Frisch. Verständlich. Überraschend. – Wie Roland Werner mit das Buch eine moderne und postmoderne Tür zur vermeintlich alten Botschaft aufstößt.
Bibelübersetzungen gibt es viele – von wortgetreu bis poetisch, von klassisch bis experimentell. Doch nur wenige schaffen es, biblische Texte zugleich nah am Sinn und neu für heutige Leser erlebbar zu machen. Roland Werner wagt mit das Buch genau diesen Spagat – und erreicht dabei eine erstaunliche Zielgruppe: nicht nur theologisch Versierte, sondern auch Menschen ohne kirchlichen Hintergrund. In diesem Beitrag stelle ich Ihnen diese besondere Bibelübersetzung genauer vor.
Inhalt
Woher kommt das Buch?
Vorweg sei gesagt: Ich bin kein Philologe. Ich kann weder fließend Hebräisch noch Altgriechisch auf hohem Niveau und kann daher keine wissenschaftlich fundierte Aussage über die Genauigkeit der Übersetzung treffen. Was ich aber sehr wohl beurteilen kann, ist, wie verständlich, lebendig und zugänglich eine Bibelübertragung auf heutige Leser wirkt. Und genau in dieser Hinsicht verdient das Buch eine nähere Betrachtung.
Zum Verlag
Verlegt wird das Buch vom SCM R. Brockhaus Verlag, einer traditionsreichen Verlagsmarke, die zur SCM-Verlagsgruppe gehört. Der Verlag ist bekannt für theologische Literatur, Bibelausgaben und praxisorientierte Bücher für Gemeinde und persönlichen Glauben. Die erste Ausgabe von das Buch erschien 2009, eine erweiterte Fassung des Neuen Testaments samt Psalmen und Sprüchen folgte 2014. 2021 wurde die Übersetzung in das Online-Portal BibleServer aufgenommen – ein Meilenstein für die digitale Verbreitung. Und noch viel wichtiger: Das Buch finden Sie auf Ihrem Logos-Store.
Zum Autor
Roland Werner (*1957) ist ein vielseitiger Theologe und Sprachwissenschaftler. Er studierte evangelische Theologie, Sprachwissenschaft, Afrikanistik und Arabistik in Marburg, Münster und international. Neben seiner Promotion in Afrikanistik (1986) folgte 2012 eine zweite Dissertation in Theologie. Werner war unter anderem Generalsekretär des deutschen CVJM, Professor für Theologie im globalen Kontext an der Evangelischen Hochschule Tabor und Vorsitzender der Lausanner Bewegung in Deutschland. Er bringt akademische Tiefe, missionarisches Herzblut und sprachliche Sensibilität mit – ein Dreiklang, der sich in seiner Bibelübersetzung deutlich zeigt.
Rezension: Was das Buch besonders macht
Entstehung und Ziel
Was mit dem frischen Eindruck von Eugene Petersons The Message begann, entwickelte sich bei Werner zu einer eigenständigen deutschen Bibelübertragung oder eben schließlich zu einer Übersetzung. The Message ist eine populäre Bibelübertragung in modernem Englisch, die in den 1990er-Jahren von dem US-amerikanischen Theologen, Pastor und Autor Eugene H. Peterson (1932–2018) veröffentlicht wurde. Petersons Anliegen war es, die Bibel in eine Sprache zu übersetzen, „wie Menschen wirklich sprechen“. Er wollte damit den Zugang zur Bibel erleichtern – besonders für Menschen, die mit traditionellen Bibelübersetzungen Mühe haben. Statt einer klassischen Übersetzung im engeren Sinne handelt es sich bei The Message um eine sinngemäße Übertragung, die das Lebensgefühl und die Alltagssprache der Gegenwart aufgreift. Die Wirkung war bemerkenswert: Die Bibel gewann für viele Leserinnen und Leser an Frische und sprachlicher Relevanz.
Auch Roland Werner war von der Wirkung dieser Übersetzung inspiriert – löste sich aber schnell bewusst vom amerikanischen Vorbild. Anders als bei The Message, das auf einer englischen Ausgangsbibel basiert, arbeitete Werner bald direkt mit den hebräischen und griechischen Urtexten – vermutlich mit den etablierten wissenschaftlichen Textausgaben Biblia Hebraica Stuttgartensia (für das Alte Testament) und Nestle-Aland (für das Neue Testament). Wir können also fest davon ausgehen, dass das Buch eine durchgehende Übersetzung, und keine Übertragung ist (siehe unten mehr dazu).
