Drachen, Schlangen und Satan: Ein Überblick über die Chaos-Mächte in der Bibel

Von Manuel Becker

AT, Bibelstudium
Vor 3 Monaten

Dra­chen in der Bibel? Klingt ver­rückt, gibt es aber wirk­lich. In die­sem Arti­kel erhal­ten Sie in 18 Min. einen Über­blick über das wich­ti­ge Motiv der Cha­os­mäch­te, das in der gro­ßen Geschich­te Got­tes mit den Men­schen eine zen­tra­le Rol­le spielt. 

Einleitung: Drachen in der Bibel?!

In unzäh­li­gen Fil­men geht es um Mons­ter, die unse­re Welt bedro­hen und ins Cha­os stür­zen. Und dann kommt der Held, der unter gro­ßen Opfern die Welt ret­tet. Die­se Geschich­ten zie­hen uns immer wie­der in ihren Bann. Aber war­um? Viel­leicht, weil sie mehr sind als Fan­ta­sie – sie spie­geln eine tie­fe­re Rea­li­tät wider. 

Auch die Bibel spricht von Cha­os­mäch­ten, die unse­re Welt bedro­hen: Dra­chen, Schlan­gen und Cha­os­flu­ten. Der eine oder ande­re mag sich jetzt wun­dern: Dra­chen in der Bibel? Das klingt ver­rückt. Doch ich behaup­te, dass die Cha­os­mäch­te und damit auch die Dra­chen, ein zen­tra­les Motiv in der gan­zen Bibel sind. Und doch sind vie­le Chris­ten über­rascht, wenn sie davon hören.

Wenn Sie noch nie von Dra­chen in der Bibel gehört haben und mit den zahl­rei­chen Bibel­ver­sen, in denen von Cha­os­mäch­ten die Rede ist, nicht ver­traut sind, dann ist die­ser Arti­kel für Sie. Ich wer­de Ihnen einen kom­pak­ten Über­blick über das Motiv der Cha­os­mäch­te in der Bibel geben und zei­gen, dass sie ein wesent­li­cher Bestand­teil sind, um die bibli­sche Geschich­te rich­tig ver­ste­hen zu können.

Die Chaosmächte in Genesis 1–7

Mein Pro­fes­sor für Altes Tes­ta­ment stell­te uns Stu­den­ten ein­mal eine schein­bar ein­fa­che Fra­ge: An wel­chem Tag wur­de das Was­ser erschaf­fen? Doch die Ant­wort dar­auf ist gar nicht so offen­sicht­lich. Bereits in Gene­sis 1,2 ist von Was­ser die Rede, aber die­ses Was­ser hat im Text eine beson­de­re Funk­ti­on. In Gene­sis 1 ver­wen­det der hebräi­sche Text zwei unter­schied­li­che Wör­ter für Was­ser. Das Wort „tehôm“ (Urflut) in Gene­sis 1,2 deu­tet an, dass hier kein nor­ma­les Was­ser gemeint ist. Wovon ist dann die Rede?

Um zu ver­ste­hen, was die bibli­schen Autoren uns hier mit­tei­len wol­len, müs­sen wir uns in das Den­ken und die Welt­an­schau­ung der Men­schen jener Zeit hin­ein­ver­set­zen. Gene­sis 1–3 ist ein wah­res lite­ra­ri­sches Meis­ter­werk, in dem bei den For­mu­lie­run­gen nichts dem Zufall über­las­sen wur­de. Wir müs­sen also ganz genau hinschauen.

Genesis 1,1

Auf­grund des Auf­baus des Tex­tes und ver­schie­de­ner ande­rer Fak­to­ren gehen heu­te vie­le Theo­lo­gen davon aus, dass Gene­sis 1,1 eher als eine Art „Über­schrift und Zusam­men­fas­sung“ (Fischer 2018:126) des Kapi­tels zu ver­ste­hen ist. Der eigent­li­che Schöp­fungs­be­richt wür­de dem­nach mit Vers 2 beginnen.

