Biblische Paradoxa verstehen: Unterschied zwischen jüdischem und westlichem Denken

Von Christian Weidtke

Bibelstudium, Exegese, Hermeneutik, jüdisches Denken
März 13, 2023

So man­che Bibel­ver­se wider­spre­chen sich auf den ers­ten Blick. Ler­nen Sie in 10 Min. wie Sie sol­che bibli­sche Para­do­xa durch jüdi­sche Augen bes­ser ver­ste­hen kön­nen. Ein Gast­bei­trag von Yavor Rous­si­nov, bekann­ter Buch­au­tor und Pas­tor einer pro­tes­tan­ti­schen Gemein­de in Bul­ga­ri­en. Über­setzt von Manu­el Becker und Chris­ti­an Weidtke.

Einerseits…, aber andererseits…

In dem Film „Ana­tev­ka“ wol­len die Töch­ter des Prot­ago­nist Tevye aus Lie­be her­aus hei­ra­ten, anstatt sich vom Hei­rats­ver­mitt­ler einen Bräu­ti­gam aus­su­chen zu las­sen. Als die eine Toch­ter dar­um bit­tet, einen armen Schnei­der zu hei­ra­ten, beginnt Tevye, sei­ne eige­nen Ent­schei­dun­gen abzuwägen:

Was für ein Bräu­ti­gam kann die­ser arme Schnei­der sein, ande­rer­seits ist er ehr­lich, aber ande­rer­seits hat er nichts, ande­rer­seits kann es ihm nicht schlech­ter gehen.“

Spä­ter, als die zwei­te Toch­ter ihre Hei­rats­ab­sicht bekannt gibt, beginnt Tevye wie­der zu grübeln:

Er liebt sie. Lie­be ist ein neu­er Stil, aber ande­rer­seits waren die alten Wege einst neu, aber ande­rer­seits beschlos­sen sie, ohne ihre Eltern zu fra­gen, dass sie kei­nen Ehe­stif­ter wol­len, aber ande­rer­seits, Adam und Eva hat­ten kei­nen Ehe­stif­ter, nun ja, sie hat­ten einen, und es scheint, dass die­se bei­den den­sel­ben Ehe­stif­ter haben.“

Die­se Eigen­schaft, zwei gegen­sätz­li­che Stand­punk­te abzu­wä­gen, ist eine typisch jüdi­sche Eigen­schaft, ein wich­ti­ger Teil der jüdi­schen Kul­tur. Juden ent­schei­den sich für eine Sei­te und argu­men­tie­ren dann dage­gen oder dafür. Die­se Metho­de wird „shak­la vta­ria“ oder „neh­men und geben“ genannt. Oft las­sen sich die bei­den gegen­sätz­li­chen Ansich­ten nicht mit­ein­an­der ver­ein­ba­ren und wer­den ein­fach als Para­do­xon akzep­tiert. In der Bibel gibt es immer wie­der Para­do­xa, Aus­sa­gen, die es logi­scher­wei­se nicht geben dürf­te, aber sie sind da. Hier eini­ge Beispiele:

  1. Jesus ist 100% Mensch und 100% Gott.
  2. Gott ist über­all und ist zugleich zu einer bestimm­ten Zeit nur an einem Ort.
  3. Wer der Ers­te sein will, muss der Letz­te sein.
  4. In Exodus 24:9–11 wird die Geschich­te erzählt, wie Mose, Aaron, Nad­ab und Abihu und sieb­zig der Ältes­ten Isra­els auf eine Höhe stie­gen und dort den Gott Isra­els sahen, und unter ihren Füßen war es wie ein Pflas­ter aus Saphir, so klar wie der Him­mel. Sie sahen Gott und aßen und tran­ken dort. Aber in Exodus 33,20 (SLT) sagt Gott: Mein Ange­sicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht!
  5. In Deu­te­ro­no­mi­um 15 ver­spricht Mose, dass es kei­ne Armen unter den Israe­li­ten geben wird (Deut 15,4), wenn sie Gott gehor­sam sind, und nur weni­ge Ver­se spä­ter sagt er, dass sie groß­zü­gig sein sol­len, weil es immer Arme unter ihnen geben wird (Deut 15,11).

