Die Hölle: Drei Interpretationen aus der Kirchengeschichte

Von Manuel Becker

Bibelstudium, Hölle, Kirchengeschichte
Vor 4 Monaten

Die Höl­le – ein hei­ßes, kon­tro­ver­ses The­ma! In die­sem Arti­kel erhal­ten Sie in 15 Min. einen kom­pak­ten Über­blick über die drei wich­tigs­ten Sicht­wei­sen zum The­ma Hölle. 

Eine Vielfalt von Meinungen

Das Chris­ten­tum ist kein Ein­heits­brei. Allein die Exis­tenz unzäh­li­ger christ­li­cher Kon­fes­sio­nen zeugt davon, dass selbst Chris­ten, die die Bibel ernst­haft stu­die­ren, zu unter­schied­li­chen Schlüs­sen kom­men, was die Bibel lehrt. Dies führt zu einer brei­ten Palet­te von Sicht­wei­sen zu ver­schie­de­nen The­men. In den letz­ten Mona­ten habe ich meh­re­re Arti­kel ver­öf­fent­licht, die einen Über­blick über ver­schie­de­ne Stand­punk­te zu kon­tro­ver­sen The­men bie­ten, wie die Fra­ge nach dem Leid, das Ver­ständ­nis des Kreu­zes oder die Inter­pre­ta­ti­on des Hohe­lie­des und der Offen­ba­rung.

Das Ziel die­ser Arti­kel­rei­he ist es, über die Viel­falt der Sicht­wei­sen zu infor­mie­ren, um den Dia­log anzu­re­gen und gegen­sei­ti­ges Ver­ständ­nis zu för­dern. Alle Sei­ten argu­men­tie­ren mit Bibel­ver­sen und brin­gen der Bibel hohe Wert­schät­zung ent­ge­gen, gelan­gen jedoch zu unter­schied­li­chen Schluss­fol­ge­run­gen dar­über, wie die rele­van­ten Ver­se zu inter­pre­tie­ren sind. Da es bei sol­chen The­men in ers­ter Linie um Fra­gen der Her­me­neu­tik geht, habe ich die­ser eine aus­führ­li­che vier­tei­li­gen Rei­he gewidmet.

In die­sem Arti­kel wer­den drei ver­schie­de­ne Sicht­wei­sen zum The­ma Höl­le vor­ge­stellt. Alle drei fin­den sich bei den Kir­chen­vä­tern und sind durch die Kir­chen­ge­schich­te hin­durch immer wie­der­zu­ent­de­cken. Jede Sicht­wei­se hat ver­schie­de­ne Vari­an­ten, und sie alle in eine Schub­la­de zu ste­cken, ist eine star­ke Ver­ein­fa­chung kom­ple­xer Rea­li­tä­ten. Ich will eini­ge die­ser Vari­an­ten bei­spiel­haft erwäh­nen, ohne dabei den Anspruch auf Voll­stän­dig­keit zu erheben.

Das Wort „Hölle“ gibt es nicht in der Bibel.

Gele­gent­lich höre ich die Behaup­tung „Jesus hat mehr über die Höl­le gespro­chen als über irgend­ein ande­res The­ma.“ Ange­sichts die­ser Behaup­tung mag es über­ra­schen, dass das Wort „Höl­le“ in der Bibel gar nicht vor­kommt. Viel­mehr wer­den ver­schie­de­ne grie­chi­sche Wör­ter im Deut­schen mit dem Begriff „Höl­le“ über­setzt, wie zum Bei­spiel Hades (Lukas 16,23), Gehen­na (Mt 5,22) und Tar­ta­rus (2. Petrus 2,4). Mit­hil­fe der Logos-Wort­stu­die lässt sich jedoch schnell her­aus­fin­den, dass jedes die­ser Wor­te eine ganz eige­ne Bedeu­tung hat und es nicht sinn­voll ist, sie alle gemein­sam in einen Topf zu werfen.

Dar­über hin­aus gibt es meh­re­re Ver­se, die meta­pho­ri­sche Bil­der ver­wen­den, um über das zukünf­ti­ge Gericht Got­tes zu spre­chen, wie zum Bei­spiel Jesu Rede vom unaus­lösch­li­chen Feu­er (Mt 3,12) oder der Feu­er­see in Offen­ba­rung 20,15. Ob die­se Ver­se wört­lich ver­stan­den wer­den soll­ten oder eine meta­pho­ri­sche Bedeu­tung haben, ist eine her­me­neu­ti­sche Fra­ge, die kon­tro­vers dis­ku­tiert wird.

Es geht um das Wesen der Hölle und nicht um deren Existenz.

Obwohl also das Wort „Höl­le“ als sol­ches in der Bibel nicht vor­kommt, wird doch in der Bibel sehr häu­fig vom Gericht Got­tes gespro­chen. Kei­ne der im Fol­gen­den dar­ge­stell­ten Sicht­wei­sen leug­net, dass Gott eines Tages rich­ten und Gerech­tig­keit wie­der­her­stel­len wird. Sün­de hat Kon­se­quen­zen, das steht fest. Es geht also nicht um die Fra­ge der Exis­tenz einer „Höl­le“, son­dern um die Fra­ge des Wesens des zukünf­ti­gen Gerichts Gottes.

Die drei bedeu­tends­ten Sicht­wei­sen zu dem The­ma sind die Vor­stel­lung von Höl­le als ewi­ge Qual (tra­di­tio­nel­le Sicht), als Ort der Aus­lö­schung (Anni­hi­la­ti­on) und als Ort der Rei­ni­gung und Wie­der­her­stel­lung (All­ver­söh­nung). Pau­lus ermu­tigt uns:

Prüft alles und das Gute behal­tet. (1 Joh 4,1)

Ich lade Sie ein, sich mit einem offe­nen Her­zen mit die­sen drei Per­spek­ti­ven aus­ein­an­der­zu­set­zen. Ver­su­chen Sie, die Ihnen viel­leicht frem­de Ansicht aus der Per­spek­ti­ve ihrer Befür­wor­ter zu ver­ste­hen. Nur wenn wir eine neue Sicht­wei­se zuerst ver­ste­hen, kön­nen wir sie wirk­lich prüfen.

Hölle als Ewige Folter: Die traditionelle Interpretation (ein „doppelter Ausgang“)

Definition:

Alle Men­schen, die in die­sem Leben nicht Buße getan haben und durch Jesus erret­tet wur­den, wer­den ewig von Gott getrennt sein.

Varianten:

Man­che ver­tre­ten die Sicht­wei­se, dass die­ses ewi­ge Schick­sal aus einer Rebel­li­on gegen Gott her­aus selbst gewählt wird (Stich­wort: „Die Tür der Höl­le ist von innen ver­schlos­sen“). Ande­re glau­ben, dass Gott die Men­schen zur ewi­gen Stra­fe zwin­gen wird. Eini­ge glau­ben, dass die Höl­le ein Ort ist, an dem Gott nicht gegen­wär­tig ist und wo die Men­schen ein trost­lo­ses Dasein fris­ten müs­sen, ande­re glau­ben, dass Gott die Men­schen in der Höl­le ewig­lich fol­tern wird.

Bibelverse:

Mat­thä­us 5,22; 7,13; 8,12; 10,33; 13,50; 23,33; 25,46; Mar­kus 9,43; Lukas 16,19–31; Johan­nes 3,36; 5,29; Hebrä­er 10,27; 2 Thes­sa­lo­ni­cher 1,9; Hebrä­er 9,27; Offen­ba­rung 14,9–11; 20,10–15; 21,8

Kirchenväter:

Ter­tul­li­an, Johan­nes Chry­sosto­mus, Hie­ro­ny­mus, Augus­ti­nus von Hip­po, Minu­ci­us Felix

Tertullian zum Thema Hölle und Gericht Gottes

Argumente gegen diese Sichtweise:

  • Ewi­ge Stra­fe scheint den zen­tra­len Leh­ren Jesu über Ver­ge­bung und Fein­des­lie­be zu widersprechen.
  • Die Leh­ren Jesu wer­den dadurch unter­gra­ben (ins­be­son­de­re Jesu zen­tra­le Leh­ren von Ver­ge­bung und Feindesliebe).
  • Der tri­um­pha­le Sieg Jesu wird geschmä­lert, weil ein Groß­teil von Got­tes Schöp­fung ver­lo­ren geht.
  • Got­tes Fähig­keit, sein Ziel zu errei­chen, wird ver­neint (1 Timo­theus 2,4).
  • Got­tes end­lo­ser Lie­be wird eine Gren­ze gesetzt und sie kommt zu einem Ende.
  • Got­tes Cha­rak­ter wird per­ver­tiert, weil Gott zu einem ewi­gen Fol­ter­knecht wird.
  • Ewi­ge Fol­ter ist grau­sam, erbar­mungs­los und „teuf­lisch“ (Joh 10,10).
  • Ewi­ge Fol­ter ist nicht gerecht, weil sie unver­hält­nis­mä­ßig ist. Das mosai­sche Gesetz ver­langt, dass die Stra­fe ver­hält­nis­mä­ßig sein soll (Auge um Auge – Zahn um Zahn). Sün­den, die in einem begrenz­ten Leben began­gen wur­den, ver­die­nen kei­ne ewi­ge Strafe.
  • Die Ungläu­bi­gen sind vom Satan ver­blen­det (2 Kor 4,4), was die Fra­ge auf­wirft, inwie­weit sie für ihre Taten zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den können.
  • Die Furcht vor dem grau­sa­men Schick­sal in einer ewi­gen Höl­le hat vie­le Leu­te trau­ma­ti­siert und zu schreck­li­chen Taten angetrieben.
  • Die Leh­re vom dop­pel­ten Aus­gang impli­ziert eine Ver­ewi­gung der Sün­de und des Bösen, die Got­tes unein­ge­schränk­te escha­ti­sche Sou­ve­rä­ni­tät (…) in Fra­ge stellt“ (Här­le)

Stärken dieser Sichtweise:

  • Alles Böse wird bestraft wer­den und nie­mand muss fürch­ten, am Ende unge­recht behan­delt zu werden.
  • Die Angst vor der Höl­le ist ein Ansporn, ein mora­lisch gutes Leben zu führen.
  • Die Angst vor der Höl­le inspi­riert Chris­ten, das Evan­ge­li­um zu pre­di­gen, um Men­schen vor der Höl­le zu retten.
  • Es gibt vie­le Bibel­stel­len, die wört­lich gele­sen eine ewi­ge Höl­le lehren.

Verbreitung:

Die Höl­le als ewi­ge Tren­nung von Gott wur­de ver­mut­lich durch Augus­ti­nus von Hip­po im 5. Jahr­hun­dert n. Chr. zur vor­herr­schen­den Leh­re im Christentum.

Auslöschung (Annihilation): Erlösung ist das Geschenk des ewigen Lebens

Definition:

Der Tod ist der Sün­de Sold (Röm 6,23). Das ewi­ge Leben ist ein Geschenk Got­tes, das nur die erhal­ten, die durch Jesus geret­tet wer­den. Wer nicht durch Jesus geret­tet wird, der hat kein ewi­ges Leben und wird daher nicht ewig existieren.

Varianten:

Man­che glau­ben, dass Nicht­chris­ten sofort nach ihrem Tod auf­hö­ren zu exis­tie­ren. Ande­re ver­tre­ten die Auf­fas­sung, dass erst eine Zeit der Bestra­fung erfolgt, bevor die Ungläu­bi­gen aus­ge­löscht werden.

Bibelverse:

Psalm 92,7; 146,4; Mat­thä­us 10,28; Johan­nes 3,15–16; 10,28; 17,2; Römer 2,7; 6,23; 1. Korin­ther 15,42f; 50, 54; Gala­ter 6,8; 1. Timo­theus 6,16; 2 Petrus 3,7; 1. Johan­nes 5,11

Kirchenväter:

Jus­tin der Mär­ty­rer, Ire­nä­us und Arno­bi­us der Ältere

Justin der Märtyrer zum Thema Hölle

Probleme dieser Sichtweise:

  • Die Leh­re der Anni­hi­la­ti­on scheint mit den Bibel­ver­sen unver­ein­bar zu sein, die von einer ewi­gen Stra­fe spre­chen. Ver­tre­ter der Anni­hi­la­ti­on argu­men­tie­ren häu­fig, dass das Feu­er zwar ewig ist, aber Ungläu­bi­ge nur eine begrenz­te Zeit im Feu­er ver­brin­gen und dann auf­hö­ren zu existieren.
  • Gott schafft es nicht, den Groß­teil sei­ner Schöp­fung zu erlö­sen, son­dern „ver­liert“ Mil­li­ar­den von Menschen.

Stärken dieser Sichtweise:

  • Die­se Sicht­wei­se scheint am ehes­ten mit den Ver­sen im Alten Tes­ta­ment ver­ein­bar zu sein, die dar­auf hin­deu­ten, dass die Ungläu­bi­gen nach dem Tod auf­hö­ren zu exis­tie­ren (Ps 49,9–12; 115,17; Kohe­let 9,5; Jes 26,14).
  • Gott wird nicht als ewi­ger Fol­ter­knecht dar­ge­stellt, den­noch gibt es eine rea­le Stra­fe für alle, die Jesus in die­sem Leben ablehnen.
  • Die­se Sicht­wei­se wird oft als gesun­der Kom­pro­miss zwi­schen den Extre­men der All­ver­söh­nung und einer ewi­gen Höl­le betrachtet.

Verbreitung:

Die­se Ansicht exis­tiert seit den Anfän­gen der Kir­chen­ge­schich­te, war aber immer eine Minderheitsmeinung.

Allversöhnung: Die Hölle als reinigendes Gericht

Definition:

Got­tes end­gül­ti­ges Ziel ist es, sei­ne gesam­te Schöp­fung wie­der zu ver­söh­nen (Apos­tel­ge­schich­te 3,21; 2 Korin­ther 5,19; Kolos­ser 1,19–20) und sei­ne Königs­herr­schaft über alles auf­zu­rich­ten. Gott wird jeden Men­schen rich­ten, aber sein rich­ten­des Han­deln ist zeit­lich begrenzt und zielt dar­auf ab, sein end­gül­ti­ges Ziel durch das Gericht zu errei­chen. Sei­ne Gerech­tig­keit beruht nicht auf Rache, son­dern hat Hei­lung und Wie­der­her­stel­lung zum Ziel. Durch sein Gericht wird er sei­ne gesam­te Schöp­fung wie­der ver­söh­nen und so sein ursprüng­li­ches Ziel für die­se Welt erreichen.

Varianten:

Es ist etwas schwie­rig, die vie­len ver­schie­de­nen Ver­sio­nen zu ver­all­ge­mei­nern, aber es las­sen sich drei gro­ße Rich­tun­gen erkennen.

  1. Eso­te­ri­sche All­ver­söh­nung. Die­se moder­ne Inter­pre­ta­ti­on der All­ver­söh­nung basiert auf moder­nen Ideen und lässt sich viel­leicht mit dem Satz „Alle Reli­gio­nen füh­ren zu Gott“ am bes­ten zusam­men­fas­sen. In die­ser Per­spek­ti­ve wird Gott oft als nicht-per­so­na­li­siert betrach­tet, und es wird betont, dass Gott in allem und jedem prä­sent ist. Jesus wird nur als einer von vie­len mög­li­chen Wegen zu Gott angesehen.
  2. Libe­ra­le All­ver­söh­nung. Die­se Denk­rich­tung betont ein bestimm­tes Ver­ständ­nis der Lie­be Got­tes und argu­men­tiert auf die­ser Grund­la­ge, dass es eine Art direk­ten Frei­schein in den Him­mel für alle Men­schen gibt.
  3. Die All­ver­söh­nung nach dem Ver­ständ­nis der Kir­chen­vä­ter. Die­se Sicht­wei­se wird häu­fig als bibli­sche All­ver­söh­nung bezeich­net, da sie die bibli­schen Tex­te zur Grund­la­ge hat und dar­auf basiert, wie die frü­hen Kir­chen­vä­ter die­se Stel­len ver­stan­den. Es wird betont, dass Gott rich­ten wird und dass die­ses Gericht schmerz­haft sein wird. Das Bild von Got­tes Feu­er als rei­ni­gen­dem Ele­ment, das uns läu­tert, wird oft ver­wen­det. Die Not­wen­dig­keit der Buße und die Treue zu Jesus allein wer­den betont. Den­noch wird die Mög­lich­keit der Buße über den Tod hin­aus in der zukünf­ti­gen Welt aner­kannt. Ver­tre­ter die­ser Vari­an­te der All­ver­söh­nung leh­nen libe­ra­le und eso­te­ri­sche Inter­pre­ta­tio­nen ent­schie­den ab.

