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Exegetisch mit der Bibel arbeiten – Wie geht das?
Um einen Bibeltext richtig zu erfassen, ist es wichtig, die Hauptaussage des Textes zu verstehen. Die Hauptaussage findet man heraus, indem man den Text beim mehrmaligen Lesen in Sinneinheiten unterteilt, aus der sich dann eine ausführliche Gliederung des Textes ergibt. Sie ist oft die Grundlage für spätere Predigtüberschriften. Wer sich also viel Zeit für die Arbeit am Text nimmt, wird es später bei der Ausgestaltung der Predigt einfacher haben.
Erkenne Textgattungen und suche nach Gliederungsmöglichkeiten
Zunächst ist es wichtig, sich die Frage zu stellen, zu welcher Textgattung der jeweilige Text gehört. Davon hängt es ab, welche Textteile man zu einer Einheit zusammenfasst. Es ist ein Unterschied, ob man über einen Lehrtext oder einen poetischen Text reden will. Ob man über Gleichnisse spricht oder Erzählungen als Predigtgrundlage nimmt.
Dieser Schritt nach der Bestimmung der Textgattung wird später unbewusst ablaufen. Doch sollte man die Frage nach der Textgattung bewusst stellen, wenn man noch nicht so viel Erfahrung im Umgang mit biblischen Texten hat.
Wenn man etwas systematischer veranlagt ist, kann man sich eine Vorlage erstellen, auf der die Frage steht: „Mit welcher Textgattung habe ich es zu tun?“ Dann können die erwähnten Textgattungen dort aufgeführt sein, sodass man nur noch das Entsprechende ankreuzen muss.
Auf poetischen Texten, wie den Psalmen, darf man keine dogmatischen Aussagen aufbauen. Auch kann man die bildhafte Sprache nicht immer wörtlich nehmen. So führt Gott seine Nachfolger nicht buchstäblich auf eine Weide, wie in Psalm 23 beschrieben. Der Sinn des Bildes ist, dass Gott für jeden Gläubigen dessen ganze Erfüllung sein will. Dieses Bild zu verstehen und zu erklären, darum geht es immer wieder bei poetischen Texten.
Hilfreiche Einteilungen
Bei Erzählungen ist es hilfreich, die Sinneinheiten nach den Orten der beschriebenen Handlung abzugrenzen. So könnte man bei der Weihnachtsgeschichte in Lukas 2 fragen: Was fand in Jerusalem statt und was schloss sich dann in Bethlehem an? In 1. Mose 13 kann die Einteilung nach Personen hilfreich sein. Daraus entstehen Fragen wie: Was sagt Abraham? Wie reagiert Lot? Welche Meinung haben die Kanaaniter, die im Land wohnen?
Auch der Fortschritt einer Erzählung kann eine gute Vorlage für eine Gliederung sein. Am Beispiel von 1. Mose 19, könnte die Gliederung in Sinneinheiten lauten:
- Gott begegnet Abraham.
- Abraham betet für Sodom.
- Lot wird aus Sodom aufgrund des Gebetes des Abraham gerettet.
- Die Töchter Lots geben sich dem Inzest hin.
In Grunde genommen geht es bei der Suche nach Sinneinheiten oder Gliederungsschwerpunkten darum, den Fortschritt der Erzählung oder die Argumentationskette zu verstehen.
Die mit Abstand meisten Texte, über die gepredigt wird, sind Lehrtexte. Um Lehrtexte in Sinneinheiten aufzuteilen, muss man feststellen:
- Was sind Hauptsätze und was Nebensätze?
- Wo beginnen neue Gedanken?
- Welche Gedanken gehören zusammen?
Solche Zusammenhänge entdeckt man am besten, indem man für sich selbst formuliert, was in bestimmten Versen ausgesagt wird. Dadurch erkennt man oft auch, wo ein neuer Gedanke beginnt.
Schaffe dir eine Vorlage, um den Text zu gliedern
Menschen sind verschieden. Manche brauchen immer einen gleichen Ablauf, für andere ist das zu langweilig. Sie lieben die Abwechslung. Bei der Vorbereitung einer Predigt ist es aber sehr hilfreich, eine gewisse Struktur, ein Schema zu haben, an das man sich hält. Es spart Zeit, weil man nicht immer wieder neu überlegen muss, wie man dieses Mal die Predigt vorbereitet. Ein Schema hilft auch, wichtige Schritte in der Predigtvorbereitung zu verinnerlichen und keine Schritte zu übersehen. Ich finde es hilfreich für sich selbst „Vorlagen zur Predigtvorbereitung“ zu erstellen, mit denen man die Predigt vorbereitet.
