Theologisch richtig verstanden, sorgfältig vorbereitet und an die post-christliche Gesellschaft angenähert, sind Kasualien ein wichtiger und segensreicher Teil des kirchlichen Alltags. Bei den vielfältigen Anlässen können wir Gott und sein Wirken in den Kontext und das Leben der Zuhörer stellen. Menschen werden gesegnet und getröstet, Dank und Anerkennung werden ausgesprochen. Gleichzeitig ergeben sich gute Gelegenheiten, das Evangelium zu verkünden, oft weit über die Grenzen der Kirche hinaus. In diesem Buch finden Sie Ideen, Anregungen und Hilfestellungen, wie dies gelingen kann.
Inhalt
Hinführung zum Kasualienbuch
In unseren Gemeinden finden regelmäßig besondere Gottesdienste statt, in denen Kasualien durchgeführt werden, z.B. Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Dabei muss der Pastor bzw. Gottesdienstleiter mit Erwartungen klarkommen, die durch traditionelle Liturgien und kulturelle Gewohnheiten geprägt sind. Die Gäste und Besucher haben oft feste Vorstellungen davon, wie eine Hochzeit „festlich“ gestaltet werden sollte. Auch bei Beerdigungen gibt es bestimmte Erwartungen. Wo kann man denn in der Bibel nachlesen, wie die Kasualien ablaufen sollen? Gibt es im Alten und Neuen Testament Hinweise, die uns bei der Gestaltung dieser Gottesdienste helfen?
Neben diesen einleitenden Fragen geht es in „Für den besonderen Anlass – Kasualien in der Freikirche“ vor allem um praktische Überlegungen und Anregungen. So gibt es zum Beispiel Abschnitte über Taufe, Abendmahl, Trauung und vieles mehr.
An welches Zielpublikum ist der Sammelband gerichtet?
Wenn Sie Pastor, Gemeindeleiter (Ältester) oder Dozent mit freikirchlichem Hintergrund sind, kann dieses Buch sehr hilfreich sein. Aber auch als landeskirchlicher Pfarrer werden Sie sicherlich die eine oder andere Anregung für besondere Gottesdienste finden. Unter anderem sorgt die Tatsache, dass das Durchschnittsalter auch in Freikirchen langsam steigt, dafür, dass auch freikirchliche Pastoren vermehrt für Beerdigungen etc. angefragt werden. In einem solchen Moment kann man sich schnell überfordert fühlen, wenn man Kasualien zum ersten Mal selbst durchführen soll. Der Band „Für den besonderen Anlass – Kasualien in der Freikirche“ möchte Ihnen in solchen Situationen eine Hilfestellung bieten, um sich mit Kasualien auseinandersetzen zu können. Wie kann ein Kasualienakt gelingen? Worauf gilt es zu achten? Welche Fettnäpfchen und Hürden können auf einen zukommen? Solche Fragen werden mit viel Erfahrung und Sorgfalt beantwortet.
Die Herausgeber …
Das Buch gehört zu einer fünfteiligen Buchreihe, die vom “Forum Theologie & Gemeinde” (FThG) herausgegeben wurde. Dieses Forum ist ein Arbeitszweig des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) Deutschland. Das Buch liegt mittlerweile in der fünften Auflage vor (2020) und wurde 2011 erstmals veröffentlicht. Der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden ist Mitglied der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF). Aktuell gehören 872 Gemeinden in Deutschland dem Bund an, die wöchentlich von rund 117.000 Menschen besucht werden.
Der Band wurde von Hartmut Knorr zusammengestellt und verfasst. Knorr war Generalsekretär des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden KdöR (BFP) und hat mehrere Bücher veröffentlicht. Er ist Gründer der TAH (Theologische Akademie Hamburg) und berät deutschlandweit Führungskräfte, christliche Organisationen und Kirchen. Daniel Aderhold hat das Buch lektoriert.