Genesis 1,2

Die Welt, die wir zu Beginn der bibli­schen Geschich­te in Vers 2 vor­fin­den, ist eine Welt, in der Dun­kel­heit und Cha­os herr­schen. Drei unter­schied­li­che Wor­te machen das deut­lich. Die Welt war ein gro­ßes „tohu wabo­hu“ (das hebräi­sche Wort für „wüst und öde“), sie war von Dun­kel­heit erfüllt und von der Urflut (hebrä­isch: tehôm) bedeckt.

Das Meer galt damals als gefähr­li­cher Ort. Wer zu weit aufs Meer hin­aus­fuhr, kam mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit nicht mehr leben­dig zurück. Ver­mut­lich aus die­ser Furcht vor dem Meer ent­stand im Alten Ori­ent die weit­ver­brei­te­te Vor­stel­lung von der Urflut. Die­se steht für das Cha­os. Sie ist eine Urge­walt, die Got­tes Schöp­fungs­werk bedroht und ver­sucht, Tod und Cha­os zu verbreiten.

Indem Gott die­ses Cha­os­was­ser zurück­drängt und in sei­ne Schran­ken weist, zeigt er sei­ne Macht über die Cha­os­mäch­te und schafft für uns einen Ort, der uns als Zuhau­se die­nen kann. Die Urflut ist sym­bo­lisch zu ver­ste­hen. Sie dient als ein Bild für Mäch­te, die gegen Gott wir­ken und ver­su­chen, Tod und Cha­os in die­se Welt zu brin­gen. Die Cha­os­was­ser gal­ten als das Zuhau­se von Drachen.

Genesis 1,21

Ein Zuhau­se von Dra­chen? In V.21 heißt es „Gott schuf die gro­ßen See­unge­heu­er“ (ELB). Das hebräi­sche Wort, das hier ver­wen­det wird, lau­tet tan-nin. Eine Wort­stu­die zeigt, dass die­ses Wort auch mit „Dra­che“, „Schlan­ge”, „Mee­res­dra­che“ oder „Cha­os­dra­che“ über­setzt wer­den kann. Wie wir spä­ter noch sehen wer­den, sind die tan-nin Wesen in der Bibel, die ver­su­chen, die­se Welt erneut ins Cha­os zu stür­zen und die Gott feind­lich gesinnt sind. Hier in Gene­sis 1 wird klar, dass Gott die­se Wesen geschaf­fen hat, und zwar gut – nicht böse. Denn alles, was Gott schuf, war gut. Das bedeu­tet, die­se Cha­os­we­sen haben sich erst spä­ter gegen Gott aufgelehnt.

Genesis 1,28

Die Schöp­fungs­ge­schich­te erzählt, wie Gott das Cha­os, das die­se Welt regiert hat (Gene­sis 1,2), zurück­dräng­te und dadurch eine geord­ne­te Welt schuf. Danach gab er uns Men­schen den Auf­trag, uns die­se Welt unter­tan zu machen (Hier fin­den Sie einen aus­führ­li­chen Arti­kel zu die­sem Auf­trag). Die­ser Auf­trag umfasst, dass wir die­se Welt gestal­ten und Kul­tu­ren erschaf­fen sol­len, in denen Got­tes Scha­lom-Frie­den regiert. Um dies zu errei­chen, müs­sen wir, so wie er, die Cha­os­mäch­te zurück­drän­gen und überwinden.

Genesis 3

Das nächs­te Cha­os­we­sen begeg­net uns in Gene­sis 3. Die spre­chen­de Schlan­ge (hebrä­isch: na-has) will eben­falls die gesam­te Schöp­fung erneut ins Cha­os stür­zen. Adam und Eva ver­ges­sen ihren Auf­trag und anstatt sich die Schlan­ge unter­tan zu machen, hören sie auf sie. Die Fol­ge ist, dass die Welt erneut im Cha­os ver­sinkt und Leid und Sün­de zu einem fes­ten Bestand­teil die­ser Welt werden.

Aber die gute Bot­schaft der Bibel ist: Auch wenn wir als Mensch­heit ver­sa­gen und den Cha­os­mäch­ten immer wie­der eine Chan­ce geben, bleibt Gott uns trotz­dem treu. Die Geschich­te in Gene­sis 1–3 endet nicht mit dem Ver­sa­gen der Men­schen, son­dern damit, dass Gott ver­spricht, dass er die­se Cha­os­mäch­te besie­gen wird. Er wird der Schlan­ge den Kopf zer­tre­ten (Gene­sis 3,15). Hier direkt im drit­ten Kapi­tel der Bibel wird ange­kün­digt, was der Mes­si­as tun wird. Er ist der­je­ni­ge, der die Cha­os­mäch­te besie­gen wird. Er wird das Böse end­gül­tig über­win­den und dann erneut eine Welt errich­ten, in der sein Frie­de regiert und in der wir zusam­men mit ihm leben werden.

