Paulus war die maßgebliche Person, die einen Beitrag zur Verbreitung des Evangeliums im frühen Christentum geleistet hat. Ein Großteil des Neuen Testaments besteht aus seinen Briefen, sodass sein Vermächtnis bis heute relevant ist. Dieser Beitrag möchte Ihnen einen Überblick über das Leben und Selbstverständnis von Paulus geben. Dadurch werden Sie besser verstehen, was ihn antreibt und wovon er in seinen Briefen schreibt.
Inhalt
Wie sah das Leben von Paulus aus?
Nimmt man das Leben von Paulus in Augenschein, so offenbart sich eine Person, deren Leben eine entscheidende und maßgebliche Wendung genommen hat. Diese Wendung hat ihn ganz in Beschlag genommen und soll hier im Folgenden anhand der Apostelgeschichte und den autobiografischen Aussagen der paulinischen Briefe skizziert werden.
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Mit der Logos-Studienhilfe „Person der Bibel” lassen sich Personen wie Paulus unter Rücksichtnahme Ihrer freigeschalteten Logos-Funktionen und Werke genauer betrachten. Die Studienhilfe führt Sie Schritt für Schritt von wichtigen Bibelstellen und Bezugswörtern zu Lexikoneinträgen, bis Sie sich ein umfassendes Bild von der Person machen konnten.
Paulus vor seiner Bekehrung
Paulus war ein frommer Jude aus dem Stamm Benjamin (Phil. 3,5). Er gehörte der Heiligungsbewegung der Pharisäer an, die eine strikte Umsetzung der Reinheitsgebote auch im Alltag forderten. Die Torah und auch die Auslegung derselben, war für die Pharisäer Maßstab für ihr Leben.
Seine Heimatstadt war Tarsus, wo er mit römischem Bürgerrecht geboren wurde. Jedoch hatte er Verbindungen nach Jerusalem, wo er unter Gamaliel die hebräische Gelehrsamkeit gelernt hat (Apg. 22,3).
Lukas, der Autor der Apostelgeschichte, nennt ihn vor seiner missionarischen Tätigkeit bei seinem hebräischen Namen Saulus (Apg. 13,9). Den römischen Namen Paulus hat er womöglich bereits von Geburt an als Beinamen getragen. Dieser Name eignete sich für seine missionarische Tätigkeit in großen Teilen des römischen Reiches besser.
Als Pharisäer war er ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Sache der Torah. Die logische Konsequenz war für ihn die Verfolgung der christlichen Urgemeinde, welche aus seiner Sicht eine häretische Sekte war (Gal. 1,13). Diese findet ihren Anfang in der Steinigung von Stephanus (Apg. 8,1ff), der Paulus beigewohnt hat. Von dort aus lässt er sich ein Empfehlungsschreiben ausstellen, um die Verfolgung in Damaskus fortzuführen (Apg. 9,1f)
Die Bekehrung von Paulus
Auf dem Weg nach Damaskus berichtet Lukas in der Apostelgeschichte von einer Begegnung, bei der ihm der Auferstandene Christus hell leuchtend erscheint. Dadurch erblindet Paulus vorübergehend, bis ein Jünger Jesu namens Hananias ihm von Gott beauftragt die Hände auflegt (Apg. 9,3ff).
Auch Paulus selbst nimmt Bezug auf dieses Ereignis. Aus seiner Perspektive handelte es sich um eine leibliche Sichtung des Auferstandenen. Damit fügt er sich in die Reihe der Osterzeugen, die Jesus nach seiner Auferstehung leiblich gesehen haben, ganz hinten ein (1. Kor. 15,8f).
Dieses Ereignis führte zu einer Kehrtwende im Leben von Paulus. Er, der zuvor reisend die frühe christliche Gemeinde verfolgte, ließ sich taufen und war fortan ein reisender Verkündiger der Christusbotschaft. Sowohl in der Apostelgeschichte als auch in seinen autobiografischen Aussagen lässt sich die enge Verknüpfung von seiner Bekehrung und missionarischen Berufung erkennen. (Gal. 1,15f)
„Der Herr aber sprach zu ihm: Geh hin! Denn dieser ist mir ein auserwähltes Werkzeug, meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als auch vor Könige und Söhne Israel.”