Lineare Logik trifft auf jüdisches Denken

Das west­li­che Den­ken ver­wen­det gewöhn­lich eine linea­re Logik, d. h. wenn a = b und b = c ist, dann ist a = c. Der bibli­sche Text hin­ge­gen ver­wen­det eine „grup­pie­ren­de Logik”, d. h. eine Logik, die Ideen zusam­men­fasst, die aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven stam­men kön­nen. Wenn wir in der Bibel ein Para­do­xon fin­den, ver­su­chen wir oft, den Kon­flikt zu lösen, indem wir eine Sei­te ableh­nen. Aber die bibli­schen Tex­te tun dies oft nicht, sie hal­ten es aus, dass bei­de gegen­sätz­li­chen Sei­ten existieren.

Die Priorisierung von Geboten

Die­ses kul­tu­rel­le Merk­mal, das wir bei Tevye sehen, um das Para­do­xon abzu­wä­gen, wen­den die Juden auch auf das Gesetz an. Das christ­li­che Tra­di­ti­ons­ver­ständ­nis besagt, dass alle Gebo­te gleich wich­tig sind und daher auch ihre Über­tre­tung von glei­cher Bedeu­tung und glei­chem Aus­maß ist. Schon vor der Zeit Jesu bestand die rab­bi­ni­sche Her­an­ge­hens­wei­se an das Gesetz dar­in, das Gesetz so abzu­wä­gen, dass in einer Situa­ti­on, in der sich zwei Gebo­te wider­spre­chen und mit­ein­an­der in Kon­flikt gera­ten, das stren­ge­re den Vor­rang hat. Zum Bei­spiel hat das Gebot, ein Kind am 8. Tag zu beschnei­den, Vor­rang vor dem Sabbat.

Joh 7:22–23 (SLT): 22 Dar­um [sage ich euch:] Mose hat euch die Beschnei­dung gege­ben (nicht daß sie von Mose kommt, son­dern von den Vätern), und ihr beschnei­det den Men­schen am Sab­bat. 23 Wenn ein Mensch am Sab­bat die Beschnei­dung emp­fängt, damit das Gesetz Moses nicht über­tre­ten wird, was zürnt ihr mir denn, daß ich den gan­zen Men­schen am Sab­bat gesund gemacht habe?

Die Ein­tei­lung der Gebo­te in leicht und schwer ist not­wen­dig, weil sie uns hilft zu ver­ste­hen, dass wir uns in jeder Situa­ti­on bemü­hen müs­sen, nach dem Gesetz Got­tes zu leben, anstatt wahl­los eini­ge Gebo­te aus­zu­wäh­len und ande­re abzu­leh­nen. Im Lau­fe der Jah­re haben die Rab­bi­ner immer wie­der dar­über debat­tiert, wie man die Prio­ri­tä­ten des Geset­zes set­zen soll.

Das Prinzip der Erhaltung des Lebens

Ein Prin­zip, das bei der Prio­ri­tä­ten­set­zung ver­wen­det wird, ist „piquaq nefesh” oder „die Erhal­tung des Lebens“. Die alten Gläu­bi­gen beob­ach­te­ten, dass das Gesetz dem Leben eines Men­schen mehr Bedeu­tung bei­misst als allen ande­ren Berei­chen. Und die Tora selbst sagt, dass das Gesetz gege­ben wur­de, um Leben zu bringen.

Deu 30:15–16 (SLT): Sie­he, ich habe dir heu­te das Leben und das Gute vor­ge­legt, den Tod und das Böse. Was ich dir heu­te gebie­te, ist, daß du den Herrn, dei­nen Gott, liebst und in sei­nen Wegen wan­delst und sei­ne Gebo­te, sei­ne Sat­zun­gen und sei­ne Rechts­be­stim­mun­gen hältst, damit du lebst und dich mehrst; und der Herr, dein Gott, wird dich seg­nen in dem Land, in das du ziehst, um es in Besitz zu nehmen.

Die Rab­bi­ner kamen zu dem Schluss, dass das gesam­te Gesetz, mit Aus­nah­me eini­ger weni­ger Gebo­te, auf die Ret­tung oder Erhal­tung des mensch­li­chen Lebens aus­ge­rich­tet sein muss. Aber drei Ver­bo­te dür­fen trotz des Prin­zips der Lebens­er­hal­tung nicht igno­riert wer­den: Mord, Göt­zen­dienst und sexu­el­le Unmoral.