Genesis 7,11

Die Cha­os-Urflut (tehôm) begeg­net uns übri­gens wie­der in Gene­sis 7,11. Hier rebel­lie­ren die Men­schen gegen Gott und wol­len nichts mit ihm zu tun haben. Gott lässt sie gewäh­ren und zieht sich zurück. Als Fol­ge davon ver­sinkt die Welt erneut in den Cha­os­flu­ten. Die Flut­ge­schich­te ist somit eine Art Umkeh­rung der Schöpfungsgeschichte.

Chaosmächte in Genesis: ein erstes Fazit

Schon in den ers­ten sie­ben Kapi­teln der Bibel wird klar, dass die Bibel unter­schied­li­che Wesen kennt, die unter dem Sam­mel­be­griff „Cha­os­mäch­te“ zusam­men­ge­fasst wer­den kön­nen. Die­se Cha­os­mäch­te sind es, die unse­re Welt bedro­hen. Sie sind die „Mons­ter“, die es zu besie­gen gilt. Die­ses The­ma zieht sich wie ein roter Faden durch die gesam­te Bibel.

Die Chaosmächte in Hiob und den Psalmen

In Hiob 40,25–41 fin­den wir die Beschrei­bung eines wei­te­ren Cha­os­we­sens: des Levia­than. Die Beschrei­bung erin­nert an einen feu­er­spei­en­den Dra­chen, wie man ihn aus Geschich­ten für Kin­der kennt. Hier wird klar, dass die Cha­os­we­sen kei­ne eben­bür­ti­gen Geg­ner Got­tes sind, son­dern dass sie nur eine Rol­le in der gro­ßen Geschich­te Got­tes mit den Men­schen spie­len und Got­tes Plä­ne letzt­lich nicht ver­hin­dern können.

In den Psal­men sind die Cha­os­mäch­te ein wie­der­keh­ren­des Motiv. Psalm 74,13 () ist hier­für ein schö­nes Beispiel:

Du hast mit dei­ner Macht das Meer zer­spal­ten, die Häupter der Dra­chen (hebrä­isch: tan-nin) über den Was­sern zer­schmet­tert. Du hast die Köpfe des Levia­tan zer­malmt, ihn zum Fraß gege­ben den Unge­heu­ern der See.

Wie bereits Hiob, so spricht auch die­ser Psalm von Got­tes Macht über die Cha­os­mäch­te. Er ist es, der Macht hat über die Urflut. Er ist der Dra­chen­tö­ter, der die Welt ret­ten wird.

Die Chaosmächte in den Propheten

Ein gutes Bei­spiel aus den Pro­phe­ten ist Jesa­ja 27,1 (ELB):

An jenem Tag wird der HERR mit sei­nem har­ten, gro­ßen und star­ken Schwert heim­su­chen den Levia­tan, die flüchtige Schlan­ge (na-has), und den Levia­tan, die gewun­de­ne Schlan­ge (na-has), und wird das Unge­heu­er (tan-nin) erschla­gen, das im Meer ist.

In die­sem einen Vers wer­den drei unter­schied­li­che Cha­os­we­sen erwähnt, denen wir bereits begeg­net sind: die Dra­chen (tan-nin), die Schlan­ge (na-has) und der Levia­than. Die­ser Vers deu­tet dar­auf hin, dass es sich hier ver­mut­lich um bild­haf­te Spra­che han­delt. Die bibli­schen Autoren woll­ten nicht kom­mu­ni­zie­ren, dass es Feu­er spei­en­de Dra­chen im Meer gibt. Nein, sie haben die Meta­pho­rik ihrer Zeit auf­ge­grif­fen und die gän­gi­gen Bil­der ver­wen­det, um ihre Bot­schaft den Men­schen ihrer Zeit klar kom­mu­ni­zie­ren zu kön­nen.