Ziel war eine Bibel, die so zugänglich ist, dass sie auch ein säkularisierter Manager auf einer Geschäftsreise im Hotelzimmer versteht – ohne theologisches Vorwissen, ohne kirchliches Insider-Vokabular, aber mit dem Potenzial, das Evangelium ganz neu zu entdecken.
– Vorwort
Übersetzungsmethode
Werner nennt seine Methode „kommunikativ“. Er übersetzt nicht Wort für Wort, sondern sucht nach dem Sinn – und wie dieser heute verständlich wiedergegeben werden kann. Dazu gehört, dass Begriffe wie „Heiliger Geist“ zu „der gute Geist Gottes“ werden, oder dass auf starre Verszählungen verzichtet wird, um den Text als zusammenhängende Erzählung wirken zu lassen. Gleichzeitig bleibt er nicht bei einer vereinheitlichenden Sprache stehen, sondern bildet auch die Bedeutungsbreite biblischer Begriffe ab, indem er sie je nach Kontext unterschiedlich wiedergibt.
Sprachstil und Lesefluss
Die Sprache in das Buch ist modern, klar und oft überraschend poetisch. Besonders in den Psalmen kommt das zur Geltung. Auch Einleitungen vor jedem biblischen Buch helfen, den historischen und kulturellen Kontext zu verstehen. Der Stil fördert den Lesefluss und erleichtert den Einstieg – ideal für Andachten, Hauskreise oder missionarische Settings.
Drei dynamische Bibeln im Vergleich: das Buch, Neues Leben, und Hoffnung für Alle
Psalm 23: Adonai, der gute Hirte
Nun möchte ich einige Stellen vergleichen, um Ihnen zu zeigen, was das Buch so einzigartig macht. Nicht besser, aber anders. Nicht genauer, aber frischer.
Bereits im Eingang wird der Unterschied deutlich: das Buch bleibt näher an der hebräischen Vorlage und spricht von „ADONAI, mein Hirte“, während die NLB schlicht „der HERR“ verwendet und die HfA das sehr Vertraute „der Herr“ beibehält. Dadurch wirkt das Buch bewusst jüdisch konnotiert, während die anderen Übersetzungen stärker kirchlich geprägt sind.
Auch in den Bildern zeigen sich Nuancen:
- In das Buch heißt es „nachtschwarze Schlucht“ (V. 4) – eine starke, bildhafte Formulierung. Die NLB bleibt traditioneller mit „Tal des Todes“, die HfA sagt „dunkle Täler“.
- Bei den Versorgungsbildern (V. 5) ist das Buch sehr konkret: „Du salbst meinen Kopf mit triefendem Öl“, die NLB schreibt „Du überschüttest mich mit Segen“, und die HfA legt Gewicht auf das gastfreundliche Bild: „Du begrüßt mich wie ein Hausherr seinen Gast“.
Am Ende (V. 6) unterscheidet sich die Gewichtung der Attribute:
- das Buch spricht von „Gutes und Freundlichkeit“,
- die NLB von „Güte und Gnade“,
- die HfA von „Güte und Liebe“.
Hier zeigt sich, wie unterschiedlich dieselben Begriffe aus dem Hebräischen in der Zielsprache gewichtet werden können – von alltagsnah (das Buch) über theologisch gebräuchlich (NLB) bis zu pastoral-seelsorgerlich (HfA).
Matthäus 11, 28–30: Wer sind die „Mühseligen“ und was heißt „erquicken“?
Natürlich kennen langjährige Luther-Leser die Wörter aus Matthäus 11. Aber die Frage stellt sich schon, ob sie uns auch emotional erreichen.

Vers 28
- NLB nutzt das traditionelle Bild von „Müde sein“ und „schwere Lasten“, klassisch vertraut.
- Die HfA ist alltagsnah und verständlich mit Begriffen wie „sich abmühen“ und „Last leiden“.
- das Buch spricht von Menschen „am Ende“, „abgearbeitet“ und „mutlos“ – sehr konkret und bildstark.
