N. T. Wright: Ein Überblick

Von Manuel Becker

NT Wright, Theologen
Vor 2 Monaten

Man­che nen­nen N. T. Wright den bedeu­tends­ten Bibel­wis­sen­schaft­ler unse­rer Zeit. Ver­schaf­fen Sie sich in 13 Min. einen kom­pak­ten Über­blick über Wrights Leben und sei­ne Theo­lo­gie

Sein Leben

Am 1. Dezem­ber 1948 wur­de N. T. Wright in der nörd­lichs­ten Ecke Eng­lands gebo­ren. Sein voll­stän­di­ger Name ist Nicho­las Tho­mas Wright. Er ist ein bedeu­ten­der His­to­ri­ker, Neu­tes­ta­ment­ler, Pau­lus-Theo­lo­ge und angli­ka­ni­scher Bischof.

Wright stu­dier­te am Exe­ter Col­lege in Oxford Theo­lo­gie und Geschich­te. 1973 gra­du­ier­te er in Theo­lo­gie, 1975 erhielt er sei­nen Mas­ter und 1976 wur­de er zum angli­ka­ni­schen Pries­ter geweiht. 1981 wur­de er als Pro­fes­sor für Neu­es Tes­ta­ment an die McGill-Uni­ver­si­tät in Mon­tré­al beru­fen. 1986 kam er zurück nach Oxford, wo er als Pro­fes­sor und Kaplan des Worces­ter Col­lege wirk­te, 1994 wur­de er Dom­de­kan von Lich­field, 2000 Kano­ni­ker von West­mins­ter Abbey und 2003 Bischof von Dur­ham, dem viert­wich­tigs­ten Bischofs­sitz der Kir­che von Eng­land. 2010 trat er als Bischof zurück und wur­de Rese­arch Pro­fes­sor of New Tes­ta­ment and Ear­ly Chris­tia­ni­ty an der Uni­ver­si­ty of St Andrews in Schott­land. Seit 2019 arbei­tet er als Seni­or Rese­arch Fel­low an der Uni­ver­si­ty of Oxford.

Das Anlie­gen, wel­ches Wrights Theo­lo­gi­sie­ren antreibt, ist ein tie­fe­res Ver­ständ­nis davon zu bekom­men, wie die Men­schen im ers­ten Jahr­hun­dert die bibli­schen Tex­te des Neu­en Tes­ta­ments ver­stan­den haben. Sein Ziel ist es, die neu­tes­ta­ment­li­chen Tex­te durch die Welt­an­schau­ungs­bril­le der dama­li­gen Zeit zu ver­ste­hen, um nicht unab­sicht­lich moder­ne Ideen in die bibli­schen Tex­te hineinzuinterpretieren.

Wright, ein Rockstar unter den Theologen unserer Generation

Das bekann­te christ­li­che Maga­zin Chris­tia­ni­ty Today (2014) nennt Wright den bedeu­tends­ten Bibel­wis­sen­schaft­ler unse­rer Gene­ra­ti­on (2014). Ande­re nen­nen ihn den „Rock­star unter den Theo­lo­gen unse­rer Gene­ra­ti­on“ und ver­glei­chen ihn mit C. S. Lewis, Karl Barth oder sogar Mar­tin Luther. Wright wur­de bereits zwei­mal (2008 und 2012) vom Time Maga­zi­ne (einem der welt­weit größ­ten Maga­zi­ne) inter­viewt. Es kommt nicht oft vor, dass ein so pro­mi­nen­tes Maga­zin einen Theo­lo­gen um sei­ne Mei­nung bit­tet. Wrights Rat, den er im Inter­view an jun­ge Füh­rungs­kräf­te gab, lau­tet: „Beten und die Bibel lesen“. Time Maga­zin nann­te Wright „eine der beein­dru­ckends­ten Per­sön­lich­kei­ten in der Welt des christ­li­chen Den­kens“.