Ihre Bot­schaft lau­te­te: Es gibt einen kos­mi­schen Kon­flikt. Die­se Welt wird von dunk­len Mäch­ten bedroht. Die­se ver­su­chen, die­se Welt wie­der ins Cha­os zu stür­zen und ver­lei­ten uns Men­schen dazu, gegen Gott zu rebel­lie­ren. Unse­re Rebel­li­on schafft Leid in die­ser Welt. Doch Gott kämpft trotz­dem an unse­rer Sei­te. Er lädt uns ein, mit ihm die­se dunk­len Mäch­te zurück­zu­drän­gen. Und wir dür­fen mit Sicher­heit wis­sen, dass er am Ende die Cha­os­mäch­te besie­gen, für Gerech­tig­keit sor­gen und sei­ne ewi­ge Königs­herr­schaft errich­ten wird.

Oder in den Wor­ten Jesajas:

6 Der HERR Zeba­ot wird allen Völkern auf dem Berg Zion ein üppiges Fest­mahl berei­ten. Es wird erle­se­ne Wei­ne und würzige Spei­sen geben. Man trinkt gut gela­ger­te, alte Weine.

7 Dann ver­nich­tet Gott auf dem Zion den Trau­er­schlei­er, der allen Völkern das Gesicht verhüllt. Er ent­fernt das Tuch, das sie alle bedeckt.

8 Gott, der HERR, wird den Tod für immer ver­nich­ten und die Tränen von allen Gesich­tern abwischen.

(Jesa­ja 25,6–8 BasisBibel)

Die Chaosmächte im NT

Das Neue Tes­ta­ment muss im Kon­text des Alten Tes­ta­ments ver­stan­den wer­den, sonst ver­ste­hen wir es falsch. Die gro­ße Ver­hei­ßung des Alten Tes­ta­ments ist, dass ein Ret­ter kom­men wird, der die Cha­os­mäch­te bezwin­gen und sein Frie­dens­reich auf­rich­ten wird. Auf die­sen Ret­ter haben die Juden sehn­süch­tig gewar­tet. Das Neue Tes­ta­ment macht deut­lich: Jesus ist die­ser ver­hei­ße­ne Retter.

War­um haben die Juden Jesus nicht als Mes­si­as erkannt? Weil sie dar­auf hoff­ten, dass Jesus sie von den ver­hass­ten Römern befrei­en wür­de. Aber Jesus kam, um uns frei­zu­ma­chen von den dunk­len Mäch­ten, die hin­ter allen Tyran­nen und allem Bösen in die­ser Welt ste­hen. Die Cha­os­mäch­te im Neu­en Tes­ta­ment sind der Teu­fel und die Dämo­nen. Sie sind die Cha­os­dra­chen des Neu­en Tes­ta­ments. Durch ihr Wir­ken im Ver­bor­ge­nen ver­brei­ten sie Hass, Leid und Tod in der Welt. Johan­nes fasst das Wir­ken Jesu mit den fol­gen­den Wor­ten zusammen:

Hier­zu ist der Sohn Got­tes offen­bart wor­den, damit er die Wer­ke des Teu­fels ver­nich­tet. (1 Joh 3,8 ELB)

Jesus selbst erklärt, dass er durch sei­nen Tod den „Herr­scher die­ser Welt“, den Satan (Johan­nes 12,31; 14,30; 16,11), stür­zen wird (Johan­nes 12,31). Jesu gan­zes Wir­ken, sein Tod und sei­ne Auf­er­ste­hung bezeu­gen, dass Jesus der ver­hei­ße­ne Dra­chen­be­zwin­ger ist.

Jesus, der Drachenbezwinger

Die Men­schen glaub­ten damals, dass Krank­hei­ten durch böse Geis­ter ver­ur­sacht wer­den (vgl. Apg 10,38). Das bedeu­tet, dass jede Hei­lung, die Jesus voll­brach­te und Aus­trei­bung böser Geis­ter, Teil sei­nes gro­ßen Auf­trags war, die bösen Mäch­te zurück­zu­drän­gen und zu besie­gen. In den Evan­ge­li­en wird eine Geschich­te nach der ande­ren erzählt, wie Jesus die Cha­os­mäch­te bezwingt.