Vers 29
- das Buch mit Fokus auf Nachfolge („Folgt meinem Beispiel“), ergänzt durch Charakterbeschreibung („freundlich“, „demütig“) und Ziel („Frieden für euer Leben“) – sehr seelsorgerlich.
- NLB setzt auf das vertraute Bild vom „Joch“ und eine klare Struktur: lehren, demütig sein, Ruhe finden.
- HfA formuliert im Alltagston, lädt ein zur Vertrauensübergabe („Vertraut euch meiner Leitung an …“) und betont eine sanfte Beziehungsebene („gehe behutsam … sehe auf niemanden herab“).
Vers 30
- das Buch unterstreicht: das Joch ist leicht, die Last keine Last – doppelte Betonung auf Entlastung.
- NLB bleibt klassisch: Joch passt – Last leicht.
- HfA betont, dass die Last „nicht schwer zu erfüllen“ ist – erklärt und entspannt.
Fazit: Aus müde und schwere Lasten wird „am Ende; abgearbeitet und mutlos.“ Aus nehmt mein Joch (NLB) und vertraut euch meiner Leitung an (HfA) wird „Lebt im Einklang mit mir“. Aus Ruhe für die Seele wird „aufblühen“. Man merkt, wie die Sprache alltagsnah wurde. Aufblühendes Leben ist einladender und einfacher verständlich wie die Seele, deren Last abgetragen wird.
Matthäus 5: Macht Jesus Schluss mit dem Gesetz?

Eine schöne Passage, die es in sich hat: Jesus ist nicht gekommen, etwas aufzuheben, sondern um etwas zu erfüllen (NLB). Werner übersetzt: „Meine Aufgabe ist nicht, Gottes Willen in Frage zu stellen, sondern ihn ganz und gar zu erfüllen.“

Hier übersetzt Roland das in diesem Text zweimal vorkommende griechische Wort Gehenna das erste Mal mit Gottesferne, das zweite Mal mit Hölle. Es scheint, als möchte er einen neuen Leser nicht gleich vor den Kopf stoßen, ohne den Text zu verschönern oder zu glätten.
Johannes 3,16: Denn also hat Gott …
Und nun zum Schluss noch den wohl meistgelesenen und auswendig gelernten Bibelvers:
Ja, Gott hat diese ganze Welt so in seiner Liebe umfasst, dass er seinen Sohn, der sein Ein und Alles war, hingab. Dadurch ist es jetzt so: Keiner, der sein Vertrauen auf ihn setzt, geht verloren. Wer aber ihm vertraut, der hat damit das Leben voller Ewigkeit.
– Johannes 3,16 aus das Buch

- das Buch: „Ja, Gott hat diese ganze Welt so in seiner Liebe umfasst … sein Ein und Alles … Vertrauen … Leben voller Ewigkeit“
Die Formulierung ist deutlich poetischer und emotional verstärkt. Besonders auffällig ist die Wendung „sein Ein und Alles“ anstelle von „seinen einzigen Sohn“. Dadurch wird die enge Beziehung und die Kostbarkeit Jesu noch stärker betont. - NLB: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt … seinen einzigen Sohn … wer glaubt … ewiges Leben“
Die Formulierung bleibt nüchtern und präzise und orientiert sich eng an klassischen deutschen Bibelübersetzungen. Auffällig ist, dass das Schlüsselwort „glauben“ beibehalten wird, was theologisch an traditionelle Sprachmuster anschließt und so den kontinuierlichen Bezug zur kirchlichen Verkündigung wahrt. Der Stil ist klar, verständlich, aber weniger bildhaft – er transportiert die Botschaft ohne zusätzliche emotionale Verstärkung. - HfA: „Denn Gott hat die Menschen so sehr geliebt … jeder, der an ihn glaubt … nicht zugrunde gehen“
Hier verschiebt sich der Fokus: Statt „die Welt“ steht „die Menschen“ im Zentrum. Dadurch wirkt der Text direkter, seelsorgerlicher und persönlicher. Sprachlich ist die Übersetzung alltagsnäher – insbesondere die Formulierung „nicht zugrunde gehen“ klingt weniger formell als „nicht verloren gehen“ und spiegelt gesprochene Sprache wider. Damit wird der Text zugänglicher für Leser ohne theologischen Hintergrund.
