Kirchengeschichte studieren? Lohnt sich das überhaupt? Wir haben „Bestseller-Autor“ Armin Sierszyn gefragt und meinen: JA! Die Kirchengeschichte hat uns im 21. Jahrhundert noch so viel zu sagen. Erfahren Sie in diesem Interview, warum. Zudem stellen wir Ihnen in diesem Beitrag das Standardwerk zur Kirchengeschichte vor, welches an vielen Ausbildungsstätten Pflichtlektüre ist. Warum Sie nicht nur Zeit und Geld sparen, wenn Sie es auf Logos kaufen, erfahren Sie nach dem Interview.
Inhalt
- Interview
- JG: Vielen Dank für deine Zeit und die Möglichkeit, dich zu interviewen. Armin, unsere Bekanntschaft geht bereits über zwei Jahrzehnte zurück, du warst damals Pfarrer in der Landeskirche, in der ich Mitglied war. Im Verhältnis zu der Zahl deiner Studierenden, welche du während 40 Jahren an der Statsunabhängigen Hochschule Basel begleiten konntest, war diese Landeskirche eher klein und du hattest viele pastorale Aufgaben.
- JG: Apropos unschönen oder gar bösen Zeiten: Würdest du folgendes Zitat aus deinem Buch als eine schlaue Definition von Kirchengeschichte einstufen?
- JG: Was hat dich veranlasst, dieses Kompendium zu verfassen und bis heute zu aktualisieren? Kaum ein Lehrbuch zur Kirchengeschichte hat soviele Aktualisierungen und neue Auflagen erreicht!
- JG: Und du wolltest offenbar weder einen ausufernden noch einen zu knappen Band veröffentlichen?
- JG: Und was war dein Ansatz, einen der allgemeinen Geschichtswissenschaften transzendierenden Charakter zu postulieren?
- JG: Kirchengeschichte scheint dir wichtig geworden zu sein. Warum? Für viele Studierende ist das Studieren von Geschichte ja oft als langweilig oder öde beschrieben worden.
- Kirchengeschichte beschreibt die Nähe von Gott zu den Menschen
- JG: Du meinst, dass es den Menschen überall dort besser ging, wo sie nah an Gottes Wort und somit an Gott waren, eine spannende These, welche du sicher in deinem Werk näher ausführst. Warum sollte Kirchengeschichte und dessen Studium für unsere heutigen Leser wichtig werden? Was ist der Vorteil daran, dass man sich dein Buch kauft und sich darin vertieft?
- JG: Vielen Dank für deine Ausführungen. Doch eine Frage habe ich noch: Über was würdest du heute schreiben? Was ist dir jetzt wichtig? Was wäre jetzt für die Kirche dran?
- JG: Alles klar. Dann möchte ich mich herzlich bei dir für die Zeit bedanken. Ich wünsche dir für deine weiteren Veröffentlichungen und deine Familie alles Gute!
- Das Werk von Sierszyn
- Beispiel eines Ereignisses aus der Kirchengeschichte
Der Autor
Armin Sierszyn (83) ist verheiratet, hat 2 Kinder und mehrere Enkelkinder. Er studierte Theologie in Zürich, Bethel und Marburg. Von 1973 bis 2013 wirkte er als Professor für Historische Theologie und Praktische Theologie an der STH Basel (vorher FETA). Als evangelikal geprägter Theologe mit überwiegend reformierter Prägung betont er die seit den 1970er Jahren aufkommende Kritik an der klassischen historisch-kritischen Theologie. Der Bibel müsse genügend Raum und Priorität eingeräumt werden. Aus diesem Grund hat Sierszyn mehrere Werke zu einer biblischen Hermeneutik verfasst.
Am bekanntesten ist jedoch sein Lehrbuch zur Kirchengeschichte, das bereits in der 6. überarbeiteten und erweiterten Auflage vorliegt.
Dieses Standardwerk hat sich als Examenslehrbuch für Theologiestudierende wie auch als Nachschlagewerk für alle Interessierten bewährt. Ein detailliertes Register mit etwa 2100 Begriffen erleichtert den Zugang zu Personen und Themen der Kirchen- und Theologiegeschichte.
Wir hatten die Möglichkeit, Armin Sierszyn zu interviewen und können Ihnen so einen frischen Blick in sein Buch und die Kirchengeschichte ganz allgemein geben. Das Interview führte Joshua Ganz.
