In dieser Artikelreihe sind wir schon länger gemeinsam unterwegs. Nachdem wir über den Traum, die Herausforderungen, den institutionellen Mehrwert, das Paket, das Curriculum und die Dozenten nachgedacht haben, kommt irgendwann folgende Frage auf: Wie sieht der Unterricht mit Logos ganz konkret aus?
In diesem siebten Beitrag möchte ich etwas näher beschreiben, wie die Praxis an einer theologischen Ausbildungsstätte aussieht, die Logos schon integriert hat.
Logos im Vorlesungssaal
Es liegt in der Natur der Sache, dass Logos am häufigsten und intensivsten im Unterricht selbst genutzt und thematisiert wird. Dies geschieht auf ganz unterschiedliche Art und Weise.
Inhalt
Einführung in Logos
Am Anfang des Studiums erhält jeder Studierende seine eigene Logos Bibelsoftware. Daran schließt sich in den ersten Wochen der Ausbildung ein Einführungskurs an. In diesem Einführungskurs soll der Studierende die grundsätzliche Funktionsweise und die dahinterliegenden Prinzipien von Logos verstehen. Diese Einführung ist unbedingt notwendig, damit die Dozenten nicht in jedem Unterricht bei „Adam und Eva“ anfangen müssen, wenn sie Logos zusammen mit den Studierenden nutzen.
Logos als exegetisches Standardwerkzeug
Da alle Dozenten und alle Studierenden Logos besitzen, ist Logos in jedem Unterricht das exegetische Standardwerkzeug. Logos ist also Standardbibel, Standardwörterbuch, Standardlexikon, Standardkommentar und so weiter. Immer häufiger wird Logos direkt an die Leinwand projiziert. Bibeltexte werden direkt und live in Logos aufgeschlagen, markiert, strukturiert und via Beamer präsentiert. Wortstudien werden vor aller Augen mit Logos vorgeführt. Satzdiagramme werden gemeinsam an der Leinwand erstellt und diskutiert. Aber auch für die Studierenden ist Logos das exegetische Standardwerkzeug. Fragen im Unterricht entstehen aufgrund der in Logos bereitgestellten Informationen. Parallelstellen werden schnell und mit einem Klick nachgeschlagen. Aussagen in Kommentaren werden mithilfe von Logos in die Diskussion eingebracht. Etc. Kurz: Logos prägt das ganze Unterrichtsgeschehen entscheidend.
Logos als explizitert Unterrichtsinhalt
Kern der Integration von Logos in das Theologiestudium ist aber nicht nur der Unterricht mit Logos, sondern vor allem auch der Unterricht über Logos. Die ganze Integration zielt ja auf eine umfassende Logos-Kompetenz. Von daher ist Logos sehr häufig expliziter Unterrichtsinhalt. In allen drei Ausbildungsjahren und in fast allen Fächern gibt es deshalb Unterrichtseinheiten, in denen der Umgang mit Logos gelehrt und gelernt wird. Ausgehend von den Gesamtlernzielen für Logos (vgl. den Artikel „Das Curriculum“) enthält jede Kursbeschreibung immer auch einige Lernziele, die auf Logos bezogen sind.
Für gewöhnlich laufen diese Unterrichtseinheiten so ab, dass der Dozent den methodischen Weg in Logos zeigt und die Studierenden dann an ihrem eigenen Rechner das Ganze nachvollziehen. Wenn ich also im Fach Exodus den Studierenden beibringen will, wie man mit Logos hebräische Wortstudien durchführt (Lern- und Kompetenzziel 10), dann gibt es eine Unterrichtseinheit, in der ich dem Jahrgang zunächst den methodischen Weg in Logos zeige. Im Anschluss daran führt dann jeder Studierende seine eigene Wortstudie durch (entweder im Unterricht oder als Hausaufgabe), die dann natürlich auch bewertet wird.
Logos kommt im Unterricht also primär auf zweierlei Art und Weise vor: Einerseits ist es das exegetische Standardwerkzeug, andererseits ist Logos selbst häufig expliziter Unterrichtsinhalt. Das Ziel dabei ist immer das Gleiche: Eine umfassende Logos-Kompetenz, weil theologische Ausbildung im Kern Menschen befähigen soll, Gottes Wort auszulegen und zu lehren.