Jesus wider­stand den Ver­su­chun­gen der alten Cha­os- Schlan­ge, als er drei­mal in der Wüste ver­sucht wur­de. Zwei Geschich­ten erzäh­len davon, wie die Jünger in den tosen­den Cha­os­flu­ten zu ertrin­ken droh­ten. Ein­mal stillt Jesus den Sturm mit nur einem Wort (Mar­kus 4,35ff.). Die­se Geschich­te ist eine Mini-Wie­der­ho­lung von Gene­sis 1. Das ande­re Mal läuft Jesus über die Flu­ten (Mat­thä­us 14,22ff.) und zeigt auf die­se Wei­se sei­ne Macht über die Chaosfluten.

Erstellt vom Autoren des Arti­kels mit Dall‑E.

In Mat­thä­us 12:22–29 wird berich­tet, wie Jesus einen taub­stum­men Mann von einem bösen Geist befreit und ihn dadurch heilt. Anschlie­ßend erklärt Jesus, dass sei­ne Taten, ins­be­son­de­re das Aus­trei­ben von Dämonen, das Kom­men des Rei­ches Got­tes mani­fes­tie­ren (Vers 28). Er ver­wen­det dazu das Bild eines Man­nes, der einen star­ken Mann fes­selt und ihm sein Eigen­tum wegnimmt.

In die­ser Ana­lo­gie steht Satan für den star­ken Mann. Durch unse­re Rebel­li­on gegen Gott sind wir in die Gewalt der Cha­os­mäch­te gera­ten. Wir sind die Gefan­ge­nen Satans, dem star­ken Mann. Jesus hin­ge­gen ist der­je­ni­ge, der mit der Kraft Got­tes Satan besiegt und ihm die­je­ni­gen weg­nimmt, die er in sei­ner Gefan­gen­schaft hat. Des­halb beschreibt Jesus sei­nen Tod auch als einen Akt des Frei­kaufs: In Mar­kus 10,45 sagt er, dass er gekom­men ist, „dass er die­ne und sein Leben gebe als Löse­geld für vie­le“ (LUT 2017).

Jesus bekämpf­te die Cha­os­mäch­te, indem er Men­schen von ihnen befrei­te. Den­sel­ben Auf­trag gab er sei­nen Jün­gern, als er sie in Zwei­er­teams aus­sand­te (Mar­kus 6,7ff).

Jesu Sieg über die Chaosmächte

Auch bei Pau­lus spie­len die dunk­len Mäch­te eine wich­ti­ge Rol­le. So lesen wir von „Herr­schern“, „Fürs­ten­tü­mern“, „Mäch­ten“ und „Gewal­ten“ (Röm 8,38; 13,1; 1 Kor 2,6.8; 15,24; Eph 1,21; 2,2; 3,10; 6,12; Kol 1,16; 2,10.15). All die­se, gegen Gott rebel­lie­ren­de Mäch­te, hat Jesus „völ­lig ent­waff­net und sie öffent­lich zur Schau gestellt“. Chris­tus hat über sie tri­um­phiert (Kol 2,15 ELB).

Die Offen­ba­rung greift die Spra­che des Alten Tes­ta­ments wie­der auf und ver­heißt Got­tes end­gül­ti­gen Sieg über Satan, den Drachen.

Er pack­te den Dra­chen, die uralte Schlan­ge, das ist der Teu­fel und der Satan … und warf ihn in den Abgrund. (Offb 20,2–3 BasisBibel)

Die frü­hen Chris­ten sahen in Jesus den ver­hei­ße­nen Dra­chen­be­zwin­ger, den einen, der die Cha­os­mäch­te der Dun­kel­heit und des Todes besieg­te. Ire­nä­us (130–202 n. Chr.), einer der frühs­ten Kir­chen­vä­ter, beschreibt sein Ver­ständ­nis des Kreu­zes wie folgt:

Der Mensch näm­lich war von Gott zum Leben erschaf­fen, ver­lor aber, ver­wun­det von der Schlan­ge, die ihn ver­führt hat­te, das Leben.…aber durch den zwei­ten Men­schen [Jesus] hat er [Gott] den Star­ken [Satan] gebun­den und sei­ne Güter geraubt und den Tod ver­nich­tet und dem Men­schen, der dem Tod unter­wor­fen war, das Leben gebracht. Denn Adam war des Teu­fels Besitz gewor­den, und der Teu­fel hielt ihn in sei­ner Gewalt, indem er ihn zu Unrecht betrog und ihn durch das Ange­bot der Unsterb­lich­keit dem Tod unter­warf. (Gegen die Häre­si­en, Drit­tes Buch, 23. 1)

