Ein Vergleich der Menge-Bibel von 1939 und der Revision von 2020

Von Manuel Becker

Menge-Bibel, Rezension
Vor 4 Monaten

Revi­diert! Die Men­ge-Bibel ist eine ein­zig­ar­ti­ge und belieb­te Bibel­über­set­zung. In die­sem Ver­gleich der Men­ge-Bibel von 1939 mit der 2020-Revi­si­on erfah­ren Sie in 10 Min. die mar­kan­ten Unter­schie­de und ob die Revi­si­on etwas für Sie ist oder nicht. 

Rückblick: Die Menge-Bibel im Test

In unse­rer drei­tei­li­gen Rei­he zur Men­ge-Bibel haben wir bereits gezeigt, dass die Men­ge-Bibel in Ihrer Logos-Biblio­thek nicht feh­len soll­te. Der ers­te Teil berich­tet, wie es dazu kam, dass Men­ge die Bibel über­setz­te und war­um dies für die Über­set­zung wich­tig ist. Der zwei­te Teil unter­zieht die Men­ge Bibel von 1939 einem rigo­ro­sen Elch­test, mit dem Ergebnis:

Die Men­ge-Bibel ist genau­er als die Luther, aber kom­mu­ni­ka­ti­ver als die Elber­fel­der. Gera­de durch ihren ganz eige­nen Cha­rak­ter könn­te sie dem Leser einen fri­schen Zugang zum Bibel­text eröffnen.

Und der drit­te Teil nennt vier gute Grün­de, wes­halb die Men­ge-Bibel in kei­ner Biblio­thek feh­len soll­te. Neben den hilf­rei­chen Glie­de­run­gen zu jedem bibli­schen Buch betont der Autor:

Die Über­set­zungs­me­tho­de Men­ges rich­te­te sich nach der Art des Tex­tes: Erzäh­lun­gen über­setz­te er flüs­sig und kom­mu­ni­ka­tiv, bei Lehr­tex­ten blieb er minu­ti­ös genau am Urtext und hat Über­set­zungs­va­ri­an­ten auf­ge­führt, Psal­men hat er genau, aber doch dra­ma­tur­gisch geschickt gestal­tet. Die Men­ge-Bibel besticht durch ihre Lie­be für das Detail. Man merkt: Men­ge hat sehr viel Zeit in sei­ne Bibel inves­tiert. Luther und Schlach­ter hat­ten nach Fer­tig­stel­lung ihrer Über­set­zung sich wie­der der öffent­li­chen Ver­kün­di­gung des Worts zuge­wandt. Men­ge hin­ge­gen blieb an sei­nem Schreib­tisch und kor­ri­gier­te bis zu sei­nem Tod.

Die beliebten Merkmale der Menge-Bibel im Überblick

Eine her­aus­ra­gen­de Eigen­schaft der Men­ge-Bibel ist die sorg­fäl­ti­ge phi­lo­lo­gi­sche Arbeit und das Bemü­hen, dem Urtext treu zu blei­ben. Die Über­set­zung (es ist kei­ne Über­tra­gung!) basiert auf den Ori­gi­nal­spra­chen der Bibel (Hebrä­isch, Ara­mä­isch und Grie­chisch) und ist bestrebt, die Bedeu­tung des Urtex­tes so prä­zi­se wie mög­lich wie­der­zu­ge­ben, jedoch nicht zulas­ten der Ver­ständ­lich­keit, wie das oft bei der Elber­fel­der-Über­set­zung der Fall ist.

Denn trotz Urtext-Treue ist die Men­ge-Bibel für ihre Sprach­ge­wandt­heit und Ver­ständ­lich­keit bekannt. Men­ge woll­te den Lesern die bibli­schen Tex­te leich­ter zugäng­lich machen, ohne dabei Kom­pro­mis­se bei der Genau­ig­keit ein­zu­ge­hen. Er bedien­te sich einer kla­ren und zeit­ge­mä­ßen Spra­che, aber sei­ne „zeit­ge­mä­ße Spra­che“ ist inzwi­schen auch schon 80 Jah­re alt, sodass an eini­gen Stel­len eine Über­ar­bei­tung not­wen­dig war. 