Logos in der Predigtvorbereitung
Die meisten theologischen Ausbildungsstätten bilden hauptamtliche Mitarbeiter für Kirche und Mission aus – zumindest gilt das in unserem Fall. Der Dienst in Kirche und Mission ist aber nicht nur ein exegetischer. Vielmehr sollte es immer auch ein kerygmatischer Dienst sein. Alle Exegese muss dazu führen, dass die Botschaft der Bibel verkündigt wird. Und auch hier ist Logos eine große Hilfe.
Wir haben Logos in unseren gesamten Homiletik-Unterricht integriert. Konkret haben wir individuelle Studienhilfen erstellt, mithilfe derer wir die Homiletik unterrichten. Jede Ausbildungsstätte und jeder Dozent hat in einem gewissen Sinne seine eigene homiletische Methode. Natürlich könnte man den in Logos enthaltenen Predigteditor als Grundlage des Homiletikunterrichts nehmen. Noch besser und zielführender ist es allerdings, wenn eine Ausbildungsstätte eigene homiletische Studienhilfen erstellt.
Eine der größten Herausforderungen der Generation Y ist ihre fehlende Umsetzungskompetenz. Wir haben eine Generation vor uns, die unglaublich viele (und gute!) Ideen, Träume und Gedanken hat, aber viel zu wenig davon umsetzt. Warum? Weil man gar nicht mehr weiß, wie man Dinge eigentlich umsetzt. Wo fängt man an? Wie geht man vor? Was sind die einzelnen Schritte? Und so weiter. Von daher ist es wichtig, dass Ausbildungsstätten ihren Studierenden den methodischen Weg ganz konkret und Schritt für Schritt zeigen. Gerade deshalb sind die Studienhilfen von Logos so wertvoll. Der Nutzer wird dort nämlich „an die Hand genommen“ und Schritt für Schritt durch den Prozess geführt. Und dass diese Studienhilfen individuell anpassbar sind, ist noch besser.
Konkret haben wir ausgehend von dem schon in Logos enthaltenen (und sehr guten!) Predigteditor und unserem Homiletikkonzept fünf verschiedenen Studienhilfen erarbeitet. Unsere Studierenden bekommen eine allgemeine Studienhilfe zur Predigtvorbereitung. Darüber hinaus haben wir aber auch noch spezielle homiletische Studienhilfen entwickelt:
- Themenpredigt
- Lebensbildpredigt
- Buchpredigt
- Predigtreihe
Unserer Erfahrung nach erleichtert der Einsatz dieser Studienhilfen die Predigtvorbereitung für die Studierenden und erhöht gleichzeitig die Qualität der Predigten. Auch hier lohnt sich also der Einsatz von Logos.
Logos und wissenschaftliche Facharbeiten
Ein Theologiestudium muss neben der exegetischen Kompetenz immer auch die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Arbeiten vermitteln. Wissenschaftlich zu arbeiten – d.h. eine Sache begründet, nachvollziehbar und logisch anzugehen – ist ein Handwerk, das man lernen kann. Im Studium wird die Kompetenz zum wissenschaftlichen Arbeiten meist durch umfangreiche Facharbeiten gelehrt und gelernt. Aber auch hier tun sich viele Studierende schwer. Was gehört eigentlich in eine Facharbeit? Wie genau gestaltet man Einleitung und Schluss? Wie war das noch mal mit dem richtigen Zitieren? Welche Schritte werden in einer exegetischen Facharbeit erwartet? Fragen über Fragen.
Neben vielen kleineren Facharbeiten muss man bei uns in Brake zwei größere Facharbeiten schreiben: Eine exegetische im zweiten und eine thematische im dritten Ausbildungsjahr. Uns war relativ schnell klar, dass auch hier individuelle Studienhilfen von großem Vorteil wären. So haben wir eine Studienhilfe Exegetische Facharbeit und eine Studienhilfe Thematische Facharbeit erstellt. Diese Studienhilfen führen die Studierenden Stück um Stück durch die einzelnen Schritte des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses. Gleichzeitig kann er seine Ergebnisse in Logos selbst festhalten, immer wieder bearbeiten und am Ende sogar exportieren. Dass Logos dann sogar beim richtigen Zitieren hilft, setzt dem Ganzen noch die Krone auf 😉. Insgesamt ist Logos auf diese Art und Weise äußerst hilfreich für das Verfassen von wissenschaftlichen Facharbeiten.
