Bekannte Sprichwörter aus der Bibel

Von Joshua Ganz

Vor 4 Tagen

Täg­lich wer­den irgend­wo Sün­den­bö­cke gesucht. Sind sie dann gefun­den, gibt es Heu­len und Zäh­ne­klap­pern. Manch­mal wer­den sie danach in die Wüs­te geschickt. Die Debat­te über die Kli­ma­er­wär­mung weckt uns mit end­zeit­li­chen Bil­dern und ein­zel­ne Kri­ti­ker rufen immer wie­der: „Bis hier­her und nicht wei­ter!“ Span­nen­de Wort­wahl? Die kur­si­ven Wör­ter stam­men direkt aus der Bibel, genau­er gesagt aus der Luther­über­set­zung, und wer­den bis heu­te in viel­fäl­ti­ger Wei­se verwendet.

Peter Wed­ler und sein Werk „Wor­te auf der Gold­waa­ge: Das etwas ande­re Lexi­kon bibli­scher Redens­ar­ten“ ist in der Tat ein beson­de­res Nach­schla­ge­werk. In den kom­men­den fünf Minu­ten wer­de ich Ihnen auf­zei­gen, wie außer­ge­wöhn­lich die­ses Werk ist und wel­che Vor­tei­le es Ihnen bei der Vor­be­rei­tung von Pre­dig­ten bietet.

Der Autor Peter Wedler und die Entstehung des Buches

Das Buch erschien 2009 in Gie­ßen beim Brun­nen-Ver­lag und ist eine Idee von Wed­ler. Der Autor war zu der Zeit der Ent­ste­hung und davor bei einer gro­ßen Wochen­zei­tung in Ham­burg tätig. Dort sam­mel­te er Sprich­wör­ter, die ihm vor allem im All­tag begeg­ne­ten, die er aber eigent­lich aus sei­ner Luther­bi­bel kann­te. Vie­le der in der Luther­bi­bel ent­hal­te­nen Begrif­fe haben von dort ihren Weg in unse­re All­tags­spra­che gefun­den. So meint Wedler:

Luthers Bibel­über­set­zung hat die deut­sche Lite­ra­tur und Spra­che maß­geb­lich beein­flusst. Bei der Her­aus­bil­dung einer ein­heit­li­chen deut­schen Schrift­spra­che hat sie eine ent­schei­den­de Rol­le gespielt und dar­über hin­aus in unse­rem Sprach­schatz und Sprach­ge­brauch zahl­rei­che Spu­ren hin­ter­las­sen.” (S. 8)

In die­sem Nach­schla­ge­werk setzt sich Wed­ler mit ver­schie­de­nen Redens­ar­ten aus­ein­an­der, die ihren Ursprung in der Bibel haben, und ana­ly­siert sie auf eine beson­de­re und oft humor­vol­le Wei­se. Das Buch ist ein unge­wöhn­li­ches Lexi­kon, da es nicht nur den bibli­schen Ursprung und die Bedeu­tung der Redens­ar­ten erklärt, son­dern auch auf den his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Hin­ter­grund ein­geht. Es ist sowohl infor­ma­tiv als auch unter­halt­sam und rich­tet sich an Leser, die Inter­es­se an Spra­che, Reli­gi­on und Geschich­te haben.

So ist es span­nend zu sehen, dass Wor­te aus der Bibel, wenn auch oft unbe­wusst, von Jour­na­lis­ten, Poli­ti­kern, Leh­rern usw. gebraucht wer­den. Auch wenn es sich vor­ran­gig um ein Nach­schla­ge­werk han­delt, kann man es auch anders nut­zen und ent­de­cken, wo und wann auch heu­te noch Sprich­wör­ter aus der Bibel Ein­gang in unse­re All­tags­spra­che finden.

Zum Inhalt dieses Bibellexikons

Um Ihnen ein Ein­druck zu ver­mit­teln, wie ein­zel­ne Begrif­fe oder Kon­zep­te erklärt wer­den, habe ich eini­ge span­nen­de Begrif­fe aus­ge­wählt. Wed­ler baut ein Wort jeweils so auf, dass er zuerst die umgangs­sprach­li­che Bedeu­tung erklärt und falls abwei­chend die dama­li­ge Bedeu­tung. Danach wer­den ein­zel­ne Bibel­stel­len auf­ge­lis­tet, die zei­gen, woher das Sprich­wort kommt.