Wright ist weder ganz libe­ral noch ganz evan­ge­li­kal. Er sitzt zwi­schen den Stüh­len. Er hat in jedem theo­lo­gi­schen Lager Fans und Kri­ti­ker. Sei­ne Theo­lo­gie ist inno­va­tiv, kon­tro­vers, her­aus­for­dernd und fas­zi­nie­rend. Wright hat über 70 Bücher geschrie­ben. Er gilt als Exper­te für Pau­lus und den his­to­ri­schen Jesus, hat aber dar­über hin­aus wich­ti­ge Bei­trä­ge zu einem brei­ten Spek­trum theo­lo­gi­scher The­men geleistet.

Bei so einer Viel­falt über­rascht es nicht, dass nicht jeder mit allem über­ein­stim­men kann, was Wright lehrt. Sein theo­lo­gi­sches Ver­ständ­nis basiert in der Regel auf einer fun­dier­ten bibli­schen Grund­la­ge und die Aus­ein­an­der­set­zung mit Wrights Theo­lo­gie lohnt sich für jeden. Auch wenn man nicht immer zu den­sel­ben Schluss­fol­ge­run­gen kommt wie Wright, wird doch jeder in sei­ner eige­nen theo­lo­gi­schen Refle­xi­on her­aus­ge­for­dert und zum Wei­ter­den­ken ange­regt wer­den. Ich den­ke, die Auf­for­de­rung des Pau­lus ist hier sehr weise:

Prüft alles, das Gute behal­tet! (1 Thess 5,21 SLT).

Seine Theologie

Ich habe unzäh­li­ge Bücher von N. T. Wright gele­sen. Aus jedem von sei­nen Büchern kann man so vie­le gute Erkennt­nis­se gewin­nen. Sich mit sei­nem bril­lan­ten Ver­stand aus­ein­an­der­zu­set­zen, kann aber auch punk­tu­ell über­for­dernd wir­ken. Wright schreibt sehr detail­liert und gründ­lich. In sei­nen Tau­sen­den von Sei­ten fin­den sich wie­der­keh­ren­de The­men und Ideen. Es ist unmög­lich, Wrights wert­vol­len theo­lo­gi­schen Bei­trag in einem Arti­kel wie die­sem zusam­men­fas­sen, aber ich will ver­su­chen, ein paar sei­ner Kern­ge­dan­ken kurz und knapp zu illustrieren.

Die gesamte Bibel als eine große Geschichte

N. T. Wright ist dafür bekannt, dass er die Bibel als eine gro­ße zusam­men­hän­gen­de Geschich­te betrach­tet, die von Anfang bis Ende Got­tes Geschich­te mit sei­ner Schöp­fung erzählt. Wrights Ansatz hat wich­ti­ge Impli­ka­tio­nen für die Art und Wei­se, wie Chris­ten die Bibel lesen und inter­pre­tie­ren. Er betont, dass wir die Bibel nicht als lose Samm­lung von Tex­ten betrach­ten soll­ten. Viel­mehr soll­ten wir uns bemü­hen, die ver­schie­de­nen Tei­le der Bibel in Bezie­hung zuein­an­der zu set­zen und ihre Bedeu­tung im Zusam­men­hang der grö­ße­ren Geschich­te Got­tes zu verstehen.

Ein wich­ti­ger Aspekt von Wrights Ansatz ist die Beto­nung der Bedeu­tung des Alten Tes­ta­ments. Wright betont, dass das Alte Tes­ta­ment genau­so wich­tig ist wie das Neue Tes­ta­ment und dass wir die Geschich­te Got­tes mit sei­nem Volk nicht ver­ste­hen kön­nen, ohne die Geschich­te des Alten Tes­ta­ments zu berück­sich­ti­gen. Er argu­men­tiert, dass das Alte Tes­ta­ment die Grund­la­ge für das Neue Tes­ta­ment bil­det und dass die Geschich­ten, Geset­ze und Pro­phe­zei­un­gen des Alten Tes­ta­ments dar­auf abzie­len, auf das Kom­men des Mes­si­as und das Heil der Welt hinzudeuten.

