Fremde neue Welt: Postmoderne Identität

Von Joshua Ganz

Identität, Postmoderne
Vor 1 Tag

Dis­clai­mer: Arti­kel auf deutsch​.logos​.com stel­len die Mei­nung des jewei­li­gen Autors dar und spie­geln nicht grund­sätz­lich die Mei­nung der Redak­ti­on wider.

Der Satz „Ich iden­ti­fi­zie­re mich als eine Frau, die in einem Män­ner­kör­per gefan­gen ist“ wäre für vie­le unse­rer Groß­vä­ter Unsinn gewe­sen. Wie kommt es dazu, dass er heu­te völ­lig nor­mal ist? Was hat sich geän­dert? Wie ist es dazu gekom­men, dass eine tra­di­tio­nel­le Ansicht über Sexua­li­tät und Iden­ti­tät in eini­gen Län­dern geäch­tet, als dis­kri­mi­nie­rend und straf­bar behan­delt wird? Die­se und wei­te­re Fra­gen aus dem Buch “Frem­de neue Welt: Wie Phi­lo­so­phen und Akti­vis­ten Iden­ti­tät umde­fi­niert und die sexu­el­le Revo­lu­ti­on ent­facht haben” von Carl R. True­man wer­den Ihnen in den nächs­ten 6 Minu­ten die­ser Rezen­si­on genau­er dargelegt.

Ein Kom­men­tar vor­ab: Die­ses Buch behan­delt bri­san­te The­men. Für eine dif­fe­ren­zier­te und fun­dier­te Dar­stel­lung ist der Blog­bei­trag zu kurz. Ich tei­le weder voll die Mei­nung des Autors noch leh­ne ich das Gesell­schafts­bild, das er in die­sem Buch ana­ly­siert, kom­plett und kon­se­quent ab.
Wenn Sie sich also eine Mei­nung zu die­sem The­ma bil­den wol­len, lesen Sie mehr als die­sen Blog, lesen Sie sein Buch, lesen Sie ande­re Bücher zu die­sem The­ma. Wenn Sie Fra­gen haben, zögern Sie nicht, die­se in den Kom­men­ta­ren zu stellen.

Infos zum Buch

Der Kir­chen­ge­schicht­ler Carl R. True­man (Gro­ve City Col­lege) ver­fass­te im Jahr 2020 das auch auf Deutsch erhält­li­che Buch Der Sie­ges­zug des moder­nen Selbst: Kul­tu­rel­le Amne­sie, expres­si­ver Indi­vi­dua­lis­mus und der Weg zur sexu­el­len Revo­lu­ti­on. Auf­grund hoher Anfra­ge nach einem zugäng­li­che­ren Werk ließ er zuerst das Hör­buch und dann 2022 einen kür­ze­ren Band fol­gen, der in die­ser Rezen­si­on näher betrach­tet wird: Frem­de neue Welt: Wie Phi­lo­so­phen und Akti­vis­ten Iden­ti­tät umde­fi­niert und die sexu­el­le Revo­lu­ti­on ent­facht haben. (Ursprüng­lich ist das Buch als Stran­ge New World: How Thin­kers and Acti­vists Rede­fi­ned Iden­ti­ty and Spark­ed the Sexu­al Revo­lu­ti­on bei Cross­way erschie­nen). Bei­de Bücher wur­den vom Ver­bum Medi­en Ver­lag in Zusam­men­ar­beit mit dem Netz­werk Evan­ge­li­um 21 auf Deutsch veröffentlicht.

True­man meint, tief in die Phi­lo­so­phie­ge­schich­te ein­tau­chen zu müs­sen, um die ein­gangs gestell­ten Fra­gen sinn­voll beant­wor­ten zu kön­nen. Mit mehr als 500 Sei­ten für sein ers­tes Werk hat er dies sicher­lich gründ­lich getan. Um sei­ne Erkennt­nis­se einem brei­te­ren Leser­kreis zugäng­lich zu machen, hat er sei­ne Gedan­ken im neu­en Buch prä­gnan­ter und weni­ger aus­führ­lich niedergeschrieben.

Wer sollte das Buch lesen?

Nach Pfar­rer und Theo­lo­ge Ulrich Par­za­ny soll­ten die­je­ni­gen das Buch lesen, „die die rapi­den Ver­än­de­run­gen ver­ste­hen wol­len, die sich in unse­rer Gesell­schaft gegen­wär­tig voll­zie­hen. Selbst­ver­ständ­lich sind wir Chris­ten dar­an betei­ligt und davon betrof­fen“ (S. 8). Da wir als Chris­ten der Welt zuge­wandt sein soll­ten, darf es uns nicht egal sein, was gera­de „en vogue“ ist. Nicht, dass wir die Mei­nung der brei­ten Gesell­schaft zu über­neh­men hät­ten. Wenn wir jedoch auf unser Gegen­über ein­ge­hen wol­len, um ihnen die bes­te Bot­schaft der Welt zu über­mit­teln, soll­ten wir ver­ste­hen, wie unser Gegen­über denkt.

