Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament wurde von Erich Zenger († 2010) begründet, und wird mitherausgegeben von Ulrich Berges, Christoph Dohmen sowie Ludger Schwienhorst-Schönberger. Die ganz aktuelle Reihe ist auf 54 Teilbände konzipiert und erscheint im traditionsreichen Herder Verlag (Freiburg · Basel · Wien). 39 Bände erscheinen in Kürze als Paket für Logos. Nur noch bis 10. Dezember können Sie von einem reduzierten Einführungspreis profitieren.
Der Name Erich Zenger bürgt für Qualität. Er ist mit seiner “Einleitung in das Alte Testament”, inzwischen in 9. aktualisierter Auflage, einer der gegenwärtig am meisten gelesenen Alttestamentler im deutschsprachigen Raum, auch an evangelischen Fakultäten. Seine Arbeiten zu den Psalmen sind legendär. Mit dem HThKAT verfolgte er den Ansatz, eine interkonfessionelle Kommentarreihe zu schaffen, die vom kanonischen Endstand der Texte (s.u.) ausgeht.
Die Autoren sind akkreditierte römisch-katholische, jüdische und evangelische Exegeten, die sich aus Respekt vor dem jüdischen Kanon der Auslegung des End-Textes verpflichtet haben. Bei starken Abweichungen der vorhandenen Textvarianten der deuterokanonischen Schriften – siehe Tobit, z.B. – entscheiden sich die Ausleger für eine Variante und versuchen nicht, den “Urtext” wieder herzustellen. Das gilt auch für umstrittene Passagen im kanonischen Text. Dies kommt dem Verkündiger zugute, der sich dem Seitzschen Dictum des 2017 verstorbenen Erlanger Praktologen verpflichtet weiß, “den Luthertext zu predigen”.
Besonderheiten dieser Kommentarreihe
Übersichtlichkeit und Lesbarkeit
Das Werk ist auf höchstem wissenschaftlichem Standard, will aber nicht erschöpfend allen möglichen Fragen, die der Text aufwirft, gerecht werden. Einzeldiskussionen werden aber sehr wohl dann geführt, wenn es für die Interpretation des Textes wichtig ist. Von Werk zu Werk werden diese in unterschiedlichem Ausmaß in den Exkursen berücksichtigt. Hoher Wert wird auf die Lesbarkeit des Kommentars gelegt. Die Auslegung soll auch überschaubar bleiben in einer Zeit, wo die Blähliteratur überhandnimmt und man in manchen Kommentaren ob der Fülle der Informationen lange nach der relevanten Information suchen muss. Umfangreiche Literaturangaben werden vorangestellt, sodass man eine aktuelle Übersicht über die Sekundärliteratur hat.
Aktualität
Wie soeben festgehalten: die Reihe ist ganz aktuell und noch nicht abgeschlossen. Man darf gespannt sein etwa auf die noch ausstehenden Bände zu Genesis 12–36, Jesaja 55–66, Daniel, Psalmen 1–50 u.a.m.
Der Kommentar geht neue Wege
Das Kommentarwerk geht davon aus, dass das Alte (Erste) Testament als Heilige Schrift Israels entstand und auch nach der Entstehung des Christentums die Heilige Schrift Israels bleibt. Als interkonfessionelle Kommentarreihe muss auch eine Auslegung der alt-(erst-)testamentlichen Schriften gewährleistet werden. Hier will der HThKAT bewusst und explizit neue Wege gehen. Er setzt sich somit auch von der im selben Verlag erschienenen Schwesterreihe zum NT HThKNT bewusst ab. Vorstellungen und Eindrücke, die man vom HThKNT hat, soll man nicht auf HThKAT übertragen.
Betonung liegt auf dem Selbstverständnis des Textes in Endgestalt (intentio operis)
Im Geiste Rudolf Kittels, der das Anmerkungszeichen R nicht als “Redaktor”, sondern als “Rabbenu” gelesen haben wollte, will diese Reihe den Endtext in der zuletzt vorliegenden Form (Text letzter Hand) ernst nehmen für die Auslegung.