Wir müs­sen zuerst das Welt­bild, die Sym­bo­le (z.B. Tem­pel, Gesetz…), die gro­ßen Schlüs­sel­the­men (z.B. Bun­des­ver­ständ­nis, Exil, Schöp­fung…) des Alten Tes­ta­ments ver­ste­hen, um dann erfas­sen zu kön­nen, wie die Men­schen zur Zeit Jesu die Tex­te des Neu­en Tes­ta­ments ver­stan­den haben. Kurz: das Neue Tes­ta­ment muss im Lich­te des Alten Tes­ta­ments gele­sen und ver­stan­den wer­den.

Eine Geschichte mit fünf Akten

Wright sieht die Erzäh­lung der Bibel als eine Geschich­te mit 5 Akten.

Akt 1 beginnt mit der Schöp­fung: Gott bringt sei­ne Güte zum Aus­druck und erschafft die Men­schen als Ver­wal­ter der Schöp­fung und um sein Eben­bild wider­zu­spie­geln. Dann kommt der Sün­den­fall (2. Akt) und die Men­schen ent­frem­den sich von Gott und von­ein­an­der. Gott erwählt Abra­ham und schließt einen Bund mit Isra­el (Akt 3), um ein Volk für sich zu haben, das in Treue zu ihm lebt. Jesus erfüllt die­se Erwar­tun­gen (4. Akt) und eröff­net Got­tes neue Welt mit­ten in der heu­ti­gen Zeit. Jetzt leben wir im Zeit­al­ter der Kir­che (Apg 5) und arbei­ten und war­ten auf die end­gül­ti­ge Voll­endung. Daher wird es wei­te­re Akte geben, wenn Gott sei­ne Königs­herr­schaft end­gül­tig auf­rich­ten wird.

Wir sind gera­de im fünf­ten Akt und kön­nen beein­flus­sen, wie die Geschich­te ver­läuft. Wenn wir Got­tes gro­ße Geschich­te ver­ste­hen, kön­nen wir unse­ren Platz dar­in ein­neh­men und in Kon­ti­nui­tät mit den vor­he­ri­gen Akten das Dra­ma, im Sin­ne Got­tes, wei­ter voranbringen.

Das neue Verständnis von Paulus

N. T. Wright ist für sei­ne Arbeit im Bereich der neu­en Per­spek­ti­ve auf Pau­lus bekannt. Wright betont, dass wir Pau­lus und sei­ne Schrif­ten im Kon­text des Juden­tums und des frü­hen Chris­ten­tums ver­ste­hen müs­sen, um ihre wah­re Bedeu­tung erfas­sen zu können.

Wrights Bei­trag zur neu­en Per­spek­ti­ve auf Pau­lus besteht dar­in, dass er die tra­di­tio­nel­le Les­art von Pau­lus in Fra­ge stellt, die von der Refor­ma­ti­on geprägt wur­de. Hier­bei geht es unter ande­rem um das Ver­ständ­nis des Pau­lus von Recht­fer­ti­gung durch Glau­ben und sei­ner Stel­lung zum jüdi­schen Gesetz.

Ein wich­ti­ger Aspekt von Wrights Bei­trag zur neu­en Per­spek­ti­ve auf Pau­lus ist sei­ne Beto­nung der Bedeu­tung des his­to­ri­schen Kon­texts. Wright betont, dass wir Pau­lus nicht iso­liert von sei­nem his­to­ri­schen Kon­text betrach­ten kön­nen, son­dern dass wir sei­ne Schrif­ten im Kon­text des Juden­tums und des frü­hen Chris­ten­tums ver­ste­hen müssen.

