Logos-Neulinge machen bald diese Entdeckung: Die Ressourcenauswahl im Shop ist riesig. Das Erste, was man sich wünscht, wenn man sich einmal auch nur ansatzweise durch die über 2000 Seiten des Angebots wühlt, ist eine Gelddruckmaschine! Wenn man aber die Sortierreihenfolge richtig einstellt, kommt man ganz schnell auch zu einer Sektion mit Gratistiteln.
Und dort waren es vor allem zwei, die sofort meine Aufmerksamkeit erregten: Zum einen das Buch von Harriet N. Cook: „The Scripture Alphabet of Animals“ (zu Deutsch etwa: „Das Bibelalphabet der Tiere“), und ein zweites von Eugene Field mit dem Titel: „The Love Affairs of a Bibliomaniac“ (zu Deutsch etwa: „Die Liebesaffären eines Bücherliebhabers“). Vielleicht komme ich auch einmal auf Letzteres zu sprechen, denn derartige Liebesaffären interessieren mich immer brennend … Aber für dieses Mal möchte ich beim ersteren Titel bleiben.
Logos ist in erster Linie ein Bibelprogramm. Mein Ziel war es, die vielfältigen Funktionen von Logos kennenzulernen, während ich dieses kostenlose Buch lese, bearbeite und mit einem Bibelstudium verknüpfe. Und das mache ich alles, ohne die Bibelsoftware zu verlassen. In Logos kam man eben nicht nur Bücher lesen, sondern auch darin markieren und Notizen anlegen. Die zahlreichen Verknüpfungen zu anderen Logos Werken und Funktionen ermöglichen dazu ein begleitendes gründliches Bibelstudium. Wir schauen uns das mal im Einzelnen an.
Inhalt
Entdeckungen im “Bibelalphabet der Tiere”
Dieses Buch ist bereits im Jahre 1842 bei der damaligen amerikanischen „Traktatgesellschaft“ erschienen. Erst wenn man anfängt zu lesen, begreift man, dass es sich dabei wahrscheinlich um ein Kinderbuch handelt, das vielleicht auf Sonntagsschullektionen zurückgeht, die von jener Frau gestaltet und gehalten wurden.
Es ist sicher keine theologisch tiefgründige Arbeit im Sinne eines Artikels in einem Bibellexikon. Aber hier hat sich einmal jemand Gedanken gemacht über verschiedene Tiere, die in der Bibel erwähnt werden, und hat den Stoff für Kinder (aber durchaus auch für Erwachsene!) aufbereitet. Das beginnt beispielsweise gleich mit einer Betrachtung über die Ameise, bei der natürlich – wie kann es auch anders sein? – hervorgehoben wird, dass sie ein Musterbeispiel für Fleiß ist und eine Beschämung für alle Faulpelze. Etwas moralinsauer heißt es deshalb auch gleich schon im ersten Absatz (Übersetzung von mir): „Weißt du, ein Faulpelz ist ein Mann, eine Frau oder ein Kind, das nicht gern liest oder irgendeine Art von Arbeit mag, aber den Schlaf liebt und den ganzen Tag faul ist. Denkst du, du hast schon einmal mit so jemand Bekanntschaft geschlossen?“ Eine klassische „Schlechtes-Gewissen-machen“-Passage also! Als Leser schmunzelt man ein wenig.
Dementsprechend heißt es auch etwas weiter unten: „Die Ameisen scheinen sehr glücklich zu sein, und ich denke, das rührt daher, dass sie so fleißig sind. Gott hat niemanden in diese Welt gesetzt, um faul zu sein; sogar Kinder haben schon etwas zu tun.“ – womit der Zweck der Belehrung endgültig klar ist.
Und so geht es buchstäblich weiter von A bis Z: Auf die Ameise folgen – unter Anderem – der Esel, der Bär und die Biene; dann geht es weiter mit dem Hund, dem Kamel und dem Adler (die amerikanischen Ausdrücke folgen natürlich dem englischen Alphabet). Und so geht es fort mit dem Fuchs oder Schakal, der Ziege, dem Hirsch und der Hirschkuh, dem Steinbock und einer ganzen Reihe weiterer Tiere, bis die Betrachtungen mit Abschnitten über den Wal und den Wolf zum Abschluss kommen.