Bibelverse:

Mat­thä­us 13,33; 18,34–35; 25,46; Johan­nes 1,9.29; 4,42; 12,32; Apos­tel­ge­schich­te 3,21; Römer 5,18–19; 11,32; 1. Korin­ther 15,21–22; 2. Korin­ther 5,19; Ephe­ser 1:9–10; 4,10; Phil­ip­per 2,10–11; Kolos­ser 1,19–20; 1. Timo­theus 2,3–6; 4,10; Titus 2,11; Hebrä­er 2,9; 8,11; 2. Petrus 3,9; 1. Johan­nes 2,1–2; 4,14; Offen­ba­rung 5,13; 21,25–26

Anmer­kung: Mat­thä­us 25,46 fin­det sich sowohl in der Vers­lis­te zur ewi­gen Höl­le als auch in der Vers­lis­te der All­ver­söh­nung. Dies ist ein anschau­li­ches Bei­spiel dafür, wie sehr es bei dem The­ma um Her­me­neu­tik geht.

Und sie wer­den in die ewi­ge (aio­ni­os) Stra­fe (kolas­is) hin­ge­hen, die Gerech­ten aber in das ewi­ge (aio­ni­os) Leben (zoe). (Schlach­ter)

Auf den ers­ten Blick scheint die­ser Vers ein­deu­tig auf eine ewi­ge Höl­le hin­zu­deu­ten. Aber je genau­er man den Vers stu­diert, des­to kla­rer wird, dass dies nicht so ein­deu­tig ist, wie es zunächst den Anschein hat. Man muss beden­ken, dass es sich hier um ein Gleich­nis Jesu han­delt, das von Natio­nen (V.32) und nicht von Ein­zel­per­so­nen spricht. Das Gleich­nis dient nicht in ers­ter Linie als Leh­re über das zukünf­ti­ge Gericht, son­dern als ein­dring­li­che Mah­nung, die Gerings­ten nicht zu vernachlässigen.

Eine kleine Wortstudie zu „aionios”

Wenn man eine detail­lier­te Wort­stu­die zu den Schlüs­sel­wor­ten durch­führt, wird es noch kom­pli­zier­ter. Das grie­chi­sche Wort „aio­ni­os“ (das gewöhn­lich mit „ewig“ über­setzt wird) lei­tet sich von dem Wort „aion“ ab, das so viel wie „Zeit­al­ter“ bedeu­tet. Die genaus­te Über­set­zung von „aio­ni­os“ ist nicht „ewig”, son­dern „ein Zeit­al­ter andau­ernd.“ Die Dau­er die­ses Zeit­al­ters und damit die Bedeu­tung des Wor­tes „aio­ni­os“ hängt von dem Wort ab, das es cha­rak­te­ri­siert. Wenn es sich auf Gott oder das Leben bezieht, das er gibt, dann kann es ewig bedeu­ten, weil Gott ewig ist.

Um die Län­ge des Zeit­al­ters zu bestim­men, muss man also das Wort für Stra­fe stu­die­ren. Das Wort „kolas­is“ wird in vie­len Wör­ter­bü­chern (z. B. Bauer/​Aland) mit „Züch­ti­gung“ über­setzt. Das liegt dar­an, dass im anti­ken Grie­chisch zwi­schen „timo­ria“ und „kolas­is“ unter­schie­den wurde.

Die grie­chi­schen Ethi­ker (z. B. Aris­to­te­les) unter­schie­den zwi­schen kolas­is, einer Stra­fe, die zum Wohl des Betrof­fe­nen ver­hängt wird, und timōria (Hebr. 10:29), die zur Befrie­di­gung der Gerech­tig­keit ver­hängt wird. (Hil­ly­er, S. 191)

Kolas­is“ war also eine Stra­fe, die der Züch­ti­gung und Bes­se­rung einer Per­son dien­te. Dies funk­tio­niert nur, wenn die Stra­fe zeit­lich begrenzt ist. Eine ewi­ge Stra­fe, die zur Bes­se­rung die­nen soll, ergibt kei­nen Sinn. Dem­nach wäre es ange­mes­se­ner, „kolas­is aio­ni­os“ (Matt 25,46) mit „ein Zeit­al­ter andau­ern­de Züch­ti­gung“ zu über­set­zen, was als star­ker Hin­weis auf Got­tes wie­der­her­stel­len­de Gerech­tig­keit ver­stan­den wird.

Die glei­che Kon­struk­ti­on („aio­ni­os“ zwei­mal in einem Satz und ein­mal im Sin­ne von ewig und ein­mal im Sin­ne von zeit­lich begrenzt) wie in Mt 25,46 fin­den wir übri­gens noch zwei wei­te­re Male im Neu­en Tes­ta­ment: Römer 16,25–26 und Titus 1,2.

Kirchenväter:

Gre­gor von Nyssa, Cle­mens von Alex­an­dri­en, Basi­lus der Gro­ße, Orig­e­nes, Didy­mus der Blin­de, Isaak von Nini­ve, Maxi­mus Confessor

Gregor von Nyssa Hölle und Allversöhnung

Probleme dieser Sichtweise:

  • Die eso­te­ri­sche und die libe­ra­le All­ver­söh­nung wider­spre­chen zen­tra­len bibli­schen Leh­ren und sind mit der Gerech­tig­keit Got­tes unvereinbar
  • Die All­ver­söh­nung steht im Wider­spruch zu vie­len Bibel­stel­len, die auf eine ewi­ge Höl­le hin­zu­deu­ten scheinen.
  • In der Kir­chen­ge­schich­te gab es immer wie­der Stim­men, die befürch­te­ten, dass die Men­schen nicht mehr mora­lisch leben wür­den, wenn sie kei­ne Angst vor der Höl­le haben müssten.
  • Die All­ver­söh­nung muss mit der Leh­re vom frei­en Wil­len in Ein­klang gebracht wer­den, da Gott nie­man­den zwingt, sei­ne Lie­be anzunehmen
  • Man­che emp­fin­den es als unge­recht, dass, selbst nach einer Zeit des Gerichts, am Ende alle Men­schen geret­tet wer­den sollen.

Stärken dieser Sichtweise:

  • Gott will alle Men­schen erret­ten (1 Tim 2,4; 2 Petrus 3,9) und er wird sein Ziel erreichen.
  • Got­tes Tri­umph über das Böse ist all­um­fas­send und er erreicht sein Ziel, sei­ne gan­ze Schöp­fung zu versöhnen.
  • Die All­ver­söh­nung der Kir­chen­vä­ter ist mit Got­tes Lie­be und Gerech­tig­keit gut vereinbar
  • Ver­eint Jesu Leh­ren des kom­men­den Gerichts mit sei­ner Leh­re der Ver­ge­bung und der Feindesliebe.

Verbreitung:

Augus­ti­nus, ein star­ker Geg­ner der All­ver­söh­nung, beklagt an ver­schie­de­nen Stel­len in sei­nen Schrif­ten (sie­he „Augus­ti­nus“ in Biblio­gra­fie), dass bis ins 5. Jahr­hun­dert „vie­le“ Chris­ten nicht an eine ewi­ge Höl­le geglaubt haben, son­dern die All­ver­söh­nung gelehrt haben.

Augustinus von Hippo zum Thema Hölle und Allversöhnung

Dies deckt sich mit dem Bericht des berühm­ten Kir­chen­his­to­ri­kers Phil­ip Schaff:

In den ers­ten fünf oder sechs Jahr­hun­der­ten des Chris­ten­tums gab es sechs bekann­te theo­lo­gi­sche Schu­len, von denen vier (Alex­an­dria, Antio­chia, Cæs­area und Edes­sa oder Nisibis) Uni­ver­sa­lis­ten [=Befür­wor­ter der All­ver­söh­nung] waren, eine (Ephe­sus) akzep­tier­te beding­te Unsterb­lich­keit; eine (Kar­tha­go oder Rom) lehr­te die end­lo­se Bestra­fung der Gott­lo­sen. Wei­te­re theo­lo­gi­sche Schu­len wer­den als von Uni­ver­sa­lis­ten gegrün­det erwähnt, aber ihre tat­säch­li­che Leh­re zu die­sem The­ma ist unbe­kannt.“ (Jack­son, Band 12, S. 96)

Die­ses Zitat lässt ver­mu­ten, dass die All­ver­söh­nung eine weit ver­brei­te­te Leh­re, viel­leicht sogar die vor­herr­schen­de Sicht­wei­se unter den ers­ten Chris­ten war. Ver­mut­lich waren es der star­ke Ein­fluss der römi­schen Kir­che und der Theo­lo­gie des Augus­ti­nus, die dazu führ­ten, dass der Glau­be an eine ewi­ge Höl­le bis heu­te zur vor­herr­schen­den Sicht­wei­se wur­de und damit die Leh­re von der All­ver­söh­nung verdrängte.

