30 oder sogar 45 Minu­ten auf eine Pre­digt konzentrieren? 

Wir müs­sen an der Pre­digt kür­zen! Macht dafür das Musik­pro­gramm und die Got­tes­dienst­an­tei­le mit einem stär­ke­ren Unter­hal­tungs­wert län­ger! Wenn schon Pre­digt, dann bit­te etwas media­ler. Beglei­tet von einer Prä­sen­ta­ti­on, auf­ge­peppt mit Anspie­len und ein­ge­spiel­ten Filmclips.

Rette die Predigt, weil sie Gottes Auftrag ist

Vie­le der unter­stüt­zen­den Maß­nah­men sind sicher didak­tisch sinn­voll, um den Pre­digt­hö­rern zu hel­fen, sich zu kon­zen­trie­ren. Es ehrt Gott nicht, wenn die Zuhö­rer nur noch mit Mühe die Augen offen hal­ten kön­nen. Doch scheint mir die effek­tivs­te Metho­de um die Kon­zen­tra­ti­on der Zuhö­rer zu för­dern, die zu sein, sich aus­rei­chend Zeit zu neh­men, Got­tes Wort zu pre­di­gen. Denn Got­tes Auf­trag ist immer noch: „Pre­di­ge das Wort“ (2Tim 4,1–5). Die­ser Auf­trag hat sich über die Jahr­hun­der­te nicht geän­dert. Er gilt auch heu­te noch.

Es ist nicht das Enter­tain­ment­pro­gramm, die Events oder die sozia­len Ange­bo­te, die eine Gemein­de auf Dau­er anzie­hend machen. Jeden­falls nicht für Chris­ten, die Got­tes Wort in ihren All­tag umset­zen wol­len. Es ist die Pre­digt, in der die Bedeu­tung von Got­tes Wort erklärt und auf das per­sön­li­che Leben ange­wen­det wird (Neh 8,8). Mei­ne Erfah­rung ist, dass Men­schen sogar bereit sind, vie­le Kilo­me­ter in eine christ­li­che Gemein­de zu fah­ren, wenn sie dort eine gute Pre­digt hören kön­nen. Zu die­sem Pre­di­gen gehört natür­lich im wei­te­ren Sinn auch das Ver­kün­di­gen und Leh­ren in Kleingruppen.

Des­halb wen­de ich mich mit mei­nen Blog­bei­trä­gen vor allen Din­gen an jun­ge Ver­kün­di­ger, die die Pre­digt ret­ten wol­len. Auch, indem sie bewei­sen: Pre­dig­ten müs­sen ganz und gar nicht lang­wei­lig oder ober­fläch­lich sein. Ich möch­te in einem Über­blick zei­gen, wie man vom Text zur Pre­digt kommt und dabei man­chen Tipp aus der Pra­xis mei­ner lang­jäh­ri­gen Pre­dig­t­er­fah­rung ein­flie­ßen lassen.

Ich bin froh, dass LOGOS das gro­ße Ziel unter­stützt, die Pre­digt wie­der zum Mit­tel­punkt zu machen. Die Aus­le­gung des Wor­tes Got­tes soll wie­der zu einer Zeit wer­den, auf die man sich freut. Pre­dig­ten, die die Zuhö­rer bewe­gen, gibt es aber nicht umsonst. Sie for­dern in der Regel viel Zeit bei der Vor­be­rei­tung, auch wenn LOGOS hilft, die­se Zeit so effek­tiv wie mög­lich zu nut­zen. Die Bibel­soft­ware unter­stützt uns in der Sehn­sucht, Pre­dig­ten zu hal­ten, von denen die Zuhö­rer sagen: „Er pre­digt mit Voll­macht und nicht wie unse­re Schrift­ge­lehr­ten“ (Mt7,29).

