So manche Bibelverse widersprechen sich auf den ersten Blick. Lernen Sie in 10 Min. wie Sie solche biblische Paradoxa durch jüdische Augen besser verstehen können. Ein Gastbeitrag von Yavor Roussinov, bekannter Buchautor und Pastor einer protestantischen Gemeinde in Bulgarien. Übersetzt von Manuel Becker und Christian Weidtke.
Inhalt
- Einerseits…, aber andererseits…
- Lineare Logik trifft auf jüdisches Denken
- Die Priorisierung von Geboten
- Das Prinzip der Erhaltung des Lebens
- Dient das Gesetz als Wegweiser oder als absoluter Verhaltenscode?
- Jesus und der Sabbat: Jesus erfüllte das Gesetz
- Gehorsam durch das Brechen wenig gewichtiger Gebote
- Das wichtigste Gebot: die Priorisierung der Liebe
- Weiterführende Fragen zur vertiefenden Reflexion
Einerseits…, aber andererseits…
In dem Film „Anatevka“ wollen die Töchter des Protagonist Tevye aus Liebe heraus heiraten, anstatt sich vom Heiratsvermittler einen Bräutigam aussuchen zu lassen. Als die eine Tochter darum bittet, einen armen Schneider zu heiraten, beginnt Tevye, seine eigenen Entscheidungen abzuwägen:
„Was für ein Bräutigam kann dieser arme Schneider sein, andererseits ist er ehrlich, aber andererseits hat er nichts, andererseits kann es ihm nicht schlechter gehen.“
Später, als die zweite Tochter ihre Heiratsabsicht bekannt gibt, beginnt Tevye wieder zu grübeln:
„Er liebt sie. Liebe ist ein neuer Stil, aber andererseits waren die alten Wege einst neu, aber andererseits beschlossen sie, ohne ihre Eltern zu fragen, dass sie keinen Ehestifter wollen, aber andererseits, Adam und Eva hatten keinen Ehestifter, nun ja, sie hatten einen, und es scheint, dass diese beiden denselben Ehestifter haben.“
Diese Eigenschaft, zwei gegensätzliche Standpunkte abzuwägen, ist eine typisch jüdische Eigenschaft, ein wichtiger Teil der jüdischen Kultur. Juden entscheiden sich für eine Seite und argumentieren dann dagegen oder dafür. Diese Methode wird „shakla vtaria“ oder „nehmen und geben“ genannt. Oft lassen sich die beiden gegensätzlichen Ansichten nicht miteinander vereinbaren und werden einfach als Paradoxon akzeptiert. In der Bibel gibt es immer wieder Paradoxa, Aussagen, die es logischerweise nicht geben dürfte, aber sie sind da. Hier einige Beispiele:
- Jesus ist 100% Mensch und 100% Gott.
- Gott ist überall und ist zugleich zu einer bestimmten Zeit nur an einem Ort.
- Wer der Erste sein will, muss der Letzte sein.
- In Exodus 24:9–11 wird die Geschichte erzählt, wie Mose, Aaron, Nadab und Abihu und siebzig der Ältesten Israels auf eine Höhe stiegen und dort den Gott Israels sahen, und unter ihren Füßen war es wie ein Pflaster aus Saphir, so klar wie der Himmel. Sie sahen Gott und aßen und tranken dort. Aber in Exodus 33,20 (SLT) sagt Gott: Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht!
- In Deuteronomium 15 verspricht Mose, dass es keine Armen unter den Israeliten geben wird (Deut 15,4), wenn sie Gott gehorsam sind, und nur wenige Verse später sagt er, dass sie großzügig sein sollen, weil es immer Arme unter ihnen geben wird (Deut 15,11).
Lineare Logik trifft auf jüdisches Denken
Das westliche Denken verwendet gewöhnlich eine lineare Logik, d. h. wenn a = b und b = c ist, dann ist a = c. Der biblische Text hingegen verwendet eine „gruppierende Logik”, d. h. eine Logik, die Ideen zusammenfasst, die aus unterschiedlichen Perspektiven stammen können. Wenn wir in der Bibel ein Paradoxon finden, versuchen wir oft, den Konflikt zu lösen, indem wir eine Seite ablehnen. Aber die biblischen Texte tun dies oft nicht, sie halten es aus, dass beide gegensätzlichen Seiten existieren.