Fazit

Aus den oben genann­ten Stich­punk­ten wird bereits deut­lich, dass jede Sicht­wei­se gewich­ti­ge Vor- und Nach­tei­le hat. Was wir zu die­sem The­ma glau­ben, wird unse­ren gesam­ten Glau­ben beein­flus­sen, da die­ses The­ma mit vie­len ande­ren wich­ti­gen Berei­chen zusam­men­hängt, wie z. B. unse­rer Sote­rio­lo­gie, Anthro­po­lo­gie und unse­rem Gottesverständnis.

Was wir zu die­sem The­ma glau­ben, wird beeinflussen …

  • was wir als Evan­ge­li­um pre­di­gen. Ist unse­re Bot­schaft, dass Gott man­che Men­schen vor der Höl­le ret­ten wird oder dass er am Ende sei­ne gesam­te Schöp­fung wie­der­her­stel­len wird?
  • wie wir Got­tes Lie­be defi­nie­ren. Wird Got­tes Lie­be enden und schei­tern (ver­glei­che: Psalm 136; 1 Kor 13,7–8)?
  • wie wir Men­schen sehen. Ist nicht jeder Mensch als Eben­bild Got­tes geschaf­fen und des­halb wert, geret­tet zu wer­den? Wenn Gott man­che Men­schen end­gül­tig auf­gibt, wer­den wir dann nicht auch dazu nei­gen, Men­schen schnel­ler aufzugeben?
  • wie wir Got­tes Wesen ver­ste­hen. Wenn Gott alle Men­schen ret­ten will (1 Tim 2,4), es aber nicht kann, kön­nen wir dann noch von sei­ner All­macht spre­chen? Kön­nen wir sagen, dass sein Wesen Lie­be ist (1 Joh 4,16)? Auf der ande­ren Sei­te stellt sich die Fra­ge, wie die All­ver­söh­nung mit Got­tes Gerech­tig­keit und sei­nem Zorn ver­ein­bar ist.

Ich den­ke, es ist wich­tig, die­ses The­ma gründ­lich zu stu­die­ren und sich selbst eine Mei­nung zu bil­den. Aber wenn wir unse­re Mei­nung kom­mu­ni­zie­ren, soll­ten wir dies mit Demut tun. Aus­sa­gen wie „Die Bibel lehrt ein­deu­tig …“ oder „In der Kir­chen­ge­schich­te gab es immer nur eine Mei­nung …“ deu­ten auf Unkennt­nis des The­mas hin und sind nicht wahr. Inso­fern soll­ten wir unse­re Mei­nung zu die­sem The­ma ger­ne mit Ent­schlos­sen­heit, aber auch mit Demut äußern.

3 Sichtweisen zum Thema Hölle - Ein Überblick

Buchempfehlungen zum Thema Hölle

Wil­fried Här­le dis­ku­tiert in sei­ner Dog­ma­tik (Kapi­tel 15) das The­ma mit einem kri­ti­schen Blick auf die Sicht­wei­se der ewi­gen Hölle.

Härle, Dogmatik, Hölle

Gru­dem (Kapi­tel 56) ver­tritt die kon­ser­va­ti­ve Sicht.

Grudem Dogmatik, Hölle

Die­ses eng­li­sche Buch gibt eine gute Über­sicht über die ver­schie­de­nen Sicht­wei­sen und kann jetzt bei Logos vor­be­stellt werden:

Buchempfehlung zum Thema Hölle (englisch)

Bibliografie

Augus­ti­nus. „Buch vom Glau­ben, von der Hoff­nung und von der Lie­be“, Kapi­tel 29. Teil 112. Oder auch in „Vom Got­tes­staat“, Buch 21, Kapi­tel 18.

Här­le, W. (2022) Dog­ma­tik. 6., durch­ge­se­he­ne, über­ar­bei­te­te und biblio­gra­phisch ergänz­te Auf­la­ge. Ber­lin; Bos­ton: De Gruy­ter (De Gruy­ter Stu­di­um), S. 623–624.

Hil­ly­er, N. (2011) 1 and 2 Peter, Jude. Grand Rapids, MI: Bak­er Books (Under­stan­ding the Bible Com­men­ta­ry Series), S. 191.

Jack­son, S.M. (Hrsg.) (1908–1914) The new Schaff-Her­zog ency­clo­pe­dia of reli­gious know­ledge: embra­cing Bibli­cal, his­to­ri­cal, doc­tri­nal, and prac­ti­cal theo­lo­gy and Bibli­cal, theo­lo­gi­cal, and eccle­si­a­sti­cal bio­gra­phy from the ear­liest times to the pre­sent day. New York; Lon­don: Funk & Wagnalls.


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Manuel Becker

Über den Autor

Manuel arbeitet als Gemeindegründer unter einer der 25 größten unerreichten Völkergruppen weltweit. Wenn seine vier Kinder ihn nicht gerade auf Trab halten, liest er gern theologische Bücher oder nutzt Logos, um sich in die Bibel zu vertiefen. Jetzt, wo sein MA-Studium an der Akademie für Weltmission abgeschlossen ist, plant er bald einen PhD in Theologie dranzuhängen. Er ist der Autor des beliebten Kinderbuchs „Der große Sieg“, welches das Evangelium in einer packenden Bildergeschichte für Jung und Alt illustriert.

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  1. Aus­sa­gen wie ‚Die Bibel lehrt ein­deu­tig …’ oder ‚In der Kir­chen­ge­schich­te gab es immer nur eine Mei­nung …’ deu­ten auf Unkennt­nis des The­mas hin und sind nicht wahr.

    Doch, lie­ber Manu­el Becker, „die Bibel lehrt ein­deu­tig“ – und zwar eine ewi­ge Höl­le. Bedenk­lich fin­de ich eine „Grund­li­nie“, die in die­ser Fra­ge zu rela­ti­vie­ren ver­sucht – nach dem Mot­to: Dei­ne Wahr­heit – mei­ne Wahr­heit. Sie ist typi­scher Aus­druck neu­zeit­li­chen Den­kens. Schade.

    1. Sehr geehr­ter Herr Engler,
      Ich stim­me Ihnen ganz zu, dass es nur eine Wahr­heit geben kann. Es kön­nen nicht alle drei Sicht­wei­sen wahr sein. Post­mo­der­nes („neu­zeit­li­ches“) Den­ken wäre „Jeder glaubt, was er will und bas­telt sich sei­ne eige­ne Rea­li­tät.“ Die­sen Ansatz leh­ne ich ent­schie­den ab. Des­halb habe ich auch betont, dass jeder die­ses The­ma genau stu­die­ren und sich gut infor­mie­ren soll­te. Aber die Kir­chen­ge­schich­te zeigt, dass geis­ter­füll­te Nach­fol­ger Jesu, hin­ge­ge­ben die Bibel stu­diert haben und zu unter­schied­li­chen Ansich­ten gekom­men sind, was die Bibel zu dem The­ma lehrt. Und dies gilt sicher nicht nur für das The­ma Höl­le, son­dern für ganz vie­le The­men. Genau des­halb will die „unter­schied­li­che Perspektiven“-Reihe über die ver­schie­de­nen Sicht­wei­sen zu kon­tro­ver­sen The­men infor­mie­ren. Das Ziel soll sein, Ver­ständ­nis für­ein­an­der zu schaf­fen und zu ver­ste­hen, dass unter­schied­li­che Chris­ten zu ver­schie­de­nen Schluss­fol­ge­run­gen kom­men. Ich, per­sön­lich, möch­te des­halb alle die­se kon­tro­ver­sen The­men mit Demut behan­deln. Ja, ich habe eine Mei­nung, aber ich ver­ste­he, war­um ande­re Chris­ten zu ande­ren Schlüs­sen kom­men. Ich kann sie trotz­dem als mei­ne Brü­der und Schwes­tern sehen, auch wenn sie zu ande­ren theo­lo­gi­schen Schlüs­sen kom­men. Jesus hat gesagt, dass die Welt uns an unse­rer Lie­be zuein­an­der erken­nen wird. Ich den­ke Teil die­ser Lie­be zuein­an­der ist, zu kul­ti­vie­ren, ein­an­der zu ver­ste­hen und nicht ein­an­der aus­zu­gren­zen (und auf­ein­an­der her­ab­zu­schau­en) wegen theo­lo­gi­schen Dif­fe­ren­zen. Das Ziel des Arti­kels ist nicht zu kom­mu­ni­zie­ren „Suchen Sie sich die Sicht­wei­se aus, die Ihnen gut passt“, son­dern neu anzu­re­gen, das The­ma zu stu­die­ren um dann auch wirk­lich fun­diert eine Mei­nung ver­tre­ten zu kön­nen, aber dies zeit­gleich mit Ver­ständ­nis für Chris­ten, die zu ande­ren Schlüs­sen kommen.