Rette die Predigt, weil sie heilsnotwendig ist

Wer Got­tes Auf­trag zu pre­di­gen ernst nimmt, wird erle­ben, wie sich Gott hin­ter sein ver­kün­dig­tes Wort stellt. Men­schen glau­ben dem ver­kün­dig­ten Wort Got­tes und erle­ben sein Heil (Rö10,17). Ent­we­der, indem sie Jesus als ihren Ret­ter ken­nen­ler­nen oder Got­tes Hil­fe in Not­si­tua­tio­nen erle­ben und so geist­lich wach­sen. Dar­um ist die Pre­digt heils­not­wen­dig. Es ist die Ver­kün­di­gung, die Men­schen hilft, Jesus zu fin­den, ihn zu lie­ben und ihm zu folgen.

Rette die Predigt, weil sie seelsorgerlich hilft

Man­che Chris­ten mei­den die Seel­sor­ge wie die Pest. Sie haben Angst, ehr­lich zu sein. Die Mas­ke abzu­neh­men und zu sagen, wie es wirk­lich in ihrem Leben aus­sieht. Scha­de! Da Jesus für unse­re Sün­de gestor­ben ist, haben wir doch die ein­zig­ar­ti­ge Mög­lich­keit, uns mit Schuld und Sün­de zu beschäftigen.

Ande­re Chris­ten wün­schen sich per­sön­li­che Seel­sor­ge­ge­sprä­che und bekla­gen sich, wenn sie nicht vie­le Ter­mi­ne bekom­men, an denen sie über ihre Pro­ble­me spre­chen kön­nen. Hier müs­sen Pre­di­ger auf­pas­sen, sich nicht von der Anspruchs­hal­tung der Zuhö­rer trei­ben zu las­sen. Eine wesent­li­che Seel­sor­ge­stun­de soll­te die Pre­digt sein. Wer als Pre­di­ger auf die seel­sor­ger­li­chen Fra­gen ein­geht, mit denen die Bibel sich beschäf­tigt, muss weni­ger Zeit in Ein­zel­ge­sprä­chen verbringen.

Es ist die seel­sor­ger­li­che Ver­kün­di­gung, die die Zuhö­rer anzieht und erreicht. Der Pre­di­ger soll­te die Zuhö­rer leh­ren, wie sie selbst in ihren seel­sor­ger­li­chen Her­aus­for­de­run­gen Got­tes Wil­len anhand der Bibel erken­nen kön­nen. Der Ver­kün­di­ger soll­te die Zuhö­rer los­schi­cken, damit sie in Gedan­ken in der Bibel auf die Suche gehen mit Fra­gen wie diesen:

  • Wel­che grund­sätz­li­chen Aus­sa­gen oder Ver­spre­chen Got­tes gibt es zu mei­nen Lebensfragen?
  • Wel­che Kon­se­quen­zen soll­te ich dar­aus ziehen?
  • Wel­che Per­son in der Bibel hat eine ähn­li­che Situa­ti­on wie ich erlebt?
  • Wie hat die­se Per­son reagiert?
  • Wie hat sie Got­tes Hil­fe in die­ser Situa­ti­on erlebt?
  • Wel­che Feh­ler hat die­se Per­son gemacht?
  • Was hat sie gelernt und was soll ich wahr­schein­lich durch die­se not­vol­le Situa­ti­on lernen?

Rette die Predigt, weil sie durch den Geist Gottes lebensverändernde Kraft hat

Wer pre­digt, möch­te sei­ne Zuhö­rer nicht nur infor­mie­ren, son­dern ihnen hel­fen, dass ihr Leben trans­for­miert, also ver­än­dert wird. Hier spürt man als Pre­di­ger aber auch sehr schnell sei­ne Gren­zen. Ich kann kei­nen Men­schen nach­hal­tig ver­än­dern. Des­halb hat eine Pre­digt immer zwei Seiten.

Auf der einen Sei­te ist eine Pre­digt mit Mühe ver­bun­den. Es ist das inten­si­ve For­schen, um den bibli­schen Text zu ver­ste­hen. Die­ses Ver­ste­hen hat zum Teil mit äuße­ren Din­gen zu tun. Ich den­ke hier an Begrif­fe wie Her­me­neu­tik, Exege­se und Homi­le­tik, mit denen wir uns im Ver­lauf die­ses Blogs beschäf­ti­gen wer­den. Jemand hat die­se Begrif­fe tref­fend ver­gli­chen mit dem Back­re­zept (Her­me­neu­tik), dem Backen (Exege­se) und dem Ser­vie­ren (Homi­le­tik).

