Wer nach einer Alternative zu historisch-kritischen Bibelkommentaren sucht, musste lange Zeit Englisch lernen – zumindest wenn er den wissenschaftlichen Anspruch nicht aufgeben wollte. Die Tage von Theodor Zahn oder Adolf Schlatter sind schließlich lange vorbei. Mit dem Erscheinen der Historisch-Theologischen Auslegung (HTA) hat sich das allerdings geändert. Diese Kommentarreihe zum Neuen Testament wird nun auch bei Logos verfügbar und soll in diesem Beitrag vorgestellt werden.
Inhalt
Die Hintergründe der Reihe
Die Idee zur Veröffentlichung der HTA-Reihe geht auf die Facharbeitsgruppe Neues Testament des Arbeitskreises für evangelikale Theologie (AfeT) zurück. Herausgegeben wird sie von einem vierköpfigen Team:
- Gerhard Maier (ehemaliger Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg),
- Rainer Riesner (emeritierter Professor für Neues Testament der TU Dortmund),
- Heinz-Werner Neudorfer (ehemaliger Dekan der evangelischen Landeskirche in Marbach am Neckar) und
- Eckhard J. Schnabel (Professor für Neues Testament am Gordon-Conwell Theological Seminary).
2004 erschien der erste Band. Bis heute sind insgesamt 14 Bände erschienen.
Der Aufbau der Historisch Theologischen Auslegung
Die Kommentare sind zwar von unterschiedlichen Autoren verfasst worden, folgen aber einem ähnlichen Aufbau. In der Einleitung wird die Entstehungsgeschichte des Buches beleuchtet. Darüber hinaus werden Aufbau und theologische Anliegen diskutiert. Im Anschluss daran folgt die Auslegung der einzelnen Abschnitte des Buches. Diese erfolgt in vier Abschnitten, die von den Herausgebern wie folgt zusammengefasst werden:
- In Abschnitt I wird eine präzise und wortgetreue Übersetzung der neutestamentlichen Texte geboten.
- In Abschnitt II finden sich Bemerkungen zum Kontext, zum Aufbau, zur literarischen Form oder Gattung sowie zum theologischen Hintergrund des jeweiligen Abschnitts.
- Abschnitt III bietet eine gründliche Vers-für-Vers-Exegese.
- Abschnitt IV ist als Zusammenfassung zu verstehen, in der auch die Wirkungsgeschichte der Verse verfolgt sowie ein Brückenschlag in die Gegenwart und die praktische Anwendung gegeben wird.
Was mich fasziniert
Der Mut der Herausgeber und Autoren
Die historisch-kritische Methode ist im deutschsprachigen Raum seit langer Zeit vorherrschend. Wer sich dagegen ausspricht, wird im wissenschaftlichen Bereich oft gar nicht angehört. Die Herausgeber haben bewusst in Kauf genommen, für eine überschaubare Anzahl an Lesern zu schreiben. Für viele evangelikale Christen sind die Kommentare zu technisch geschrieben. Für viele Theologen oder Theologiestudenten werden die vertretenen Positionen leider zu konservativ sein. Trotzdem ist die Herausgabe enorm wichtig, um eine konservative Alternative auf dem deutschsprachigen Markt bieten zu können. Besonders die Mitarbeit von Autoren wie Eckhard J. Schnabel oder Hans Bayer freut mich, die an amerikanischen theologischen Seminaren arbeiten und mit englischen Werken wesentlich mehr Leser erreichen könnten.
Die Gründlichkeit der Exegese
Jede Kommentarreihe spricht andere Zielgruppen an. Die Wuppertaler Studienbibel oder die Reihe Edition C sind beispielsweise beliebte Kommentare im deutschsprachigen Raum. Das sind hilfreiche Kommentare, sie wollen allerdings allgemeinverständlich sein und sind im exegetischen Bereich nicht besonders tiefgehend. Das ist bei der HTA-Reihe anders. Dadurch werden natürlich gewisse theologische Vorkenntnisse vorausgesetzt, aber die Kommentare sind sehr gründlich. Die Autoren setzen sich mit unterschiedlichen Sichtweisen auseinander, es wird auf zahlreiche Quellen verwiesen und die eigene Position wird in der Regel gut begründet. Griechisch-Kenntnisse werden nicht vorausgesetzt, sind aber von Vorteil, wenn man der Argumentation der Autoren folgen will.