Genau davon han­delt die­ses Buch. Und somit soll­te jeder, der von gewis­sen poli­ti­schen Ent­schei­den über­rascht ist und der mehr über die Aus­wir­kun­gen der 68er-Bewe­gung und des­sen phi­lo­so­phi­schen Her­kunft erfah­ren will, die­ses Buch lesen. Es ist gewis­ser­ma­ßen eine Bau­an­lei­tung für das west­li­che Den­ken im 21. Jahr­hun­dert. Und die­ses fin­det nach­voll­zieh­ba­rer­wei­se außer­halb und inner­halb der Kir­chen­mau­ern statt. Nun möch­te ich Ihnen einen Kurz­über­blick des Buches vorstellen.

Überblick über den Inhalt

17. und 18. Jahrhundert (erstes und zweites Kapitel)

Das in neun Kapi­tel geglie­der­te Buch ord­net sich his­to­risch. Wäh­rend das ers­te Kapi­tel ledig­lich als Ein­lei­tung und Begriffs­de­fi­ni­tio­nen dient, beginnt im zwei­ten Kapi­tel die Geschich­te die­ser „Sexu­el­len Revo­lu­ti­on“, wie True­man sie nennt. Über Des­car­tes, Rous­se­au und die Roman­ti­ker (1795–1848) kommt er zum Schluss, dass die kul­ti­vier­te Gesell­schaft damals schlecht war und dass man laut Rous­se­au mehr auf sei­nen Instinkt hören soll­te. Das heißt, man sol­le auf sei­ne inne­re Stim­me hören. Man soll das, was man denkt, auch aus­spre­chen. In einem gewis­sen Sin­ne geht es also um Authen­ti­zi­tät. Wer offen­bar so redet und lebt, wie es mit der Per­sön­lich­keit über­ein­stimmt, ist „echt“ und lebt „bes­ser“.

Wir ver­ste­hen nun bes­ser, war­um der Poli­ti­ker, der sich dane­ben benimmt und eine vul­gä­re Spra­che benutzt, belieb­ter ist als der höf­li­che Typ. In einer Welt, in der man so ist, wie es die eige­ne Stim­me einem sagt, ist man authen­tisch. Der ande­re stellt nur eine öffent­li­che Per­so­na dar und han­delt pri­vat mög­li­cher­wei­se nicht so, wie er in der Öffent­lich­keit erscheint. Das erklärt laut True­man auch, war­um der Satz: „Eine trans­se­xu­el­le Per­son, die als Mann gebo­ren wur­de, aber behaup­tet, eine Frau zu sein, ist zu ver­eh­ren. Denn sie bringt die äuße­re Vor­stel­lung end­lich mit der inne­ren Rea­li­tät in Ein­klang“ (S. 57) in der heu­ti­gen Gesell­schaft als rich­tig aner­kannt wird.

19. Jahrhundert (Drittes Kapitel)

Im drit­ten Kapi­tel unter­sucht Carl R. True­man die Ideen von Marx, Nietz­sche und Oscar Wil­de und zeigt, wie sie die heu­ti­ge Kul­tur beein­flusst haben:

  • Marx’ Ein­fluss: Er betont, dass sozia­le Bezie­hun­gen im Kern öko­no­misch sind, was dazu führt, dass alles poli­tisch wird. Dies hat zur Poli­ti­sie­rung vie­ler gesell­schaft­li­cher The­men geführt.
  • Marx und Nietz­sche: Bei­de leh­nen eine fes­te, tran­szen­den­te Moral ab. Für Marx dient Moral der Auf­recht­erhal­tung des unge­rech­ten Wirt­schafts­sys­tems, wäh­rend Nietz­sche sie als Werk­zeug der Unter­drü­ckung sieht. Bei­de betrach­ten Reli­gi­on als hin­der­lich für wah­re Freiheit.
  • Nietz­sche und Wil­de: Nietz­sche pro­pa­giert künst­le­ri­sche Selbst­er­schaf­fung, um sich von kon­ven­tio­nel­ler Moral zu befrei­en. Oscar Wil­de ver­kör­pert die­se Idee als hedo­nis­ti­scher Künst­ler, für den Ver­gnü­gen und Ästhe­tik zen­tra­le Wer­te sind.