Wrights For­schun­gen zu Pau­lus haben wich­ti­ge Impli­ka­tio­nen für die Art und Wei­se, wie Chris­ten Pau­lus und sei­ne Schrif­ten ver­ste­hen und anwen­den. Ein kon­kre­tes Bei­spiel dafür ist Wrights Ver­ständ­nis der Bedeu­tung des Kreu­zes­to­des Jesu (sie­he Abschnitt Chris­tus Vic­tor). Indem er die Bedeu­tung des his­to­ri­schen Kon­texts betont und die tra­di­tio­nel­le Les­art von Pau­lus in Fra­ge stellt, for­dert Wright Chris­ten auf, ihre Les­art von Pau­lus zu über­den­ken und ihn im Kon­text sei­ner Zeit zu verstehen.

Christus Victor: Wrights Verständnis des Kreuzes

Wie Chris­ten gewöhn­lich das Kreuz inter­pre­tie­ren, ist eng mit ihrem Ver­ständ­nis der Pau­lus­brie­fe ver­bun­den, wel­ches heu­te häu­fig von den Leh­ren der Refor­ma­to­ren geprägt ist. Häu­fig wird das Kreuz wie folgt ver­stan­den: Gott ist hei­lig und wir Men­schen sind Sün­der. Got­tes Hei­lig­keit ver­langt, dass er Sün­de bestraft. Jesus hat die Stra­fe, die wir Men­schen ver­die­nen, auf sich genom­men und am Kreuz den Zorn Got­tes auf sich genom­men. Dadurch ist Got­tes Gerech­tig­keit Genü­ge getan und wir kön­nen durch Jesus Ver­ge­bung erlangen.

N. T. Wright sieht dies kri­tisch. Er argu­men­tiert, dass solch ein Evan­ge­li­um dem bibli­schen Gott nicht gerecht wird. Gott ist kein Gott, der sei­nen Zorn los­wer­den muss und ein Men­schen­op­fer benö­tigt, um ver­ge­ben zu kön­nen. Solch ein Ver­ständ­nis des Kreu­zes führt zu einer Dicho­to­mie im Got­tes­bild: Jesus, der lie­ben­de Ret­ter und Gott, der zor­ni­ge Rich­ter. Er betont, dass das Kreuz im Lich­te der Geschich­te des Alten Tes­ta­ments ver­stan­den wer­den muss.

In der Bibel wird der Mes­si­as von Anfang an als der­je­ni­ge vor­ge­stellt, der den Kopf der Schlan­ge zer­tre­ten wird (Gen 3,15), d. h. der die Mäch­te des Bösen besie­gen wird. Dies sieht Wright als einen durch­gän­gi­gen roten Faden durch die Bibel und damit als einen zen­tra­len Gedan­ken im Neu­en Tes­ta­ment (Joh 12,31; Apg 10,38; Kol 1,12–13; 2,13–15; Hebr 2,14; 1 Joh 3,8). Wrights Ver­ständ­nis des Kreu­zes kann so zusam­men­ge­fasst werden:

Durch Jesu Tod und Auf­er­ste­hung wur­den die Mäch­te der Fins­ter­nis besiegt, die Ket­ten des Bösen und der Sün­de, die die Men­schen ver­sklavt hiel­ten, zer­bro­chen, und damit begann Got­tes Plan, sei­ne Schöp­fung zu ret­ten, zu erneu­ern und wie­der­her­zu­stel­len und die Welt (und uns) in Ord­nung zu bringen.

Schon die ers­ten Chris­ten ver­stan­den das Kreuz pri­mär als tri­um­pha­len Sieg über die Mäch­te der Fins­ter­nis. Die­se Sicht wird heu­te oft unter dem Stich­wort Chris­tus Vic­tor zusammengefasst.