Die Priorisierung von Geboten
Dieses kulturelle Merkmal, das wir bei Tevye sehen, um das Paradoxon abzuwägen, wenden die Juden auch auf das Gesetz an. Das christliche Traditionsverständnis besagt, dass alle Gebote gleich wichtig sind und daher auch ihre Übertretung von gleicher Bedeutung und gleichem Ausmaß ist. Schon vor der Zeit Jesu bestand die rabbinische Herangehensweise an das Gesetz darin, das Gesetz so abzuwägen, dass in einer Situation, in der sich zwei Gebote widersprechen und miteinander in Konflikt geraten, das strengere den Vorrang hat. Zum Beispiel hat das Gebot, ein Kind am 8. Tag zu beschneiden, Vorrang vor dem Sabbat.
Joh 7:22–23 (SLT): 22 Darum [sage ich euch:] Mose hat euch die Beschneidung gegeben (nicht daß sie von Mose kommt, sondern von den Vätern), und ihr beschneidet den Menschen am Sabbat. 23 Wenn ein Mensch am Sabbat die Beschneidung empfängt, damit das Gesetz Moses nicht übertreten wird, was zürnt ihr mir denn, daß ich den ganzen Menschen am Sabbat gesund gemacht habe?
Die Einteilung der Gebote in leicht und schwer ist notwendig, weil sie uns hilft zu verstehen, dass wir uns in jeder Situation bemühen müssen, nach dem Gesetz Gottes zu leben, anstatt wahllos einige Gebote auszuwählen und andere abzulehnen. Im Laufe der Jahre haben die Rabbiner immer wieder darüber debattiert, wie man die Prioritäten des Gesetzes setzen soll.
Das Prinzip der Erhaltung des Lebens
Ein Prinzip, das bei der Prioritätensetzung verwendet wird, ist „piquaq nefesh” oder „die Erhaltung des Lebens“. Die alten Gläubigen beobachteten, dass das Gesetz dem Leben eines Menschen mehr Bedeutung beimisst als allen anderen Bereichen. Und die Tora selbst sagt, dass das Gesetz gegeben wurde, um Leben zu bringen.
Deu 30:15–16 (SLT): Siehe, ich habe dir heute das Leben und das Gute vorgelegt, den Tod und das Böse. Was ich dir heute gebiete, ist, daß du den Herrn, deinen Gott, liebst und in seinen Wegen wandelst und seine Gebote, seine Satzungen und seine Rechtsbestimmungen hältst, damit du lebst und dich mehrst; und der Herr, dein Gott, wird dich segnen in dem Land, in das du ziehst, um es in Besitz zu nehmen.
Die Rabbiner kamen zu dem Schluss, dass das gesamte Gesetz, mit Ausnahme einiger weniger Gebote, auf die Rettung oder Erhaltung des menschlichen Lebens ausgerichtet sein muss. Aber drei Verbote dürfen trotz des Prinzips der Lebenserhaltung nicht ignoriert werden: Mord, Götzendienst und sexuelle Unmoral.
Aus diesem Grund gehen jüdische Ärzte am Sabbat zur Arbeit, weil sie möglicherweise Leben retten können. Wenn jemand krank ist, kann er am Jom Kippur essen, dem heiligsten Feiertag, dem Tag der Vergebung, an dem streng gefastet wird und alles Essen und Trinken verboten ist.
Beachten Sie den Fall, dass die Zeugen Jehovas Bluttransfusionen in Notfällen ablehnen, weil das Gesetz das Trinken von Blut verbietet. Auch wenn ein Zeuge Jehovas in der Gefahr steht zu sterben, darf er trotzdem nicht mit Blut versorgt werden. Die rabbinische Exegese hat eine solche Auslegung des Gesetzes nie unterstützt. Das Gesetz ist dazu da, Leben zu retten und dies wiegt schwerer als andere Gebote.
