In diesem Blogartikel wollen wir uns mit den Stilmitteln und Strukturen in den Texten der Bibel beschäftigen und zeigen, wie uns Logos dabei helfen kann. Verwendete Stilmittel sind in der Bibel kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zur Kommunikation. Das Verständnis der Stilmittel hilft uns daher, den Sinn eines Textes besser zu erfassen. Wenn wir die verwendeten Strukturen erkennen, wird das Ziel des Autors klarer erkennbar, denn er hat sich ja Gedanken dabei gemacht, den Text genau so aufzubauen. Dazu erst eine kleine Übersicht der wichtigsten bzw. häufigsten Stilmittel.
Inhalt
Wiederholungen (Repetition, Refrain)
Hierbei handelt es sich um ein- oder mehrfache Wiederholungen von Ausdrücken ohne Änderung in der Bedeutung.
Gen 6:17 „Denn ich, siehe, ich bringe die Wasserflut über die Erde …“
Eine übliche Methode, um bestimmte Worte zu betonen, sie zu unterstreichen und auf sie aufmerksam zu machen. Wichtig für uns, wenn der Heilige Geist Worte besonders betont, um unsere Aufmerksamkeit darauf zu lenken!
In diesem Beispiel: Gott bringt die Flut. ER ist es und nicht irgendeine Naturgewalt an und für sich.
Bekannt sind auch die Wiederholungen von Namen durch Gott beim Ansprechen von Menschen, wie z.B. in Gen 22:11 „Abraham, Abraham …“ (siehe dazu auch „Jakob, Jakob“, aber auch „Herr, Herr“ in Mt 7:21.22, Lk 6:46, 13:25, „Jerusalem, Jerusalem“ (Mt 23:37, Lk 13:34) und „Eli, Eli“ in Mk 15:34, Mt 27:46 sowie Ps 22:1.
Hier werden entweder die Aussage, Situation, oder Person und ihre Handlung besonders hervorgehoben.
Ps 96:13 „Denn er kommt, denn er kommt, die Erde zu richten.“
Joh 1:51 „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: …“ 25 Aussagen des Herrn im Johannesevangelium, und nur dort!
Es gibt sogar dreifache Wiederholungen, siehe dazu z.B. Jer 7:4, 22:29, Jes 6:3, Offb 6:4, 8:13, Hes 21:32.
Ps 107:8.15.21.31 (viermaliger Refrain) „Sie sollen den HERRN preisen für seine Gnade, für seine Wunder an den Menschenkindern.“
Parallelismus
Ein Parallelismus ist nicht nur eine Sprachform und bloße Wiederholung, sondern eine Denkform.
Denken und Reden aus zwei Perspektiven bilden zusammen ein Ganzes, wie die beiden Seiten einer Münze. Aus zweier oder dreier Zeugen Mund wird jede Sache bestätigt werden (2Kor 13:1, Mt 18:16, siehe auch Deu 17:6, 19:15).
Die Realität ist so groß, dass sie nicht mit einer Aussage alleine beschrieben werden kann. Bereits auf den ersten Seiten der Bibel wird dies deutlich im Schöpfungsbericht, der aus zwei Teilen besteht (1:1–2:3 und 2:4–25).
Selbst ganze Bücher wie Könige und Chronika machen diese Denkweise deutlich, indem sie die Geschichte der Könige einerseits aus der Verantwortung des Menschen und andererseits aus der Sicht Gottes beschreiben.
Da auch das Neue Testament überwiegend von Juden geschrieben worden ist, finden sich diese Denkformen dort auch und wir werden einige dieser Stilmittel im NT entdecken.
Formen sind z.B.
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Synonymer Parallelismus:
Beide Satzglieder beinhalten die gleiche Aussage durch unterschiedliche Worte ausgedrückt.
Beispiel Ps 2:3 „Lasst uns zerreißen ihre Bande und von uns werfen ihre Stricke!“
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Antithetischer Parallelismus
Die Aussage wird durch die Bildung einer Antithese verstärkt. Beispiel Spr 10:1
„Ein weiser Sohn erfreut den Vater, aber ein törichter Sohn ist seiner Mutter Kummer.“ -
Synthetischer Parallelismus
Bei dieser Form führt der zweite Satz- oder Versteil den ersten fort, wiederholt diesen aber nicht noch einmal, sondern entfaltet die Aussage weiter und bestimmt sie genauer.
Beispiel Ps 23:1 „Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ -
Parabolischer Parallelismus
Diese Form arbeitet mit unterschiedlichen Ebenen, einer Bild- und einer Sachhälfte. Der erste Teil entwirft ein Bild, das vom zweiten Teil auf die Sachebene übertragen wird.