Neue Schöpfung

Nach Wrights Ansicht will Gott die­se Welt radi­kal neu gestal­ten, sei­ne gefal­le­ne Schöp­fung wie­der­her­stel­len und die­ser Pro­zess wur­de durch die Auf­er­ste­hung von Jesus Chris­tus ein­ge­lei­tet. Wright betont, dass die­se neue Schöp­fung nicht nur eine spi­ri­tu­el­le und zukünf­ti­ge Ange­le­gen­heit ist, son­dern bereits jetzt anfängt, die­se Welt zu ver­än­dern und zu erneuern.

Die Gemein­de Chris­ti, die durch den Hei­li­gen Geist gelei­tet wird, ist ein Zei­chen und ein Vor­ge­schmack der neu­en Schöp­fung, die kom­men wird. Wright betont, dass die Gemein­de Chris­ti auf­ge­for­dert ist, ein akti­ver Teil­neh­mer an der neu­en Schöp­fung zu sein, indem sie das Evan­ge­li­um ver­kün­digt und das Reich Got­tes auf Erden vorantreibt.

Ein wich­ti­ger Aspekt von Wrights Kon­zept der neu­en Schöp­fung ist die Beto­nung der Kon­ti­nui­tät zwi­schen der aktu­el­len Welt und der neu­en Schöp­fung. Wright betont, dass die neue Schöp­fung nicht völ­lig anders als die aktu­el­le Schöp­fung ist, son­dern dass sie viel­mehr eine Fort­set­zung und Erfül­lung der aktu­el­len Schöp­fung ist. Alles, was wir in die­ser Welt tun, was Ewig­keits­wert hat, wird Teil der neu­en Schöp­fung sein und nicht ver­lo­ren gehen.

Sie pflan­zen kei­ne Rosen in einem Gar­ten, der für eine Bau­stel­le vor­be­rei­tet wer­den soll. Ihr voll­bringt etwas, das zu gege­be­ner Zeit Teil von Got­tes neu­er Welt sein wird. Jeder Akt der Lie­be, der Dank­bar­keit und der Freund­lich­keit; jedes Kunst­werk oder jede Musik, die von der Lie­be zu Gott und der Freu­de an der Schön­heit sei­ner Schöp­fung inspi­riert ist; jede Minu­te, die man damit ver­bringt, einem schwer behin­der­ten Kind das Lesen oder Gehen bei­zu­brin­gen; jeder Akt der Für­sor­ge und Pfle­ge, des Tros­tes und der Unter­stüt­zung für die Mit­men­schen und übri­gens auch für die nicht­mensch­li­chen Mit­ge­schöp­fe; und natür­lich jedes Gebet, jede vom Geist gelei­te­te Leh­re, jede Tat, die das Evan­ge­li­um ver­brei­tet, die Kir­che auf­baut, Hei­lig­keit statt Ver­derb­nis ver­kör­pert und den Namen Jesu in der Welt zu Ehren bringt – all das wird durch die auf­er­ste­hen­de Kraft Got­tes sei­nen Weg in die neue Schöp­fung fin­den, die Gott eines Tages machen wird. (Wright 2007:208)

Die neue Schöp­fung kann nicht allein durch mensch­li­che Anstren­gun­gen erreicht wer­den, son­dern sie ist eine gött­li­che Initia­ti­ve, die durch die Auf­er­ste­hung von Jesus Chris­tus ein­ge­lei­tet wur­de. Oder zusam­men­ge­fasst in den Wor­ten von Wright:

Ostern hat eine sehr dies­sei­ti­ge, gegen­wär­ti­ge Bedeu­tung: Jesus ist auf­er­stan­den, des­halb ist er der Mes­si­as und damit der wah­re Herr der Welt; Jesus ist auf­er­stan­den, des­halb hat Got­tes neue Schöp­fung begon­nen – und wir, sei­ne Jün­ger, haben eine Auf­ga­be zu erfül­len! Jesus ist auf­er­weckt wor­den, also müs­sen wir als sei­ne Boten han­deln und sei­ne Herr­schaft der gan­zen Welt ver­kün­den, damit sein Reich auf Erden wie im Him­mel kommt! (Wright 2007:67)