Die Hilfen zur Übertragung
Der Text der Kommentare ist recht anspruchsvoll. Wenn man es nicht gewohnt ist, sich mit theologischen Fachbegriffen auseinanderzusetzen, wird man manchen Abschnitt zweimal lesen müssen. Trotzdem ist es den Autoren ein Anliegen, die Relevanz des Textes deutlich zu machen. Das geschieht jeweils im vierten Schritt der Textauslegung. Andere Kommentare mögen praktischer ins Leben hineinsprechen. Trotzdem sind die Abschnitte eine Hilfe für den Verkündiger und es ist in jedem Fall deutlich, dass die Anwendung auf einer gründlichen Exegese fußt.
Zusammenfassung
Die Historisch Theologische Auslegung schließt eine große Lücke in der deutschsprachigen evangelikalen Bücherwelt. Erstmals gibt es eine echte Alternative zu den historisch-kritischen Kommentaren. Da sie recht anspruchsvoll geschrieben ist, wird sie vor allem von Theologiestudenten, Theologen und Pastoren genutzt werden. Sie ist aber auch für theologisch interessierte Laien interessant, die gerne anspruchsvollere Literatur lesen. Ich freue mich sehr, dass die HTA-Reihe nun auch bei Logos verfügbar ist. Sie kann gesondert als Paket bestellt werden, ist allerdings bereits Teil von Logos 9 Silber. Der Vergleich lohnt sich unbedingt, denn bereits für die Anschaffung der HTA-Reihe zahlt sich die Investition in das Basispaket aus.
Leider dauert die Produktion zu lange. Inzwischen habe ich mir die Kommentare zu den Briefen beim Verlag selbst noch einmal gekauft. Ich habe die Bände zunächst bei Logos bestellt und erst nach der Bestellung gesehen bzw. bemerkt, dass Logos die Bände zwar mit bunten Bildchen bewirbt, aber sie noch nicht ausgeliefert werden.
Lieber Herr Lesch,
verzeihen Sie bitte die Verzögerungen. Einzelne Bände brauchen etwas länger als erwartet. Da bitten wir noch um etwas Geduld. Es sollte nicht mehr lange dauern.
Hallo, ich nutze die HTA und bin positiv begeistert. Leider ist in Logos die Auslegung der Kolosserbriefes (von Joel White) nicht dabei. Wird diese noch in Logos erscheinen?
LG
Hallo Markus, begeisterte Nutzer begeistern uns immer 🙂
Wir haben Joel Whites Kommentar natürlich im Blick, aber zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war er noch nicht fertig. Und wir wollten nicht mehr mit den anderen warten.
Hallo Simon,
wann wird der Kolosserkommentar denn fertig? 🙂
Normalerweise erscheint ein Buch doch schon während der Produktion im Shop zum vorbestellen?
Viele Grüße
Julian
Ich kann dir hier leider keine genauen Angaben über die Prioritätenliste oder Zeitplanung für Ressourcen geben. Aber wir wollen ihn 🙂 Ich legs dem Team nochmal ans Herz.
Danke für die Antwort:)
Hallo,
mir ist aufgefallen, dass in diesem Artikel unter Hintergründe der Reihe Gerhard Maier als Landesbischof der evangelischen Landeskirche von Baden-Württemberg betitelt wird. Eine solche Landeskirche gibt es nicht. Die Landeskirchen von Baden und Württemberg sind getrennt und haben jeweils einen Landesbischof. Meines Wissens gehört Gerhard Maier zur Württembergischen Landeskirche.
Vielen Dank für die Anmerkung, ist korrigiert. 🙂
Gibt es denn schon neue Infos zu dem Kommentar zum Kolosserbrief? Wird der noch in Logos rauskommen und wenn ja, wann ungefähr?
Hi Stephan. Das können wir dir hier leider nicht beantworten. Für solche Fragen wende dich bitte an den Support (deutsch@faithlife.com)