Die Ideen die­ser Den­ker haben zu der heu­ti­gen Vor­stel­lung geführt, dass die mensch­li­che Natur kei­ne fes­te mora­li­sche Struk­tur hat. Moral ist kon­text­ab­hän­gig, und Selbst­in­sze­nie­rung, beson­ders in den sozia­len Medi­en, ist weit ver­brei­tet. Die­se Ent­wick­lun­gen sind oft von einer sexu­el­len Rebel­li­on geprägt, was zum The­ma des nächs­ten Kapi­tels überleitet.

Ausgehendes 20. Jahrhundert (Viertes bis sechstes Kapitel)

In die­sen Kapi­tel ana­ly­siert True­man die Rol­le von Sig­mund Freud in der Ent­wick­lung des moder­nen Selbst­ver­ständ­nis­ses. Freud hat das psy­cho­lo­gi­sier­te Selbst, das durch Rous­se­au und die Roman­ti­ker geprägt wur­de, mit einer sexu­el­len Dimen­si­on ver­se­hen. Für Freud ist die sexu­el­le Begier­de zen­tral für die Iden­ti­tät eines Men­schen; Sex wird nicht mehr als Hand­lung, son­dern als Daseins­zu­stand betrach­tet. Dies ist zen­tral. Dadurch gewin­nen Begrif­fe wie „hete­ro­se­xu­ell“, „schwul“ oder „bise­xu­ell“ an onto­lo­gi­scher und exis­ten­zi­el­ler Bedeu­tung, unab­hän­gig von tat­säch­li­cher sexu­el­ler Erfah­rung. Somit funk­tio­niert der alte Spruch „Lie­be den Sün­der, has­se die Sün­de“ heut­zu­ta­ge nicht mehr. Da homo­se­xu­el­le Hand­lun­gen nicht bloß als Hand­lun­gen betrach­tet wer­den, son­dern zum Wesen, zur Iden­ti­tät des Akteurs gehören.

Wil­helm Reich und sei­ne Nach­fol­ger zei­gen die poli­ti­schen Kon­se­quen­zen die­ser Ent­wick­lung auf. Wenn das sexu­el­le Ver­lan­gen (und die sexu­el­le Ori­en­tie­rung) die Iden­ti­tät eines Men­schen defi­niert, wird die Art und Wei­se, wie die Gesell­schaft mit die­sem Ver­lan­gen umgeht, zu einer poli­ti­schen Fra­ge. Die Unter­drü­ckung wei­tet sich nun auch auf psy­cho­lo­gi­sche Aspek­te aus, was Aus­wir­kun­gen auf sexu­el­le Nor­men, Kin­der­er­zie­hung und gesell­schaft­li­che Ein­stel­lun­gen hat. Sobald Iden­ti­tät psy­cho­lo­gisch ver­stan­den wird, kön­nen Wor­te und Gedan­ken, die die­se Iden­ti­tä­ten angrei­fen, als schäd­lich ange­se­hen wer­den, was Aus­wir­kun­gen auf tra­di­tio­nel­le Frei­hei­ten wie Reli­gi­ons- und Rede­frei­heit hat.

Identitätsanker

Im fünf­ten Kapi­tel erklärt True­man, war­um es zum Bruch vie­ler Tra­di­tio­nen gekom­men ist. Der Zusam­men­bruch tra­di­tio­nel­ler Iden­ti­täts­an­ker wie Reli­gi­on, Nati­on und Fami­lie habe zur Hin­wen­dung zum inne­ren Selbst geführt. Der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt för­dert die Vor­stel­lung, dass die Natur und die Welt form­ba­res Mate­ri­al ist, das nach Belie­ben geformt wer­den kann. Der Ver­lust einer soge­nann­ten hei­li­gen Ord­nung ver­stärkt die­sen Subjektivismus.

Die sexu­el­le Frei­heit, geför­dert durch Ver­hü­tungs­mit­tel, die Por­no­in­dus­trie und die Sozi­al­wis­sen­schaf­ten, wird als zen­tral für ein glück­li­ches Leben ange­se­hen. Eli­ten in Poli­tik, Bil­dung, Kul­tur und Wirt­schaft trei­ben die­se Ideo­lo­gie vor­an, ent­schlos­sen, die tra­di­tio­nel­len Wer­te hin­ter sich zu las­sen. Das expres­si­ve, sexu­el­le Selbst der moder­nen Kul­tur ist viel­leicht kei­ne zwin­gen­de Ent­wick­lung, aber all die­se Fak­to­ren machen es zu einer plau­si­blen und erklär­ba­ren Folge.