Ein weiteres Beispiel ist das populäre Beispiel der Nazis im Zweiten Weltkrieg und der in Wohnungen versteckten Juden. Nach dem Prinzip „piquak nefesh“ oder „Erhaltung des Lebens“ durfte man lügen, um die Leben der Juden zu retten. Die Bibel gibt uns sogar den Präzedenzfall der beiden Großmütter, die den Pharao über die Kinder Israels belogen und Gott belohnte sie (Exodus 1,15–22).
Dient das Gesetz als Wegweiser oder als absoluter Verhaltenscode?
Man beachte jedoch einige christliche Theologen, die einen radikal entgegengesetzten Standpunkt vertreten. Augustinus sagt:
„Da das ewige Leben durch eine Lüge verloren geht, dürfen wir niemals lügen, um das zeitliche Leben eines anderen Menschen zu erhalten“
Der Philosoph Immanuel Kant denkt genauso. In ihrem Denken sind alle Regeln absolut, aber solch ein Verständnis ist unvereinbar mit dem jüdischen Denken.
Rabbi Telushkin behauptet, dass in der Vergangenheit viele Rabbiner rauchten und das Rauchen als gesund empfahlen, weil dies zu der Zeit so geglaubt wurde, aber Telushkin ist der Meinung, dass die Rabbiner das Rauchen nicht gefördert hätten, wenn sie die heutigen Informationen gehabt hätten. Aber was rät Telushkin denjenigen, die nicht aufhören können zu rauchen?
Was diejenigen angeht, die noch rauchen: Wenn sie aufhören können, ist das in Ordnung, aber wenn sie es nicht können, dann sollen sie weniger rauchen.
Weniger rauchen? Wenn Rauchen nicht in Ordnung ist, sollte man doch sofort damit aufhören! Aber hier liegt die jüdische Logik. Ein Großteil des protestantischen Christentums sieht die zentrale Rolle des Gesetzes darin, die Sünde aufzudecken und uns zu zeigen, wie weit wir von Gott und seiner Vollkommenheit entfernt sind. Oft wird das Gesetz ganz oder gar nicht beachtet, sodass wir, wenn wir erkennen, dass wir es nicht perfekt einhalten können, aufgeben und zu Christus kommen, um gerettet zu werden. Und was machen die meisten Christen: „Gott, ich danke dir, dass ich aus Gnade und nicht aus Werken gerettet bin“, und tun weiter, was falsch ist. Und ich behaupte weiterhin, dass diese Theologie massiv unverantwortliche Menschen in christlichen Kreisen hervorgebracht hat.
Der jüdische Ansatz ist anders. Die Juden haben sich nie als gerettet betrachtet durch die Befolgung des Gesetzes. Ihrer Meinung nach wurde das Gesetz gegeben, um sie zu lehren, wie sie so leben sollten, dass sie Gott gefallen und ihren Bund mit Gott bestätigen würden.
Aus diesem Grund ermutigt das Judentum die Menschen, zu versuchen, das Gesetz zu halten, auch wenn sie es nicht perfekt tun. Wenn du morgen nicht perfekt gehorchen kannst, dann strenge dich ein bisschen mehr an. Rabbi Nachmam, der im 17. Jahrhundert lebte, sagte dies:
Wenn du morgen nicht besser sein wirst als heute, was nützt dir dann das Morgen?
Kehren wir zurück zu dem Thema Rauchen. Es mag sein, dass wir als Sünder nicht in der Lage sind, Gottes Gesetz perfekt zu befolgen, aber wir dürfen den Versuch uns zu bessern nicht aufgeben. Rauchen Sie heute weniger und lassen Sie morgen die Zigaretten liegen.
In einigen jüdischen Schulen ist es üblich, eine Stunde lang Klatsch und Tratsch zu vermeiden. Die Lehrer wissen, dass sie den Klatsch nicht unterbinden können, aber Gehorsam für nur eine Stunde macht die Schüler für den Rest des Tages aufmerksamer. Sie sind weit davon entfernt, perfekt zu sein, aber zumindest können sie einen Anfang machen. Wir können lernen, indem wir den Gehorsam betonen. Wenn wir gehorchen, versuchen wir nicht, uns das Heil zu verdienen, sondern Nachfolger Christi zu sein.
Jesus und der Sabbat: Jesus erfüllte das Gesetz
Die gesamte Theologie vieler Christen kann in einem Vers beschrieben werden:
Lukas 6:46 (SLT): Was nennt ihr mich aber »Herr, Herr« und tut nicht, was ich sage?