Aus die­sem Grund gehen jüdi­sche Ärz­te am Sab­bat zur Arbeit, weil sie mög­li­cher­wei­se Leben ret­ten kön­nen. Wenn jemand krank ist, kann er am Jom Kip­pur essen, dem hei­ligs­ten Fei­er­tag, dem Tag der Ver­ge­bung, an dem streng gefas­tet wird und alles Essen und Trin­ken ver­bo­ten ist.

Beach­ten Sie den Fall, dass die Zeu­gen Jeho­vas Blut­trans­fu­sio­nen in Not­fäl­len ableh­nen, weil das Gesetz das Trin­ken von Blut ver­bie­tet. Auch wenn ein Zeu­ge Jeho­vas in der Gefahr steht zu ster­ben, darf er trotz­dem nicht mit Blut ver­sorgt wer­den. Die rab­bi­ni­sche Exege­se hat eine sol­che Aus­le­gung des Geset­zes nie unter­stützt. Das Gesetz ist dazu da, Leben zu ret­ten und dies wiegt schwe­rer als ande­re Gebote.

Ein wei­te­res Bei­spiel ist das popu­lä­re Bei­spiel der Nazis im Zwei­ten Welt­krieg und der in Woh­nun­gen ver­steck­ten Juden. Nach dem Prin­zip „piquak nefesh“ oder „Erhal­tung des Lebens“ durf­te man lügen, um die Leben der Juden zu ret­ten. Die Bibel gibt uns sogar den Prä­ze­denz­fall der bei­den Groß­müt­ter, die den Pha­rao über die Kin­der Isra­els belo­gen und Gott belohn­te sie (Exodus 1,15–22).

Dient das Gesetz als Wegweiser oder als absoluter Verhaltenscode?

Man beach­te jedoch eini­ge christ­li­che Theo­lo­gen, die einen radi­kal ent­ge­gen­ge­setz­ten Stand­punkt ver­tre­ten. Augus­ti­nus sagt:

Da das ewi­ge Leben durch eine Lüge ver­lo­ren geht, dür­fen wir nie­mals lügen, um das zeit­li­che Leben eines ande­ren Men­schen zu erhalten“

Der Phi­lo­soph Imma­nu­el Kant denkt genau­so. In ihrem Den­ken sind alle Regeln abso­lut, aber solch ein Ver­ständ­nis ist unver­ein­bar mit dem jüdi­schen Denken.

Rab­bi Telush­kin behaup­tet, dass in der Ver­gan­gen­heit vie­le Rab­bi­ner rauch­ten und das Rau­chen als gesund emp­fah­len, weil dies zu der Zeit so geglaubt wur­de, aber Telush­kin ist der Mei­nung, dass die Rab­bi­ner das Rau­chen nicht geför­dert hät­ten, wenn sie die heu­ti­gen Infor­ma­tio­nen gehabt hät­ten. Aber was rät Telush­kin den­je­ni­gen, die nicht auf­hö­ren kön­nen zu rauchen?

Was die­je­ni­gen angeht, die noch rau­chen: Wenn sie auf­hö­ren kön­nen, ist das in Ord­nung, aber wenn sie es nicht kön­nen, dann sol­len sie weni­ger rauchen.

Weni­ger rau­chen? Wenn Rau­chen nicht in Ord­nung ist, soll­te man doch sofort damit auf­hö­ren! Aber hier liegt die jüdi­sche Logik. Ein Groß­teil des pro­tes­tan­ti­schen Chris­ten­tums sieht die zen­tra­le Rol­le des Geset­zes dar­in, die Sün­de auf­zu­de­cken und uns zu zei­gen, wie weit wir von Gott und sei­ner Voll­kom­men­heit ent­fernt sind. Oft wird das Gesetz ganz oder gar nicht beach­tet, sodass wir, wenn wir erken­nen, dass wir es nicht per­fekt ein­hal­ten kön­nen, auf­ge­ben und zu Chris­tus kom­men, um geret­tet zu wer­den. Und was machen die meis­ten Chris­ten: „Gott, ich dan­ke dir, dass ich aus Gna­de und nicht aus Wer­ken geret­tet bin“, und tun wei­ter, was falsch ist. Und ich behaup­te wei­ter­hin, dass die­se Theo­lo­gie mas­siv unver­ant­wort­li­che Men­schen in christ­li­chen Krei­sen her­vor­ge­bracht hat.

