Es war ein frühlingshafter Sonntag Abend, als es mir wie Schuppen von den Augen viel. Ich war schon sieben Jahre lang Dozent für Altes Testament an einer theologischen Ausbildungsstätte, hatte davor selbst acht Jahre Theologie an ganz unterschiedlichen Orten und Institutionen studiert und promovierte gerade im Bereich der theologischen Bildung. Aber an eben diesem Sonntagabend traf mich eine simple Erkenntnis wie der Blitz: In meiner ganzen theologischen Ausbildung hatte mir niemand beigebracht, wie ich Bibelsoftware effektiv nutzen kann. Ich konnte zwar meine Bibel in den Ursprachen lesen, hatte viele gute Bücher in der Bibliothek kennengelernt und verstand auch zunehmend wissenschaftlich zu arbeiten, aber wie man eines der effektivsten Werkzeuge zum Auslegen der Bibel verwendet, war in meiner langen Bildungsbiografie nie Thema gewesen.
Das kann doch nicht sein, dachte ich. Das darf nicht sein! Zum Kernauftrag theologischer Ausbildung gehört es doch, Menschen zu befähigen, das Wort Gottes richtig auszulegen – und zwar mit den Werkzeugen und Hilfsmitteln unserer Zeit, oder?
Inhalt
Der Kernauftrag theologischer Ausbildung
Die Frage nach Kernauftrag und Wesen theologischer Ausbildung wird in der theologischen Ausbildungslandschaft durchaus kontrovers diskutiert – meines Erachtens zu Recht. Einig ist man sich aber darin, dass theologische Ausbildung vornehmlich die Kompetenz zum Auslegen und Lehren der Bibel vermitteln muss. Wenn Theologie die Rede (λόγος) von Gott (θεός) bleiben will, muss die Bibel und ihre Auslegung ganz im Zentrum des Theologiestudiums bleiben.
Bemerkenswerterweise sagt Paulus in 2Tim 2,2 genau das zu seinem jüngeren Mitarbeiter Timotheus: „Was du vor vielen Zeugen von mir gehört hast, das vertraue zuverlässigen Menschen an, die dann fähig sein werden, wieder andere zu lehren“ (ZUR). Paulus bezieht sich hier auf das Alte Testament und die apostolischen Schriften („Was du von mir gehört hast“) und macht deutlich, dass Timotheus Menschen befähigen soll, genau diese biblische Botschaft zu verstehen und anderen zu lehren. Das Wort „fähig“ (ἱκανός) meint „passend“, „geeignet“ oder auch „geschickt“. Paulus geht es hier also um nichts weniger als um Kompetenz – und zwar die Kompetenz, Gottes Wort auszulegen und zu lehren. Und genau das ist der Kernauftrag theologischer Ausbildung.
Spannend ist nun aber die Frage, in welchem Kontext theologische Ausbildung heute geschieht.
Der Kontext theologischer Ausbildung
Wir leben heute in einer hoch digitalisierten und komplexen Welt, mit allen ihren Vor- und Nachteilen. Smartphones, Navigationsgeräte, das Internet, Google, Amazon, soziale Medien usw. waren noch vor wenigen Jahrzehnten unvorstellbar. Heute sind sie nicht mehr wegzudenken. Nur die wenigsten nutzen heute noch Papieratlas oder Telefone mit Wählscheibe und so gut wie keiner von uns verzichtet auf das Internet oder die Kommunikation via E‑Mails.
Ähnliche Veränderungen sind auch im Blick auf die Heilige Schrift zu beobachten. Noch vor wenigen Jahrhunderten hatte niemand eine private Bibel. Vor wenigen Jahrzehnten besaßen die meisten einzelne ausgewählte Bibelübersetzungen (evtl. sogar eine Studienbibel!) und hatten wenige Kommentare im Regal stehen. Und heute?! Heute können wir mit einem Klick alle möglichen Bibelübersetzungen der Welt lesen. Wir können uns – ohne diese Sprachen je gelernt zu haben – griechische und hebräische Worte anzeigen lassen und ausführliche Wortstudien machen. Wir haben Zugang zu unzähligen Kommentaren, können uns die biblischen Orte auf Satellitenfotos ansehen, in sekundenschnelle alle Vorkommen eines Wortes finden und noch vieles mehr.