– Apg. 9,15
Paulus, der Missionar
Paulus berichtet, dass er nach seiner Bekehrung in Arabien und Damaskus in den Synagogen predigte, dass Jesus der Sohn Gottes ist (Gal. 1,16). Auch Lukas berichtet von seinem Wirken in Damaskus (Apg. 9,19ff). Nachdem die Juden in Damaskus geplant hatten, ihn umzubringen, floh er mithilfe der christlichen Gemeinde nach Jerusalem.
In Jerusalem brachte Barnabas ihn zu den Aposteln Petrus und Jakobus, dem Bruder Jesu. Auch dort predigte er in den Synagogen, bis man nach seinem Tod trachtete. Paulus zog weiter über Caesarea in die Gegend von Syrien und Zilizien, dort in seine Heimatstadt Tarsus (Apg. 9,26ff; Gal. 1, 18ff).
Das erste Missionszentrum: Antiochia
In Antiochia, der drittgrößten Stadt im römischen Reich, gab es eine christliche Gemeinde. Diese Gemeinde ist durch die Christen entstanden, die aufgrund der Verfolgung in Jerusalem in die umgebenden Länder geflohen sind. Als die Gemeinde in Jerusalem von den Christen in Antiochia hörte, sandten sie Barnabas aus, um die Gemeinde zu stärken. Barnabas ging nach Tarsus, um auch Paulus nach Antiochia zu holen (Apg. 11,22ff).
Dort verbrachte er einige Zeit und predigte das Evangelium in Antiochia, woraufhin die antiochenische Gemeinde ihn zu seinen sogenannten Missionsreisen aussandte (Apg. 13,1–3). Man darf diese Bezeichnung jedoch nicht als Beginn seines missionarischen Dienstes verstehen – darin war er bereits zuvor aktiv.
Kleiner Hinweis!
Mit dem Logos-Atlas können Sie unter anderem die Missionsreisen des Paulus Schritt für Schritt nachverfolgen. Dadurch bekommen Sie einen Überblick über die Reiserouten von Paulus und seinen Begleitern. Selbstverständlich lassen sich auch weitere biblische Ereignisse mit dem Atlas erforschen.
Die Missionsreisen von Paulus
Eine detaillierte Betrachtung, in welchen Städten Paulus das Evangelium verkündigt hat, lässt sich mit Logos gut nachverfolgen. Dieser Blogbeitrag aber wird sich neben ein paar chronologischen Aussagen darauf fokussieren, welche Besonderheiten die Missionsreisen kennzeichnen.
Seine erste Missionsreise führte ihn von Antiochia über Zypern nach Kleinasien und wieder zurück. Auf ihrer Reise predigten Barnabas und Paulus in verschiedenen Städten das Evangelium, gründeten Hausgemeinden und setzten Älteste ein. Die Missionsreisen finanzierte Paulus durch seine Tätigkeit als Zeltmacher (Apg. 18,3). Womöglich hat er den Beruf in seiner Heimatstadt erlernt, da Tarsus für die Leinenproduktion bekannt war.
Das Apostelkonzil zur Heidenmission
Zwischen den ersten beiden Missionsreisen begaben sich Barnabas und Paulus nach Jerusalem, um eine entscheidende Frage bezüglich der Mission unter den Heiden zu stellen. Es ging um die Geltung des mosaischen Gesetzes für Christen. Im Fokus stand die Frage, ob Heidenchristen beschnitten werden müssen, also inwieweit Heiden ersteinmal Juden werden müssten, bevor sie Christen sein könnten.
Zu dieser Frage hat es ein Apostelkonzil gegeben (Apg. 15,1ff). Das Konzil hat entschieden, die Missionsarbeit unter den Heiden solle nicht weiter erschwert werden. Das Evangelium gelte für alle Menschen und eine Beschneidung sei nicht notwendig. Diese Entscheidung des Apostelkonzils war für Paulus die entscheidende Bestätigung seiner Mission (Gal. 2,6ff).
Tatsächlich war sie für Paulus von maßgeblicher Bedeutung. Im Laufe seiner Missionsreisen wurde immer wieder Kritik an der paulinischen Verkündigung und an seinem Apostolat geübt (z.B. lässt sich Paulus Reaktion auf seine Kritiker im Galaterbrief erkennen). Ihm wurde von Seiten der Judenchristen vorgeworfen, ein falsches Evangelium zu predigen. Stattdessen forderten sie, dass sich Christen beschneiden lassen müssen und das mosaische Gesetz Geltung hat.
