Rezension: Internationaler Exegetischer Kommentar zum Alten Testament (IEKAT)

Von Henrik Mohn

Rezension
Januar 21, 2022

Des vie­len Kom­men­ta­re Schrei­bens ist kein Ende, könn­te man ange­sichts der Hül­le und Fül­le an Bibel­kom­men­ta­ren mei­nen. Logos bie­tet eine Viel­zahl an Kom­men­ta­ren, doch die Fra­ge stellt sich: Wel­che sol­len es denn nun sein?

Die gro­ße Aus­wahl an Erklä­run­gen zu Got­tes Wort hat ihren Ursprung dar­in, dass jeder sei­ne eige­ne Aus­rich­tung, Ziel­set­zung und auch theo­lo­gi­sche Prä­gung hat.

In die­sem Bei­trag wird der Inter­na­tio­na­le Exege­ti­sche Kom­men­tar zum Alten Tes­ta­ment vor­ge­stellt, sei­ne Ziel­rich­tung erläu­tert und sei­ne Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten in Logos aufgezeigt.

Internationale ökumenische Exegese

Der IEKAT ist ein wis­sen­schaft­li­cher Kom­men­tar, der sich beson­ders durch sei­ne inter­na­tio­na­le Prä­gung aus­zeich­net. Die Her­aus­ge­ber haben hier­zu Fach­leuch­te unter­schied­li­cher exege­ti­scher Prä­gun­gen aus Nord­ame­ri­ka, Euro­pa und Isra­el zusam­men­ge­führt. „Öku­me­nisch ist IEKAT, weil hier Juden und Chris­ten ver­schie­de­ner reli­giö­ser und kon­fes­sio­nel­ler Aus­rich­tung zusam­men­ar­bei­ten“. Die­ser Ansatz einer inter­na­tio­nal aus­ge­leg­ten Kom­men­tar­rei­he mit christ­li­chen und jüdi­schen Autoren aus der gan­zen Welt hebt den IEKAT von ande­ren Kom­men­tar­rei­hen ab. „Die öku­me­ni­sche Dimen­si­on zeigt sich ers­tens dar­in, dass unter den Her­aus­ge­be­rin­nen und Autoren Per­so­nen christ­li­cher wie jüdi­scher Her­kunft sind, und dies wie­der­um in viel­fäl­ti­ger reli­giö­ser und kon­fes­sio­nel­ler Aus­rich­tung. Zwei­tens wer­den bewusst nicht nur die Bücher der Hebräi­schen Bibel, son­dern die des grie­chi­schen Kanons (also unter Ein­schluss der sog. „deu­te­ro­ka­no­ni­schen“ oder „apo­kry­phen“ Schrif­ten) aus­ge­legt.“1

Im Bereich der Exege­se ist der IEKAT am Puls der Zeit, da er zwei gro­ße, oft getrenn­te For­schungs­rich­tun­gen zusam­men­führt: die „syn­chro­ne“ und „dia­chro­ne“ Exege­se. Ers­te­rer erschließt den Bibel­text anhand ein­zel­ner Stu­fen sei­ner Ent­ste­hung. „Dazu gehö­ren nicht-​historische, nar­ra­to­lo­gi­sche, leser­ori­en­tier­te oder ande­re lite­ra­ri­sche Zugän­ge eben­so wie die durch­aus his­to­risch inter­es­sier­te Unter­su­chung bestimm­ter Text­stu­fen.“2 Letz­te­rer bemüht sich, Ein­sicht in sein Zustan­de­kom­men über die Zei­ten zu erhal­ten. „Dazu gehört das Stu­di­um unter­schied­li­cher Text­zeu­gen, sofern sie über Vor­stu­fen des Tex­tes Aus­kunft geben, vor allem aber das Ach­ten auf Hin­wei­se im Text auf sei­ne schritt­wei­se Aus­for­mung wie auch die Fra­ge, ob und wie er im Gespräch steht mit älte­ren bibli­schen wie außer­bi­bli­schen Tex­ten, Moti­ven, Tra­di­tio­nen, The­men usw.“3

Der erste Eindruck

Wie bereits erwähnt ist der IEKAT eine wis­sen­schaft­li­che Kom­men­tar­rei­he, wel­che dar­um bemüht ist, sei­nem Leser Mul­ti­per­spek­ti­vi­tät zu bie­ten. In der Regel wird zuerst in das bespro­che­ne Buch ein­ge­lei­tet. Hier­bei gehen die Autoren auf die syn­chro­ne und dia­chro­ne Les­art ein. Das heißt, der Ver­fas­ser stellt zunächst ein­mal bei­de For­schungs­per­spek­ti­ven in Bezug auf das Buch vor.