… und ihr Ziel
Ziel dieses Buches ist es, Pastoren und Gemeindeleitern – Neulingen wie erfahrenen Mitarbeitern – eine umfassende Sammlung wertvoller Ressourcen und inspirierender Impulsen für die Gestaltung von Kasualien an die Hand zu geben. Es soll ihnen helfen, ihre Arbeit in der Gemeinde zu bereichern und die Durchführung solcher Handlungen zu vertiefen und weiterzuentwickeln.
Ein Blick ins Buch
Die Herausgeber halten sich mit knapp 150 Seiten eher kurz und geben jeweils Anregungen, und keine exakte Anleitung, wie ein Kasualiengottesdienst gelingen kann. Das Buch ist in 4 Teile gegliedert, die wiederum in Kapitel aufgeteilt sind. Hier ein kurzer Überblick:
Teil 1: Kasualien – Begriffserklärung und Einführung
Kapitel 1: Einleitung
In diesem Kapitel wird betont, dass die Gemeinde Gottes regelmäßig herausgefordert ist, ihre Praxis im Licht des Wortes Gottes zu überprüfen und zu erneuern. Dies gilt für alle Bereiche der Gemeinde, einschließlich der Kasualien. Die zentrale Frage ist, warum solche besonderen Gottesdienste gefeiert werden und wie sie biblisch begründet werden können. Eine theologische Reflexion ist als Grundlage notwendig, um sicherzustellen, dass nicht Pragmatismus, sondern biblische Überzeugungen das Handeln der Gemeinde prägen. Es wird auch darauf hingewiesen, dass eine zu starke Fixierung auf äußerliche Formen das Wirken des Heiligen Geistes behindern kann. Die Chancen liegen darin, dass freikirchliche Gemeinden die Möglichkeit haben, eigene Gottesdienstformen zu entwickeln, die aber – im Vergleich zu den traditionellen Großkirchen – oft nicht ausreichend theologisch reflektiert sind.
Kapitel 2: Begriffsbestimmungen: Kasualien, Sakramente und Amtshandlungen
Dieses Kapitel beginnt mit der Definition von Kasualien als besondere, unregelmäßig wiederkehrende Anlässe im Gemeindeleben, die kirchlicher Handlungen bedürfen, wie Taufen, Beerdigungen und Ordinationen. Der Begriff „Liturgie” wird kirchengeschichtlich definiert als das gesamte gottesdienstliche Geschehen, das eng mit dem Verständnis von Kirchenamt und Sakrament verbunden ist. Im freikirchlichen Verständnis sind solche Handlungen biblisch legitimiert, haben aber keine sakramentale Bedeutung im katholischen Sinne, weshalb keine kanonische Kontrolle durch kirchliche Autoritäten notwendig ist. Vielmehr bleibt die Gestaltung solcher Handlungen den lokalen Gemeinden und ihren Leitern überlassen.
Kapitel 3: Konkretisierung
In Kapitel 3 werden Kategorien entwickelt, um die verschiedenen Kasualien zu gruppieren und ihre Grenzen und Chancen aufzuzeigen. Dabei wird betont, dass diese Kategorien nicht in Stein gemeißelt sind, sondern einer ständigen Reflexion und Neuorientierung bedürfen. Kasualien werden in diesem Kapitel als Segenshandlungen und Proklamationshandlungen definiert. Segenshandlungen wie Trauungen und Kindersegnungen bitten um Gottes Gnade und Segen für die betreffenden Personen. Proklamationshandlungen wie Taufen und Beerdigungen proklamieren die Herrschaft Gottes und das Heilswerk Christi. Es wird darauf hingewiesen, dass Kasualien immer theozentrisch und/oder christozentrisch ausgerichtet sind.
Kapitel 4: Kasualien im Gemeindeleben
In Kapitel 4 wird die Bedeutung von Kasualien für das Gemeindeleben herausgearbeitet. Es wird diskutiert, wie Kasualien durch kulturelle Prägungen beeinflusst werden und welche Chancen sich daraus für Evangelisation und Seelsorge ergeben. Kasualien sind kulturell geprägt, d.h. sie können in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedliche Formen annehmen. Dies erfordert eine kontextuelle Übersetzung der biblischen Aussagen in die jeweilige Kultur, um die Evangelisation zu fördern. Darüber hinaus wird betont, dass Kasualien eine Gelegenheit bieten, die frohe Botschaft des Evangeliums zu verkünden und seelsorgerlich tätig zu werden, insbesondere in Krisensituationen wie bei Beerdigungen.