Unterrichtsnotizen in Logos
Noch nicht realisiert, aber in Planung, ist die Integration von Unterrichtsnotizen in Logos. Zumindest an der Bibelschule Brake ist es so, dass jeder Studierende umfangreiche Notizen in die Hand bekommt. In exegetischen Fächern gleichen diese Skripte teilweise umfangreichen Kommentaren und da wir Exegesen zu allen 66 Büchern der Bibel anbieten, erhalten die Studierenden einen Kommentar über die gesamte Bibel. Der Wunsch nach digitalen Notizen ist nicht neu. Neu ist die Möglichkeit, umfangreiche Notizen direkt in Logos zu integrieren. Wenn das gelingt, dann haben die Studierenden zu jedem Bibeltext mit einem Klick die Notizen der Dozenten – mit Hyperlinks und vollkommen durchsuchbar. Allerdings ist diese Funktion noch mit erheblichem Formatierungsaufwand verbunden und etwas umständlich. Das Anliegen und die Möglichkeit an sich sind aber super und eine weitere Form, wie Logos in das Unterrichtsgeschehen integriert werden kann.
LogosLab
Unsere regelmäßige hausinterne Logos-Schulung („LogosLab“) gibt es nicht nur für Dozenten, sondern auch für Studenten. Via der Q&A‑Funktion von Mentimeter können die Studierende permanent Fragen in Bezug auf Logos stellen und sie priorisieren. Einmal im Monat treffen sich dann alle Interessierten, und ein Dozent beantwortet die Fragen und zeigt den Lösungsweg in Logos. Auch hier wird Logos-Kompetenz gefördert, und zwar immer genau an den Stellen, an denen sich die Studierenden gerade auf ihrem Logos-Lernweg befinden.
Logos und die Generation Internet
Wenn digitale Ureinwohner ein digitales Werkzeug in die Hand bekommen, dann entwickelt sich eine tolle Eigendynamik. Die gegenwärtige Generation von Studierenden ist absolut fit und kreativ im Umgang mit Logos. So erstellen sie zum Beispiel eigene Ressourcen, teilen Notizen, arbeiten gemeinsam an einem Projekt, integrieren frei zugängliche Literatur, nutzen Faithlife-Gruppen, produzieren eigene Tutorials und, und, und. Nicht selten bringen auch die Studierenden den Dozierenden neue Dinge in Logos bei – und das ist auch gut so. Schließlich sind wir alle gemeinsam auf dem Weg, die Bibel so gut wie möglich auszulegen und zu lehren – mit den Werkzeugen des 21. Jahrhunderts.
Fazit
Die Integration von Logos hat das Potenzial eine gesamte Ausbildung und das ganze Unterrichtsgeschehen zu verändern. Und diese Veränderung ist durchweg positiv. Unsere Unterrichtspraxis hat sich durch Logos deutlich verbessert – at least 😉.
Über den Autor: Stephanus Schäl ist Dozent für Altes Testament an der Bibelschule Brake, promoviert gerade in Leadership in Theological Education an der Columbia International University und gehört unter anderem zum Leitungsteam vom Bibelprojekt und visiomedia.
Sehr schön, Prof. in spe Dr. Stephanus Schäl.
Ich bewundere den Ansatz, wie in der theologischen Hochschule Brake LOGOS implementiert wird.
Es wird beschrieben, dass die Gen Z, Millenials viele Ziele, Träume, Visionen hat. Dabei ist oft der praktischen Umsetzung nicht sehr viel Bedeutung beigemessen, bzw. fällt einfach schwer. -
Bevor ich im letzten Jahrtausend auf die Kandidatenliste von Beröa, dann ICI und später Global University gesetzt wurde, sollten mindestens 5 Hauskreise, Gemeinden, Missionsstationen gegründet worden sein. Hier folgte der Praxis also die Theorie.
Deshalb möchte ich einmal aus der praktischen Mission 18 Beispiele geben, wie Gemeinde-Leadership tatsächlich funktioniert. https://faithlife.com/posts/4117255 – Das soll keineswegs den Wert von LOGOS schmälern, im Gegenteil.
Wir haben uns bei Gründung von Rosary Mission International – INDIA 2009 , in Erweiterung unserer LOGOS MISSION INDIA seit 1992, zum Ziel gesetzt, für talentierte Kinder (Talented Boy´s School- später Talented Pupil´s School) eine Lehr und Lernplattform zu schaffen. Mit The Remote research Library umfasst das bisher 29 Mitglieder. Mit der Ordination bekommen dann die Pastoren auch den Zugang zu LOGOS. – Etliche der früheren Schüler und Familien, die wir unterstützt haben, sind nun schon als Professoren und Dres. tätig. – Gottes reichen Segen!