      1. Lie­ber Herr Becker,

        dan­ke für Ihre freund­li­che Antwort!

        Es freut mich zu hören, dass auch Sie glau­ben, dass es im Blick auf das The­ma der ewi­gen Höl­le nur eine Wahr­heit geben kann, nicht mehrere.

        Und ich habe schon ver­stan­den, was Sie mit dem Arti­kel woll­ten, und schät­ze auch Ihr Anlie­gen. Auch ich habe schon viel von der Dar­stel­lung ver­schie­de­ner Sicht­wei­sen und Stand­punk­te pro­fi­tiert – vor allem im Blick auf End­zeit­fra­gen und ‑model­le. Und dass hier und auch anders­wo vie­les nicht ein­fach ist, ist schon klar.

        Ich glau­be, was mich gestört hat, war eben Ihre letz­te For­mu­lie­rung – ich wie­der­ho­le sie noch einmal:

        Aus­sa­gen wie ‚Die Bibel lehrt ein­deu­tig …’ oder ‚In der Kir­chen­ge­schich­te gab es immer nur eine Mei­nung …’ deu­ten auf Unkennt­nis des The­mas hin und sind nicht wahr.“

        Hier wer­den Leu­te wie ich, die zu die­sem The­ma eine ein­deu­ti­ge Mei­nung haben, im Grun­de als unin­for­mier­te Dumm­köp­fe hin­ge­stellt. Und wenn jemand sagt: „Die Bibel lehrt ein­deu­tig” – dann ist das nicht wahr – ein star­kes Wort!

        Dem kann ich nicht zustim­men. Ich habe mich per­sön­lich recht inten­siv mit dem The­ma All­ver­söh­nung aus­ein­an­der­ge­setzt und auch jah­re­lang dar­über gelehrt. Und wenn man jede, auf­grund der Bibel auto­ri­ta­tiv getrof­fe­ne Aus­sa­ge ein­fach als „nicht wahr” abqua­li­fi­zie­ren woll­te, hal­te ich das für äußerst fragwürdig.

        Ich will ein Bei­spiel dafür geben.

        In Mt. 25,46 sagt der Herr am Ende des Gleich­nis­ses vom Welt­ge­richt: „Und sie wer­den in die ewi­ge Pein gehen, die Gerech­ten aber in das ewi­ge Leben.”

        Bei­de Male wird für „ewig” das­sel­be grie­chi­sche Adjek­tiv ver­wen­det: aio­ni­os. Und es gibt hier im Grun­de nur drei Möglichkeiten:

        Ent­we­der dau­ert bei­des – sowohl die ewi­ge Pein als auch das ewi­ge Leben – gleich lang. Das ist das, was vor Jah­ren schon – ich glau­be, es war Andre­as Symank, ein ehe­ma­li­ger All­ver­söh­ner – sehr tref­fend so beschrie­ben hat: „Die ewi­ge Ver­damm­nis der Gott­lo­sen dau­ert genau­so so lan­ge wie die ewi­ge Selig­keit der Erlös­ten.” Das ist auch genau die Bedeu­tung, die man auf­grund des sprach­li­chen Befunds erwar­ten würde. 

        Oder man geht her und liest in den aio­ni­os-Begriff die übli­chen, all­ver­söh­ne­ri­schen „Zeit­räu­me” hin­ein – dann ergibt sich als Schluss­fol­ge­rung: Das ewi­ge Leben der Erlös­ten ist genau­so wenig ewig wie die ewi­ge Ver­damm­nis der Gott­lo­sen. Und das ist Unsinn.

        Oder man sagt: Das ewi­ge Leben der Erlös­ten ist natür­lich ewig im Sin­ne von end­los, jedoch nicht die ewi­ge Ver­damm­nis der Gott­lo­sen – weil Gott am Schluss sowie­so alle ret­tet. Da wird also die All­ver­söh­nung und ihr Sys­tem dem Text im zwei­ten Teil schon unter­scho­ben. Man liest hin­ein, was erst noch zu bewei­sen wäre – ein klas­si­scher Fall von Eisegese.

        Des­we­gen sag­te schon vor vie­len Jah­ren der Natur­wis­sen­schaft­ler Wil­der-Smith sinn­ge­mäß: „Schon die­ser eine Vers sprengt das gan­ze Gebäu­de der All­ver­söh­nung gründ­lich von unten bis oben.” Und das gilt auch für ande­re Ver­se, die hier noch zu nen­nen wären.

        So lau­tet – ich will es ein­mal so for­mu­lie­ren – so lau­tet mei­ne Befürch­tung und mei­ne Fra­ge: Wenn die All­ver­söh­nung eine Lüge ist (und ich per­sön­lich glau­be, dass sie eine Meis­ter­lü­ge des Teu­fels ist) – tun wir dann recht, wenn wir ihr die Ehre geben und las­sen sie sozu­sa­gen gleich­be­rech­tigt neben die bibli­sche Leh­re von der ewi­gen Ver­damm­nis treten? 

        Was die „Brü­der und Schwes­tern” anbe­langt, die All­ver­söh­nung ver­tre­ten, so habe ich ihr Tun und Trei­ben über lan­ge Jah­re und Jahr­zehn­te beob­ach­tet und gese­hen. Ich will ihnen den Ernst im Glau­ben und das Bemü­hen um tie­fe Schrift­er­kennt­nis gar nicht abspre­chen. Den­noch füh­le ich immer eine Weh­mut im Her­zen, wenn ich sie betrach­te. Denn sie sind das klas­si­sche Bei­spiel für die Schluss­ver­se der Offen­ba­rung, in denen ange­kün­digt wird: „Wenn jemand etwas dazu­setzt, so wird Gott zuset­zen auf ihn die Pla­gen, die in die­sem Buch geschrie­ben ste­hen. Und wenn jemand etwas weg­nimmt von den Wor­ten des Buchs die­ser Weis­sa­gung, so wird Gott abtun sei­nen Anteil vom Baum des Lebens und von der hei­li­gen Stadt, davon in die­sem Buch geschrie­ben steht.” (Offb. 22,18–19). Und All­ver­söh­nung ist ein Weg­neh­men der deut­li­chen Leh­ren von z. B. Offb. 14,11; 19,20; 20,10 und 20,15.

        Des­we­gen sind die­se Leu­te für mich auch nicht so harm­los. Wenn ich Pas­tor wäre, und ein All­ver­söh­ner wür­de kom­men und in „mei­ne” Gemein­de auf­ge­nom­men wer­den wol­len, wür­de ich ihm sagen: „Bit­te suchen Sie sich eine Gemein­de, die Ihre Über­zeu­gung in die­ser Fra­ge ver­tritt. Bei uns bekom­men Sie damit kei­nen Fuß in die Tür.” Damit wäre viel Ver­wir­rung und Durch­ein­an­der von vorn­her­ein abge­wehrt. Denn ich sehe auch die Fol­gen, wo man es anders macht: sub­ti­le Äuße­run­gen hin­ten­her­um, mit denen man Geschwis­ter zu beein­dru­cken und zu beein­flus­sen ver­sucht, getreu dem Satz: „Wer die All­ver­söh­nung öffent­lich lehrt, ist ein Och­se; wer sie nicht glaubt, ist ein Esel.” Wie in vie­len ande­ren Fra­gen, so muss auch in die­ser Fra­ge heu­te abge­wo­gen wer­den, was wich­ti­ger ist: eine vor­der­grün­di­ge, aber im Grun­de hoh­le Ein­heit – oder die Wahr­heit. Und die Wahr­heit kann eben auch zu schmerz­li­chen Tren­nun­gen füh­ren – auch wenn uns das nicht gefällt. Ein­heit um jeden Preis ist nicht das bibli­sche Ideal.

        Nein – All­ver­söh­nung ist das, was sie immer war und sein wird – eine Irr­leh­re, die es zurück­zu­wei­sen gilt. Auch wenn sie heu­te noch so laut schreit und für ihre Anschau­un­gen den­sel­ben Wahr­heits­an­spruch stellt wie die Schrift selbst. Das aber soll­te ihr nie und nim­mer gewährt werden. 