Beispiel Ps 103:13
„Wie ein Vater sich über die Kinder erbarmt, so erbarmt sich Jahwe über die, welche ihn fürchten.“ -
Stufenartiger Parallelismus
Dieser Form liegen mehrgliedrige Verse zugrunde, die sich inhaltlich steigern und die Satzglieder zugunsten der Erhöhung der Ausssagekraft parallel anordnen. Ein schönes Beispiel bietet Psalm 1:1. Sowohl beim Verb als auch beim Objekt zeigt sich eine Steigerung:
„Glückselig der Mann, der nicht wandelt im Rate der Gottlosen, und nicht steht auf dem Wege der Sünder, und nicht sitzt auf dem Sitze der Spötter,“
wandeln -> stehen -> sitzen [vom gehen zum stehen zum sitzen zeigt eine Verfestigung an] Rat -> Weg -> Sitz [das Befolgen von Ratschlägen führt auf einen Weg und der wiederum zu einem festen Standpunkt] Gottlose -> Sünder -> Spötter [von der allgemeinen Aussage ohne Gott hin zu einer Person, die in Sünde lebt und die schließlich gegen Gott erhebt]
Chiasmus
Abgeleitet vom gr. Buchstaben Chi, der wie ein X aussieht, bedeutet das griechische Wort chiasmós „kreuzweise, diagonale Anordnung, Anordnung über Kreuz“ ab und ist eine Sonderform des Parallelismus, ein Anti-Parallelismus. Manche sagen auch, es ist das Gegenteil von Parallelismus und wird deshalb hier auch seiner Bedeutung wegen als separates Stilmittel aufgeführt.
Worte, Sätze, Themen verlaufen gegenläufig, d.h. eine bestimmte Satzstruktur wiederholt sich, jedoch mit umgekehrter Reihenfolge der Bestandteile. Man kann sich die Anordnung auch wie die Schalen einer Zwiebel vorstellen, also ein konzentrischer, ringförmiger Aufbau.
Ein Beispiel mag hier genügen, in nachfolgenden Artikeln wird darauf ausführlicher eingegangen, da nicht nur einzelne Verse sondern auch Absätze, Kapitel und sogar ganze Bücher in der Bibel diesen Aufbau haben.
Ps 51:1
Dies wird meistens so dargestellt:
A) Sei mir gnädig, o Gott
B) nach deiner Güte
B‘) nach der Größe deiner Erbarmungen
A‘) tilge meine Übertretungen!
Akrostichon
Die jeweiligen Anfangsbuchstaben der Verse folgen den 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets Sie bilden ein Akrostichon (griechisch, zusammengesetzt aus akros, »spitz«, und stichos, »Vers«, also »Spitzvers«, da die Ordnung des ganzen dem Anfang, der Spitze, to akron, jedes Verses folgt).
Die Psalmen 9, 10, 25, 34, 37, 111, 112, 119 und 145 sind so aufgebaut. Weitere Beispiele sind Spr 31:10–31 (das Gedicht über die vortreffliche Frau) und das Buch der Klagelieder (jedes der fünf Kapitel).
Es gibt mehrere Gründe für die Verwendung dieses Stilmittels:
- Um einen Text lesen und verstehen zu können, muss man das ganze Alphabet kennen.
- Es liegt auf der Hand, dass diese Form das Einprägen ins Gedächtnis sehr erleichtert,
damit die Israeliten die wichtigen Belehrungen dieses Buches nicht so leicht vergessen. - Zur Beschreibung wird die ganze menschliche Sprache benötigt und reicht letztendlich gar nicht aus.
Eine beschränkte menschliche Sprache wird benutzt, um unendlich tiefe und große Dinge zu beschreiben, das ewige, unbeschränkte Wort Gottes legt sich in einer menschlichen Sprache fest.
Werkzeug in Logos 10
Besonders ausgeprägt finden sich die verschiedenen Stilformen in den poetischen Büchern, insbesondere den Psalmen. Hierzu gibt es in Logos 10 bereits ein sehr hilfreiches Werkzeug, in dem bereits einige Stilmittel im Text durch entsprechende Label gekennzeichnet sind.
Den Psalmenexplorer findet man im Menü der Startseite auf der linken Seite unter Werkzeuge.
Er ist separat erhältlich, im Paket Funktionen und Werkzeuge oder aber auch in Logos 10 Gold (Deutsch) oder höheren Paketen enthalten.
Nachdem „Werkzeuge“ ausgewählt wurden, finden sich in der Liste verschiedene Kategorien.
Unter „Interaktive Medien“ befindet sich dann der Psalmenexplorer.
Wenn man den Psalmenexplorer auswählt, öffnet sich ein Fenster mit vielfältigen Analysemöglichkeiten der Psalmen nach Themen, Verfasser, Buch, Gattung etc., darunter auch Struktur. Hier lassen sich jetzt Strophe, Chiasmus und Akrostisch auswählen.
Wenn man mit dem Cursor z.B. auf das Wort Akrostisch geht, werden die 9 akrostischen Psalmen in der Grafik farblich hervorgehoben.
Nach einem Klick auf Akrostisch werden nur noch die 9 akrostischen Psalmen angezeigt und eine weiter Detaillierung ist durch Klick auf den entsprechenden Psalm möglich. Oberhalb der Grafik wird der Filter angezeigt, der jetzt aktiv ist.
Literaturhinweise
W. Bullinger: Figures of Speech Used in the Bible: Explained and Illustrated
Hier werden 217 Sprachfiguren in der Bibel erläutert und entsprechende Bibelstellen dazu aufgezeigt.
Wer gerne in Deutsch lesen möchte, dem rät das Team von Logos zu dem Produkt Sprachliche Stilfiguren in der Bibel.
Ausblick:
Nachdem wir die genannten Stilmittel etwas kennengelernt haben, werden wir uns im nächsten Beitrag verschiedene Beispiele aus dem AT und NT anschauen und lernen, wie sie uns helfen, den Text besser zu verstehen, Missverständnisse auszuräumen und sogar bei der Übersetzung helfen. Wir wollen auch lernen, eigene Label für Stilmittel in Logos anzulegen und diese über die Suche wiederzufinden.