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Bibelstudium mit Logos
Ein Gastartikel von Peter Engler
Meines Erachtens reicht es nicht, sich mit dem Platin-Paket der Logos Bibelsoftware auszurüsten oder eine umfangreiche, aus echten Büchern bestehende Bibliothek aufzubauen und dann mit der Erforschung der Bibel loszulegen. Vielleicht legen wir manchmal zu großen Nachdruck auf die richtigen Werkzeuge und Hilfsmittel und zu geringen auf die inneren Voraussetzungen, die ein fruchtbares Bibelstudium überhaupt erst ermöglichen. Hier ein paar Gedanken dazu.
- Wie kann Bibelstudium profitabel werden?
- Welche Voraussetzungen gibt es dafür?
- Und was hat das mit der Bibelsoftware Logos zu tun?
Die „Conditio sine qua non“
Bibelstudium ist nicht nur eine Frage des Umgangs mit theologischem Stoff oder Material. Es stellt sich zusätzlich die Frage nach dem persönlichen Christsein überhaupt. Denn Christsein ist Beziehungssache, Glaube an Jesus eine persönliche Vertrauensbeziehung. Und ich denke, dass wir niemals werden in den innersten Gehalt der Bibel und in die tieferen Intentionen des Heiligen Geistes eindringen werden, ohne individuelle Bekehrung und Wiedergeburt. Auch in diesem Bereich gilt: „Es sei denn, dass jemand von Neuem geboren ist, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh 3,3). Und folglich kann man beim Bibelstudium die Wahrheit der Heiligen Schrift auch nur bedingt wahrnehmen. Die Grammatik eines Bibelverses lässt sich zwar einfach auf verstandesmäßigem Weg erforschen, aber nicht die „Herzensgrammatik“ des Heiligen Geistes.
Deshalb plädiere ich mit Nachdruck für eine theologia regenitorum, eine „Theologie der Wiedergeborenen“. Wer die Bibel gewinnbringend studieren will, muss mit dem Autor und Geist der Schrift innerlich konform sein. Aber gottloses Leben und fragwürdiger Lebenswandel stellen für eine gewinnbringende Erkenntnis der Bibel ein grundlegendes Hindernis dar. Deshalb ist der Glaube an Jesus sozusagen der Schlüssel oder das Eingangstor zu den biblischen Schatzkammern des Heiligen Geistes.
Vernachlässigte Prämissen für das Bibelstudium
Meiner Erfahrung nach ist nichts schwieriger, als ein regelmäßiges, diszipliniertes Bibelstudium durchzuführen. Sie werden erstaunt sein, was da plötzlich für Hindernisse und Probleme auftauchen. Sie werden wahrnehmen, welche „Riesen“ Ihnen plötzlich entgegentreten, die alles zunichtemachen wollen.
Zeitmangel
Einer davon wird der schlichte Zeitmangel sein. Viele von uns sind eingebunden in ein stressiges Berufsleben; dazu kommen unsere Familien und die Mitarbeit in einer örtlichen Gemeinde. Wo soll denn da, bitteschön, noch die Zeit für ein „Bibelstudium in der Stille“ herkommen?
Allerdings zeigt sich in vielen Fällen: Was einem wirklich wichtig ist, dafür findet sich auch Raum. „Wer etwas wirklich will, findet einen Weg. Wer etwas nicht wirklich will, findet Ausreden“, hat einmal jemand geschrieben. Ich fürchte, das ist nur zu wahr. Wenn wir zu viele Abende vor dem Fernseher verbringen und zu wenige über unserer aufgeschlagenen Bibel, wird es kein Wunder sein, wenn wir am Schluss als Bibelstudienzwerge herauskommen.
Müdigkeit
Ein anderes Problem ist die Müdigkeit. Das ist sicher eine ernste Sache. Ich kenne das auch: Je älter man wird, umso mehr springt sie einen am Ende eines Arbeitstages an. Da ist die Kraft für ein Bibelstudium oft einfach nicht mehr vorhanden.
Aber warum können wir nicht beispielsweise am Samstagvormittag oder Samstagnachmittag (oder auch am Sonntagnachmittag) zwei Stunden reservieren für das Studium der Schrift – als „geistliches Highlight“ der Woche? Viele Juden zum Beispiel nutzen den Sabbat zum Schriftstudium.
Ich als Vollzeitler bin hier natürlich privilegiert – ich kann es mir einrichten, mein Bibelstudium vormittags durchzuführen. Für mich ist das am besten, weil ich dann am frischesten bin. Aber selbst das ist nicht immer möglich.
Verweltlichung
Das nächste Problem ist die Verweltlichung. Wir alle sind heute umgeben von einer wahren Flut von Ablenkungsmöglichkeiten: Da lockt die ausgiebige Lektüre weltlicher Bücher, da sind Filme (im Kino, im Fernsehen, im Internet, oder wo auch immer); es gibt viele „coole“ Computerspiele („vor Ort“ auf dem PC, oder online); Streamingplattformen für Musik; soziale Netzwerke mit ihren unendlichen Möglichkeiten des Postens und Likens und sonstiger Betätigungsmöglichkeiten, und, und, und …
Das alles kann uns so „einlullen“, dass am Schluss für ein fruchtbringendes Studium der Schrift schlichtweg keine Zeit mehr bleibt. Und vor allen Dingen hat man dann auch keine Lust mehr darauf.