Sprichwörter und Redensarten aus der Bibel: A wie „Alpha und Omega“

A und O“ wird häu­fig im Sin­ne einer unab­ding­ba­ren Vor­aus­set­zung für etwas gebraucht, z.B. „die Kennt­nis min­des­tens einer Fremd­spra­che ist das A und O einer jeden inter­na­tio­na­len Kar­rie­re“. A und O, Alpha und Ome­ga, sind der ers­te und der letz­te Buch­sta­be des grie­chi­schen Alpha­bets (das Neue Tes­ta­ment wur­de in Grie­chisch nie­der­ge­schrie­ben, der im Mit­tel­meer­raum damals weit ver­brei­te­ten Spra­che der Gebil­de­ten.)” (S. 11).

Die­ses Wort kommt im letz­ten Buch der Bibel vor: Offen­ba­rung, Kapi­tel 1 Vers 8.

Sprichwörter und Redensarten aus der Bibel: A wie „Angst und Bange“

Angst und ban­ge“ kann uns heu­te aus den unter­schied­lichs­ten Grün­den wer­den. Dem fol­gen­den Vers war eine Weis­sa­gung an den König Nebu­kad­ne­zar der bis­he­ri­gen Groß­macht (wenn man das dama­li­ge Welt­bild ansieht, sogar der Welt­macht) Babel vor­aus­ge­gan­gen, dass sein Reich unter­ge­hen wer­de” (S. 26).

Das Zitat ist aus Jere­mia 50,43: Wenn der König von Babel die Kun­de von ihnen hören wird, so wer­den ihm die Hän­de nie­der­sin­ken; ihm wird so angst und ban­ge wer­den wie einer Frau in Kindsnöten.

Sprichwörter und Redensarten aus der Bibel: G wie „Grube“

Die viel­fach mit Zwei­gen abge­deck­te Gru­be ist seit der Stein­zeit sowohl als Jagd- als auch als Ver­tei­di­gungs­mit­tel in Gebrauch. Die Rede­wen­dung „Wer jeman­dem eine Gru­be gräbt, stellt ihm eine Fal­le, in die er hin­ein­fällt“ ver­deut­licht, dass eine Gru­be als Instru­ment zur Vor­be­rei­tung einer Fal­le die­nen kann. Das davon abge­lei­te­te „wer ande­ren eine Gru­be gräbt, fällt selbst hin­ein“ wird häu­fig, meist scha­den­froh, ver­wen­det, um aus­zu­drü­cken, dass eine Per­son, die ande­ren Scha­den zufü­gen woll­te, letzt­lich selbst die­je­ni­ge ist, die als „unklug“ dar­ge­stellt wird, und dass der Schuss nach hin­ten los­ge­gan­gen ist.
In den nach­fol­gen­den Schrift­stel­len fin­det sich die alt­tes­ta­ment­li­che Anschau­ung, dass nach Got­tes sitt­li­cher Nor­ma­ti­vi­tät jede gute oder böse Tat des Men­schen Kon­se­quen­zen nach sich zieht, die auf den Täter zurückwirken.

Die­ses Kon­zept ist im Buch der Sprü­che 26,27 festgehalten.

Sprichwörter und Redensarten aus der Bibel S wie „Sündenbock“

Ähn­lich wie jeman­den zum Sün­den­bock machen ist fol­gen­des Sprich­wort: jeman­den in die Wüs­te schi­cken. Woher kommt es? Wed­ler zeigt es in sei­nem Buch:

Ist irgend­wo etwas schief­ge­gan­gen, so dau­ert es nicht lan­ge, bis ein Sün­den­bock gefun­den ist, d.h. jemand, der meist damit über­haupt nichts zu tun hat, den man trotz­dem für alles eige­ne Ver­sa­gen und Ver­schul­den ver­ant­wort­lich macht und anschlie­ßend in die Wüs­te schickt. Was sich aus dem Abstand zu kon­kre­ten Anläs­sen so flott und unter­halt­sam anhört und liest, hat einen ganz erns­ten Hin­ter­grund: Das kurz zuvor von Gott aus der ägyp­ti­schen Skla­ve­rei in die Frei­heit geführ­te Volk Isra­el hat­te sich, wäh­rend Moses auf dem Berg Sinai von Gott die zehn Gebo­te emp­fing, von Aaron (Moses Bru­der) ein gol­de­nes Kalb (s. Ägyp­ten) machen las­sen, die­sen Göt­zen ange­be­tet und um ihn her­um­ge­tanzt. (2. Mose 32,1ff.) – eine der schwers­ten Ver­feh­lun­gen Isra­els in sei­ner Bezie­hung zu Gott (IV.34). Gott woll­te des­we­gen zunächst das gan­ze Volk Isra­el ver­nich­ten. Auf fle­hent­li­ches Bit­ten von Moses sowie nach einer vier­zig­tä­gi­gen Zeit der kol­lek­ti­ven Reue und Buße hat er aber sei­nem Volk ver­zie­hen, sei­nen Bund mit Isra­el erneu­ert und einen gro­ßen Tag der Ver­söh­nung, den Jom Kip­pur, bestimmt. Für die­sen Tag hat Gott dem Mose ganz bestimm­te got­tes­dienst­li­che Vor­schrif­ten gemacht (3. Mose 16,1ff.). Eine davon ist, dass Aaron sei­ne Hän­de auf den Kopf eines Bocks legen und über ihm alle Mis­se­tat der Israe­li­ten und alle ihre Über­tre­tun­gen beken­nen soll: 3. Mose 16,21ff.: Dann soll Aaron sei­ne bei­den Hän­de auf des­sen Kopf legen und über ihm beken­nen alle Mis­se­tat der Israe­li­ten und alle ihre Über­tre­tun­gen, mit denen sie sich ver­sün­digt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit­steht, in die Wüs­te brin­gen las­sen, dass also der Bock alle ihre Mis­se­tat auf sich neh­me und in die Wild­nis tra­ge; und man las­se ihn in der Wüs­te (S. 192).

Bedeutung im Neuen Testament

Im Rah­men die­ser sym­bo­li­schen Hand­lung wer­den alle Ver­feh­lun­gen des Vol­kes Isra­el gegen­über Gott auf einen unschul­di­gen Bock über­tra­gen. Die­ser trägt die gesam­te Schuld­last und wird vom Volk in die Wüs­te geschickt, wo er schließ­lich ver­en­det. Für Chris­ten hat Jesus alle Schuld der Men­schen mit ans Kreuz von Gol­ga­tha genom­men und mit sei­nem Tod aus der Welt geschafft.

Weiteres Vorkommen in der Bibel

Laut Bibel wur­de auch eine Frau in die Wüs­te geschickt. Die Ehe von Abra­ham und Sara war kin­der­los geblie­ben, was im ori­en­ta­li­schen Alter­tum ein schwe­res Los war, da man nur in sei­nen Kin­dern wei­ter­zu­le­ben glaub­te (vgl. auch Ona­nie). Die kin­der­lo­se Frau wur­de gesell­schaft­lich gering geach­tet. Alter­na­tiv konn­te sie ihrem Mann ihre per­sön­li­che Skla­vin zur Ver­fü­gung stel­len. Das mit ihr gezeug­te Kind galt als Kind der Ehe­frau, sofern die Skla­vin es auf dem Schoß der Ehe­frau gebar (I.7 zu 1. Mose 16,1ff.). Sara über­ließ daher ihre ägyp­ti­sche Magd Hagar ihrem Mann zur Ehe. Hagar wur­de schwan­ger, was dazu führ­te, dass sie sich Sara inner­halb der Hier­ar­chie der Fami­lie über­le­gen fühl­te und dies auch unge­niert zeigte.