Was sehr positiv auffällt, sind manche interessante naturwissenschaftliche Sachverhalte, die über die einzelnen Tierarten eingearbeitet werden. Zum Beispiel: „Der Adler hat ein Augenlid, das er über seine Augen ziehen kann; so kann er direkt in die Sonne schauen“, und die zahlreichen biblischen Bezugnahmen. Wo möglich und sinnvoll, wird auch eine geistliche Anwendung mit eingeflochten.
Was hat das mit der Bibelsoftware Logos zu tun?
Persönlich reizen mich Themen wie das vorliegende zum Bibelstudium, und ich dachte mir: „Arbeite doch dieses Büchlein einmal durch, vielleicht gewinnst du daraus Stoff für Andachten oder gar eine Predigt!“ (Typische Prediger-Denke!) Was ich dann gemacht habe, hat mir als „Logos-Neuling“ wieder geholfen, diverse Funktionen der Software etwas besser kennenzulernen und einzusetzen.
Auffallend bei der Lektüre war, dass es etliche Bezugnahmen auf Bibelstellen gab, die im Text auch ganz klar referenziert waren: Wie üblich bei Logos, erschien sofort der dazugehörige Bibeltext, wenn man mit der Maus über die verlinkte Verweisstelle fuhr. Es gab aber auch etliche Bezüge auf biblische Texte, bei denen dieser Hinweis fehlte. Und erst, als ich schon eine Reihe von Betrachtungen gelesen hatte, dachte ich: Das sollte man sich eigentlich etwas systematischer erschließen.
Einen Arbeitsbereich in Logos anlegen
Ich habe mir dazu als Erstes einen Arbeitsbereich („Layout“) eingerichtet. Er umfasste zunächst nur das Buch selbst und meine Lutherbibel von 1984. Immer wieder hatte ich auch das Suchen-Werkzeug geöffnet. Links vom Buchtext („TSAA“) öffnete ich noch meine Favoriten und die Textmarker. Im Favoriten-Tab konnte ich jeweils Lesezeichen setzen, wenn ein Kapitel durchgearbeitet war. Den Arbeitsbereich selbst nannte ich Cook, Scripture Animals. Dann konnte ich loslegen.
Zuerst las ich das zu bearbeitende Kapitel durch und markierte für mich wichtige Stellen: Positives gelb, Negatives rot, wie ich es gewohnt bin. Dann habe ich mich daran gemacht, jene Bibelstellen zu identifizieren, die nicht mit Buch, Kapitel und Versangabe zitiert worden waren. Das war manchmal spannend, weil der alte King-James-Text nicht immer mit dem Text und der Verszählung in der deutschen Bibel identisch ist. Aber gewisse Formulierungen kannte ich von der Lutherbibel her doch und bin so (fast) allem auf die Spur gekommen. Ich markierte jeweils das erste Wort des zu suchenden Bibelzitats und betätigte dann die rechte Maustaste, um aus dem Kontextmenü Eine Notiz anlegen auszuwählen.
Dann suchte ich in der Luther 84 nach dem Zitat – entweder durch Eingabe eines in allgemeiner Form angegebenen Bibelbuches, eines einzelnen Suchbegriffs oder eines vermuteten deutschen Wortes oder „Textausschnitts in Anführungszeichen“ in der Inline-Suche.
Später entdeckte ich dann, dass sich ja auch die King James Version unter meinen Ressourcen befindet, was die Suche nach Stellen in vielen Fällen vereinfachte.
Es kamen dann nach und nach noch andere Ressourcen zu meinem Arbeitsbereich dazu, wie z. B. die Biblia Hebraica Stuttgartensia, das Merriam-Webster‘s Collegiate Dictionary (zum Nachschlagen englischer Wortdefinitionen), das Enhanced Brown-Driver-Briggs Hebrew and English Lexicon, das Lexham Bible Dictionary und das Nachschlagen-Werkzeug. Am Schluss sah alles so aus:
Wenn ein Kapitel fertig gelesen war, markierte ich noch die Überschrift und legte eine zusammenfassende Notiz an, in der ich alle Referenzstellen vermerkte, auf die ich gestoßen war: sowohl die bereits explizit enthaltenen und angegebenen, wie auch die von mir gefundenen. So habe ich nun zu jedem Kapitel bereits in der Überschrift einen Überblick über das verwendete biblische Material und kann im Bedarfsfall gleich mit der Verwendung loslegen.