True­man erklärt, dass tra­di­tio­nel­le Iden­ti­täts­an­ker wie Nati­on, Kir­che und Fami­lie im aus­ge­hen­den 20. Jahr­hun­dert schwä­cher wur­den, wodurch der Kör­per als letz­te Quel­le sta­bi­ler Iden­ti­tät dien­te. Frü­her muss­te man sich hin­sicht­lich des eige­nen Geschlechts nicht ent­schei­den, da es als unver­än­der­li­che Tat­sa­che galt. Heu­te ist das Selbst jedoch voll­stän­dig form­bar, und selbst der Kör­per ist im Fluss, was zu einer fun­da­men­ta­len Unsi­cher­heit und Flui­di­tät führt.

Die­se Insta­bi­li­tät hat zu einem Anstieg von Depres­sio­nen und Ängs­ten geführt, obwohl der Wohl­stand und die Sicher­heit im Wes­ten grö­ßer sind als je zuvor. Die Suche nach Iden­ti­tät und Zuge­hö­rig­keit wird in der heu­ti­gen Welt beson­ders her­aus­for­dernd. Die LGBTQ+-Bewegung (Bei Her­aus­ga­be des Buches war das die „kor­rek­te” Schreib­wei­se des Kür­zels) bie­tet eine neue Art von Iden­ti­tät und Gemein­schaft, die den Men­schen ein Gefühl von Zuge­hö­rig­keit und Sicher­heit ver­mit­telt. Die vor­herr­schen­den Erzäh­lun­gen und gesell­schaft­li­chen Eli­ten för­dern eine Iden­ti­tät, die stark auf sexu­el­ler Ori­en­tie­rung basiert und stel­len sexu­el­le Erfül­lung als zen­tra­len Bestand­teil eines erfüll­ten Lebens dar. Die­se Nar­ra­ti­ve ver­lei­hen den Anlie­gen von mar­gi­na­li­sier­ten Grup­pen mora­li­schen Sta­tus und erschwe­ren es, sich gegen sie zu positionieren.

21. Jahrhundert (siebtes bis neuntes Kapitel)

True­man beschreibt, wie die LGBTQ+-Bewegung seit den 2000er-Jah­ren an Ein­fluss gewon­nen hat. Die Bewe­gung hat sich von einer mar­gi­na­len Grup­pe zu einer domi­nie­ren­den Kraft in der kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Land­schaft ent­wi­ckelt. Die­se Ent­wick­lung ist gekenn­zeich­net durch eine zuneh­men­de Aner­ken­nung und recht­li­che Absi­che­rung von LGBTQ+-Rechten. Ein zen­tra­ler Punkt ist die Aus­wei­tung der Defi­ni­ti­on von Geschlecht und sexu­el­ler Iden­ti­tät, die von tra­di­tio­nel­len binä­ren Vor­stel­lun­gen abweicht und zuneh­mend flu­id betrach­tet wird. True­man betont, dass die LGBTQ+-Bewegung nicht nur recht­li­che Fort­schrit­te gemacht hat, son­dern auch tief­grei­fen­de kul­tu­rel­le Ver­än­de­run­gen bewirkt hat. Die The­men rund um Geschlecht und Sexua­li­tät sind nun zen­tra­ler Bestand­teil des öffent­li­chen Dis­kur­ses und beein­flus­sen Berei­che wie Bil­dung, Medi­en und Politik.

True­man unter­sucht, wie sich die LGBTQ+-Bewegung auf Frei­hei­ten wie Reli­gi­ons- und Rede­frei­heit aus­wirkt. Er sagt, dass die Aner­ken­nung von LGBTQ+-Rechten zu Kon­flik­ten mit tra­di­tio­nel­len reli­giö­sen und mora­li­schen Über­zeu­gun­gen geführt hat. Die Dis­kus­si­on um Trans-Rech­te hat dazu geführt, dass sich Befür­wor­ter und Geg­ner die­ser Rech­te immer weni­ger ver­ste­hen. True­man sagt, dass es immer schwie­ri­ger wird, in der Öffent­lich­keit zu sagen, dass man bestimm­te Aspek­te der LGBTQ+-Politik nicht gut fin­det. Man wird dann schnell als into­le­rant oder dis­kri­mi­nie­rend ange­se­hen. Die­se Ent­wick­lung hat gro­ße Aus­wir­kun­gen auf die Mei­nungs­frei­heit und die Rech­te von reli­giö­sen Gemeinschaften.