Jesus offenbart Gott und wie Gott sein Ziel erreichen wird

Wenn Sie wis­sen möch­ten, wie der wah­re Gott ist, schau­en Sie lan­ge und genau auf Jesus. (Wright 2017:19)

Wright ist über­zeugt, dass Jesus uns am klars­ten offen­bart, wie Gott wirk­lich ist. Die­se Über­zeu­gung ist ihm so wich­tig, dass er auf sei­nem Ster­be­bett die­se Wor­te sei­nen Kin­dern und Enkeln mit­ge­ben würde:

Wright Jesus offenbart Gott
Wenn du wis­sen willst, wer Gott ist, dann schau auf Jesus. Wenn du wis­sen willst, was es bedeu­tet, ein Mensch zu sein, dann schau auf Jesus. Wenn du wis­sen willst, was Lie­be ist, dann sieh auf Jesus. (https://​www​.the​wor​kof​t​he​peo​p​le​.com/​l​o​o​k​-​a​t​-​j​e​sus)

In sei­nem Bibel­kom­men­tar zum Hebrä­er­brief erklärt er einen der vie­len Grün­de, wie­so er dies glaubt:

Wer ihn [Jesus] anschaut, schaut qua­si das Spie­gel­bild Got­tes an. Got­tes Cha­rak­ter ist in sei­nem Sohn exakt repro­du­ziert, und das tritt offen sicht­bar zuta­ge. Das Wort, das hier [in Hebr 1,3] mit „tref­fen­der Aus­druck“ über­setzt wird, ist das grie­chi­sche Wort Cha­rak­ter, von dem unser Begriff abstammt. Sowohl im Grie­chi­schen als auch im Deut­schen ist die­ses Wort jedoch ein sehr inter­es­san­ter Begriff.

Der Vor­stel­lung von einem „Cha­rak­ter“ liegt in der anti­ken Welt das Ein­gra­vie­ren zugrun­de oder das Ein­prä­gen von Mus­tern in wei­ches oder hei­ßes Metall, die dann dau­er­haft Teil des Metall­stücks sind. Obwohl es in der Anti­ke noch kei­ne Druck­pres­sen gab, wie Johan­nes Guten­berg sie im 15. Jahr­hun­dert erfand, gab es doch frü­he Vor­läu­fer, die ins­be­son­de­re zur Her­stel­lung von Mün­zen benutzt wur­den. Der Kai­ser beauf­trag­te einen Gra­veur, der das könig­li­che Por­trät und die pas­sen­den Wor­te oder Abkür­zun­gen auf einen Stem­pel oder eine Prä­ge­plat­te brach­te, die aus har­tem Metall gefer­tigt wur­den. Der Gra­veur benutz­te den Stem­pel, um eine Mün­ze zu prä­gen, sodass die Mün­ze der exak­te Abdruck oder eben Aus­druck des­sen war, was auf dem Stem­pel war. (Wright 2019:14)

Jesus hat nicht nur Got­tes Cha­rak­ter offen­bart, son­dern auch die Art und Wei­se, wie Gott wirkt und wie Gott sei­ne Zie­le für und mit die­ser Welt errei­chen will.