Die Spannung zwischen Juden- und Heidenchristen führte zunehmend zu Spaltung zwischen den beiden Gruppen. Doch für Paulus war die Einheit der Kirche von besonderer Wichtigkeit. Aus diesem Grund will er später in seiner dritten Missionsreise eine Kollekte nach Jerusalem bringen, wohl wissend, dass es auch dort Kritiker gibt (Röm 15,25ff).
Die Zweite Missionsreise
Die zweite Missionsreise führte ihn über Kleinasien und Mazedonien nach Griechenland. Auf dieser Reise wurde er von Silas begleitet. Der Weg über Mazedonien wird von Lukas unter Einwirken des Heiligen Geistes gekennzeichnet, da dieser Paulus hinderte, das Evangelium an anderen Orten zu verkündigen (Apg. 16,6ff).
Auf dem Weg lernte er in einer Gemeinde in Kleinasien Timotheus kennen, den er auf seine Missionsreise mitnahm. Es fällt auf, dass Paulus alles andere als ein Einzelgänger war. Er umgab sich die meiste Zeit mit weiteren Personen, denen er teilweise spezielle Aufgaben gab, wie die Überbringung diverser Briefe.
Die dritte Missionsreise und sein Lebensende
Seine dritte Missionsreise führte Paulus wieder bis nach Griechenland. Er nahm sich sogar vor, nach einem Besuch in Jerusalem (um dort die oben genannte zu überbringen) nach Rom zu reisen. Von wo aus er seine Missionsreise bis nach Spanien ausweiten wollte (Röm 15,24).
Auch wenn er Rom letzten Endes erreichte, verlief diese Missionsreise anders als geplant. Er wurde in Jerusalem gefangen genommen (Apg. 21,27ff). Aufgrund seines römischen Bürgerrechts wurde er zunächst nach Caesarea überführt und sprach dort vor dem Statthalter und dem König Agrippa (Apg. 25,13ff). Dort hat Paulus sich auf den Kaiser berufen und wurde als Gefangener nach Rom überführt.
Die Apostelgeschichte berichtet von einigen Herausforderungen auf dem Weg dorthin. Unter anderem kam es zu einem Schiffbruch, bei dem Paulus durch Ermutigungen sicherte, dass alle den Schiffbruch überleben (Apg. 27,22ff).
In Rom konnte er ein Haus beziehen, stand aber unter dauerhafter Bewachung. Dort verkündigte er weiter das Evangelium (Apg. 28,16ff). Dem ersten Clemensbrief zufolge fand er unter der Christenverfolgung durch Nero im Jahr 64 n. Chr. den Märtyrertod. Der Einfluss von Paulus auf die frühe Kirche war aber so groß, dass es auch Legenden über eine Missionsreise bis nach Spanien gibt (Acta Pauli et Theclae).
Wie hat Paulus sich selbst verstanden?
Apostel
In den zahlreichen Briefeinleitungen stellt Paulus sich selbst immerzu als Apostel vor (z.B. Röm 1,1). Die Frage ist, was meint er, wenn er sich selbst so vorstellt.
Das Apostolat im Neuen Testament
In der Bibel gibt es verschiedene Personengruppen, die als Apostel bezeichnet werden:
- Erstens wird Jesus in Hebräer 3,1 als Apostel gekennzeichnet,
- zweitens beruft Jesus zwölf seiner Jünger als Apostel,
- drittens benennt Paulus eine größere Gruppe von Aposteln, die über den Zwölferkreis hinausgehen (1. Kor. 12,7)
- und viertens gibt es Apostel, die als Gesandte (wörtliche Übersetzung von Apostel) der Gemeinden zu verstehen sind (Phil. 2,25).
Maßgeblich für das Apostolat ist der Ursprung desselben. Denn für den Apostel gilt: Er tritt im Auftrag und in der Autorität der Person auf, die ihn gesandt hat. Ein Apostel Jesu tritt demnach in Jesu Autorität auf; das Wort des Gesandten ist gleichzusetzen mit dem Wort Jesu. Ein Apostel der Gemeinde tritt in der Autorität der sendenden Gemeinde auf.