Bei die­sen äuße­ren, sehr wich­ti­gen Din­gen, um einen bibli­schen Text zu erschlie­ßen, ist übri­gens LOGOS eine gro­ße Hil­fe. Mit die­sem Bibel­pro­gramm kann man die begrenz­te Zeit zur Pre­digt­vor­be­rei­tung opti­mal nut­zen. Man muss sich nicht in Recher­chen ver­lie­ren, die man auf Knopf­druck haben kann. Man muss mit LOGOS auch nicht eige­ne und gelie­he­ne Bücher auf einem gro­ßen Wohn­zim­mer­tisch aus­brei­ten, um ver­schie­de­ne Mei­nun­gen zu einem Bibel­text sinn­voll zu ver­glei­chen. Alles das kann die­ses Bibel­pro­gramm leis­ten, damit Sie Zeit haben, sich auf die wesent­li­chen Aus­sa­gen eines Bibel­tex­tes zu kon­zen­trie­ren und ihn hilf­reich für die Zuhö­rer anzuwenden.

Aber auf der ande­ren Sei­te braucht jeder Ver­kün­di­ger neben die­sen äuße­ren Din­gen, die Lei­tung durch den Hei­li­gen Geist, um einen Text zu erfor­schen. Die­ser Geist hilft mir, Got­tes Wort so zu ver­ste­hen, dass es mich berührt. Got­tes Geist gibt mir außer­dem hilf­rei­che Gedan­ken, wie ich Got­tes Bot­schaft an die Zuhö­rer wei­ter­ge­ben kann. Die­se über­na­tür­li­che Hil­fe ist in einer Pre­digt­vor­be­rei­tung ent­schei­dend. Chris­ten wer­den sie erle­ben, wenn sie sich in dem Bewusst­sein der eige­nen Unfä­hig­keit an Gott im Gebet wen­den und IHN um sei­ne Hil­fe bei der Pre­digt­vor­be­rei­tung bit­ten. Nicht nur ein­mal, son­dern immer wie­der, wäh­rend die Pre­digt entsteht.

Wahr ist aber auch: Gott schiebt der Faul­heit kei­ne Kis­sen unter. Die­se Lei­tung durch den Hei­li­gen Geist ersetzt nicht die gründ­li­che Vor­be­rei­tung. Ich habe bekann­te Pre­di­ger zum Teil per­sön­lich danach gefragt, wie­viel Zeit sie sich für die Pre­digt­vor­be­rei­tung neh­men. Ob sie Alex­an­der Strauch, John Piper oder Mark Dever hei­ßen, ihre Ant­wor­ten sind ähn­lich. Sie neh­men sich 14–16 Stun­den Zeit, um eine Pre­digt vor­zu­be­rei­ten. Das zeigt, wie ernst sie ihren Auf­trag nehmen.

Die Pre­dig­ten des Herrn Jesus wur­den dadurch bekannt, dass sie voll­mäch­tig waren. Natür­lich wol­len und kön­nen wir uns nicht mit unse­rem HERRN ver­glei­chen. Doch ER selbst sagt: „Der Geist des HERRN ist auf mir“ (Lk4,18). Wie nötig haben wir es dann, dass der Hei­li­ge Geist uns bei der Pre­digt­vor­be­rei­tung lei­tet, damit auch unse­re Pre­digt voll­mäch­tig ist.

Voll­macht lässt sich schwer erklä­ren. Das Ver­spre­chen des Herrn Jesus „Wer euch hört, der hört mich“ (Lk10,16), lässt uns ahnen, was Voll­macht ist. Men­schen hören in der voll­mäch­ti­gen Ver­kün­di­gung per­sön­lich Got­tes Stim­me, die mit ihnen redet.