Vertiefende Wortstudien mit Logos
Das Ganze reizte mich aber auch zu kleinen, weitergehenderen Untersuchungen. So habe ich beispielsweise bei dem Kapitel The Camel einmal nachgeforscht, welches hebräische Wort sich dazu im Grundtext vorfindet. Der Autor hat nur eine Referenzstelle zu diesem Tier angegeben: 1. Mose 24. Das ist die Geschichte von Abrahams Knecht Eliëser, der sich mit Kamelen auf die Suche nach einer Frau für Isaak machte. Ausgehend von dieser Stelle suchte ich in meiner Luther 84 nach dem ersten Vorkommen des Wortes Kamel. Ich fand es in 1. Mose 24,10 in einer Mehrzahlform: „So nahm der Knecht zehn Kamele von den Kamelen seines Herrn und zog hin …“. Dann öffnete ich die Biblia Hebraica Stuttgartensia und stellte fest, welches Wort für Kamele verwendet wurde: גְמַלִּ֜ים Gemallim, von der Einzahl gamal.
Danach wurde es erst richtig interessant: Als ich im Info-Bereich in die Abteilung Wortinfo wechselte und den Lemma-Ring anklickte, erschien unter dem Reiter Wortstudie eine Grafik, aus der u. a. hervorging, dass das Wort in den meisten Fällen das Tier selbst meint und in wenigen anderen, in Kombination mit anderen Ausdrücken, z. B. Kamelsattel oder Kameltrift. Es erschienen auch Angaben über die hebräischen Wörterbücher, in denen ich nachschlagen konnte – und ein Stichwort mit dem Titel: Wortformen-Tabelle.
Nach dem Anklicken dieses Begriffs erschien unter einem Reiter Morphologietabellen eine Übersicht, aus der hervorging, dass das Wort im AT 46-mal erscheint, davon 31-mal als sog. absolutes Lemma, und 15-mal als Lemma im Constructus (sehr oft Mehrzahlformen). Ein Anklicken der verlinkten Angabe ganz rechts (31/15) führte jeweils zum ersten Teil der entsprechenden Versliste.
Dort stand dann obendrüber – je nach Art – z. B. Gattungsname, Plural, Maskulinum, constructus. Fuhr man mit der rechten Maustaste über diese Angabe, öffnete sich eine weitere zur entsprechenden Suchformel, und nach Anklicken des Ausdrucks öffnete sich ein Suchfenster, wo im Bereich Suchanfrage schon drin stand: lemma:גָּמָל@NCMPC (“Noun common, masculine, Plural, Constructus”). Nach Drücken von Enter erschien dann die komplette Liste aller Verse aus diesem Bereich. Ich sicherte beide Listen über Aktualisieren im Layout-Bereich. Man kann die Verslisten aber auch speichern, wenn man auf die drei Punkte rechts oben klickt und im Kontextmenü Als Versliste speichern auswählt.
Entdeckt habe ich auch, dass die Autorin unter dem Titel: The Pelican ein Tier besprach, das im Bibeltext in Ps 102,6 so gar nicht vorkommt: Dort ist von כְּכ֣וֹס (“wie die Eule”) die Rede, und das meint wohl eine Eulenart, aber keinen Pelikan.
Auffallend war für mich auch das Stichwort: „The unicorn“; wörtl.: „das Einhorn“ (רֵּ֣ים) – ein Begriff, der in der King James Version nur an wenigen Stellen im Alten Testament vorkommt und im Deutschen meist mit „Wildstier“ bzw. „junger Wildstier“ wiedergegeben wird.
Fazit
Auf alle Fälle zeigt sich: Sogar ein Gratis-Kinderbuch aus dem Ressourcenbereich kann zum Anlass werden, mit Logos zu arbeiten und neue Entdeckungen zu machen – sowohl mit dem Programm als auch inhaltlich. Auch wenn die Arbeit streckenweise etwas mühsam war, habe ich insgesamt doch nicht bereut, sie durchgeführt zu haben. Ich bin gespannt, ob ich je Gelegenheit haben werde, einmal eine Andacht aus diesem Bereich bei irgendeinem Anlass einzusetzen.
Über den Autor: Peter Engler ist Prediger einer ostbayerischen Freikirche und war vorher lange Jahre als Lehrer im Dienst einer süddeutschen Bibelschule und als Prediger im Gemeindedienst einer Schweizer Freikirche. Er lebt und arbeitet mit seiner Frau Margrit in Regensburg. Er ist schon lange ein leidenschaftlicher Leser, Schreiber und “Bibelstudierer” und freut sich, etwas zur Thematik beisteuern zu können.