Ist unsere Auslegung der Bibel durch diese Möglichkeiten besser geworden? Ich fürchte kaum. Warum nicht? Weil es uns – trotz oder gerade wegen des Überangebots an Informationen – an „Umsetzungskompetenz“ fehlt. Wir haben zwar Zugang zu allen möglichen Informationen, wissen aber immer weniger, wie wir damit umgehen sollen. Wir besitzen vielleicht eine tolle Bibelsoftware, können häufig aber gar nicht wirklich damit umgehen.
Und genau hier stellt sich die entscheidende Frage: Wie können theologische Ausbildungsstätten ihren Studierenden helfen, Bibelsoftware so effektiv und gewinnbringend wie möglich zu nutzen? Was muss sich in der theologischen Ausbildung selbst ändern, damit Studierende mehr und mehr die Werkzeuge des 21. Jahrhunderts nutzen und so den biblischen Text besser verstehen?
Logos und die theologische Ausbildung
Je länger ich über die ganze Sache nachdachte, desto klarer wurde mir, dass es nur einen Weg nach vorne gab: Der Umgang mit Bibelsoftware muss ganz zentral in das Curriculum von theologischen Ausbildungsstätten integriert werden. Die Nutzung dieses genialen Werkzeuges, muss Gegenstand der theologischen Ausbildung selbst werden. Theologische Ausbildungsstätten dürfen ihren Studierenden nicht einfach nur ein Bibelprogramm empfehlen, sondern sie müssen ihnen auch wie ein guter Handwerksmeister beibringen, wie man dieses theologische Handwerkszeug effektiv nutzt. Ganz konkret und praktisch.
Nun habe ich das Vorrecht, selbst an einer theologischen Ausbildungsstätte zu unterrichten. Zusätzlich bin ich noch für die Qualitäts- und Strategieentwicklung bei uns im Haus zuständig. Damit hatte ich die Möglichkeit, den Traum Wirklichkeit werden zu lassen. 2019 beschlossen wir als Bibelschule Brake, dass wir den eben skizzierten Weg umsetzen wollen. 2020 war es dann soweit: Wir haben die Bibelsoftware Logos ganz zentral in unsere Ausbildung integriert.
Für uns war relativ schnell klar, dass wir den Weg gemeinsam mit dem Software-Unternehmen Faithlife gehen wollen, das die Bibelsoftware Logos herausgibt. Die Vorteile von Logos für theologische Ausbildungsstätten liegen auf der Hand:
1. Sprache: Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von Logos ist der konsequente Fokus auf die deutsche Sprache. Während andere Anbieter Bibelsoftware meist nur mit einer deutschen Benutzeroberfläche und deutschen Bibelübersetzungen anbieten, besticht Logos durch viele deutsche Ressourcen und Werkzeuge. Natürlich kann jede beliebige anderssprachige Ressource integriert werden. Allerdings bieten die umfangreichen und speziell auf den deutschen Kontext zugeschnittenen Ressourcen, ungeahnte Möglichkeiten für die Ausbildung im deutschen Kontext.
2. Flexibilität: Ein weiterer Vorteil von Logos ist die maximale Flexibilität und individuelle Anpassungsmöglichkeit, die das Programm bietet. Es ist natürlich ein großer Vorteil, dass sich jeder Logos-Besitzer seine eigene Bibliothek ganz individuell erweitern kann. Noch entscheidender für theologische Ausbildungsstätten ist aber, dass auch die Logos-Pakete selbst ganz individuell für eine Institution zugeschnitten werden können. Diese Flexibilität ermöglicht einerseits, dass in den Paketen nur die Ressourcen integriert werden, die in der jeweiligen theologischen Ausbildung benötigt werden. Andererseits hält sich dadurch der Preis in Grenzen. Beides ist sehr vorteilhaft.
3. Institutionelle Lösungen: Logos bietet individuelle Lösungen für Institutionen und Ausbildungsstätten an. Durch diese individuell zusammengestellten Pakete setzt sich Logos von anderen Bewerbern ab und macht es Ausbildungsstätten sehr einfach, passende Tools und Ressourcen den Studierenden anzubieten.
4. Customer-Support: Der Support von Logos ist hervorragend – für Institutionen und einzelne Nutzer. Unsere Erfahrungen mit dem Kundenservice von Faithlife sind super. Egal ob es sich um Beratung, Vertragsabschlüsse, die Freischaltung von Accounts oder individuelle Problemlösungen gehandelt hat, Faithlife hat stets schnell und professionell geholfen. Für Institutionen ist gerade diese Support-Sicherheit ein entscheidender Faktor.