Die Arbeit des Rei­ches Got­tes ist im Grun­de genom­men in den Selig­prei­sun­gen ziem­lich gut zusam­men­ge­fasst. Wenn Gott die Welt ver­än­dern will, dann schickt er nicht die Pan­zer. Er schickt die Sanft­mü­ti­gen, die Trau­ern­den, die Hung­ri­gen und Durs­ti­gen nach Got­tes Gerech­tig­keit, die Frie­dens­stif­ter und so wei­ter. So wie Got­tes gan­zes Wesen, sei­ne groß­zü­gi­ge Lie­be wider­spie­gelt, indem er sei­ne Herr­schaft mit sei­nen mensch­li­chen Geschöp­fen teilt, so spie­gelt auch die Art und Wei­se, wie sich die­se Men­schen ver­hal­ten müs­sen, wenn sie Ver­tre­ter der Herr­schaft Jesu sein sol­len, ihrer­seits den glei­chen Geist der ver­letz­li­chen, sanf­ten, aber mäch­ti­gen, sich selbst geben­den Lie­be wider. (Wright 2011)

Der historische Jesus

NT Wright ist für sei­ne Arbeit im Bereich der his­to­ri­schen Jesus­for­schung bekannt. Er hat sich inten­siv mit den Evan­ge­li­en und ande­ren Quel­len aus­ein­an­der­ge­setzt, um ein kla­re­res Bild von Jesus von Naza­reth zu zeichnen.

Ein wich­ti­ger Aspekt von Wrights Arbeit ist sei­ne Beto­nung der Bedeu­tung von Kon­text und Geschich­te. Wright ist über­zeugt, dass Jesus von Naza­reth in einem bestimm­ten his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Kon­text gebo­ren wur­de und dass sein Wir­ken und sei­ne Bot­schaft in die­sem Kon­text ver­stan­den wer­den müs­sen. Den his­to­ri­schen Kon­text Jesu bes­ser nach­voll­zie­hen zu kön­nen, hilft uns, das Leben und die Leh­re Jesu fun­dier­ter ver­ste­hen zu können.

Beispiel: Warum wollten die Schriftgelehrten und Pharisäer Jesus töten?

Was hat Jesus eigent­lich getan, das die Schrift­ge­lehr­ten und Pha­ri­sä­er so zor­nig gemacht hat, dass sie Jesus umbrin­gen wollten?

Wright zeigt gekonnt auf, dass Jesus die dama­li­gen Mes­si­as-Erwar­tun­gen der Juden fun­da­men­tal ent­täuscht hat. Statt die ver­hass­ten römi­schen Unter­drü­cker zu besie­gen und zu ver­trei­ben, pre­dig­te er Got­tes skan­da­lö­se Gna­de, pfleg­te Tisch­ge­mein­schaft mit Sün­dern und ver­gab denen, die es nicht verdienten.

Jedes Mal, wenn Jesus Sün­den ver­gab, waren die Men­schen empört. War­um? Weil Jesus auf die fal­sche Wei­se ver­gab. Der offi­zi­el­le Weg führ­te über den Tem­pel und die Opfer! Das war „der ein­zi­ge Weg“, auf dem Gott Sün­den ver­gab. Der Tem­pel und die Opfer waren das zen­tra­le Kern­stück des jüdi­schen Glau­bens. Aber Jesus ver­gab unab­hän­gig von Opfern und Tem­pel. Das war undenk­bar für die Juden zur dama­li­gen Zeit.

Jesus hat die Bedeu­tung des­sen, was ein König ist und tut, auf den Kopf gestellt. Er hat mit den fal­schen Leu­ten zusam­men gefei­ert, den fal­schen Leu­ten Frie­den ange­bo­ten und die fal­schen Leu­te vor dem Gericht Got­tes gewarnt. (Wright 2016:340)

Die Auferstehung Jesu

Wright betont auch, dass die Auf­er­ste­hung von Jesus Chris­tus ein ent­schei­den­der Aspekt des Ver­ständ­nis­ses von Jesus von Naza­reth ist. Er argu­men­tiert, dass die Auf­er­ste­hung von Jesus Chris­tus ein his­to­ri­sches Ereig­nis war, das durch Zeu­gen belegt ist und das Ver­ständ­nis von Jesus von Naza­reth grund­le­gend ver­än­der­te. Wright unter­streicht, dass die Auf­er­ste­hung von Jesus Chris­tus eine Bestä­ti­gung sei­ner Bot­schaft und sei­nes Werks ist und dass sie die Grund­la­ge für die Ent­ste­hung der christ­li­chen Gemein­de bildete.