So eine Vorlage könnte eine, in einem Textverarbeitungsprogramm erstellte Tabelle mit vier Spalten sein. In der dritten Spalte von links fügt man den Bibeltext in 9er-Schrift ein.
In der zweiten Spalte von links fügt man handschriftlich (dazu müsste man die Tabelle ausdrucken) oder mit dem Computer Stichworte zu den einzelnen Sinneinheiten des Textes ein. Zur besseren Übersicht könnte man die Sinneinheiten durch Absätze voneinander trennen.
In die erste Spalte von links fasst man verschiedene Sinneinheiten zusammen und findet dafür zusammenfassende Überschriften. Diese Überschriften werden später die Grundlage für die Predigtüberschriften sein.
In die vierte Spalte von links schreibt man alle Fragen und Beobachtungen, die man selbst zum Text hat und die man im Verlauf der Predigtvorbereitung später wieder aufgreifen wird.
In Logos gibt es dafür vorgefertigte Studienhilfen, die in einem anderen Beitrag vorgestellt werden.
Nutze Logos als Unterstützung bei der Textgliederung
Wer mit Logos arbeitet, hat die Möglichkeit, Features zu nutzen, die sehr dabei helfen, einen Text sinnvoll zu gliedern. Einige dieser Möglichkeiten stelle ich jetzt vor.
Proportionale Gliederung
Die proportionale Gliederung hilft sehr, den Gedankengang des Textes zu erfassen. Man schaltet sie ein, indem man eine Übersetzung verwendet, die für diese Funktion geeignet ist, wie z. B. Luther 1984. Die proportionale Gliederung beschreibt vor allem die Relation der Sätze zueinander. Wenn man auf die entsprechende Beschreibung geht, taucht eine Beschreibung dieses Ausdruckes auf. Durch diese Funktion erkennt man besser die Aufforderungen, Begründungen, Bedingungen, Ergebnisse und vieles andere mehr.
Der Psalmenexplorer
Mit dem Psalmenexplorer bekommt man Zugang zu dem hebräischen Verständnis von Poesie. Hier kann man sehr gut Entsprechungen erkennen. Immer wieder ist es in den Psalmen so, dass die entsprechenden Themen, über die der Psalm spricht, kunstvoll in einer festen Reihenfolge angeordnet sind. Diese Reihenfolge erkennt man mit diesem Tool auf einen Blick. Deshalb hilft der Psalmenexplorer Gliederungen zu entdecken, die man selbst niemals entdeckt hätte, weil das entsprechende Hintergrundwissen fehlt.
Satzschaubild
Durch die Funktion „Cascadia Syntax Graph“ zeigt Logos die grammatikalische Funktion jedes einzelnen Wortes. Grundsätzlich: Ein Satzschaubild versucht, den Hauptsatz herauszufinden und die Funktion der Worte zu ergründen. Es geht nicht so sehr um den gedanklichen Zusammenhang der Sätze und ihre Beziehung zueinander. Dieser gedankliche Zusammenhang wird mehr durch die proportionale Gliederung gezeigt.
Einer der wichtigsten Schritte zur Auslegung der Bibeltexte ist also, den Text zu gliedern und dem Gedankengang des Autors zu folgen. Hierfür gibt es verschiedene Hilfsmittel. Einige davon habe ich in diesem Blog vorgestellt. Grundsätzlich gilt: Wenn ein Hilfsmittel mir hilft, die Gliederung des Textes zu erfassen, muss ich nicht noch ein weiteres Tool einsetzen. Ich setze immer nur soviel Tools ein, wie ich brauche, um eine bestimmte Frage zufriedenstellend zu beantworten. Sollte ich das mit einem Tool nicht erreichen, greife ich auf ein anderes zurück.
Schreibt doch bitte in die Kommentare: Wie gliedert ihr Bibeltexte? Was hilft euch, die Gliederung zu erkennen?
Hier die Übersicht über bisher veröffentlichte Artikel dieser Reihe:
Hallo
Schöne und hilfreiche Blog Beiträge Herr Powilleit!
Wäre schön wenn angeben wäre, ab welchem Logos Paket die o.g. Tools verwendet werden können.
Grüße
Hallo Samuel, gerne liefere ich dir die Informationen:
1. Die Propositionale Gliederung ist ab Silber verfügbar.
2. Den Psalmenexplorer gibt es in Logos Gold.
3. Cascadia Syntax Graph ist ab Silber verfügbar.