Im letz­ten Kapi­tel die­ses Buches blickt True­man in die Zukunft und spe­ku­liert über die mög­li­chen Ent­wick­lun­gen im Bereich der sexu­el­len Iden­ti­tät und der LGBTQ+-Rechte. Er warnt vor den mög­li­chen lang­fris­ti­gen Kon­se­quen­zen, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf die wei­te­re Frag­men­tie­rung der Gesell­schaft und die Her­aus­for­de­run­gen für tra­di­tio­nel­le Insti­tu­tio­nen wie Fami­lie und Reli­gi­on. True­man hebt her­vor, dass die weit­rei­chen­den Ver­än­de­run­gen in der Gesell­schaft nicht nur kul­tu­rel­le, son­dern auch recht­li­che und sozia­le Fol­gen haben könn­ten. Er ist besorgt, dass die fort­schrei­ten­de Anpas­sung an neue Geschlechts­iden­ti­tä­ten und sexu­el­le Nor­men zu einem tie­fe­ren udn pro­gres­si­ven Ver­ständ­nis von Iden­ti­tät und Zuge­hö­rig­keit füh­ren könn­te, das bestehen­de gesell­schaft­li­che Struk­tu­ren infra­ge stellt.

Fazit

Das Buch von Carl R. True­man, „Frem­de neue Welt: Wie Phi­lo­so­phen und Akti­vis­ten Iden­ti­tät umde­fi­niert und die sexu­el­le Revo­lu­ti­on ent­facht haben“, bie­tet einen tief­ge­hen­den und auf­schluss­rei­chen Über­blick über die Ent­wick­lun­gen, die zu unse­rer moder­nen Sicht auf Iden­ti­tät und Sexua­li­tät geführt haben. True­man gelingt es, kom­ple­xe his­to­ri­sche und phi­lo­so­phi­sche Pro­zes­se anschau­lich und ver­ständ­lich zu ver­mit­teln, was das Buch zu einer wert­vol­len Lek­tü­re für jeden macht, der die kul­tu­rel­len und poli­ti­schen Ver­än­de­run­gen des 21. Jahr­hun­derts bes­ser ver­ste­hen möch­te. Beson­ders beein­dru­ckend ist sei­ne Fähig­keit, die Ent­wick­lung der moder­nen Iden­ti­täts­kon­zep­te zu beleuch­ten und die Ein­flüs­se gro­ßer Den­ker wie Rous­se­au, Marx und Nietz­sche aufzuzeigen.

Jedoch emp­fin­de ich als größ­te Schwä­che des Buches, dass die kom­ple­xen phi­lo­so­phi­schen Kon­zep­te, die die­se Ent­wick­lun­gen prä­gen, nur ober­fläch­lich behan­delt wer­den. Die detail­lier­te Aus­ein­an­der­set­zung mit den Wer­ken der gro­ßen Phi­lo­so­phen fehlt, und es wer­den nur weni­ge direk­te Zita­te ver­wen­det, was das tie­fer­ge­hen­de Ver­ständ­nis der phi­lo­so­phi­schen Grund­la­gen erschwert. Natür­lich ist die­se Aus­ein­an­der­set­zung im grö­ße­ren Werk kom­plett und detail­liert vor­han­den. Jedoch wer­den Leser, wel­che sich für die Kurz­fas­sung ent­schei­den, hier und dort über­for­dert wer­den. Trotz die­ser nach­voll­zieh­ba­ren Lücke kann ich das Buch emp­feh­len, da es auf prä­gnan­te Wei­se die his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Zusam­men­hän­ge dar­stellt und wich­ti­ge Denk­an­stö­ße bietet.

Zudem soll gesagt sein, das True­man eine his­to­risch-tra­di­tio­nel­le Sicht in the­men christ­li­cher Sexu­al­ethik ver­tritt. Dies ist natür­lich kein Pro­blem, jedoch fär­ben sei­ne Prä­mis­sen natür­lich auch in sei­nem Buch ab. Als His­to­ri­ker hat True­man es jedoch mei­ner Mei­nung nach geschafft, die Aus­wir­kun­gen und die Her­kunft gewis­ser phi­lo­so­phi­schen und poli­ti­schen Strö­mun­gen dif­fe­ren­ziert zu beleuch­ten und in den Kon­text der Bibel zu stel­len. Es ist eine wert­vol­le Lek­tü­re für jede Per­son, die ver­ste­hen will, wie das 21. Jahr­hun­dert denkt.


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Joshua Ganz

Über den Autor

Joshua ist seit seinem Bachelor in Theology als Jugendpastor in der Nordostschweiz tätig. In der Schweizer Armee dient er als Armeeseelsorger. Er liebt Theologie, sein Rennrad und Kaffee. Am liebsten alles miteinander, oder zumindest nacheinander ;)

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