Ein wei­te­rer Plus­punkt der Men­ge-Bibel sind die umfang­rei­chen Erklä­run­gen und Kom­men­ta­re. Die Über­set­zung ent­hält zahl­rei­che Fuß­no­ten, die zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen, his­to­ri­sche Kon­tex­te, Erläu­te­run­gen zu kul­tu­rel­len Gepflo­gen­hei­ten, Über­set­zungs­al­ter­na­ti­ven und Ver­wei­se auf ande­re bibli­sche Tex­te bie­ten. Die­se Fuß­no­ten berei­chern die Lek­tü­re und das Stu­di­um der Bibel, indem sie die Bedeu­tung und Rele­vanz der Tex­te ver­tie­fen. Sie ermög­li­chen es den Lesern, den Kon­text zu ver­ste­hen und zu einer umfas­sen­de­ren Inter­pre­ta­ti­on der bibli­schen Tex­te zu gelangen.

Ein wei­te­res Merk­mal der Men­ge-Bibel sind die zahl­rei­chen Zwi­schen­über­schrif­ten, die eine kla­re Struk­tu­rie­rung des Tex­tes ermög­li­chen. Die­se Über­schrif­ten erleich­tern es dem Leser, sich schnell zu ori­en­tie­ren und bestimm­te Abschnit­te schnell zu fin­den. Durch die­se über­sicht­li­che Glie­de­rung wird das Lesen und Nach­schla­gen in der Bibel zu einer ange­neh­men und effi­zi­en­ten Erfahrung.

Das Ziel der 2020-Revision der Menge-Bibel

Wie bereits erwähnt, sind eini­ge Wör­ter der Über­set­zung von 1939 nicht mehr zeit­ge­mäß. Hier sind eini­ge Bei­spie­le: daselbst, die­weil, dünken, Kna­be, Mis­se­tat, Ohrenbläser oder Weib. Außer­dem gibt es inzwi­schen neue wis­sen­schaft­li­che Erkennt­nis­se, denen man­che Fuß­no­ten von Men­ge nicht gerecht wer­den. Es war also Zeit für eine Revi­si­on der Men­ge-Bibel. Wor­auf wur­de nun bei der Revi­si­on geachtet?

Men­ge beschreibt das Ziel sei­ner eige­nen Über­set­zung wie folgt:

Sodann ist es mein erns­tes Bestre­ben gewe­sen, mei­ne Übertragung nicht nur in ein verständliches und kla­res, auch von Fremdwörtern möglichst gerei­nig­tes Deutsch zu klei­den, son­dern auch auf die Wie­der­ga­be der Stim­mung und Färbung jedes Buches oder Abschnit­tes, ja, jeder Stel­le bedacht zu sein, um eben­so­wohl die unver­gleich­li­che Ein­falt und Natürlichkeit der geschicht­li­chen Stücke zum Aus­druck zu brin­gen, als auch den man­nig­fal­ti­gen Stil­for­men der Psal­men und der Reden in den pro­phe­ti­schen und lehr­haf­ten Büchern gerecht zu werden.

Außer­dem habe ich es mir ange­le­gen sein las­sen, das Erfas­sen des Sin­nes durch reich­lich ange­brach­te Überschriften zu erleich­tern und die Übersichtlichkeit durch sorg­fäl­ti­ge Glie­de­rung der Tei­le zu fördern, was vor­nehm­lich bei Reden und in Brie­fen sowie in den poe­ti­schen, pro­phe­ti­schen und lehr­haf­ten Stücken unzwei­fel­haft von hohem Wer­te ist.

Der Ver­lag ver­si­chert im Vor­wort zur neu­en Aus­ga­be, dass die­se Prin­zi­pi­en auch für das CLV-Team lei­tend waren, das für die 2020-Revi­si­on ver­ant­wort­lich war.

Die Menge-Bibel von 1939 und von 2020 im Vergleich

Überschriften

Die Men­ge-Bibel ist bekannt für ihre vie­len Zwi­schen­über­schrif­ten. In der Men­ge 1939 wur­den die Über­schrif­ten zusätz­lich mit Buch­sta­ben und Zah­len geglie­dert, um mehr Struk­tur zu schaf­fen. Dies ist in der Men­ge 2020 nicht mehr der Fall. Auch sind die Über­schrif­ten anders gesetzt (sie­he Screenshot).