Durch sei­ne Arbeit im Bereich der his­to­ri­schen Jesus­for­schung hat Wright ein kla­re­res Bild von Jesus von Naza­reth gezeich­net. Die­ses beruht auf his­to­ri­schen und kul­tu­rel­len Fak­ten und bringt vie­ler­lei theo­lo­gi­sche Details her­vor, die rele­vant sind für ein tie­fe­res Ver­ständ­nis des Lebens und der Leh­re Jesu.

Seine Bücher

Eine Über­sicht über die ver­schie­de­nen Wer­ke von N. T. Wright fin­den Sie auf unse­rem Blog HIER. Wrights unzäh­li­ge Wer­ke kön­nen in vier Kate­go­rien auf­ge­teilt wer­den: aka­de­mi­sche Bücher, sei­ne Bibel­kom­men­ta­re, sei­ne Über­set­zung der Bibel und sei­ne Bücher für jedermann.

Bibliografie

Wright, Tom. Sur­pri­sed by Hope. Socie­ty for Pro­mo­ting Chris­ti­an Know­ledge, 2007.

Wright, Tom. Sim­ply Jesus. Har­per­Coll­ins, 2011.

Wright, N. T. Johan­nes für heu­te: Das Evan­ge­li­um, Kapi­tel 1–10. Über­setzt von Flo­ri­an Hönisch, Bd. 1, Brun­nen Ver­lag GmbH, 2017, S. 19.

Wright, N. T. Hebrä­er­brief für heu­te. Über­setzt von Dama­ris Rei­chelt, Brun­nen Ver­lag GmbH, 2019, S. 14.

Wright, N. T. Lukas für heu­te. Über­setzt von Johann Alberts, Brun­nen Ver­lag GmbH, 2016, S. 340.

Manuel Becker

Über den Autor

Manuel arbeitet als Gemeindegründer unter einer der 25 größten unerreichten Völkergruppen weltweit. Wenn seine 4 Kinder ihn nicht gerade auf Trab halten, dann liebt er es theologische Bücher in seiner freien Zeit zu lesen, zu fotografieren oder seine Logos-Bücherei zu erweitern. Aktuell studiert er nebenher an der Akademie für Weltmission in Korntal und hofft 2023 sein MA-Studium zu beenden. Er ist der Autor von dem beliebten Kinderbuch „Der große Sieg“.

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  1. Pri­ma Zusam­men­fas­sung. Dan­ke dafür. Ich fin­de Wrights Beto­nung noch sehr wich­tig, dass uns die Evan­ge­li­en die Geschich­te erzäh­len, wie Jesus zum König wird (am Kreuz erhöht und gekrönt). Wright zeigt sehr schön auf, dass die Glau­bens­be­kennt­nis­se von der Geburt Jesu direkt zum Lei­den und Ster­ben sprin­gen und damit lei­der die Bedeu­tung des­sen, was dazwi­schen geschah, unter­schla­gen. Das war einer der vie­len Eye­ope­ner beim Lesen etli­cher von Wrights Büchern. Ich hät­te Wright ger­ne schon zu Zei­ten mei­ner theol. Aus­bil­dung gele­sen. Das hät­te mir gehol­fen, in man­che theo­lo­gi­schen Fal­len gar nicht erst zu tap­pen. Aber Erkennt­nis ist bekannt­lich Stück­werk. Dan­ke Manuel.

    1. Hi Kars­ten.
      Das ist eine wert­vol­le Ergän­zung! Du hast natür­lich voll­kom­men recht, dass das ein zen­tra­les The­ma bei Wright ist.
      Dan­ke für den hilf­rei­chen Kommentar!
      Manuel

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