Zum 73. Todestag: Ron Kubsch über Dietrich Bonhoeffer

Von Ron Kubsch

April 9, 2018

Anmer­kung der Redak­ti­on: Zum 73. Todes­tag des gro­ßen deut­schen Theo­lo­gen und Mär­ty­rers Diet­rich Bon­hoef­fer sind wir sehr stolz dar­auf, die wis­sen­schaft­li­che Gesamt­aus­ga­be sei­ner Wer­ke zur Vor­be­stel­lung ver­füg­bar machen zu kön­nen. Die Wer­ke Bon­hoef­fers wer­den damit erst­mals in digi­ta­lem For­mat ver­füg­bar. Für Bon­hoef­fer-Lieb­ha­ber umso wert­vol­ler, da die gedruck­te Aus­ga­be der­zeit nur in Ein­zel­bän­den ist. Die 17 Bän­de ent­hal­ten Bon­hoef­fer-Klas­si­ker wie Nach­fol­ge, Wider­stand und Erge­bung, Gemein­sa­mes Leben oder sei­ne Ethik, dazu Brief­wech­sel und Pre­dig­ten aus der gesam­ten Zeit sei­nes Wirkens. 

Zu die­sem beson­de­ren Anlass haben wir den von theo​blog​.de bekann­ten Theo­lo­gen Ron Kubsch gebe­ten, uns in einem Gast­bei­trag sei­nen Weg zu und mit Diet­rich Bon­hoef­fer zu schildern.

Diet­rich Bon­hoef­fer ist dar­um glaub­wür­dig, weil sein Den­ken und Leben eine Ein­heit bil­den“, haben die Her­aus­ge­ber eines Buches über den deut­schen Theo­lo­gen ein­mal gesagt.¹ Das stimmt. Ich selbst bekam Zugang zu Bon­hoef­fers Schrif­ten, weil sein Lebens­zeug­nis eine bemer­kens­wer­te Anzie­hungs­kraft auf mich aus­üb­te. Der Mann, der 1906 in eine gut situ­ier­te Pro­fes­so­ren­fa­mi­lie hin­ein­ge­bo­ren wur­de, hat spä­ter unter dem natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Régime nicht nur über die „Nach­fol­ge“ geschrie­ben, son­dern sie selbst unter schwie­rigs­ten Bedin­gun­gen durchbuchstabiert.

Als Adolf Hit­ler 1933 die Macht ergriff, erkann­te er auf Anhieb die Bedro­hung und reih­te sich in den kirch­li­chen Wider­stand ein. Er bezog Stel­lung zur „Juden­fra­ge“ und über­nahm eine lei­ten­de Funk­ti­on bei der Pre­di­ger­aus­bil­dung inner­halb der Beken­nen­den Kir­che. Im April 1943 wur­de er wegen sei­ner Ein­las­sun­gen in die Wider­stands­be­we­gung ver­haf­tet und in das Wehr­machts­ge­fäng­nis Ber­lin-Tegel gesteckt. Am 9. April 1945, vor genau 73 Jah­ren, also einen Monat vor der Kapi­tu­la­ti­on der Wehr­macht, ist er schließ­lich zusam­men mit ande­ren Wider­stands­kämp­fern im KZ Flos­sen­bürg am Gal­gen hin­ge­rich­tet worden.

Das glaub­wür­di­ge Leben Bon­hoef­fers hat mich zu sei­nen Schrif­ten geführt. Ich begann sie zu lie­ben und grei­fe noch heu­te immer wie­der gern auf sie zurück. Zuerst las ich die Brie­fe und Auf­zeich­nun­gen, die er im Gefäng­nis schrieb und die von sei­nem Freund Eber­hard Beth­ge nach dem Krieg ver­öf­fent­licht wur­den. Wider­stand und Erge­bung zeigt uns einen sen­si­blen Mann, der über tief­ge­hen­de theo­lo­gi­sche Fra­gen nach­sann und unheil­vol­le Welt­ereig­nis­se nüch­tern reflektierte.

Bewe­gend fin­de ich, wie sehr Bon­hoef­fer sei­ne Fami­lie schätz­te. „Damals habe ich nicht gewußt, was in der kal­ten Luft der Gefan­gen­schaft die Wär­me, die von der Lie­be einer Frau und einer Fami­lie aus­geht, bedeu­tet und wie gera­de in sol­chen Zei­ten der Tren­nung das Gefühl der unbe­ding­ten Zusam­men­ge­hö­rig­keit noch wächst“, schrieb er am 24. Juni 1943.

Die Brie­fe wie­sen mich zur Ethik, die zwi­schen 1940 und 1943 ent­stand. Sie ist zwar Frag­ment geblie­ben, nimmt aller­dings den Leser in das lei­den­schaft­li­che Rin­gen um ein ver­ant­wort­li­ches Leben mit hin­ein. Bon­hoef­fers Leh­re über das Letz­te und Vor­letz­te bestärk­te mich dar­in, dass das christ­li­che Men­schen­bild kei­nen Pes­si­mis­mus kul­ti­viert, son­dern einen rea­lis­ti­schen Blick für das Leben im Hier und Jetzt frei­legt und begrün­det. In Bon­hoef­fers Wor­ten: „Die letz­te ver­ant­wort­li­che Fra­ge ist nicht, wie ich mich hero­isch aus der Affä­re zie­he, son­dern wie eine kom­men­de Gene­ra­ti­on wei­ter­le­ben soll“.²

Ein beson­ders enges Ver­hält­nis ent­wi­ckel­te ich zu den Wer­ken Nach­fol­ge und Gemein­sa­mes Leben. Die Ernst­haf­tig­keit und die bestechend kla­re Spra­che, mit der Bon­hoef­fer for­mu­liert, bin­den mei­ne Auf­merk­sam­keit immer wie­der bis auf’s Äußerte.

Dass die 17 Bän­de zäh­len­de his­to­risch-kri­ti­sche Aus­ga­be der Wer­ke Diet­rich Bon­hoef­fers nun unter Logos ver­füg­bar gemacht wer­den soll, erfüllt mich mit gro­ßer Freu­de. Diet­rich Bon­hoef­fers Schrif­ten haben die­se Ent­schei­dung ver­dient. Ich hof­fe, dass sie auf die­sem Wege noch vie­le Leser herausfordern.

¹ P. Zim­mer­ling u. R. May­er, Diet­rich Bon­hoef­fer heu­te, 1992, S. 7.

² DBW, Bd. 8, 1998, S. 25.


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