Kurz: Für uns war klar, dass wir den Weg nur gemeinsam mit der Bibelsoftware Logos gehen wollen und Logos in unsere Ausbildung integrieren werden.
Blogartikelreihe „Die Integration von Logos an einer theologischen Ausbildungsstätte“
Die Entscheidung für die Integration von Logos fiel vor über einem Jahr. Seitdem wurde viel geplant, entwickelt und umgesetzt. Seit Herbst 2020 ist Logos zentraler Bestandteil unserer Ausbildung.
Da ich verantwortlich für den gesamten Prozess war, möchte ich in einer achtteiligen Blogartikelserie das Konzept, die dahinterliegenden Gedanken und auch den Weg zur Umsetzung näher vorstellen. Konkret wird es um folgende Themen gehen:
1. Der TRAUM
In diesem Artikel habe ich die grundsätzliche Idee beschrieben und begründet: Logos sollte ganz zentral in die theologische Ausbildung integriert werden.
Wenn Logos an einer Ausbildungsstätte integriert werden soll, gibt es größere Herausforderungen, die der zentralen Integration von Logos zunächst entgegenstehen. Diese Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze werden Thema des zweiten Artikels sein.
3. Der MEHRWERT
Entscheidet sich eine Institution für die Integration von Logos, so entstehen nicht nur Herausforderungen, sondern auch ein institutioneller Mehrwert, der von entscheidender Bedeutung für die gesamte Ausbildungsstätte sein kann. Auf diesen Mehrwert und den damit verbundenen Möglichkeiten werde ich im dritten Beitrag eingehen.
4. Das PAKET
Da die Ausgestaltung der Logos-Pakete so unglaublich flexibel ist, stellt sich sofort die Frage, wie das beste Paket für eine theologische Ausbildungsstätte konkret aussieht. Welche Ressourcen müssen unbedingt enthalten sein? Welche sind verzichtbar? Was ist das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis? Und so weiter. Spoiler Alarm: Context is King – auch bei den Paketen!
Soll die Integration von Logos in eine theologische Ausbildung wirklich gelingen, dann muss dies pädagogisch und didaktisch durchdacht sein. Es braucht konkrete Lernziele, Lernaktivitäten und auch Lernnachweise. Zudem muss Logos wirklich ins gesamte Curriculum integriert werden. Und genau das wird Thema des fünften Beitrages sein.
6. Die DOZENTEN
Eines der wichtigsten Parameter in dem ganzen Vorhaben sind die Dozenten. Im sechsten Artikel werde ich beschreiben, wie man die Dozenten für das Anliegen gewinnen kann, welche Einwände es vermutlich geben wird, wie man die Dozenten am besten schult und welche Unterstützung von Faithlife zu erwarten ist.
7. Der UNTERRICHT
Gegenstand des siebten Beitrages ist die Frage, wie der Unterricht mit Logos ganz praktisch aussieht. Wie kann Logos in eine Unterrichtsstunde integriert werden? Wie kann das Programm eine Rolle in Hausaufgaben und Examen spielen? Welche Angebote sollte es zusätzlich außerhalb der Vorlesungen geben? Und so weiter.
8. Die ERFAHRUNGEN
Im letzten Teil werde ich schließlich erste Erfahrungen teilen. Was hat funktioniert, was nicht? Was würden wir heute anders machen? Haben wir unsere Ziele erreicht?
Fazit
Ich bin davon überzeugt, dass auch andere theologische Ausbildungsstätten Logos in ihre Ausbildung integrieren sollten. Wir haben den gleichen Kernauftrag und leben im gleichen Kontext des 21. Jahrhunderts. Aber auch Kirchen, christliche Werke, Gruppen oder Einzelpersonen sollten darüber nachdenken, wie sie Logos noch konsequenter und konkreter in ihren Kontext integrieren können. Dazu soll diese Artikelreihe inspirieren und Möglichkeiten aufzeigen. Mein Ratschlag: Träumen Sie!
Über den Autor: Stephanus Schäl ist Dozent für Altes Testament an der Bibelschule Brake, promoviert gerade in Leadership in Theological Education an der Columbia International University und gehört unter anderem zum Leitungsteam vom Bibelprojekt und visiomedia.
Ich bin momentan auch Student an der Bibelschule und freue mich ungemein darüber, dass wir nun Logos nutzten können!
Da bin ich ganz bei dir, Ruben 😉