Die Menge-Bibel. Ein Vergleich
links: Men­ge 2020; rechts: 1939

Ich emp­fin­de den Stil der Men­ge 1939 als über­sicht­li­cher, aber das ist ganz sicher eine sehr indi­vi­du­el­le Sache und ich kann auch ver­ste­hen, dass vie­le Leser die Men­ge 2020 ästhe­ti­scher fin­den. Hier noch ein klei­ner Tipp für alle, die die Zwi­schen­über­schrif­ten als stö­rend emp­fin­den: Über dem Bibel­text fin­den Sie ein Sym­bol mit drei Punk­ten, über das Sie Ihre visu­el­len Fil­ter an- und aus­schal­ten kön­nen. Wäh­len Sie den Fil­ter „Bibel­text“ (in der Kate­go­rie „Dar­stel­lung“), um sich nur den rei­nen Bibel­text anzei­gen zu lassen.

Layout

Hin­sicht­lich des Lay­outs ist anzu­mer­ken, dass sich die gedruck­te Ver­si­on in eini­gen Punk­ten von der digi­ta­len Logos-Ver­si­on unter­schei­det. Das Lay­out der gedruck­ten Men­ge-Bibel gilt als sehr ästhe­tisch und durch­dacht. Die Logos-Ver­si­on ist nicht als Fließ­text gestal­tet, son­dern jeder Vers hat sei­nen eige­nen Absatz (sie­he Screen­shot oben). Dies ist ein wei­te­rer Unter­schied zur Men­ge 1939, in der der gesam­te Bibel­text als Fließ­text ange­zeigt wurde.

Eine Aus­nah­me in der Men­ge 1939 sind die Psal­men. Sie wer­den nicht als Fließ­text dar­ge­stellt, son­dern ver­su­chen durch ihr Lay­out die Struk­tur des Psalms zu visua­li­sie­ren (sie­he Screen­shot unten). Das fin­de ich anspre­chen­der als das Lay­out der Men­ge 2020.

Menge-Bibel: Ein Vergleich von Psalm 23 in verschiedenen Ausgaben
links: Men­ge 2020; rechts: 1939

Ein wei­te­rer Unter­schied im Lay­out ist, dass die Men­ge 2020 kei­ne Anfüh­rungs­zei­chen für die wört­li­che Rede ver­wen­det, um die Les­bar­keit zu ver­bes­sern. Dies mag zwar den Lese­fluss ver­bes­sern, erschwert es dem Leser jedoch auch, zu erken­nen, wann die wört­li­che Rede einer Per­son endet. Auch die­se Neue­rung wird sicher­lich nicht jedem Leser gefallen.

Übersetzung

Im Vor­wort der Men­ge 2020 heißt es:

Ange­sichts die­ser Qua­li­tä­ten der Men­ge-Bibel ist der Ver­lag bei sei­ner Über­ar­bei­tung behut­sam vor­ge­gan­gen, mit gro­ßem Respekt vor Men­ges Leis­tung. Zu den Grund­sät­zen, die ihn bei sei­ner Arbeit gelei­tet haben, äußert er sich im wei­ter unten wie­der­ge­ge­be­nen »Vor­wort zur 1. Auf­la­ge (1926)«. Die­se Prin­zi­pi­en waren auch Maxi­me bei der CLV-Über­ar­bei­tung und wur­den dank­bar bei­be­hal­ten, eben­so die aus­führ­li­chen glie­dern­den Zwischenüberschriften.

Grund­sätz­lich kann gesagt wer­den, dass der Groß­teil des Tex­tes der Men­ge 2020 unver­än­dert zur Men­ge 1939 ist. Die meis­ten Ände­run­gen betref­fen Details oder bestimm­te For­mu­lie­run­gen. Vie­le fin­de ich sinn­voll und berei­chernd, ande­re hin­ge­gen hal­te ich für schwer nach­voll­zieh­bar und wenig hilf­reich. Hier drei Beispiele:

Jesaja 27,1

Men­ge 2020:

An jenem Tag wird der Herr mit sei­nem har­ten, gro­ßen und star­ken Schwert den Levia­than heim­su­chen, die flüch­ti­ge Schlan­ge 1, und über den Levia­than, die gewun­de­ne Schlan­ge 1, und wird das Unge­heu­er töten, das im Meer ist 1.

Men­ge 1939:

An jenem Tage wird der Herr mit sei­nem har­ten, gro­ßen und star­ken Schwer­te als Rächer kom­men über den Dra­chen (eig. Levia­than), die flüch­ti­ge Schlan­ge (d.h. Assy­ri­en), und über den Dra­chen, die gerin­gel­te Schlan­ge (d.h. Baby­lo­ni­en), und wird das Unge­heu­er am Nil (d.h. Ägyp­ten) töten.