Interview
JG: Vielen Dank für deine Zeit und die Möglichkeit, dich zu interviewen. Armin, unsere Bekanntschaft geht bereits über zwei Jahrzehnte zurück, du warst damals Pfarrer in der Landeskirche, in der ich Mitglied war. Im Verhältnis zu der Zahl deiner Studierenden, welche du während 40 Jahren an der Statsunabhängigen Hochschule Basel begleiten konntest, war diese Landeskirche eher klein und du hattest viele pastorale Aufgaben.
Ja, das war und ist aber nicht weniger interessant! Ich wollte schon immer nicht nur als Professor tätig sein, sondern immer auch einen Fuß in der Kirche Gottes haben, wo man Menschen in ihrem Alltag begleiten kann, zu schönen und unschönen Zeiten!
JG: Apropos unschönen oder gar bösen Zeiten: Würdest du folgendes Zitat aus deinem Buch als eine schlaue Definition von Kirchengeschichte einstufen?
“Die 2000-jährige Geschichte der Kirche ist reich an Bösem, das mehr oder weniger fromme Menschen einander im Namen Gottes antun”. – Armin Sierszyn, S. 5
Naja, also eine klassische Definition ist dieser Satz nicht, obwohl er wohl wahr ist und die Kirchengeschichte immer diesen beidseitigen Ausgang hatte, Gutes und Schlechtes zu bewirken. Doch genau darin liegt doch bereits einer der grössten Schätze der Kige (Kirchengeschichte): Aus den Fehlern der Vergangenheit darf und soll man lernen! Wenn uns die Kirchengeschichte eines zeigt, dann dass wir nicht dieselben Fehler machen müssen, die bereits passiert sind.
JG: Was hat dich veranlasst, dieses Kompendium zu verfassen und bis heute zu aktualisieren? Kaum ein Lehrbuch zur Kirchengeschichte hat soviele Aktualisierungen und neue Auflagen erreicht!
Man muss natürlich viel Zeit investieren, um ein Werk aktuell und in Schuss zu halten. Wenn man das nicht macht, geht auch die Relevanz zurück und neuere Werke werden interessant. Durch meine lange Lehrtätigkeit als Professor für Kirchengeschichte wusste ich immer, wo es noch Lücken gab und was ich bei einer Neuauflage verändern sollte. Zum ursprünglichen Verfassen sprachen damals für mich zwei Gründe.
- In meiner frühesten Jugend auf dem Bauernhof schlief ich bis zur 1. Klasse in der Kammer meiner Großeltern. Da durfte ich oft im Bettenspalt zwischen Großmutter und Großvater den Erzählkünsten meiner Großmutter lauschen. In freier Rede erzählte sie mir die wichtigsten Geschichten aus der Bibel sowie aus der Zürcher Oberländer Heimatkunde. Dies weckte in mir schon früh das Interesse für Geschichte.
- Für die Kirchengeschichte gab es lange Zeit eigentlich nur den liberalen Karl Heussi mit seinem „Kompendium der Kirchengeschichte“, das seit etwa 1905 schon zwölf Auflagen und mehrere Nachdrucke erlebt hatte. „Heussi“ war pädagogisch straff und geschickt aufgebaut, wissenschaftlich sauber, jedoch trocken zu lesen und hoffnungslos „liberal“ in theologischer Hinsicht. Sehr viel näher stand mir der lutherische Altmeister Kurt Dietrich Schmidt mit seinem „Grundriss der Kirchgengeschichte“ (9.Aufl. 1990). Doch Schmidts Grundriss war „stofflich“ knapp und methodisch anders aufgegleist. Schmidt, der noch heute lesenswert ist, bietet Querschnitte und Zusammenhänge der Kirchengeschichte.
Redaktioneller Einschub: Als „hoffnungslos liberal” beschreibt Armin die damalige Einseitigkeit der historisch-kritischen Methode, wenn sie in ihrer Absolutheit keine andere Methode gelten lässt und die drei Schritte von Troeltsch ebenso als Absolut und zwingend setzt. Sierszyn hat sich in Sierszyn, Armin 2001. Die Bibel im Griff ? historisch-kritische Denkweise u. biblische Theologie. Holzgerlingen: Hänssler näher damit befasst.
JG: Und du wolltest offenbar weder einen ausufernden noch einen zu knappen Band veröffentlichen?