Die­ses Ver­ständ­nis des Kreu­zes wird oft unter dem Namen Chris­tus Vic­tor zusam­men­ge­fasst, weil es den gro­ßen Tri­umph Chris­ti über die­se Mäch­te der Dun­kel­heit betont. Einen aus­führ­li­chen Arti­kel zum Chris­tus-Vic­tor-Ver­ständ­nis des Kreu­zes fin­den Sie hier.

Fazit

Das The­ma der Cha­os­mäch­te ist von ent­schei­den­der Bedeu­tung, weil es ein zen­tra­ler Bestand­teil der gro­ßen Geschich­te Got­tes mit uns Men­schen ist. Es ist eng ver­wo­ben mit dem bibli­schen Ver­ständ­nis von Gut und Böse und war­um wir Leid erle­ben. Auch wenn die Bibel eine bild­li­che Spra­che (und Akkom­mo­da­tio­nen) ver­wen­det, um über die­se dunk­len Mäch­te zu spre­chen, so sind die­se doch sehr real.

Von Anfang der Geschich­te an ist klar, dass Gott die­se Mäch­te letzt­lich besie­gen wird. Wenn wir die Bibel durch die Lin­se der Cha­os­mäch­te betrach­ten, erken­nen wir die Not­wen­dig­keit von Jesu Tod und Auf­er­ste­hung als Tri­umph über die­se Kräf­te. Aber Gott will die­sen Sieg über die dunk­len Mäch­te durch uns mani­fes­tie­ren. Im Ange­sicht der Bedro­hung durch die Cha­os­mäch­te, auch in unse­rer heu­ti­gen Zeit, ent­de­cken wir unse­re Rol­le in die­ser Welt: Wir sind dazu beru­fen, mit ihm zusam­men gegen das Cha­os anzu­tre­ten, es zurück­zu­drän­gen und Jesu König­reich zu ver­brei­ten. Des­halb ist die­ses The­ma sowohl für unser Bibel­ver­ständ­nis als auch für unse­ren All­tag bis heu­te relevant.

Empfehlung: BibleProject – Deutsch

Auf­grund der begrenz­ten Mög­lich­kei­ten die­ses Arti­kels kann ich das The­ma der Cha­os­mäch­te nur in gro­ben Zügen anrei­ßen. Des­halb emp­feh­le ich von Her­zen die­ses Video von „Bible­Pro­ject – Deutsch.” Es lie­fert vie­le wei­te­re span­nen­de Details und ist super zum Tei­len mit Freun­den geeignet.

Bibliografie

Cli­nes, D.J.A. (2001) The The­me of the Pen­ta­teuch, Second Edi­ti­on. Shef­field: Shef­field Aca­de­mic Press (Jour­nal for the Stu­dy of the Old Tes­ta­ment Sup­ple­ment Series), S. 80.

Fischer, G. (2018) Gene­sis 1–11. Her­aus­ge­ge­ben von U. Ber­ges, C. Doh­men, und L. Schwi­en­horst-Schön­ber­ger. Über­setzt von G. Fischer. Frei­burg; Basel; Wien: Her­der (Her­ders Theo­lo­gi­scher Kom­men­tar zum Alten Tes­ta­ment), S. 126.


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Manuel Becker

Über den Autor

Manuel arbeitet als Gemeindegründer unter einer der 25 größten unerreichten Völkergruppen weltweit. Wenn seine vier Kinder ihn nicht gerade auf Trab halten, liest er gern theologische Bücher oder nutzt Logos, um sich in die Bibel zu vertiefen. Jetzt, wo sein MA-Studium an der Akademie für Weltmission abgeschlossen ist, plant er bald einen PhD in Theologie dranzuhängen. Er ist der Autor des beliebten Kinderbuchs „Der große Sieg“, welches das Evangelium in einer packenden Bildergeschichte für Jung und Alt illustriert.

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