Ich den­ke, die Men­ge 2020 Über­set­zung ist eine ech­te Ver­bes­se­rung, ver­gli­chen zur Men­ge 1939. Drei Ver­bes­se­run­gen fal­len mir auf:

  1. In die­sem Vers kommt 2x das hebräi­sche Wort für Levia­than vor und 2x das Wort nāḥāš wel­ches mit Schlan­ge oder Dra­che über­setzt wer­den kann. Die Men­ge 2020 schafft mehr Klar­heit, indem sie das Wort „Levia­than“ anstatt „Dra­che“ ver­wen­det, und somit den Unter­schied zwi­schen den zwei hebräi­schen Wör­tern bes­ser hervorhebt.
  2. Die Men­ge 2020 bezeich­net Gott nicht mehr als „Rächer“ eine Über­set­zung, die sich nur bei Men­ge 1939 fin­det und eher schwer mit dem hebräi­schen Verb an die­ser Stel­le ver­ein­bar ist.
  3. Die Men­ge 2020 ersetzt das Wort „Nil“ mit „Meer“ und ent­fernt dadurch die per­sön­li­che Inter­pre­ta­ti­on von Men­ge aus dem Bibeltext.

1 Korinther 6,9

Men­ge 2020:

Weder Unzüch­ti­ge noch Göt­zen­die­ner, weder Ehe­bre­cher noch Weich­lin­ge, noch Knabenschänder,…

Men­ge 1939:

Weder Unzüch­ti­ge noch Göt­zen­die­ner, weder Ehe­bre­cher noch Lüst­lin­ge und Knabenschänder,…

Das grie­chi­sche Adjek­tiv mala­koi in die­sem Vers ist unglaub­lich schwer zu über­set­zen und spielt eine wich­ti­ge Rol­le in der Dis­kus­si­on zum The­ma Homo­se­xua­li­tät. Die Men­ge 2020 folgt der Über­set­zung der Elber­fel­der 2006 und hat „Lüst­lin­ge“ mit „Weich­lin­ge“ ersetzt. Ich kann mit dem Wort „Weich­ling“ nichts anfan­gen. Des­halb hät­te ich mir hier eine Erklä­rung gewünscht. Die Elber­fel­der-Bibel 2016 über­setzt das Wort eben­falls mit „Weich­ling“, bie­tet jedoch fol­gen­de ergän­zen­de Notiz:

Hier sind Jun­gen oder jun­ge Män­ner gemeint, die sich sexu­ell miss­brau­chen lassen.

Die­se Notiz ist hilf­reich, um zu ver­ste­hen, dass es sich bei „Weich­lin­gen“ ver­mut­lich um Män­ner gehan­delt hat, die sich ande­ren Män­nern für sexu­el­le Akti­vi­tä­ten zur Ver­fü­gung gestellt haben.

1 Korinther 13,7

Men­ge 2020:

…sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erdul­det alles.

Men­ge 1939:

…sie deckt alles zu (= ent­schul­digt alles), sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erträgt (oder: erdul­det) alles.

In der Über­set­zung von 1939 wird noch ein Unter­schied zwi­schen der ers­ten und der letz­ten Beschrei­bung von Lie­be in die­sem Vers offen­sicht­lich. Die Lie­be „deckt alles zu“ und die Lie­be „erträgt alles“ sind zwei unter­schied­li­che Eigen­schaf­ten. Aber in der Men­ge 2020 ver­schwimmt die­ser Unter­schied, weil es schwer ist, den Unter­schied zwi­schen „ertra­gen“ und „erdul­den“ zu definieren.

Nähe zur Elberfelder 2006

Inter­es­sant ist, dass in allen drei oben genann­ten Ver­sen die Über­set­zung der Men­ge 2020 iden­tisch oder sehr ähn­lich ist wie die Über­set­zung der Elber­fel­der 2006. Über­haupt ist die­se Ten­denz bei sehr vie­len Ver­sen zu beob­ach­ten, die revi­diert wur­den (z. B. auch 1 Kor 3,15; 2 Thess 1,9). Dies führt dazu, dass sich die Men­ge 2020-Über­set­zung ins­ge­samt sehr an die Über­set­zung der Elber­fel­der 2006 ange­nä­hert hat.

Wortwahl

Ver­schie­de­ne ver­al­te­te Wör­ter wur­den ersetzt und ver­bes­sern dadurch die Les­bar­keit. So wur­de z. B. „Weib“ durch „Frau“ ersetzt. Ande­re schwer ver­ständ­li­che Wor­te wur­den lei­der nicht revi­diert, wie z. B. Wüs­te­nei (Gen 1,1) oder Backen­strei­chen (Mt 26,67).