Der jüdi­sche Ansatz ist anders. Die Juden haben sich nie als geret­tet betrach­tet durch die Befol­gung des Geset­zes. Ihrer Mei­nung nach wur­de das Gesetz gege­ben, um sie zu leh­ren, wie sie so leben soll­ten, dass sie Gott gefal­len und ihren Bund mit Gott bestä­ti­gen würden.

Aus die­sem Grund ermu­tigt das Juden­tum die Men­schen, zu ver­su­chen, das Gesetz zu hal­ten, auch wenn sie es nicht per­fekt tun. Wenn du mor­gen nicht per­fekt gehor­chen kannst, dann stren­ge dich ein biss­chen mehr an. Rab­bi Nach­mam, der im 17. Jahr­hun­dert leb­te, sag­te dies:

Wenn du mor­gen nicht bes­ser sein wirst als heu­te, was nützt dir dann das Morgen? 

Keh­ren wir zurück zu dem The­ma Rau­chen. Es mag sein, dass wir als Sün­der nicht in der Lage sind, Got­tes Gesetz per­fekt zu befol­gen, aber wir dür­fen den Ver­such uns zu bes­sern nicht auf­ge­ben. Rau­chen Sie heu­te weni­ger und las­sen Sie mor­gen die Ziga­ret­ten liegen.

In eini­gen jüdi­schen Schu­len ist es üblich, eine Stun­de lang Klatsch und Tratsch zu ver­mei­den. Die Leh­rer wis­sen, dass sie den Klatsch nicht unter­bin­den kön­nen, aber Gehor­sam für nur eine Stun­de macht die Schü­ler für den Rest des Tages auf­merk­sa­mer. Sie sind weit davon ent­fernt, per­fekt zu sein, aber zumin­dest kön­nen sie einen Anfang machen. Wir kön­nen ler­nen, indem wir den Gehor­sam beto­nen. Wenn wir gehor­chen, ver­su­chen wir nicht, uns das Heil zu ver­die­nen, son­dern Nach­fol­ger Chris­ti zu sein.

Jesus und der Sabbat: Jesus erfüllte das Gesetz

Die gesam­te Theo­lo­gie vie­ler Chris­ten kann in einem Vers beschrie­ben werden:

Lukas 6:46 (SLT): Was nennt ihr mich aber »Herr, Herr« und tut nicht, was ich sage?

Mit ande­ren Wor­ten, um Jesus zu paraphrasieren:

Wenn du nicht mehr wie Chris­tus bist, gehor­sa­mer, nütz­li­cher in Got­tes Reich, wel­chen Sinn hast du dann über­haupt für mor­gen. Wenn du nicht auf­hö­ren kannst zu trat­schen, dann trat­sche weni­ger, wenn du nicht ehr­lich sein kannst, dann ver­su­che weni­ger zu lügen. Ver­su­che es immer wieder.

Jesus benutz­te auch das Prin­zip von „pikuach nefesh“ oder „Bewah­rung des Lebens“.

Lukas 6:9 (SLT): Da sprach nun Jesus zu ihnen: Ich will euch etwas fra­gen: Darf man am Sab­bat Gutes tun oder Böses tun, das Leben ret­ten oder verderben?

Es ging Jesus nicht dar­um, den Sab­bat her­ab­zu­set­zen und ihn zu ver­wer­fen. An meh­re­ren Stel­len wird gesagt, dass Jesus bis zum Son­nen­un­ter­gang war­te­te, nach­dem der Sab­bat vor­bei war, um die Men­schen zu heilen.

Mar­kus 1:32 (SLT): Als es aber Abend gewor­den und die Son­ne unter­ge­gan­gen war, brach­ten sie alle Kran­ken und Beses­se­nen zu ihm.

Lukas 4:40 (SLT): Als aber die Son­ne unter­ging, brach­ten alle, die Kran­ke hat­ten mit man­cher­lei Gebre­chen, sie zu ihm, und er leg­te einem jeden von ihnen die Hän­de auf und heil­te sie.

Der Sab­bat ist wichtig:

Exodus 31:13 (SLT): Rede du zu den Kin­dern Isra­els und sprich: Hal­tet nur ja mei­ne Sab­ba­te! Denn das ist ein Zei­chen zwi­schen mir und euch für alle [künf­ti­gen] Geschlech­ter, damit ihr erkennt, daß ich der Herr bin, der euch heiligt.