Übertragung oder Übersetzung?
Hier lohnt sich eine wichtige Unterscheidung: das Buch ist – anders als manche meinen – keine bloße „Übertragung“, sondern eine eigenständige Übersetzung aus den biblischen Urtexten. Roland Werner arbeitete mit hebräischen und griechischen Urtexten und übertrug deren Sinn in modernes Deutsch. Zwar nutzt er dabei eine kommunikative oder dynamisch-äquivalente Methode, doch das bleibt eine Übersetzungsarbeit – direkt aus dem Original.
Ein Vergleich mit der Neues-Leben-Übertragung
Anders ist das bei der Neues Leben. Die Bibel, die oft im gleichen Atemzug genannt wird: Sie ist im Grundsatz eine Übertragung aus dem Englischen, konkret aus der New Living Translation (NLT). Die NLT selbst entstand ursprünglich als eine stark überarbeitete Version der Living Bible, einer US-amerikanischen Paraphrase.
Die Neues Leben übertrage also nicht alles direkt aus den hebräischen und griechischen Grundtexten, sondern aus einem bereits ins Englische übertragenen Text. Das bringt sprachliche Frische, aber auch eine gewisse inhaltliche Distanz zum Urtext mit sich. Ob das so genau stimmt, oder sich die deutschen Übersetzer auch einfach ein Beispiel an der NLT genommen haben, dann aber eine komplette Übersetzung aus dem Urtext vorgenommen haben, bleibt unklar. ERF Medien schreibt beispielsweise:
Angeregt durch den Sprachstil der amerikanischen „New Living Translation“ gab der Hänssler-Verlag in den 1990er-Jahren eine deutsche Bibelübersetzung in Auftrag. Zwei theologisch qualifizierte Übersetzerinnen (mit Kenntnissen des Hebräischen und Griechischen) übertrugen zunächst den amerikanischen Text ins Deutsche, wobei sie sich im Zweifelsfall an den ursprachlichen Grundtexten orientierten.
Eine fachliche Prüfung durch Theologen führte dazu, dass der deutsche Text noch stärker an den Grundtexten ausgerichtet wurde. 2009 ging die Neues Leben Bibel vom Hänssler Verlag in die Obhut des SCM R.Brockhaus-Verlags über. Dort unterliegt sie seit 2010 einer laufenden fachlichen Textpflege; das heißt: Von Auflage zu Auflage werden verbesserungswürdige Stellen streng an den Grundtexten orientiert neu übersetzt.
– ERF Medien
Jedoch finden sich auch andere Arten, die Begriffe Übersetzung und Übertragung zu definieren, was das Ganze ein wenig komplizierter macht. Für einige ist eine Übersetzung der inhaltliche Anspruch, möglichst nah/wörtlich am Urtext zu sein, während eine Übertragung für diese Definition eher eine Sinn-Übersetzung sei: Man übertrage das vom Autor Gemeinte in die heutige Sprache. Nach dieser Definition ist also weder die NLB noch das Buch eine Übersetzung, weil sie übertragen tatsächlich sehr gut in die heutige Sprachwelt. Beide sind aber auch keine Übertragungen, weil sie wirklich aus dem Urtext direkt in die deutsche Sprache übersetzen.
Fazit
Das Buch ist eine Bibelübersetzung, die bewusst eine verständliche und alltagsnahe Sprache wählt. Roland Werner gelingt es, die biblischen Texte so wiederzugeben, dass sie auch Menschen ohne theologisches Vorwissen ansprechen. Viele Formulierungen wirken frisch und laden dazu ein, altbekannte Stellen neu zu entdecken.
das Buch ist natürlich keine Bibel für den Griechisch-Unterricht – aber eine großartige Bibel für Suchende, Skeptiker und Neuentdecker. Roland Werner gelingt das Kunststück, biblische Texte so zu übertragen, dass sie heutigen Menschen unmittelbar begegnen können – ohne ihre Tiefe zu verlieren. Wer die Bibel mal „mit neuen Ohren“ hören will, wird hier fündig. Zudem eignet sich diese Übersetzung besonders gut zum Vorlesen oder zum Verwenden in gesprochenen Gebeten und Liturgien. Oder auch für den Gebrauch in Gesprächen mit Suchenden.