Eine derartige Lust gibt es tatsächlich, man könnte sie den Bibeleros nennen: „… sondern hat Lust am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz Tag und Nacht“, steht in Psalm 1,2 als Beschreibung des Glaubenden im Gegensatz zum Gottlosen. Allzu viel weltliches Treiben aber, in welcher Form auch immer, tötet unsere Lust am Bibelstudium. Deswegen kann gerade der studierende Umgang mit der Schrift auch ein Indikator dafür sein, wo Sie und ich im Geistlichen stehen: Zu viel Welt verdirbt uns den Geschmack daran. Wenn wir in einen „Bereich der Stille“ eintreten, die Atmosphäre des Himmels und eine echte und tiefe Gemeinschaft mit dem Herrn erleben wollen, dann müssen wir sorgfältig darauf acht haben, welche Einflüsse wir an uns heranlassen und inwieweit sie uns beherrschen.
Programmstudium statt Bibelstudium
Eine andere große Gefahr zeigt sich besonders beim digitalen Bibelstudium: Wir machen mehr Programmstudium statt Bibelstudium. In der Einarbeitungsphase für ein Programm wie Logos wird sich das nicht vermeiden lassen und hat dort natürlich seine Berechtigung. Aber es kann auch für erfahrene Anwender zu einem gewissen Problem werden: schnell mal eben noch dieses Feature ausprobieren und ein wenig mit jener Programmfunktion spielen, und dazwischen kommt schon wieder eine Mail oder die neueste Meldung vom sozialen Account, auf die man noch ganz rasch antworten sollte …
Deswegen wird es am besten sein, vor dem digitalen Bibelstudium alle Benachrichtigungen vorübergehend abzuschalten! Schauen Sie sich dazu diesen Artikel an: Wie Sie mit dem Smartphone in der Hand ruhig werden vor Gott.
Die Vorkehrungen zur Effektivität können sich sogar auf die Hardware selbst erstrecken. Ich bin sehr dankbar, dass ich einen PC habe, der flüsterleise läuft, wie es heute so schön heißt. Ein lauter Lüfter oder eine ständig ratternde Festplatte können auch zum Ablenkungsfaktor werden. Zum Glück gibt es aber heute mehrheitlich gute Geräte, und mit einer SSD-Festplatte sind störende Geräusche in der Regel sowieso kein Problem mehr.
Gute Beziehungen zu Mitmenschen
Nicht zuletzt darf auch die Frage nach den Beziehungen zu unseren Mitmenschen gestellt werden. Wenn wir unser „heiliges Bibelstudium“ so wichtig nehmen, dass wir Frau und Kinder darüber vernachlässigen, werden wir es schwer haben, die Bibel gewinnbringend zu studieren. Ähnliches dürfte auch für das Miteinander in Verwandtschaft, Nachbarschaft oder Gemeinde gelten. Die raffiniertesten Programmfunktionen ersetzen leider keine heilen Beziehungen.
Es geht also um ein geheiligtes Leben. Und was wir hier festhalten, dürfte genauso seine Berechtigung haben, wenn es um ein fruchtbares Gebetsleben geht. Unser Verhältnis zur Bibel und unser Verhältnis zur direkten Gemeinschaft mit dem Herrn hängen unlösbar zusammen.
Und gelegentlich sollte man sich vielleicht auch einmal Gedanken machen über die Frage, warum wir das alles machen. Denn wir betreiben ja nicht Bibelstudium um seiner selbst willen. Es muss eingeordnet sein in den größeren Zusammenhang von Gemeindegründung und Gemeindebau, von Evangelisation und Weltmission. Wenn es nicht einmündet in einen konkreten Dienst für den Herrn, in welcher Form auch immer, bekommen wir am Ende nur Wasserköpfe und geistliche Verdauungsstörungen. Wir werden dann zu „Bücherwürmern“ und „Bibelwürmern“, wie es Edward McKendree Bounds einmal ausgedrückt hat (oder modern: zu „Digitalwürmern“).
Damit Logos noch besser funktioniert …
… tun wir sicher gut daran, die hier beschriebenen Bereiche zu bedenken. Dabei geht es nicht um Vollkommenheit, sondern um Grundsatzentscheidungen und ein „Nachstreben“ oder „Nachjagen“. Wenn es in mehreren der angesprochenen Bereiche nicht stimmt, wird meiner Meinung nach bei unserem Bibelstudium nicht viel herauskommen. Wenn es aber stimmt, sind sämtliche digitalen und auch analogen Hilfsmittel eine wunderbare Sache und werden unsere Freude am Herrn und unsere Erkenntnis der Bibel nur vermehren.
Über den Autor: Peter Engler ist Prediger einer ostbayerischen Freikirche und war vorher lange Jahre als Lehrer im Dienst einer süddeutschen Bibelschule und als Prediger im Gemeindedienst einer Schweizer Freikirche. Er lebt und arbeitet mit seiner Frau Margrit in Regensburg. Er ist schon lange ein leidenschaftlicher Leser, Schreiber und “Bibelstudierer”, und freut sich, etwas zur Thematik beisteuern zu können.
Sehr guter Artikel! Vielen Dank!
Weiterführend dazu empfehle ich den englischsprachigen Blog https://www.desiringgod.org/