Der Sab­bat war ein Sym­bol des Bun­des Got­tes mit Isra­el. Den Sab­bat nicht zu ehren, galt als Miss­ach­tung des Bun­des im Allgemeinen.

Gehorsam durch das Brechen wenig gewichtiger Gebote

Lukas 13:10–17 (SLT):

10 Er lehr­te aber in einer der Syn­ago­gen am Sab­bat. 11 Und sie­he, da war eine Frau, die seit 18 Jah­ren einen Geist der Krank­heit hat­te, und sie war ver­krümmt und konn­te sich gar nicht auf­rich­ten. 12 Als nun Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sprach zu ihr: Frau, du bist erlöst von dei­ner Krank­heit! 13 Und er leg­te ihr die Hän­de auf, und sie wur­de sogleich wie­der gera­de und pries Gott. 14 Der Syn­ago­gen­vor­ste­her aber war empört dar­über, daß Jesus am Sab­bat heil­te, und er ergriff das Wort und sprach zu der Volks­men­ge: Es sind sechs Tage, an denen man arbei­ten soll; an die­sen kommt und laßt euch hei­len, und nicht am Sab­bat­tag! 15 Der Herr nun ant­wor­te­te ihm und sprach: Du Heuch­ler, löst nicht jeder von euch am Sab­bat sei­nen Och­sen oder Esel von der Krip­pe und führt ihn zur Trän­ke? 16 Die­se aber, eine Toch­ter Abra­hams, die der Satan, sie­he, schon 18 Jah­re gebun­den hielt, soll­te sie nicht von die­ser Bin­dung gelöst wer­den am Sab­bat­tag? 17 Und als er das sag­te, wur­den alle sei­ne Wider­sa­cher beschämt; und die gan­ze Men­ge freu­te sich über all die herr­li­chen Taten, die durch ihn geschahen.

In die­ser Geschich­te wen­det Jesus ein ande­res Prin­zip an, das „king baalei haim” oder „das Lei­den der Lebe­we­sen ver­hin­dern“ heißt.

Gen 9:4–5 (SLT): 4Nur dürft ihr das Fleisch nicht essen, wäh­rend sein Leben, sein Blut, noch in ihm ist! Jedoch euer eige­nes Blut will ich for­dern, von der Hand aller Tie­re will ich es for­dern und von der Hand des Men­schen, von der Hand sei­nes Bru­ders will ich das Leben des Men­schen for­dern.

Deu 22:6–7 (SLT): Wenn du zufäl­lig auf dem Weg ein Vogel­nest antriffst, auf irgend­ei­nem Baum oder auf der Erde, mit Jun­gen oder mit Eiern, wäh­rend die Mut­ter auf den Jun­gen oder auf den Eiern sitzt, so sollst du die Mut­ter nicht samt den Jun­gen neh­men; son­dern du sollst die Mut­ter auf jeden Fall flie­gen las­sen, und die Jun­gen kannst du dir neh­men, damit es dir gut geht und du lan­ge lebst.

Am Sab­bat muss­ten auch die Tie­re von ihrer Arbeit ruhen. Es war ver­bo­ten, ein Tier los­zu­bin­den und auf das Feld zu füh­ren, um es zu pflü­gen, aber man konn­te es los­bin­den und zum Was­ser füh­ren, damit es nicht ver­durs­te­te. Und hier wen­det Jesus die­se Regel an, indem er sagt, dass, wenn der Esel los­ge­bun­den wer­den konn­te, damit er einen Tag lang nicht lei­den muss­te, wie viel mehr soll­te die­se Frau los­ge­bun­den wer­den, die so vie­le Jah­re lang gelit­ten hatte.

Matt 12:9–13 (SLT): Und er ging von dort wei­ter und kam in ihre Syn­ago­ge. 10 Und sie­he, da war ein Mensch, der hat­te eine ver­dorr­te Hand. Und sie frag­ten ihn und spra­chen: Darf man am Sab­bat hei­len?, damit sie ihn ver­kla­gen könn­ten. 11 Er aber sprach zu ihnen: Wel­cher Mensch ist unter euch, der ein Schaf hat und, wenn es am Sab­bat in eine Gru­be fällt, es nicht ergreift und her­aus­zieht? 12 Wie­viel mehr ist nun ein Mensch wert als ein Schaf! Dar­um darf man am Sab­bat wohl Gutes tun. 13 Dann sprach er zu dem Men­schen: Stre­cke dei­ne Hand aus! Und er streck­te sie aus, und sie wur­de gesund wie die andere.