Ist Paulus ein Apostel? – Sein Selbstverständnis im Vergleich zum lukanischen Paulusbild
Hier unterscheiden sich das Paulus-Bild von Lukas und das paulinische Selbstverständnis. Während Lukas den Apostelbegriff ausschließlich für den Zwölferkreis anwendet, weitet Paulus den Begriff aus und gebraucht ihn unter anderem für Jakobus, den Bruder Jesu, (Gal. 1,19) und Barnabas (1. Kor. 9,6). Für Lukas war Paulus ein missionarischer Gesandter der Gemeinde, Paulus aber versteht sich selbst als Gesandter Gottes, der eben darum auch in der Autorität Jesu auftritt und spricht.
Diese Rolle wurde ihm von seinen Kritikern aberkannt, da ein urchristlicher Apostel darin gekennzeichnet wird, dass er Zeuge von Jesu Leben, Tod und Auferstehung war und direkt von ihm ausgesandt wurde. Die Bekehrung von Paulus gebe das nicht her. Aus diesem Grund betont Paulus häufiger, dass seine Berufung auf einer leiblichen Sichtung des Herrn basiert und er ebenso direkt von Gott und nicht von Menschen ausgesandt wurde (z.B. Gal. 1,1 oder 1. Kor. 9,1ff).
Leidender Knecht
Paulus greift mit der Selbstbezeichnung „Knecht Gottes“ ein Konzept auf, das durch das Alte Testament stark geprägt war. Der Begriff wurde auf verschiedene Personen angewendet: Könige, Propheten und auch einzelne fromme Israeliten. Diese Personen waren von Gott auserwählt, um seinen Willen zu tun.
Ein Knecht ist mit seiner ganzen Person in einem Abhängigkeitsverhältnis. Demnach ist er seinem Herrn untergeordnet und stellt sich selbst als Ganzes in den Dienst seines Herrn. Wenn Paulus sich als Knecht Gottes kennzeichnet, dann versteht er sich als Ganzes Gott allein untergeordnet und treibt Gottes Mission in der Welt voran.
Streng genommen ist diese Selbstbezeichnung eng mit seinem Apostolat verknüpft. Nicht umsonst nennt er beide Selbstbezeichnungen z.B. in Röm. 1,1 zusammenhängend. So wie er sich als Apostel, beauftragt vom Herrn und in seiner Autorität redend, versteht – so ist er als Knecht in Abhängigkeit Gottes und steht in seinem Dienst.
Welche Rolle spielt Leid für sein Verständnis als Knecht?
Das Bild vom leidenden Knecht ist aus Jes. 53 bekannt und wird häufig mit Jesus in Verbindung gebracht. Auch Paulus versteht seine vielfältigen Leiden in keiner Weise negativ. In 2. Kor. 11,22ff listet Paulus die Leiden auf, die er auf seiner Mission ertragen musste. Er versteht sie nicht als etwas Negatives, sondern rühmt sich dieser Leiden.
Im Philipperbrief formuliert Paulus es selbst folgendermaßen: „Ich will aber, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums ausgeschlagen sind.” (Phil. 1,12) Paulus ist bereit, Verfolgung und Leiden zu ertragen, wenn sich dafür das Evangelium verbreitet. Er versteht sich als ganze Person im Dienst Gottes; sein Schicksal ist zweitrangig, wenn dafür Gottes Mission vorangetrieben wird.
Fazit
In Paulus erkennen wir eine Person, deren Bekehrung zu einer Wende seines Lebens führte. Obwohl er zuvor die erste christliche Gemeinde verfolgte, wurde er zu der entscheidenden Person, die die Verkündigung des Evangeliums über weite Teile des römischen Reiches vorangetrieben hat.
Er hat sich Gott und seinem Dienst leidenschaftlich hingegeben und nahm Schmerzen und Verzicht auf sich, um das Evangelium an so vielen Orten wie möglich zu verkündigen. Für diesen Dienst hat er sich berufen gefühlt: als Apostel für die Heiden. Seine Autorität kommt von Gott, der durch ihn an allen Menschen wirkt. Das hat ihn durch alles hindurch getragen.
Zum Schluss bleibt noch der Blick auf das Vermächtnis von Paulus. Fernab von der Rolle, die er für die frühe Kirche gespielt hat, haben seine Briefe im Neuen Testament nachhaltige Bedeutung durch die ganze Kirchengeschichte hindurch gefunden und wirken bis heute.
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