Die Fußnoten

Die Men­ge-Bibel ist bei vie­len Lesern auf­grund ihrer umfang­rei­chen Erklä­run­gen und Kom­men­ta­re sehr beliebt. Im Vor­wort der Men­ge 2020 heißt es:

Die vie­len Erklä­run­gen von Namen, die Über­set­zungs­va­ri­an­ten, sach­kund­li­chen Hin­wei­se und (bei wich­ti­gen Aus­drü­cken) Erläu­te­run­gen zum Grund­text, die bei der alten Men­ge-Bibel im Fließ­text stan­den, wur­den wesent­lich erwei­tert und – zur bes­se­ren Les­bar­keit – als Fuß­no­ten gesetzt.

Die Ent­schei­dung, die Erklä­run­gen als Fuß­no­ten zu set­zen (sie­he die zwei Über­set­zun­gen von Jesa­ja 27,1) und sie nicht im Fließ­text zu plat­zie­ren, ist eine wich­ti­ge Ver­bes­se­rung, weil sie Men­ges Gedan­ken kla­rer vom Bibel­text trennt und die Kon­zen­tra­ti­on beim Lesen auf den Bibel­text lenkt. Was das Vor­wort aller­dings ver­schweigt, ist, dass die Erklä­run­gen nicht nur „wesent­lich erwei­tert“ wur­den, son­dern dass auch eini­ge der ursprüng­li­chen Kom­men­ta­re ent­fernt wur­den. Hier eini­ge Beispiele:

Genesis 1,2

In der Men­ge 1939 heißt es: „Fins­ter­nis lag über der wei­ten Flut (= dem Urmeer)“. In der Revi­si­on steht in der Fuß­no­te „w. Tie­fe; d. h. eine tie­fe, rau­schen­de Was­ser­men­ge“. Ich fin­de es bedau­er­lich, dass der Ver­lag den Ver­weis auf das Urmeer ent­fernt hat, weil dies viel­leicht den einen oder ande­ren Leser inspi­riert hät­te, das Motiv des Urmee­res wei­ter zu erforschen.

Kolosser 1,20

Im wun­der­schö­nen Chris­tus­hym­nus (Kol 1,15–20) hat­te die Men­ge 1939 noch den Ver­weis auf eine ande­re Lese­art von Vers 20:

…durch ihn alles (= die gan­ze Welt) mit sich* zu ver­söh­nen… [* A.L.: in ihn hin­ein (oder: für ihn, oder: auf ihn hin)]

Die­ser Kom­men­tar, der ergän­zend erklärt, wie das Ver­söh­nungs­werk Jesu genau­er ver­stan­den wer­den kann, fehlt kom­plett in der Men­ge 2020, was ich scha­de finde.

Johannes 1,5

Auch in Johan­nes 1,5 wur­de die Über­set­zungs­al­ter­na­ti­ve in der Revi­si­on ent­fernt. In der Men­ge 1939 gibt es noch den schö­nen Hinweis:

A.Ü.: und die Fins­ter­nis hat es nicht über­wäl­tigt (oder: unter­drü­cken können).

Ich fin­de, die­se Über­set­zungs­al­ter­na­ti­ve gibt dem Text noch mal mehr Tie­fe als die gewähl­te Über­set­zung „doch die Fins­ter­nis hat es nicht ergrif­fen.“ Es ist für mich nicht nach­voll­zieh­bar, war­um man­che Erklä­run­gen und alter­na­ti­ve Lese­ar­ten ent­fernt wur­den, die mei­nes Erach­tens auch heu­te noch rele­vant sind oder dem Text mehr Tie­fe geben.

Römer 3,25

Hier fin­det sich noch ein posi­ti­ves Bei­spiel einer Erklä­rung, die in der Revi­si­on ergänzt wur­de. In der Men­ge 2020 wird das Wort „Süh­ne­mit­tel“ wie folgt kommentiert:

  1. einen durch den Glau­ben wirk­sa­men Süh­ne­de­ckel o. Gnadenstuhl

Die­ser Hin­weis ist sinn­voll im Lich­te der aktu­el­len Dis­kus­si­on über die Bedeu­tung des grie­chi­schen Wor­tes hilas­ter­ion (dies war der thron­ar­ti­ge Deckel der Bun­des­la­de) in die­sem Vers.