Genau! Ich wagte die Abfassung eine Kirchengeschichte auf reformatorisch-bibeltreuer Grundlage – durchaus mit pietistisch-missionarischem Einschlag. Den üblichen Stoff für evangelische Kirchengeschichte habe ich in meinem Werk übernommen. Besondere Beachtung und Betonung erfahren dabei erweckliche und missonarische Aufbrüche (nicht nur in der Neuzeit), denn jede Kirche lebt von erwecklicher Bewegung. Die Kirchengeschichte versucht, den in der Geschichte fortwirkenden Christus zu beschreiben, der ganz Gottes, aber auch ganz Menschenwerk ist. Insofern eignet der Kirchengeschichte immer eine erbauende, aber auch eine kritische Dimension an.
JG: Und was war dein Ansatz, einen der allgemeinen Geschichtswissenschaften transzendierenden Charakter zu postulieren?
Die Geschichte der Kirche Christi ist zwar völlig eingebettet und verzahnt mit der allgemeinen Geschichte. Dennoch stehen über dieser Geschichte eben genau die geheimnisvollen Worte von Jesus aus Matthäus 28 „Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt“. Darum muss die historische Kausalität für das Mitwirken transzendenter Faktoren offen bleiben. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen historischer Kausalität und Gottes Eingreifen macht das Studium der Geschichte und insbesondere der Kirchengeschichte so spannend.
JG: Kirchengeschichte scheint dir wichtig geworden zu sein. Warum? Für viele Studierende ist das Studieren von Geschichte ja oft als langweilig oder öde beschrieben worden.
Die KG beschreibt den Weg des Wortes Gottes und seiner Auslegung durch 20 Jahrhunderte und damit die Ausbreitung des Evangeliums in alle Welt. Sie zeigt damit das Auf und Ab der sichtbaren Kirche. Man erkennt, welche Entwicklungen den Gemeinden gut getan haben, aber auch Fehlwege, ja sogar Irrwege, die begangen wurden, und wie sich das auf das Leben der Gemeinden und Kirchen ausgewirkt hat. Deshalb ist KiGe gerade für Pastoren und Pfarrer wichtig. Der Grund, warum Kirchengeschichte für alle wichtig ist, lässt sich in folgendem Zitat zusammenfassen:
„Die Zukunft ist die Summe der Vergangenheit. Wer geschichtslos lebt, wird die Zukunft weniger gut mitgestalten können. wer nicht weiss, woher er kommt, weiss auch nicht, wohin er geht.“
Das möchte ich noch weiter ausführen.
Kirchengeschichte beschreibt die Nähe von Gott zu den Menschen
Man erkennt in der KiGe auch Interdependenzen zwischen dem Wohl und Wehe der Gemeinde Christi und den politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen. Es gab und gibt Zeiten, da wurde die Kirche stark. In der Folge stabilisierten sich (etwa in Europa) auch die gesellschaftlichen Verhältnisse. Im Anschluss an die Reformation und die Erweckungsbewegungen zum Beispiel ergab sich ein protestantisches Arbeitsethos, das die Länder vorwärts brachte, ja stark und reich machte. Der Soziologe Prof. Max Weber zum Beispiel zeigte schon vor 100 Jahren, dass die ganze westliche Industrialisierung und Vorherrschaft als eine Folge des Calvinismus und des Pietismus zu verstehen ist. Umgekehrt ist mit Händen zu greifen, dass der ganze Niedergang des Westens seit einigen Jahrzehnten auch eine Folge der Säkularisierung und der Abkehr vom biblischen Evangelium ist. Wenn Gottes Gesetz und Ordnung bei ganzen Völkern sinken, dann darf man sich nicht wundern, wenn sich Chaos und Verwahrlosung breitmachen.
Anstelle des Christentums prägen heute Kräfte im Gefolge der 68er Kulturrevolte in verschiedenster Ausprägung unsere Zeit. Im Licht des Sozialismus und seiner Ideale z. B. macht die Arbeit den Menschen krank. Die jüngere Generation hierzulande lebt in einer Ich-Kultur (Einschub der Redaktion: Philosophisch oft auch das Selbst genannt), zu der sie erzogen wurde. Der (christlich begründete) Einsatz für andere ist auf weite Strecken verschwunden. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts zum Beispiel gab es allein im Zürcher Raum mehr als 500 Diakonissen (Krankenschwestern), die um Jesu willen ihre Arbeit um Gottes Lohn und mit Freude in vielen Gemeinden und Spitäler verrichteten, ohne die Arbeitsstunden zu zählen. Das Erlahmen der christlichen Erweckung hat nach beinah 100 Jahren zum Aussterbeen dieser Gottesfrauen geführt. Heute verrichten kaum noch zu bezahlende „Fachkräfte“ die immer höheren Ansprüche einer Ich-bezogenen Bevölkerung.