Dar­auf folgt die Inter­pre­ta­ti­on des Tex­tes. Dabei wer­den exege­ti­sche Fra­gen auf­ge­grif­fen und mul­ti­per­spek­ti­visch inter­pre­tiert. Es wer­den wich­ti­ge Über­set­zungs­fra­gen hebräi­scher Begrif­fe behan­delt, aber auch biblisch-​theologische Lini­en gezo­gen. An den Aus­füh­run­gen wird dabei deut­lich, dass die Rei­he aus einer öku­me­ni­schen Über­zeu­gung ent­stan­den ist, wie z. B. in der Autoren­fra­ge hin­sicht­lich des Pen­ta­teuchs. „Für die hand­werk­li­che Aus­fer­ti­gung der Nie­der­schrift waren zwei­fel­los pro­fes­sio­nel­le Schrei­ber not­wen­dig. Die­se aber führ­ten ihre Arbeit nicht als pri­va­te Unter­neh­mung nach eige­nem Gut­dün­ken durch, son­dern im Auf­trag und als Ange­hö­ri­ge gesell­schaft­li­cher Eli­ten, die ihre jewei­li­gen Anlie­gen und Posi­tio­nen in den ent­ste­hen­den Wer­ken ver­tre­ten haben woll­ten. Eigent­li­ches Sub­jekt der Ver­schrif­tung sind daher in mon­ar­chi­scher Zeit Höf­lin­ge, Beam­ten oder Aris­to­kra­ten, in nach-​monarchischer Zeit Statt­hal­ter, Ältes­te, Nota­beln oder Pries­ter­eli­ten.“4

Im letz­ten Teil der Exege­se wird zumeist ver­sucht den Brü­cken­schlag zwi­schen syn­chro­ner und dia­chro­ner Les­art zu schla­gen und eine Syn­the­se zu formulieren.

Das bietet die Logos‐Edition

Die Logos-​Edition des IEKAT ist direkt in den Funk­ti­ons­um­fang der Logos Bibel­soft­ware ein­ge­bun­den. Nach dem Down­load ver­knüpft das Pro­gramm auto­ma­tisch wich­ti­ge Begrif­fe mit Wör­ter­bü­chern und Nach­schla­ge­wer­ken sowie eine Viel­zahl wei­te­rer Res­sour­cen. Bei solch einem umfas­sen­den Werk ist ins­be­son­de­re die Such­op­ti­on, inkl. durch­such­ba­ren Lem­ma­ta, eine Hil­fe und bringt den Nut­zer in sei­nem Bibel­stu­di­um zügig voran.

Nutzen für Konservative

Für theo­lo­gisch Kon­ser­va­ti­ve, zu denen auch ich mich zäh­le, stellt sich die Fra­ge, wel­chen Wert die Arbeit mit einem his­to­risch-kri­ti­schen Kom­men­tar hat.

Mei­ne per­sön­li­che Grund­über­zeu­gung ist, dass ich in Fra­gen der Bibel­aus­le­gung von vie­len Sei­ten ler­nen kann. Gera­de in Ein­zel­schrit­ten der Exege­se, wie z. B. Unter­su­chung von Begrif­fen, lite­ra­ri­sche Zusam­men­hän­ge, der Wir­kungs­ge­schich­te und vie­ler wei­te­rer Ele­men­te kön­nen Aus­le­ger jeg­li­cher Aus­rich­tung von dem Fach­wis­sen pro­fi­tie­ren. Bei­spiels­wei­se sind im Buch Nahum die Aus­füh­run­gen zur Theo­pha­nie­schil­de­rung (Nahum 1,2-2,) äußerst lesens­wert, da Sprach­bil­der und lite­ra­ri­sche Ele­men­te ver­ständ­lich erläu­tert wer­den: „Gott zeigt in Nah 1, wenn man so will, zwei Gesich­ter: ein stren­ges gegen sei­ne Fein­de und ein freund­li­ches gegen sei­ne Getreu­en.“5

Als Evan­ge­li­ka­ler sehe ich deu­te­ro­ka­no­ni­sche Über­lie­fe­run­gen als nicht von Gott inspi­rier­te Inhal­te an und kann ihnen nur ver­ein­zelt einen his­to­ri­schen Wert (z. B. Mak­ka­bä­er) bei­mes­sen. Die inten­si­ven Aus­füh­run­gen der Autoren des IEKAT kön­nen dazu bei­tra­gen, mehr über den geschicht­li­chen Wert die­ser Wer­ke herauszufinden.