Mit ande­ren Wor­ten: Jesus sag­te, es ist wich­tig, den Sab­bat zu ehren, aber das mensch­li­che Leben ist wichtiger.

Mar­kus 2:27 Und er sag­te zu ihnen: Der Sab­bat ist für den Men­schen gemacht, nicht der Mensch für den Sab­bat;

Jesus hat sich also an die (höhe­ren) Regeln des Geset­zes gehal­ten und sie nicht gebro­chen. Er war gehor­sam, nicht rebellisch.

Das wichtigste Gebot: die Priorisierung der Liebe

Wie kön­nen wir dem Bei­spiel Jesu fol­gen und das Gesetz halten?

Wel­ches ist das größ­te Gebot von allen?“ Die Ant­wort auf die­se Fra­ge ist von zen­tra­ler Bedeu­tung für unse­ren Glau­ben. Die Fra­ge, mit ande­ren Wor­ten aus­ge­drückt: Was hat obers­te Prio­ri­tät, wenn man Gott gehor­chen will? Jesus ant­wor­te­te, indem er das Dop­pel­ge­bot der Got­tes- und Nächs­ten­lie­be zitier­te. Alles, was wir tun, soll­te die­ses Gebot zum Ziel haben.

Dann erzähl­te er das Gleich­nis vom barm­her­zi­gen Sama­ri­ter und wies dadurch auf die fal­schen Prio­ri­tä­ten der bei­den Pries­ter und des Levi­ten hin, die lie­ber in den Tem­pel gin­gen, um dort zu beten, als dem Ster­ben­den zu helfen.

Heißt das, dass wir Got­tes Gesetz igno­rie­ren und uns aus­su­chen kön­nen, wel­che Gebo­te wir befol­gen wol­len? Nicht im Gerings­ten. Jesus sag­te, er sei nicht gekom­men, um das Gesetz zu zer­stö­ren, son­dern um es zu erfül­len. Mit ande­ren Wor­ten, wir soll­ten uns bemü­hen, auf allen Wegen, die wir gehen, bei allen Ent­schei­dun­gen, die wir tref­fen, auf alle mög­li­chen Arten gehor­sam zu sein, aber vor allem ande­ren soll­ten wir nach Lie­be stre­ben. Die Lie­be ist das ent­schei­den­de Kri­te­ri­um, wel­che Gebo­te wir über ande­re prio­ri­sie­ren müssen.

Oder wie Tevye sagen würde:

Sei auf der einen Sei­te gehor­sam, aber auf der ande­ren Sei­te ent­schei­de dich für die Liebe!“

Wel­che Wahl müs­sen wir also tref­fen, wenn zwei Gebo­te im Wider­spruch zuein­an­der ste­hen? Wenn du dich für eines ent­schei­den musst, dann wäh­le das, das mehr Lie­be zeigt, das mehr danach strebt, das Leben zu erhal­ten und es zu befrei­en!

Ein letz­tes Bei­spiel: Neh­men wir an, Sie ver­su­chen, am Sonn­tag nicht zu arbei­ten, aber Ihre älte­ren Eltern müs­sen ihr Haus repa­rie­ren oder drin­gen­de Gar­ten­ar­beit erle­di­gen. Dann gehen Sie hin und tun Sie es.

Weiterführende Fragen zur vertiefenden Reflexion

Gibt es ein Para­do­xon in der Bibel, mit dem Sie sich schwer­tun und das Sie nicht in Ein­klang brin­gen können?

Wann war das letz­te Mal oder kön­nen Sie sich an einen Fall erin­nern, in dem Sie abwä­gen muss­ten, wel­ches Gebot wich­ti­ger ist? Was haben Sie getan?


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Christian Weidtke

Über den Autor

Christian ist verantwortlich für das deutsche Marketing und bringt seine Kenntnisse als Online-Unternehmer und Theologe ein. Seine Frau und er wohnen mit ihrem Hund an der bulgarischen Schwarzmeerküste und dienen dort in einer kleinen Gemeinde von multilingualen Christen.

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