JG: Du meinst, dass es den Menschen überall dort besser ging, wo sie nah an Gottes Wort und somit an Gott waren, eine spannende These, welche du sicher in deinem Werk näher ausführst. Warum sollte Kirchengeschichte und dessen Studium für unsere heutigen Leser wichtig werden? Was ist der Vorteil daran, dass man sich dein Buch kauft und sich darin vertieft?
Wer als Pfarrer oder Pastor eine Kirchgemeinde oder eine Kirche leiten will, muss eine Ahnung haben über die Weltchristenheit, wie und warum sich die verschieden gearteten Konfessionen so entwickelt haben wie sie heute sind. In welcher Konfession oder Denomination ist man selbst zuhause? Dabei ist es wichtig zwischen bedeutsamen Lehrunterschieden und Nebensächlichkeiten zu unterscheiden. Die KG zeigt auch, wohin gewisse Fehlwege der Schriftauslegung für eine Gemeinde oder einen ganzen Kontinent führen können. Die Kirchengeschichte zeigt eine Fülle von Auslegungsmöglichkeiten des Wortes Gottes – gesunde und krankhafte. Auch bezüglich Seelsorge ist die KG reich an Anschauungsmaterial für gute und weniger gute Wege.
Schliesslich zeigt die KG dem geübteren Auge, dass es unter der Sonne – auch bei den Frommen und Frömmsten – fast nichts Neues gibt. Es war (fast) alles schon einmal da in der reichen Geschichte der mannigfaltigen Gemeinden Jesu. Wenn ich mir alle bekannten Menschen vergegenwärtige, die einst und heute im Weinberg des Herrn gewirkt haben, ist es zum Teil fast ein Wunder, dass es die Gemeinde Jesu noch immer gibt. Man sieht, dass ER selbst es ist, der sich seiner Herde immer wieder annimmt, dass sie nicht verdirbt. So vermittelt die KG auch eine tiefe Dankbarkeit und eine gewisse Gelassenheit. Der HERR baut seine Gemeinde, er will es aber nicht tun ohne uns, wir sind seine Gesandten und Handlanger. Der Herr baut seine Gemeinde nicht in den Wolken, sondern auf der Erde. Und wir sind nicht die Ersten, die er ruft. Deshalb ist es wichtig, dass wir als seine Mitarbeiter eine Ahnung haben von der weltweiten und zeitumspannenden Grösse, Mannigfaltigkeit und Wirkkraft seiner Gemeinde.
JG: Vielen Dank für deine Ausführungen. Doch eine Frage habe ich noch: Über was würdest du heute schreiben? Was ist dir jetzt wichtig? Was wäre jetzt für die Kirche dran?
Das kann man in meinem Buch ab der Seite 835ff. nachlesen. Wir dürfen den Lesern ja nicht jede Antwort bieten…
JG: Alles klar. Dann möchte ich mich herzlich bei dir für die Zeit bedanken. Ich wünsche dir für deine weiteren Veröffentlichungen und deine Familie alles Gute!
Sehr gerne, auch dir eine gesegnete Zeit!
Das Werk von Sierszyn
Seit Anfang dieses Jahres können Sie nun dieses große Werk auch in digitaler Form bei Logos kaufen. Den grössten Vorteil dabei nenne ich Ihnen gerne: Der damalige vierbändige Band wurde zu einem zusammengenommen und ist grösser als meine Kanzelbibel mit extra grosser Schrift! Das über 900-seitige Buch ist zwar in sehr dünnem Papier bedruckt, jedoch immer noch sehr groß. Der Vorteil bei Logos: Das Buch haben Sie überall dabei! Zudem können Sie in Sekundenschnelle schnell zu dem richtigen Ort scrollen, wenn Sie etwas Bestimmtes suchen.
Beispiel eines Ereignisses aus der Kirchengeschichte
In einem weiteren Blogartikel werde ich Ihnen ein geschichtliches Ereignis aus dem Buch von Sierszyn schmackhaft machen, um Sie hoffentlich für die Geschichte der Kirche begeistern zu können. Denn wenn es etwas gibt, was ich in der Auseinandersetzung mit der Kirchengeschichte gelernt habe, ist es dass die Kirche ein riesengroßes Wunder ist. Gott hat seine Kirche bewahrt, und es tut uns gut, über dieses Wunder Bescheid zu wissen. Darum lesen Sie hier, warum ich die Kirche als eines der größten Wunder der Weltgeschichte liebe.