Am Ende dieses ersten Teils des Buches stellt der Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden vier Thesen auf, die für den Bund von großer Bedeutung sind. Natürlich muss man nicht alle Punkte eins zu eins übernehmen, aber sie helfen mir und Ihnen, Kasualien ernst zu nehmen. Ich denke, die Thesen sind mit seelsorgerlicher Sorgfalt, pastoralem Gespür und im Blick auf kirchenfremde Besucher verfasst. Deshalb will ich sie im Wortlaut zitieren:
Vier Thesen zu Kasualien
- Kasualien sind auf Gott hin ausgerichtete Gottesdienste. In der Vorbereitung und in der Absprache mit den entsprechenden Beteiligten ist auf eine konsequente theozentrische Ausrichtung zu achten. So kann dafür gesorgt werden, dass Kasualien nicht zu „Gefälligkeits-Gottesdiensten“ verkommen. Ist diese konsequente theozentrische Ausrichtung nicht gewünscht, stellt sich die Frage, inwiefern ein Gottesdienst dann noch durchzuführen ist.
- Die Proklamation des Evangeliums und/oder die Bitte um den Segen Gottes bestimmen die inhaltliche Ausrichtung der Kasualien. Als Segens- und Proklamationsgottesdienste stellen sie Gott als den Segnenden, Christus als den Erlösenden und den Menschen als Empfangenden in den Vordergrund. Insofern ist auf die strikte Bindung an das Wort Gottes (auch was die Predigt betrifft) zu achten.
- Kasualien sind Teil des Gemeindelebens. Von der Form unter kulturellem Einfluss stehend, erfüllen sie das Bedürfnis nach Seelsorge und können evangelistisch (wenn auch nicht umfassend) wirken. Kasualien erfüllen damit eine wichtige Funktion im Gemeindealltag und sollten deshalb mit großer Sensibilität und Sorgfalt vorbereitet und vollzogen werden.
- Die Durchführung einer Kasualie ist zunächst nicht auf „kirchliche Amtsträger“ beschränkt. Älteste (und Mitarbeiter) können – nach Absprache – Aufgaben eines Kasualiengottesdienstes übernehmen (im Zusammenhang von Segenshandlungen ist dies sogar sehr wichtig!). Als geistlich verstandene Handlung ist bei dem Vollziehenden unbedingt auf eine Autorisierung durch die Gemeinde oder eines Gemeindebundes zu achten. (S. 28)
Teil 2: Verordnungen Jesu
Im zweiten Teil des Buches geht es zunächst um die von Jesus eingesetzten Kasualien, Taufe und Abendmahl. Dabei werden ihre Vorläufer im Alten Testament betrachtet und die Evangelien im Neuen Testament eingehend untersucht. Besonderes Augenmerk wird auf die theologische Ausrichtung des Bundes gelegt. Hier mag man als Leser möglicherweise zu einer anderen Auffassungen kommen. Jedoch sollten diese Sie nicht daran hindern, die praktischen Impulse ernst zu nehmen. Sie können vielmehr als Inspiration dienen. Denn im weiteren Verlauf wird die praktische Umsetzung dieser Sakramente beleuchtet und es werden hilfreiche Tipps zur Durchführung gegeben. Abschließend werden potenzielle Predigttexte für beide Kasualien vorgestellt. Für die Taufe werden beispielsweise folgende Möglichkeiten aufgezeigt:
- Mt 28,18–20 – Der Missionsbefehl und die Aufforderung zur Taufe
- Mk 16,16 – Die Taufe und der Glaube
- Apg 2,37–38 – Aufruf anlässlich der Pfingstpredigt zur Taufe
- Apg 8,26–40 – Taufe des Kämmerers aus Äthiopien
- Röm 6,1–14 – Die Taufe und das neue Leben
- Kol 2,12–15 – Die Taufe als Zeichen des vollzogenen Machtwechsels
- 1Petr 3,18–22 – Die Taufe als Zeichen der Rettung (S. 39)
Teil 3: Weitere Kasualien in Ableitung biblischer Vorbilder
In diesem Teil werden folgende, in Freikirchen typische Segenshandlungen, vorgestellt: die Trauung, die Beerdigung, die Kindersegnung und die Krankensalbung.
