Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament (HThKAT)

Von paulmurdoch

Dezember 3, 2019

Her­ders Theo­lo­gi­scher Kom­men­tar zum Alten Tes­ta­ment wur­de von Erich Zen­ger († 2010) begrün­det, und wird mit­her­aus­ge­ge­ben von Ulrich Ber­ges, Chris­toph Doh­men sowie Lud­ger Schwi­en­horst-Schön­ber­ger. Die ganz aktu­el­le Rei­he ist auf 54 Teil­bän­de kon­zi­piert und erscheint im tra­di­ti­ons­rei­chen Her­der Ver­lag (Frei­burg · Basel · Wien). 39 Bän­de erschei­nen in Kür­ze als Paket für Logos. Nur noch bis 10. Dezem­ber kön­nen Sie von einem redu­zier­ten Ein­füh­rungs­preis pro­fi­tie­ren.

Der Name Erich Zen­ger bürgt für Qua­li­tät. Er ist mit sei­ner “Ein­lei­tung in das Alte Tes­ta­ment”, inzwi­schen in 9. aktua­li­sier­ter Auf­la­ge, einer der gegen­wär­tig am meis­ten gele­se­nen Alt­tes­ta­ment­ler im deutsch­spra­chi­gen Raum, auch an evan­ge­li­schen Fakul­tä­ten. Sei­ne Arbei­ten zu den Psal­men sind legen­där. Mit dem HTh­KAT ver­folg­te er den Ansatz, eine inter­kon­fes­sio­nel­le Kom­men­tar­rei­he zu schaf­fen, die vom kano­ni­schen End­stand der Tex­te (s.u.) ausgeht. 

Die Autoren sind akkre­di­tier­te römisch-katho­li­sche, jüdi­sche und evan­ge­li­sche Exege­ten, die sich aus Respekt vor dem jüdi­schen Kanon der Aus­le­gung des End-Tex­tes ver­pflich­tet haben. Bei star­ken Abwei­chun­gen der vor­han­de­nen Text­va­ri­an­ten der deu­te­ro­ka­no­ni­schen Schrif­ten – sie­he Tobit, z.B. – ent­schei­den sich die Aus­le­ger für eine Vari­an­te und ver­su­chen nicht, den “Urtext” wie­der her­zu­stel­len. Das gilt auch für umstrit­te­ne Pas­sa­gen im kano­ni­schen Text. Dies kommt dem Ver­kün­di­ger zugu­te, der sich dem Seit­zschen Dic­tum des 2017 ver­stor­be­nen Erlan­ger Prak­to­lo­gen ver­pflich­tet weiß, “den Luther­text zu predigen”.

Besonderheiten dieser Kommentarreihe

Übersichtlichkeit und Lesbarkeit

Das Werk ist auf höchs­tem wis­sen­schaft­li­chem Stan­dard, will aber nicht erschöp­fend allen mög­li­chen Fra­gen, die der Text auf­wirft, gerecht wer­den. Ein­zel­dis­kus­sio­nen wer­den aber sehr wohl dann geführt, wenn es für die Inter­pre­ta­ti­on des Tex­tes wich­tig ist. Von Werk zu Werk wer­den die­se in unter­schied­li­chem Aus­maß in den Exkur­sen berück­sich­tigt. Hoher Wert wird auf die Les­bar­keit des Kom­men­tars gelegt. Die Aus­le­gung soll auch über­schau­bar blei­ben in einer Zeit, wo die Bläh­li­te­ra­tur über­hand­nimmt und man in man­chen Kom­men­ta­ren ob der Fül­le der Infor­ma­tio­nen lan­ge nach der rele­van­ten Infor­ma­ti­on suchen muss. Umfang­rei­che Lite­ra­tur­an­ga­ben wer­den vor­an­ge­stellt, sodass man eine aktu­el­le Über­sicht über die Sekun­där­li­te­ra­tur hat.