Das hilf­reichs­te Bei­spiel, das ich über voll­mäch­ti­ge Pre­digt hör­te, war der Hin­weis auf den Hahn, der kräh­te, als Petrus sei­nen Herrn Jesus ver­leug­ne­te (Lk22,60f). Als der Hahn kräht, wen­det Jesus sich zu Petrus um und sieht ihn an. Petrus erin­nert sich beim Blick des Herrn Jesus an des­sen Wort: „Du wirst mich ver­leug­nen“. Petrus reagiert auf Jesu Blick und ver­lässt bit­ter­lich wei­nend das Gelän­de. Der Hahn war der Aus­lö­ser, dass die Bei­den sich anschau­ten. Dann war der Hahn nicht mehr wich­tig. Petrus wuss­te sich in Got­tes Gegen­wart gestellt und erkann­te sei­ne eige­ne Sün­de. Bei einer voll­mäch­ti­gen Pre­digt ist der Pre­di­ger wie der Hahn. Durch das Krä­hen wer­den ein­zel­ne Zuhö­rer in Got­tes Gegen­wart gestellt. Sie haben, bild­lich gespro­chen, Blick­kon­takt mit dem Herrn Jesus. Es ist, als ob Jesus selbst mit ihnen redet. Die­se Pre­digt­hö­rer reagie­ren dann auf das Wort des Herrn Jesus. Des­halb kann die Sehn­sucht eines Pre­di­gers nur sein, so krä­hen zu dür­fen, dass eini­ge Zuhö­rer den Blick­kon­takt mit dem Herrn Jesus bekommen.

Rette die Predigt, indem sie im Gemeindealltag praktiziert wird

Wir kön­nen nicht die Auf­ga­be des Hei­li­gen Geis­tes über­neh­men. Aber wir kön­nen Got­tes Auf­trag zu pre­di­gen, ver­ant­wor­tungs­voll leben. Es ging in die­sem Bei­trag dar­um, zu zei­gen, war­um es wich­tig ist, die Pre­digt zu ret­ten indem man sie wie­der zum Mit­tel­punkt des jewei­li­gen Tref­fens einer christ­li­chen Gemein­de macht. Grün­de dafür, habe ich eini­ge genannt.

Vor allen jun­gen Ver­kün­di­gern möch­te ich sagen: Gewöh­nen Sie sich nicht an lang­wei­li­ge sonn­täg­li­che Rede­bei­trä­ge, die man fälsch­li­cher­wei­se Pre­digt nennt. Die­se Vor­trä­ge haben mit dem Bibel­text oder eige­nen Leben fast nichts zu tun.

Nut­zen Sie doch die­se Blog­bei­trä­ge und wei­te­re Lite­ra­tur, um sich inten­siv damit zu beschäf­ti­gen, was bibli­sche Pre­digt ist. Las­sen Sie sich dar­auf ein in der Auf­ga­be, die Ihnen in der Gemein­de anver­traut ist, Bibel­tex­te aus­zu­le­gen. Mög­li­cher­wei­se sind Ihre Zuhö­rer zunächst erstaunt – aber auf Dau­er wer­den sie dann dar­über stau­nen, wie kon­kret Gott mit sei­nem Wort in unse­ren All­tag hin­ein redet. Ich hof­fe, dass die­ser Blog auf dem Weg, biblisch zu pre­di­gen, eine Hil­fe sein kann.


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Thomas Powilleit

Über den Autor

Thomas Powilleit ist Pastor der evangelischen Freikirche „Evangelium für Alle“ in Stuttgart (www.efa-stuttgart.de). Neben seinen Aufgaben dort ist er überörtlich vor allen Dingen im Rahmen des gleichnamigen Netzwerkes „Evangelium für Alle“ zu Seminaren und ausgewählten Einzelveranstaltungen unterwegs.

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  1. Dan­ke für den Bei­trag. Die voll­mäch­ti­ge Wort­ver­kün­di­gung ist not­wen­di­ger denn je. Und her­aus­for­dernd auch für „alte” Pre­di­ger. Inwie­fern Logos den Pre­di­ger prak­tisch dabei unter­stüt­zen kann, wäre sehr hilf­reich. Vie­len Dank für Dei­ne Mühe.

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