        Ich ver­ste­he natür­lich glas­klar, dass es Din­ge gibt, über die man tat­säch­lich die­ser und jener Mei­nung sein kann – wie z. B. über den Zeit­punkt der Ent­rü­ckung, und sicher noch über ande­re sekun­dä­re Fra­gen. Aber im Blick auf das ewi­ge Schick­sal der Gott­lo­sen soll­te abso­lu­te Klar­heit herr­schen – und die wird von der Bibel auch in Stel­len wie Mt. 12,32, 25,46 und Mk. 9,48 etc. in aus­rei­chen­der Deut­lich­keit her­ge­stellt. Und nur dann wer­den wir auch in der Evan­ge­li­sa­ti­on den Ernst der Lage für sie in gan­zer Tie­fe erken­nen und her­aus­stel­len können.

        Ich wün­sche Ihnen Got­tes Segen und grü­ße Sie freundlich!

        Peter Eng­ler

        1. Lie­ber Herr Engler,
          ich ver­ste­he, dass mei­ne Mei­nung im Fazit viel­leicht etwas zu hart for­mu­liert ist. Ich will natür­lich nie­man­den beschul­di­gen, ein „unin­for­mier­ter Dumm­kopf“ zu sein. Aber ich fin­de es auch nicht sehr inte­ger zu behaup­ten, dass die Bibel eine Sicht­wei­se ganz klar lehrt, wenn offen­sicht­lich ande­re geis­ter­füll­te Geschwis­ter und ein paar der größ­ten Kir­chen­vä­ter die­se Ver­se ganz klar anders ver­stan­den haben. Ich den­ke, es ist voll­kom­men legi­tim zu sagen „Ich habe das The­ma gründ­lich stu­diert und für mich lehrt die Bibel ganz klar, dass…“ Das ist voll­kom­men ange­mes­sen. Aber so zu tun, als hät­ten alle Chris­ten immer nur eine Mei­nung zu die­sem The­ma ver­tre­ten, wirkt mir mani­pu­la­tiv und das haben wir als Chris­ten nicht nötig. Ich den­ke, wann immer wir die Wahr­heit suchen, brau­chen wir kei­ne Angst zu haben, weil die Suche nach Wahr­heit wird uns zu Jesus füh­ren. Dem­nach den­ke ich, dass wir als Chris­ten nie Fak­ten ver­ste­cken oder mani­pu­lie­ren müs­sen. Von daher bevor­zu­ge ich es, Leu­te zu ermu­ti­gen, das The­ma selbst zu stu­die­ren und dar­auf zu ver­trau­en, dass der Geist Got­tes sie in alle Wahr­heit füh­ren wird. 

          The­ma „aio­ni­os“: wie ich in dem Arti­kel in dem Absatz über aio­ni­os erklärt habe, gibt es eben eine vier­te Vari­an­te und nicht nur die drei von Ihnen beschrie­be­nen Vari­an­ten. Die­se vier­te Vari­an­te ist, dass die Län­ge von aio­ni­os abhän­gig ist von dem Wort, wel­ches es beschreibt. Und somit kann es in dem einen Kon­text ewig sein, aber im sel­ben Satz auch einen zeit­lich begrenz­ten Raum beschrei­ben. Die­se Kon­struk­ti­on fin­den wir sogar in zwei ande­ren Ver­sen in der Bibel: Römer 16,25–26 und Titus 1,2.

          Sie haben das The­ma stu­diert und sind zu dem Schluss gekom­men, dass die All­ver­söh­nung eine Irr­leh­re ist. Das kann ich gut nach­voll­zie­hen. Sie dür­fen Ihre Mei­nung natür­lich auch lei­den­schaft­lich bekun­den. Auch stim­me ich ganz zu, dass Ein­heit um jeden Preis nicht das bibli­sche Ide­al ist. Aber mein Votum wäre, dass wir als Chris­ten uns einig sind, dass Men­schen ohne Jesus ver­lo­ren sind und sicher von Gott gerich­tet wer­den. So beken­nen wir es ja auch im apos­to­li­schen Glau­bens­be­kennt­nis „von dort wird er kom­men, zu rich­ten die Leben­den und die Toten.“ Ob dies nun mit ewi­ger Fol­ter oder wie­der­her­stel­len­der Gerech­tig­keit ist, will ich aber doch lie­ber ihm über­las­sen. Ich bin über­zeugt, dass er das gut regeln wird. 

          Ich wün­sche Ihnen eben­falls Got­tes Segen und grü­ße Sie freund­lich zurück!
          Manu­el Becker

          1. Lie­ber Herr Becker,

            dan­ke für Ihre wei­te­re Antwort!

            Ja, das „kolas­is-Pro­blem” … Das scheint auf den ers­ten Blick schon ein Punkt für die All­ver­söh­nung zu sein.

            Jedoch: Die Elber­fel­der Bibel mit Sprach­schlüs­sel ver­merkt zu „kolas­is” unter der Nr. 2825: „Stra­fe, Bestra­fung, von kolad­so, bestra­fen; nur in Mt. 25,46 und 1Jo 4,18 wo es auch Züch­ti­gung, Schmerz hei­ßen kann. Im klass. Grie­chisch unter­schei­det es sich von timo­ria (4926), Stra­fe, wel­ches den ver­gel­ten­den Cha­rak­ter der Stra­fe betont, in dem Sinn, dass kolas­is mehr die Stra­fe zur Kor­rek­tur und Bes­se­rung des Übel­tä­ters (Züch­ti­gung) meint. Im NT hat es aber eher die Bedeu­tung von timo­ria. So ist in Mt. 25,46 von einer kolas­is aio­ni­os (166), ewi­gen Stra­fe, wegen der Ver­let­zung von Got­tes ewi­gem Gesetz die Rede, nicht von einer vor­über­ge­hen­den Stra­fe zur Besserung.”

            Wel­chen Sinn soll­te auch eine „ewi­ge Bes­se­rungs­stra­fe” haben? Wenn die Bes­se­rung ein­ge­tre­ten ist, dann ist die Stra­fe nicht mehr nötig und daher nicht ewig. Das Pro­blem ist nur: Die ver­hei­ße­ne Bes­se­rung in der Höl­le ist eine rei­ne Hypo­the­se und Wunsch­den­ken, und im Neu­en Tes­ta­ment in den ein­schlä­gi­gen Tex­ten zur letz­ten Stra­fe nir­gends sicht­bar. Die Fra­ge ist also: Bestimmt kolas­is die Bedeu­tung von ewig, oder ewig die Bedeu­tung von kolas­is? Mt. 25,46 ist doch ein „anti­the­ti­scher Par­al­le­lis­mus”, der die bei­den End­zu­stän­de von Ver­lo­re­nen und Erlös­ten meint und bei­des in äußers­ter Span­nung ein­an­der gegen­über­stellt. Im Neu­en Tes­ta­ment gbit es nur ein Mit­tel zur Bes­se­rung und zur Erzie­hung in der Gerech­tig­keit: das Wort Got­tes (2. Tim. 3,16). Wo die­ses Wort ver­ach­tet wird oder nicht mehr im Spiel ist, gibt es kei­ne Bes­se­rung. Schon Tho­mas Schirr­ma­cher hat vor Jah­ren in sei­ner „Ethik” dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es im Gericht Got­tes nicht um Bes­se­rung der Ver­lo­re­nen geht, son­dern um eine rei­ne Ver­gel­tung des Bösen.

            Zu Röm. 16,25 und Titus 1,2. Charles Hodge ver­merkt dazu: „Die Fra­ge ist nicht: Was kön­nen gewis­se Wör­ter bedeu­ten? son­dern: Wel­che Bedeu­tung sol­len sie nach der Absicht des Ver­fas­sers in dem Zusam­men­hang haben, in den er sie gestellt hat? … Die hebräi­schen und grie­chi­schen Wör­ter, die in unse­ren Über­set­zun­gen mit ‚ewig’ oder ‚immer­wäh­rend’ wie­der­ge­ge­ben sind, bedeu­ten eine Zeit­dau­er, deren Ende unbe­kannt ist. Wenn sie mit Bezug auf ver­gäng­li­che Din­ge gebraucht wer­den (z. B. wo die Bibel von ‚ewi­gen Hügeln’ spricht), bezeich­nen sie ein­fach das Exis­tie­ren auf unbe­stimm­te Zeit, das heißt ein Exis­tie­ren, für das kei­ne Gren­ze bekannt ist oder ange­ge­ben wer­den könn­te. Hin­ge­gen sind die Wör­ter in ihrem buch­stäb­li­chen Sin­ne zu neh­men, wenn sie für das ver­wen­det wer­den, was ent­we­der sei­ner eige­nen Natur nach unver­gäng­lich ist oder von dem die unauf­hör­li­che Exis­tenz offen­bart wur­de (wie die mensch­li­che See­le); eben­so, wenn sie sich auf etwas bezie­hen, dem wir kei­ne Begren­zung zuschrei­ben dür­fen, weil uns kei­ne ande­ren Quel­len dazu berech­ti­gen. … Wenn die Bibel die Qua­len der Ver­lo­re­nen als ewig bezeich­net, dann dau­ern sie tat­säch­lich für immer an, es sei denn, man könn­te nach­wei­sen, daß die See­le nicht unver­gäng­lich ist oder daß die Hei­li­ge Schrift an ande­rer Stel­le lehrt, jene Qua­len fän­den ein­mal ein Ende.”