Schließ­lich erfüll­te Gott sei­ne Ver­hei­ßung einer rei­chen Nach­kom­men­schaft gegen­über Abra­ham (1. Mose 12,1). Im Alter von hun­dert Jah­ren (Sara war neun­zig Jah­re alt) wur­de ihm doch noch ein Sohn von sei­ner Frau gebo­ren, Isaak. Des Wei­te­ren gebar die Magd Hagar dem Abra­ham einen Sohn namens Isma­el. Sara war nicht gewillt, zuzu­las­sen, dass Isma­el eines Tages gemein­sam mit Isaak Abra­ham beer­ben wür­de. Daher for­der­te sie ihren Mann auf, Hagar und ihren Sohn aus dem Haus zu wei­sen. Nach­dem auch Gott sich hin­ter Saras For­de­rung gestellt und eine Zusa­ge für das Über­le­ben von Hagar und Isma­el gege­ben hat­te, wur­de von Abra­ham ver­langt, Hagar mit ihrem Sohn in die Wüs­te zu schi­cken. Am Mor­gen wur­de Hagar mit einer Weg­zeh­rung versorgt.

Dies kann man in 1. Mose 21,14 nach­le­sen: Da stand Abra­ham früh am Mor­gen auf und nahm Brot und einen Schlauch mit Was­ser und leg­te es Hagar auf ihre Schul­ter, dazu den Kna­ben, und schick­te sie fort. Da zog sie hin und irr­te in der Wüs­te umher bei Beerscheba.

Sprichwörter und Redensarten aus der Bibel: T wie „Tohu wa bohu“ 

Nicht nur den Zustand eines unauf­ge­räum­ten Kin­der­zim­mers, Schreib­tischs usw. (die Auf­zäh­lung ist belie­big fort­setz­bar), kurz eines völ­li­gen Cha­os’, beschreibt man­cher mit ‘Tow­abo’, was eine Ver­ball­hor­nung (Ver­schlimm­bes­se­rung) des Hebräi­schen ‘Tohu­wa­bo­hu’ ist: ‘wüst und leer’“ (S. 216).

So steht es übri­gens in der Schöp­fungs­ge­schich­te: 1. Mose 1,2: Und die Erde war wüst und leer, und es war fins­ter auf der Tie­fe; und der Geist Got­tes schweb­te auf dem Wasser.

Fazit

Wor­te auf der Gold­waa­ge“ von Peter Wed­ler bie­tet Pas­to­ren, Stu­die­ren­den der Theo­lo­gie sowie sprach­lich und kul­tu­rell Inter­es­sier­ten eine span­nen­de und lehr­rei­che Rei­se durch die Welt der bibli­schen Redens­ar­ten. Mit Humor und Tief­gang zeigt Wed­ler auf, wie stark die Bibel unse­re All­tags­spra­che geprägt hat. Beson­ders wert­voll ist dabei das umfang­rei­che Stich­wort- und Bibel­stel­len­ver­zeich­nis. Es ermög­licht eine schnel­le Ori­en­tie­rung und erleich­tert es, Rede­wen­dun­gen gezielt zu fin­den. Für die Pre­digt­vor­be­rei­tung kann das Bibel­stel­len­ver­zeich­nis beson­ders hilf­reich sein, da es erlaubt, direkt nach­zu­schau­en, ob zu einem bestimm­ten Vers eine pas­sen­de Redens­art existiert.

Aller­dings bleibt anzu­mer­ken, dass nicht alle rele­van­ten Bibel­stel­len und auch nicht alle Rede­wen­dun­gen voll­stän­dig abge­deckt sind. So wird bei­spiels­wei­se bei der Rede­wen­dung „Alpha und Ome­ga“ nur Offb 1,8 genannt, obwohl die­se Wen­dung auch in Offb 21,6 und 22,13 vor­kommt. Auch das Bibel­stel­len­ver­zeich­nis ist daher nicht ganz voll­stän­dig. Den­noch ist das Werk eine wert­vol­le Inspi­ra­ti­ons­quel­le für Pre­dig­ten, Lehr­ver­an­stal­tun­gen und per­sön­li­che Refle­xi­on. Wer die bibli­schen Wur­zeln bekann­ter Sprich­wör­ter bes­ser ver­ste­hen möch­te, wird die­ses Buch als unter­halt­sa­men und zugleich gehalt­vol­len Beglei­ter schätzen.


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Joshua Ganz

Über den Autor

Joshua ist seit seinem Bachelor in Theology als Jugendpastor in der Nordostschweiz tätig. In der Schweizer Armee dient er als Armeeseelsorger. Er liebt Theologie, sein Rennrad und Kaffee. Am liebsten alles miteinander, oder zumindest nacheinander ;)

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