Der HThKAT legt also seinen Schwerpunkt nicht auf die historisch-kritische Textanalyse oder die Einzelfragen der Wortsemantik, sondern auf die Herausarbeitung der Makrostrukturen des Endtextes und dessen kanonische-theologische Interpretation. Das bedeutet nicht, dass es bei einer Interpretation im alttestamentlichen Kontext bleibt. Der Verlag selbst schreibt: “HThKAT will so nicht nur jüdische Auslegungstradition aufgreifen, sondern zugleich der christlichen Praxis in Lehre und Verkündigung entsprechen, in der der kanonische Endtext (nicht seine Vorstufen) als Gotteswort gelesen wird.” Der Überlieferungsprozess wird nur, soweit er bedeutsam für die Exegese ist, berücksichtigt.
Die genuine Absicht eines Textes steht im Vordergrund
Der Mitherausgeber der Reihe Christoph Dohmen schreibt in Anlehnung an Umberto Ecos hermeneutisches Schema der Unterscheidung zwischen intentio auctoris, intentio operis [Link zu Wikipedia], und intentio lectoris und in Abgrenzung gegen moderne rezeptionsästhetische Ansätze: “Für das Verstehen von Texten, besonders wenn es sich wie bei der Bibel um Texte der Vergangenheit handelt, ist die Ermittlung der intentio operis – oder zumindest die Ausrichtung auf sie – entscheidend… Bei der Frage, wie denn die intentio operis in der notwendigen Klarheit zu ermitteln sei, muss auf die sprachliche Konvention verwiesen werden. Es gilt also zuerst einmal, das zu erheben und zu erkennen, was durch die Sprache, d. h. die lexikalische Bedeutung der Worte und ihre grammatikalischen/syntaktischen Regeln, gegeben ist. Da die sprachliche Konvention Grundlage aller Kommunikation ist, hat sie ihre uneingeschränkte Gültigkeit auch für deren verschriftete Form. Der Kommentartext ist als Meta- oder Para-Text auf einen Text bezogen, zu dem er bestimmten Lesern einen Zugang eröffnet. Die Rekonstruktion der Genese des Textes (im Kommentar) hingegen muss dabei zurückstehen.
Alttestamentliche Apokryphen inklusive
Ein weiterer Vorteil des Kommentars aus dem katholischen Haus Herder ist, dass auch die alttestamentlichen Apokryphen ausführlich behandelt werden. Wenn auch nicht kanonisch, so sind sie doch unentbehrlich für das Verständnis der Entstehung von Judentum und Christentum. Das “himmlische Jerusalem” der christlichen Offenbarung etwa wird z.B. in Tob 13 schon angekündigt. So macht z.B. die Arbeit mit dem Tobit-Kommentar von Helen Schüngel-Straumann (2. Auflage) richtig Spaß, zumal neben dem LXX-Text der lateinische Vulgata-Text (auch im Anhang zum Band) mit einbezogen wird.
Aufbau
Der Aufbau der einzelnen Kommentare folgt in der Regel folgendem Schema, exemplarisch dargestellt an dem Band zu Jona, Übersetzt und ausgelegt von Peter Weimar:
- Abschnitt
- Literatur
- Text
- Zu Text und Übersetzung
- Analyse
- Auslegung
- Exkurs(e)
- Bedeutung
In besonderen Fällen kann dieser Aufbau leicht abgewandelt werden, etwa wie man sieht am Kommentar von Eckart Otto zu Deuteronomium 1–11, zweiter Teilband: 4,44–11,32:
- Abschnitt
- Literatur
- Text
- Zu Text und Übersetzung
- Synchrone Analyse: Aufbau des Textes
- Diachrone Analyse: Entstehung des Textes
- Auslegung
- Synchrone Analyse: der behandelte Textabschnitt in Theologie und Rechtshermeneutik des Buches Deuteronomium
Fazit
Wer auf eine solide wissenschaftliche Erläuterung zum Endtext des AT und der Apokryphen setzt, kommt am HThKAT nicht vorbei. Der Nutzen dieser besonnenen und fundierten wissenschaftlichen, ökumenisch aufgestellten Reihe ist enorm. Die Logos-Edition des HThKAT vervielfältigt diesen Nutzen nochmals um ein Mehrfaches durch die mannigfaltigen digitalen Vorteile mit ihren Suchfunktionen, Werkzeugen, Assistenten, und zahlreichen anderen Funktionen.
Über den Autor: Paul Murdoch ist Studienleiter im Albrecht-Bengel-Haus in Tübingen. Er möchte Einsichten zum Umgang mit Logos, die er bei der praktischen Arbeit in Forschung und Verkündigung gesammelt hat, weitergeben.