Aktualität

Wie soeben fest­ge­hal­ten: die Rei­he ist ganz aktu­ell und noch nicht abge­schlos­sen. Man darf gespannt sein etwa auf die noch aus­ste­hen­den Bän­de zu Gene­sis 12–36, Jesa­ja 55–66, Dani­el, Psal­men 1–50 u.a.m.

Der Kommentar geht neue Wege

Das Kom­men­tar­werk geht davon aus, dass das Alte (Ers­te) Tes­ta­ment als Hei­li­ge Schrift Isra­els ent­stand und auch nach der Ent­ste­hung des Chris­ten­tums die Hei­li­ge Schrift Isra­els bleibt. Als inter­kon­fes­sio­nel­le Kom­men­tar­rei­he muss auch eine Aus­le­gung der alt-(erst-)testamentlichen Schrif­ten gewähr­leis­tet wer­den. Hier will der HTh­KAT bewusst und expli­zit neue Wege gehen. Er setzt sich somit auch von der im sel­ben Ver­lag erschie­ne­nen Schwes­ter­rei­he zum NT HTh­KNT bewusst ab. Vor­stel­lun­gen und Ein­drü­cke, die man vom HTh­KNT hat, soll man nicht auf HTh­KAT übertragen.

Betonung liegt auf dem Selbstverständnis des Textes in Endgestalt (intentio operis)

Im Geis­te Rudolf Kit­tels, der das Anmer­kungs­zei­chen R nicht als “Redak­tor”, son­dern als “Rab­benu” gele­sen haben woll­te, will die­se Rei­he den End­text in der zuletzt vor­lie­gen­den Form (Text letz­ter Hand) ernst neh­men für die Auslegung.

Der HTh­KAT legt also sei­nen Schwer­punkt nicht auf die his­to­risch-kri­ti­sche Text­ana­ly­se oder die Ein­zel­fra­gen der Wort­se­man­tik, son­dern auf die Her­aus­ar­bei­tung der Makro­struk­tu­ren des End­tex­tes und des­sen kano­ni­sche-theo­lo­gi­sche Inter­pre­ta­ti­on. Das bedeu­tet nicht, dass es bei einer Inter­pre­ta­ti­on im alt­tes­ta­ment­li­chen Kon­text bleibt. Der Ver­lag selbst schreibt: “HTh­KAT will so nicht nur jüdi­sche Aus­le­gungs­tra­di­ti­on auf­grei­fen, son­dern zugleich der christ­li­chen Pra­xis in Leh­re und Ver­kün­di­gung ent­spre­chen, in der der kano­ni­sche End­text (nicht sei­ne Vor­stu­fen) als Got­tes­wort gele­sen wird.” Der Über­lie­fe­rungs­pro­zess wird nur, soweit er bedeut­sam für die Exege­se ist, berücksichtigt. 

Die genuine Absicht eines Textes steht im Vordergrund

Der Mit­her­aus­ge­ber der Rei­he Chris­toph Doh­men schreibt in Anleh­nung an Umber­to Ecos her­me­neu­ti­sches Sche­ma der Unter­schei­dung zwi­schen inten­tio auc­to­ris, inten­tio ope­ris [Link zu Wiki­pe­dia], und inten­tio lec­to­ris und in Abgren­zung gegen moder­ne rezep­ti­ons­äs­the­ti­sche Ansät­ze: “Für das Ver­ste­hen von Tex­ten, beson­ders wenn es sich wie bei der Bibel um Tex­te der Ver­gan­gen­heit han­delt, ist die Ermitt­lung der inten­tio ope­ris – oder zumin­dest die Aus­rich­tung auf sie – ent­schei­dend… Bei der Fra­ge, wie denn die inten­tio ope­ris in der not­wen­di­gen Klar­heit zu ermit­teln sei, muss auf die sprach­li­che Kon­ven­ti­on ver­wie­sen wer­den. Es gilt also zuerst ein­mal, das zu erhe­ben und zu erken­nen, was durch die Spra­che, d. h. die lexi­ka­li­sche Bedeu­tung der Wor­te und ihre grammatikalischen/​syntaktischen Regeln, gege­ben ist. Da die sprach­li­che Kon­ven­ti­on Grund­la­ge aller Kom­mu­ni­ka­ti­on ist, hat sie ihre unein­ge­schränk­te Gül­tig­keit auch für deren ver­schrif­te­te Form. Der Kom­men­tar­text ist als Meta- oder Para-Text auf einen Text bezo­gen, zu dem er bestimm­ten Lesern einen Zugang eröff­net. Die Rekon­struk­ti­on der Gene­se des Tex­tes (im Kom­men­tar) hin­ge­gen muss dabei zurückstehen.