Bei der Trauung wird der Ablauf und die theologischen Grundlagen einer Trauung im christlichen Kontext detailliert beschrieben. Der Pastor erklärt, dass die Trauung ein feierlicher Gottesdienst ist, in dem sich zwei Menschen vor Gott und der Gemeinde die Treue versprechen. Die Ehe wird als göttliche Schöpfungsordnung betrachtet, die in der Bibel verankert ist und verschiedene Zwecke erfüllt, wie die Überwindung der Einsamkeit, den Fortbestand der Menschheit, die sexuelle Befriedigung und den Schutz vor Unzucht. Der Text geht auch auf praktische Aspekte ein, wie die rechtliche Stellung der Ehe vor dem Standesamt, die Vorbereitung des Traugottesdienstes und einen möglichen Ablauf des Gottesdienstes selbst.
Beerdigungen erfordern viel Sensibilität und Einfühlungsvermögen. Gott sagt in der Bibel, dass er der Vater ist. Er ist die Quelle des Trostes. Wenn man an ihn glaubt, wird man nach dem Tod wieder auferstehen. Man bekommt dann ein ewiges Leben in Christus. Gott ist auch da, wenn man durch schwere Zeiten geht. Deshalb sagt die Bibel, dass Gemeinden Sterbenden und Trauernden beistehen sollen. Ein wichtiger Moment ist die Beerdigung. In der Bibel steht nichts darüber. Deshalb wird sie hier als Segenshandlung in Ableitung biblischer Vorbilder behandelt.
Genauso werden auch die beiden Kasualien Kindersegnung und Krankensalbung beschrieben und dazu praktische Impulse gegeben.
Teil 4: Verschiedene Anlässe der gemeindlichen Praxis
Im letzten Teil dieses Buches werden sporadische Anlässe aufgelistet, die zwar theoretisch nicht zu den Kasualien zählen, praktisch aber immer in einem besonderen Gottesdienst gefeiert werden. Gemeint sind beispielsweise Jubiläen, Mitarbeiterehrungen, die Verabschiedung und Einführung/Ordination von Pastoren und zuletzt eine Einweihung eines neuen Kirchengebäudes/Gemeindehauses. Für alle Anlässe finden sich Beispiele, mögliche Abläufe, Predigttexte und weitere Ideen, wie eine solche Veranstaltung gelingen kann.
Fazit zu diesem Sammelband
Dieser Band kann als Nachschlagewerk und Ideenpool für junge Pastoren eine gute Hilfe sein. Seit ich dieses Buch besitze (ungefähr ein Vierteljahr lang), konnte ich bereits mehrmals Ideen für eine Trauung, eine Beerdigung und die Verabschiedung eines langjährigen Mitarbeiters darin finden. Kasualien können aufgrund der hohen Ansprüche der Menschen schnell zu einer Herausforderung werden. Dieser Band hilft Ihnen, an vieles zu denken und dabei die biblischen Leitlinien nie aus den Augen zu verlieren.
Wer die 12 Euro ausgeben möchte, aber noch mehr haben will, kann das fünfteilige Paket vom Forum Theologie & Gemeinde erwerben. Es enthält zum einen ein Exegese-Einführungsbuch des bekannten Theologen Gordon Fee. Zum anderen ist darin ein spannender Band zum Gottesbild im Alten Testament enthalten, den ich hier bereits rezensiert habe. Logos bietet Bücher immer wieder in Paketen an, die im individuellen Einzelkauf viel teurer wären. Also: Reinschauen lohnt sich.