Mit anderen Worten, um Jesus zu paraphrasieren:
Wenn du nicht mehr wie Christus bist, gehorsamer, nützlicher in Gottes Reich, welchen Sinn hast du dann überhaupt für morgen. Wenn du nicht aufhören kannst zu tratschen, dann tratsche weniger, wenn du nicht ehrlich sein kannst, dann versuche weniger zu lügen. Versuche es immer wieder.
Jesus benutzte auch das Prinzip von „pikuach nefesh“ oder „Bewahrung des Lebens“.
Lukas 6:9 (SLT): Da sprach nun Jesus zu ihnen: Ich will euch etwas fragen: Darf man am Sabbat Gutes tun oder Böses tun, das Leben retten oder verderben?
Es ging Jesus nicht darum, den Sabbat herabzusetzen und ihn zu verwerfen. An mehreren Stellen wird gesagt, dass Jesus bis zum Sonnenuntergang wartete, nachdem der Sabbat vorbei war, um die Menschen zu heilen.
Markus 1:32 (SLT): Als es aber Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachten sie alle Kranken und Besessenen zu ihm.
Lukas 4:40 (SLT): Als aber die Sonne unterging, brachten alle, die Kranke hatten mit mancherlei Gebrechen, sie zu ihm, und er legte einem jeden von ihnen die Hände auf und heilte sie.
Der Sabbat ist wichtig:
Exodus 31:13 (SLT): Rede du zu den Kindern Israels und sprich: Haltet nur ja meine Sabbate! Denn das ist ein Zeichen zwischen mir und euch für alle [künftigen] Geschlechter, damit ihr erkennt, daß ich der Herr bin, der euch heiligt.
Der Sabbat war ein Symbol des Bundes Gottes mit Israel. Den Sabbat nicht zu ehren, galt als Missachtung des Bundes im Allgemeinen.
Gehorsam durch das Brechen wenig gewichtiger Gebote
Lukas 13:10–17 (SLT):
10 Er lehrte aber in einer der Synagogen am Sabbat. 11 Und siehe, da war eine Frau, die seit 18 Jahren einen Geist der Krankheit hatte, und sie war verkrümmt und konnte sich gar nicht aufrichten. 12 Als nun Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, du bist erlöst von deiner Krankheit! 13 Und er legte ihr die Hände auf, und sie wurde sogleich wieder gerade und pries Gott. 14 Der Synagogenvorsteher aber war empört darüber, daß Jesus am Sabbat heilte, und er ergriff das Wort und sprach zu der Volksmenge: Es sind sechs Tage, an denen man arbeiten soll; an diesen kommt und laßt euch heilen, und nicht am Sabbattag! 15 Der Herr nun antwortete ihm und sprach: Du Heuchler, löst nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe und führt ihn zur Tränke? 16 Diese aber, eine Tochter Abrahams, die der Satan, siehe, schon 18 Jahre gebunden hielt, sollte sie nicht von dieser Bindung gelöst werden am Sabbattag? 17 Und als er das sagte, wurden alle seine Widersacher beschämt; und die ganze Menge freute sich über all die herrlichen Taten, die durch ihn geschahen.
In dieser Geschichte wendet Jesus ein anderes Prinzip an, das „king baalei haim” oder „das Leiden der Lebewesen verhindern“ heißt.
Gen 9:4–5 (SLT): 4Nur dürft ihr das Fleisch nicht essen, während sein Leben, sein Blut, noch in ihm ist! 5 Jedoch euer eigenes Blut will ich fordern, von der Hand aller Tiere will ich es fordern und von der Hand des Menschen, von der Hand seines Bruders will ich das Leben des Menschen fordern.
Deu 22:6–7 (SLT): 6 Wenn du zufällig auf dem Weg ein Vogelnest antriffst, auf irgendeinem Baum oder auf der Erde, mit Jungen oder mit Eiern, während die Mutter auf den Jungen oder auf den Eiern sitzt, so sollst du die Mutter nicht samt den Jungen nehmen; 7 sondern du sollst die Mutter auf jeden Fall fliegen lassen, und die Jungen kannst du dir nehmen, damit es dir gut geht und du lange lebst.