            Freund­li­che Grüße

            Peter Eng­ler

          2. Sehr geehr­ter Herr Engler,
            dies ist ja ein span­nen­der Austausch. 

            Ich ver­mu­te Befür­wor­ter der All­ver­söh­nung wür­den dar­auf hin­wei­sen, dass die Autoren des Sprach­schlüs­sels sich ziem­lich weit aus dem Fens­ter leh­nen. Sie bestä­ti­gen, dass es damals einen Unter­schied zwi­schen timo­ria und kolas­is gab, aber behaup­ten dann, ohne jeg­li­che stich­hal­ti­ge Begrün­dung, dass die­ser Unter­schied im NT nicht gilt, son­dern kolas­is ein­fach mit timo­ria gleich­zu­set­zen ist. Solch eine Behaup­tung, ohne Argu­men­te, wirkt natür­lich nicht sehr seri­ös. Aber hier sind wir genau bei dem Pro­blem in der gesam­ten Höl­len-Dis­kus­si­on. Um zu prü­fen, ob die­se Aus­sa­ge in dem Sprach­schlüs­sel akku­rat ist oder nicht, müss­te man das The­ma viel genau­er stu­die­ren. Um die Bedeu­tung von Wor­ten wie kolas­is oder aio­ni­os zu ver­ste­hen, braucht es ein soli­des Wort­stu­di­um. Und dafür neh­men sich die wenigs­ten Men­schen Zeit. Und das ist ja auch ver­ständ­lich, weil die wenigs­ten haben weder das Geld, um teu­re Bücher zu dem The­ma zu kau­fen noch die Zeit die­se zu lesen, um zu eva­lu­ie­ren, ob gewis­se Aus­sa­gen kor­rekt sind. Des­halb ist es natür­lich immer beque­mer eine Zusam­men­fas­sung zu lesen oder die Aus­sa­ge einer Quel­le zu über­neh­men, ohne selbst die Details hin­ter der Aus­sa­ge zu prü­fen. Das ist einer der Grün­de, wes­halb sich zu dem The­ma so vie­le gegen­sätz­li­che Aus­sa­gen fin­den und es schwer ist, zu eva­lu­ie­ren, wel­che die­ser Aus­sa­gen wahr sind und wel­che nicht. 

            Und genau, weil die Din­ge etwas kom­plex sind, ist es oft schwie­rig sol­che kom­ple­xen The­men in den Kom­men­ta­ren eines Blogs zu klä­ren. Des­halb wür­de ich mich ger­ne für die­sen freund­li­chen Aus­tausch mit Ihnen bedan­ken und das Gespräch dann aber auch been­den, wenn das okay für sie ist. 

            Ich wün­sche Ihnen, dass Gott Sie seg­net und zu einem Segen macht für viele.

            Lie­be Grüße
            Manu­el Becker

        2. Der Aus­druck „bis in das Zeit­al­ter der Zeit­al­ter” in der Ofden­ba­rung ist vor dem Hin­ter­grund der jüdi­schen 2‑Zeit­al­ter-Leh­re zu ver­ste­hen: es gibt das gegen­wär­ti­ge böse Zeitalter,das endet, und das kom­men­de Zeit­al­ter des Mes­si­as, das nie­mals endet. Unter die­ser Vor­stel­lung hat der Aus­druck ” seg­ne uns, in die­sem Zeit­al­ter und dem kom­nen­den Zeit­al­ter” die bedeu­tung von „Seg­ne uns für imner”. Der Aua­druck umschliesst das nie­mals enden­de zwei­te Zeit­al­ter. Aus die­sem Aus­druck wur­de dann „seg­ne uns bis in das Zeit­al­ter der Zeit­al­ter” – exakt der Aus­druck aus der Johan­nes­of­fen­ba­rung. Kurz: im Kon­text der jüdi­schen Apo­ka­lyp­tik ist die Bedeu­tung des Aus­drucks klar: er umfasst die nie­mals enden­de Ewig­keit. Es geht hier um einen Grund­la­gen­kon­flikt der Aus­le­gung: wer bestimmt die Wort­be­deu­tun­gen: mein Lieb­lings­theo­lo­ge oder der his­to­ri­sche Kon­text und das Ver­ständ­nis der ers­ten Leser?

  2. Moin Manu­el,

    vie­len Dank fuer dei­nen kom­pe­ten­ten Beitrag!

    Beim Lesen ist mir aufgefallen:
    „Prüft alles und das Gute behal­tet. (1 Joh 4,1)” steht aber in 1.Thessalonicher 5,21

    wobei 1.Joh 4,1 [Gelieb­te, glaubt nicht jedem Geist, son­dern prüft die Geis­ter, ob sie aus Gott sind! Denn vie­le fal­sche Pro­phe­ten sind in die Welt hin­aus­ge­gan­gen.] als Mot­to fuer die Dis­kus­si­on hier auch kor­rekt ist 👍

    Schoen, dann ten­dierst Du zu 3., oder?
    So wie du es hier zusam­men­ge­tra­gen hast, scheint es auch plausibel.

    Wobei es schon die Aus­wir­kung hat, nicht mehr soo enga­giert die Fro­he Bot­schaft zu ver­brei­ten … son­dern Erloe­sung (Umkehr/​Ueberfuehrung durch Got­tes Liebe/​Heiligen Geist) ist zu 99,999% Sache Gottes

    Die nicht Hoe­ren wol­len (oder koen­nen?): Nur ein paar Jah­re Hoel­len­qua­len, und dann Erret­tung? So what …? 🤷‍♂️

    LG Joerg

    1. Hi Joerg.
      Dan­ke für die Kor­rek­tur der Bibel­stel­le. Du hast natür­lich voll­kom­men recht, dass ich mich da ver­tan habe.
      Ich bin über­zeugt davon, dass Gott rich­ten und für Gerech­tig­keit für jeden Men­schen sor­gen wird. Egal, ob ewi­ge Höl­le oder All­ver­söh­nung, ich will am Tag des Gerichts lie­ber auf ein Leben zurück­schau­en, in dem ich ver­sucht habe, Jesus zu gehor­chen und sei­nen Wil­len zu tun. Orig­e­nes, der ent­schie­den die All­ver­söh­nung ver­tre­ten hat, hat gesagt:

      Dies wird jedoch nicht in einem Augen­blick gesche­hen, son­dern lang­sam und all­mäh­lich, über zahl­lo­se Äonen von unbe­stimm­ter Dau­er, denn die Kor­rek­tur und Läu­te­rung wird all­mäh­lich erfol­gen, je nach den Bedürf­nis­sen jedes Ein­zel­nen. Wäh­rend also die einen mit einem schnel­le­ren Tem­po als Ers­te zum Ziel eilen und ande­re ihnen dicht auf den Fer­sen sind, wer­den ande­re im Gegen­satz dazu weit zurück­blei­ben. (Princ. 3:6:6)

      Er hat anschei­nend an „zahl­lo­se Äonen“ der Rei­ni­gung geglaubt. Also kei­nes­wegs „ein paar Jah­re Höl­len­qua­len“, son­dern einen lan­gen schmerz­haf­ten Pro­zess. Ob das wirk­lich so sein wird, weiß ich natür­lich nicht. Als Vater von 4 Kin­dern, mer­ke ich oft wie schwie­rig es ist in kom­ple­xen Situa­tio­nen zu wis­sen, was gerecht ist. Ich bin froh, dass ich die­se Welt nicht rich­ten muss, aber ich bin über­zeugt, dass Gott es gut, rich­tig und gerecht tun wird. Und dar­auf ver­traue ich und das gibt mir Trost. 