Parallelstellen

Bedau­er­li­cher­wei­se sind die Par­al­lel­stel­len, die in der Men­ge-Aus­ga­be von 1939 noch vor­han­den waren, eben­falls der Revi­si­on zum Opfer gefal­len (sie­he ers­ter Screenshot).

Die Apokryphen

Wei­ter­hin ist es wich­tig zu wis­sen, dass die Men­ge 1939 die Apo­kry­phen ent­hält und die­se in der Revi­si­on her­aus­ge­nom­men wurden.

Fazit zur Menge-Bibel

Ich sehe die Men­ge 2020 als eine bun­te Mischung aus Ver­bes­se­run­gen und Ver­schlech­te­run­gen. Ich fin­de es klas­se, dass Kom­men­ta­re ergänzt wur­den, die im Lich­te der aktu­el­len Erkennt­nis­se wich­tig sind, und zugleich fin­de ich es scha­de, dass ande­re Erklä­run­gen oder alter­na­ti­ve Les­ar­ten schein­bar will­kür­lich ent­fernt wur­den. Dass die Erklä­run­gen nun in den Fuß­no­ten und nicht mehr im Fließ­text zu fin­den sind, ist hin­ge­gen eine wich­ti­ge Verbesserung.

Die revi­dier­te Über­set­zung macht den Text für moder­ne Leser ver­ständ­li­cher und stellt ins­ge­samt eine Ver­bes­se­rung dar. Bedau­er­lich fin­de ich aller­dings, dass im Rah­men der Revi­si­on sowohl die Anfüh­rungs­zei­chen als auch die Par­al­lel­stel­len ent­fernt wurden.

Die Men­ge-Bibel ist eine wert­vol­le Über­set­zung und eine Berei­che­rung für jeden Bibel­le­ser. Sowohl die revi­dier­te Ver­si­on als auch die ursprüng­li­che Fas­sung haben jeweils Vor- und Nach­tei­le. Für wel­che Aus­ga­be man sich ent­schei­det, hängt von den indi­vi­du­el­len Vor­lie­ben ab.

Ich will die­sen Ver­gleich mit der wich­ti­gen Erin­ne­rung von Men­ge beenden:

»Suche Jesum und sein Licht, alles ande­re hilft dir nicht!« (aus dem Vor­wort von Men­ge zur 1. Auflage)

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Manuel Becker

Über den Autor

Manuel arbeitet als Gemeindegründer unter einer der 25 größten unerreichten Völkergruppen weltweit. Wenn seine vier Kinder ihn nicht gerade auf Trab halten, liest er gern theologische Bücher oder nutzt Logos, um sich in die Bibel zu vertiefen. Jetzt, wo sein MA-Studium an der Akademie für Weltmission abgeschlossen ist, plant er bald einen PhD in Theologie dranzuhängen. Er ist der Autor des beliebten Kinderbuchs „Der große Sieg“, welches das Evangelium in einer packenden Bildergeschichte für Jung und Alt illustriert.

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  1. Vie­len Dank für den auf­schluss­rei­chen Ver­gleich. Wie bei jeder Revi­si­on gibt es Licht und Schat­ten. Die ein­zig­ar­ti­ge Glie­de­rung der alten Men­ge ist lei­der durch die neue Aus­ga­be kaum mehr sicht­bar. In der Print­aus­ga­be durch die gewähl­te Typo­gra­phie noch viel weni­ger und die Anmer­kun­gen sind so klein gedruckt, dass man fast eine Lupe braucht. 

    Eben­so ist mir auch schon auf­ge­fal­len, wie hilf­rei­che Anmer­kun­gen mit Über­set­zungs­va­ri­an­ten von Men­ge ein­fach weg­ge­las­sen wur­den – z.B. in Hebr 12,1–3. Das ist schade. 

    Außer den ver­al­te­ten Begrif­fen, die mich per­sön­lich nicht stö­ren, sehe ich kei­nen gro­ßen Mehr­wert durch die Revi­si­on. Gut, dass es in Logos bei­de Aus­ga­ben gibt.

    1. Dan­ke für die hilf­rei­che Ergän­zung, dass in der Print­aus­ga­be die Anmer­kun­gen sehr klein gedruckt sind. 

      Mir ist lei­der auch nicht klar, war­um man­che hilf­rei­che Anmer­kun­gen weg­ge­las­sen wur­den. Es wirkt gele­gent­lich etwas willkürlich. 

      Sehr wahr, dass es ver­mut­lich bei jeder Revi­si­on Licht und Schat­ten gibt.

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