Am Sabbat mussten auch die Tiere von ihrer Arbeit ruhen. Es war verboten, ein Tier loszubinden und auf das Feld zu führen, um es zu pflügen, aber man konnte es losbinden und zum Wasser führen, damit es nicht verdurstete. Und hier wendet Jesus diese Regel an, indem er sagt, dass, wenn der Esel losgebunden werden konnte, damit er einen Tag lang nicht leiden musste, wie viel mehr sollte diese Frau losgebunden werden, die so viele Jahre lang gelitten hatte.
Matt 12:9–13 (SLT): 9 Und er ging von dort weiter und kam in ihre Synagoge. 10 Und siehe, da war ein Mensch, der hatte eine verdorrte Hand. Und sie fragten ihn und sprachen: Darf man am Sabbat heilen?, damit sie ihn verklagen könnten. 11 Er aber sprach zu ihnen: Welcher Mensch ist unter euch, der ein Schaf hat und, wenn es am Sabbat in eine Grube fällt, es nicht ergreift und herauszieht? 12 Wieviel mehr ist nun ein Mensch wert als ein Schaf! Darum darf man am Sabbat wohl Gutes tun. 13 Dann sprach er zu dem Menschen: Strecke deine Hand aus! Und er streckte sie aus, und sie wurde gesund wie die andere.
Mit anderen Worten: Jesus sagte, es ist wichtig, den Sabbat zu ehren, aber das menschliche Leben ist wichtiger.
Markus 2:27 Und er sagte zu ihnen: Der Sabbat ist für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat;
Jesus hat sich also an die (höheren) Regeln des Gesetzes gehalten und sie nicht gebrochen. Er war gehorsam, nicht rebellisch.
Das wichtigste Gebot: die Priorisierung der Liebe
Wie können wir dem Beispiel Jesu folgen und das Gesetz halten?
„Welches ist das größte Gebot von allen?“ Die Antwort auf diese Frage ist von zentraler Bedeutung für unseren Glauben. Die Frage, mit anderen Worten ausgedrückt: Was hat oberste Priorität, wenn man Gott gehorchen will? Jesus antwortete, indem er das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe zitierte. Alles, was wir tun, sollte dieses Gebot zum Ziel haben.
Dann erzählte er das Gleichnis vom barmherzigen Samariter und wies dadurch auf die falschen Prioritäten der beiden Priester und des Leviten hin, die lieber in den Tempel gingen, um dort zu beten, als dem Sterbenden zu helfen.
Heißt das, dass wir Gottes Gesetz ignorieren und uns aussuchen können, welche Gebote wir befolgen wollen? Nicht im Geringsten. Jesus sagte, er sei nicht gekommen, um das Gesetz zu zerstören, sondern um es zu erfüllen. Mit anderen Worten, wir sollten uns bemühen, auf allen Wegen, die wir gehen, bei allen Entscheidungen, die wir treffen, auf alle möglichen Arten gehorsam zu sein, aber vor allem anderen sollten wir nach Liebe streben. Die Liebe ist das entscheidende Kriterium, welche Gebote wir über andere priorisieren müssen.
Oder wie Tevye sagen würde:
„Sei auf der einen Seite gehorsam, aber auf der anderen Seite entscheide dich für die Liebe!“
Welche Wahl müssen wir also treffen, wenn zwei Gebote im Widerspruch zueinander stehen? Wenn du dich für eines entscheiden musst, dann wähle das, das mehr Liebe zeigt, das mehr danach strebt, das Leben zu erhalten und es zu befreien!
Ein letztes Beispiel: Nehmen wir an, Sie versuchen, am Sonntag nicht zu arbeiten, aber Ihre älteren Eltern müssen ihr Haus reparieren oder dringende Gartenarbeit erledigen. Dann gehen Sie hin und tun Sie es.
Weiterführende Fragen zur vertiefenden Reflexion
Gibt es ein Paradoxon in der Bibel, mit dem Sie sich schwertun und das Sie nicht in Einklang bringen können?
Wann war das letzte Mal oder können Sie sich an einen Fall erinnern, in dem Sie abwägen mussten, welches Gebot wichtiger ist? Was haben Sie getan?