Die Zielgruppe

IEKAT möch­te einem brei­ten Publi­kum die Fas­zi­na­ti­on der gött­li­chen Über­lie­fe­rung zugäng­lich machen. Neben Fach­leu­ten und Theo­lo­gen sind beson­ders inter­es­sier­te Lai­en im Fokus der Her­aus­ge­ber, die eine mul­ti­per­spek­ti­vi­sche, inno­va­ti­ve und inten­si­ve Inter­pre­ta­ti­on der Bücher des Alten Tes­ta­men­tes wün­schen. Mit die­sem Ansatz eig­net sich das Werk auch für Bibel­schü­ler und Theo­lo­gie­stu­den­ten. „Damit will IEKAT einer Ten­denz in der gegen­wär­ti­gen exege­ti­schen For­schung ent­ge­gen­wir­ken: dass ver­schie­de­ne Dis­kurs­ge­mein­schaf­ten ihre je eige­nen Zugän­ge zur Bibel pfle­gen, sich aber gegen­sei­tig nur noch par­ti­ell wahr­neh­men.“6

Der Umfang des IEKAT

Aktu­ell umfasst der IEKAT 12 Bände:

  • Exodus 1–15
  • Nahum
  • Haba­kuk
  • Zefan­ja
  • Sachar­ja 9–14
  • 1 Esdras
  • 1 Köni­ge 16 – 2 Köni­ge 16
  • Ester
  • Jere­mia 1–25
  • Amos
  • Micha
  • Malea­chi
  • Weis­heit
  • Tobit

Gesamteindruck

Der IEKAT lässt sich gut lesen und erklärt ver­ständ­lich. Mit der Syn­the­se am Ende der Betrach­tung wer­den die syn­chro­nen und dia­chro­nen Betrach­tun­gen zusam­men­ge­führt, sodass der Nut­zen die­ser bei­den For­schungs­rich­tun­gen klar erkennt­lich ist und dazu bei­trägt, dass man sich schnell Kom­men­tar zurechtfindet.

Die öku­me­ni­sche Her­an­ge­hens­wei­se bie­tet dem Leser neue Per­spek­ti­ven, ist aber im Licht der Hei­li­gen Schrift zu prü­fen, da mensch­li­che Erkennt­nis und Wis­sen­schaft nie­mals über der Offen­ba­rung Got­tes ste­hen kann. Den­noch bie­ten auch die­se Kom­men­tie­run­gen span­nen­de Infor­ma­tio­nen, die v. a. die jüdi­sche Per­spek­ti­ve im Blick haben und so dem west­li­chen Bibel­le­ser neue Ein­bli­cke ins jüdi­sche Ver­ste­hen ermöglichen.

Der IEKAT bringt eine beson­de­re Anschau­ungs­wei­se ein, soll­te aber mit der gan­zen Band­brei­te an ver­füg­ba­ren Kom­men­ta­ren gele­sen werden.

Logos bie­tet den IEKAT in zwei Samm­lun­gen an:

  1. Diet­rich, W., & Carr, D. M. (2013). Vor­wort der Her­aus­ge­be­rin­nen und Her­aus­ge­ber. In Exodus 1–15 (S. 13). Ver­lag W. Kohlhammer.
  2. Diet­rich, W., & Carr, D. M. (2013). Vor­wort der Her­aus­ge­be­rin­nen und Her­aus­ge­ber. In Exodus 1–15 (S. 13). Ver­lag W. Kohlhammer.
  3. Diet­rich, W., & Carr, D. M. (2013). Vor­wort der Her­aus­ge­be­rin­nen und Her­aus­ge­ber. In Exodus 1–15 (S. 13–14). Ver­lag W. Kohlhammer.
  4. Utz­schnei­der, H., & Oswald, W. (2013). Exodus 1–15 (S. 41). Ver­lag W. Kohlhammer.
  5. Diet­rich, W. (2014). Nahum, Haba­kuk & Zefan­ja (1. Auf­la­ge, S. 57). W. Kohlhammer.
  6. Diet­rich, W., & Carr, D. M. (2013). Vor­wort der Her­aus­ge­be­rin­nen und Her­aus­ge­ber. In Exodus 1–15 (S. 13). Ver­lag W. Kohlhammer.


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Henrik Mohn

Über den Autor

Henrik Mohn ist verheiratet mit Elfi, die beiden haben drei Töchter. Er arbeitet an einer Bekenntnisschule, leitet die christlich-pädagogische Zeitschrift Glaube+Erziehung und bloggt als Vielleser auf lesendglauben.de.

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