Alttestamentliche Apokryphen inklusive 

Ein wei­te­rer Vor­teil des Kom­men­tars aus dem katho­li­schen Haus Her­der ist, dass auch die alt­tes­ta­ment­li­chen Apo­kry­phen aus­führ­lich behan­delt wer­den. Wenn auch nicht kano­nisch, so sind sie doch unent­behr­lich für das Ver­ständ­nis der Ent­ste­hung von Juden­tum und Chris­ten­tum. Das “himm­li­sche Jeru­sa­lem” der christ­li­chen Offen­ba­rung etwa wird z.B. in Tob 13 schon ange­kün­digt. So macht z.B. die Arbeit mit dem Tobit-Kom­men­tar von Helen Schün­gel-Strau­mann (2. Auf­la­ge) rich­tig Spaß, zumal neben dem LXX-Text der latei­ni­sche Vul­ga­ta-Text (auch im Anhang zum Band) mit ein­be­zo­gen wird. 

Aufbau

Der Auf­bau der ein­zel­nen Kom­men­ta­re folgt in der Regel fol­gen­dem Sche­ma, exem­pla­risch dar­ge­stellt an dem Band zu Jona, Über­setzt und aus­ge­legt von Peter Weimar:

  1. Abschnitt
  2. Lite­ra­tur
  3. Text
  4. Zu Text und Übersetzung
  5. Ana­ly­se
  6. Aus­le­gung
  7. Exkurs(e)
  8. Bedeu­tung

In beson­de­ren Fäl­len kann die­ser Auf­bau leicht abge­wan­delt wer­den, etwa wie man sieht am Kom­men­tar von Eck­art Otto zu Deu­te­ro­no­mi­um 1–11, zwei­ter Teil­band: 4,44–11,32:

  1. Abschnitt
  2. Lite­ra­tur
  3. Text
  4. Zu Text und Übersetzung
  5. Syn­chro­ne Ana­ly­se: Auf­bau des Textes
  6. Dia­chro­ne Ana­ly­se: Ent­ste­hung des Textes
  7. Aus­le­gung
  8. Syn­chro­ne Ana­ly­se: der behan­del­te Text­ab­schnitt in Theo­lo­gie und Rechts­her­me­neu­tik des Buches Deuteronomium

Fazit

Wer auf eine soli­de wis­sen­schaft­li­che Erläu­te­rung zum End­text des AT und der Apo­kry­phen setzt, kommt am HTh­KAT nicht vor­bei. Der Nut­zen die­ser beson­ne­nen und fun­dier­ten wis­sen­schaft­li­chen, öku­me­nisch auf­ge­stell­ten Rei­he ist enorm. Die Logos-Edi­ti­on des HTh­KAT ver­viel­fäl­tigt die­sen Nut­zen noch­mals um ein Mehr­fa­ches durch die man­nig­fal­ti­gen digi­ta­len Vor­tei­le mit ihren Such­funk­tio­nen, Werk­zeu­gen, Assis­ten­ten, und zahl­rei­chen ande­ren Funktionen.


Über den Autor: Paul Mur­doch ist Stu­di­en­lei­ter im Albrecht-Ben­gel-Haus in Tübin­gen. Er möch­te Ein­sich­ten zum Umgang mit Logos, die er bei der prak­ti­schen Arbeit in For­schung und Ver­kün­di­gung gesam­melt hat, weitergeben. 


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