      Zum The­ma All­ver­söh­nung und Evan­ge­li­sa­ti­on: Ich bin begeis­tert von Jesus, des­halb kann ich gar nicht anders, als von ihm zu reden, mit jedem, der zuhö­ren will. Als Mis­sio­nar ist es mein pri­mä­res Ziel dazu bei­zu­tra­gen, dass Got­tes König­reich in die­ser Welt wächst und Men­schen anfan­gen, König Jesus zu gehor­chen. Die­ser Gehor­sam soll aber getra­gen wer­den von einer tie­fen Lie­be zu Jesus und nicht von der Furcht vor einer ewi­gen Höl­le. Ich glau­be nicht, dass Furcht ein Moti­va­tor ist, der Gott viel Freu­de berei­tet. Inso­fern ist es immer mein Ziel, Men­schen die Schön­heit und Lie­be unse­res Got­tes vor Augen zu malen und sie so zu Jesus hin­zu­zie­hen. Ich spre­che auch davon, dass Gott rich­ten und für Gerech­tig­keit sor­gen wird, aber ich will nie das schö­ne Evan­ge­li­um der Bibel auf eine ewi­ge Feu­er­ver­si­che­rung redu­zie­ren. Das ist, wo ich aktu­ell ste­he. Aber wer weiß, viel­leicht über­führt mich Gott ja und kor­ri­giert mich in mei­ner Ein­stel­lung. Wäre nicht das ers­te mal 😉

  3. Das ist eine gute Zusam­men­fas­sung der unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen, vor allem auf die­sem begrenz­ten Raum.
    Vie­le Autoren gehen natür­lich von hier aus in vie­le und wich­ti­ge Details.
    Was ich für die Dis­kus­si­on inter­es­sant fin­de, sind u.a., wie die unter­schied­li­chen Sicht­wei­sen sich durch­ge­setzt haben, bzw. sich nicht durch­ge­setzt haben: Der ewi­gen Höl­le von Augus­ti­nus wird Glau­ben geschenkt, obwohl der Gute nicht wirk­lich Grie­chisch ver­stand. Danach wird sei­ne Mis­über­set­zung von aio­ni­os ins Latei­ni­sche als „ewig“ ins Deut­sche fest­ge­schrie­ben. So nach dem Mot­to: Was küm­mert die wah­re Bedeu­tung von Got­tes Wort.
    Es scheint mir, dass da noch vie­le Haus­auf­ga­ben zu machen sind, vor allem von den Ver­fech­tern der ewi­gen Hölle.

    1. Hi Jens.
      Freut mich, dass dir die Zusam­men­fas­sung gefällt. Du hast natür­lich voll­kom­men recht, dass vie­le Details über­gan­gen wer­den, aber der Arti­kel soll ja auch kein Buch wer­den, son­dern einen Über­blick geben 🙂

      Laut Phil­ip Schaff war es die Kir­che in Rom, die an eine ewi­ge Höl­le geglaubt hat. Was in Rom geglaubt wur­de, hat­te natür­lich gro­ßen Ein­fluss auf das Chris­ten­tum damals. Immer­hin war Rom das Zen­trum des römi­schen Rei­ches. Dies gepaart mit dem Ein­fluss von Augus­ti­nus war dann ver­mut­lich der maß­ge­ben­de Fak­tor, dass sich die Leh­re der ewi­gen Höl­le durch­ge­setzt hat. Aber es ist schwer, das alles genau zu rekonstruieren. 

      Die Über­set­zung von aio­ni­os ist ohne Fra­ge wich­tig für das gesam­te The­ma. Gut, dass es Logos gibt, um sol­che Schlüs­sel­wor­te gründ­lich recher­chie­ren zu können 😉

  4. Hal­lo Manuel,

    Papa von vier Kin­dern, Mis­sio­nar und Gemein­de­grün­der einer uner­reich­ten Volks­grup­pe, Theo­lo­ge, das klingt ja mal alles äußerst span­nend. Gott seg­ne Dich reich­lich. Darfst Du ver­ra­ten, in wel­cher Welt­re­gi­on Du unter­wegs bist? 

    Dei­ne Zusam­men­fas­sung fin­de ich klas­se, in der Kür­ze liegt auch die Wür­ze. Gehe ich rich­tig in der Annah­me, dass Du All­ver­söh­nung favo­ri­sierst? Zumin­dest mei­ne ich das her­aus­ge­le­sen zu haben.
    Ich ten­die­re zur kon­ser­va­ti­ven, ewi­ge-Ver­damm­nis-Leh­re, blei­be aber auf­merk­sam, belehr­bar zu bleiben.

    Ich wer­de mir Dei­ne ande­ren Bei­trä­ge auch noch durch­le­sen und bin dank­bar, dass Du Dir hier die Mühe gemacht hast, eine Zusam­men­fas­sung zu schreiben.

    Lie­ben Gruß nach Irgendwo

    Robert

    1. Hi Robert,
      Dan­ke für dei­nen Kom­men­tar. Ich lebe in Zen­tral­thai­land und arbei­te unter Bud­dhis­ten. Nach 450 Jah­ren Mis­si­on haben nur 0,3% der eth­ni­schen Thai­län­der sich bis­her für Jesus ent­schie­den. Da gibt es also noch sehr viel zu tun. 

      In Thai­land sehe ich jeden Tag, wie Kin­der bereits im Kin­der­gar­ten indok­tri­niert wer­den. Ihnen wird von Kind­heit an ein­ge­bläut, dass Thai­län­der zu sein bedeu­tet Bud­dhist zu sein. Das ist wie ein Man­tra. Die reli­giö­se Iden­ti­tät ist mit der kul­tu­rel­len untrenn­bar ver­eint. Christ zu wer­den, gleicht dem Ver­lust der eige­nen kul­tu­rel­len Iden­ti­tät und hat oft sozia­le Iso­la­ti­on zur Fol­ge. Das ist schwer für uns aus dem Wes­ten zu ver­ste­hen. Tat­säch­lich fällt es mir schwer zu glau­ben, dass Gott alle die­se Mil­lio­nen Men­schen, die noch nie das Evan­ge­li­um gehört haben und von Kind­heit an reli­gi­ös indok­tri­niert wur­den, ewig­lich von Gott gefol­tert wer­den. Ich fin­de das schwer, mit Gerech­tig­keit und mit Got­tes Lie­be zu ver­ein­ba­ren. Auf der ande­ren Sei­te leh­ne ich ent­schie­den alles ab, was Got­tes zukünf­ti­ges Gericht ver­neint oder ver­nied­licht. Mei­ne Kern­über­zeu­gung ist, dass Gott rich­ten und am Ende alles gut machen wird. Gott wird für Gerech­tig­keit für jeden Men­schen sor­gen. Wie er das genau machen wird, geht ver­mut­lich über unse­ren Ver­stand, des­halb will ich ihm da ein­fach ver­trau­en, dass er es schon rich­tig machen wird. Das Gott für Gerech­tig­keit sor­gen wird (gera­de auch z. B. im Ange­sicht der unmensch­li­chen moder­nen Skla­ve­rei) gibt mir Hoff­nung und passt zu dem Gott, der mir jeden Tag in der Bibel und in mei­nem Leben begegnet. 

      Lie­be Grüße
      Manuel 🙂

  5. Lie­ber Herr Becker,

    dan­ke für Ihre wei­te­re Antwort!

    Ich sage noch: Na ja. Die Autoren des Sprach­schlüs­sels waren sicher auch kei­ne Dumm­köp­fe – man braucht sich nur ande­re Bedeu­tungs­fel­der anschau­en, die sie für den Wort­schatz des AT und NT jeweils erar­bei­tet haben.

    Auf­grund des­sen, was ich wei­ter oben geschrie­ben habe, lässt sich m. E. zu „kolas­is” der Satz­teil: „Im NT hat es aber eher die Bedeu­tung von timo­ria” sehr gut nach­voll­zie­hen. Die Ver­wen­dung des Wor­tes könn­te evtl. auch auf einem ein­fa­chen Stil­wech­sel beru­hen, oder es hat­te für Mat­thä­us nicht die ein­ge­schränk­te Bedeu­tung, die wir ihm heu­te zuschreiben.

    Und eine Wort­stu­die zu einem Wort, das im Neu­en Tes­ta­ment knapp am Hapax­le­go­me­non vor­bei­ge­schrammt ist, wird natur­ge­mäß nicht sehr groß aus­fal­len kön­nen 🙂 – man kann sie höchs­tens aus­deh­nen, indem man wei­te­re, mög­li­che Stu­di­en­be­rei­che (klass. Grie­chisch, LXX etc.) dazu ins Blick­feld nimmt. Etwas Aus­führ­li­che­res dazu fin­det man im Exege­ti­schen Hand­wör­ter­buch” von Renn/​Dennstedt unter dem Ober­be­griff „Strafen/​Strafe” (S. 503/​504) – aller­dings sind die Aus­sa­gen zu „kolas­is” auch dort dünn. – „Kolas­is” in Mt. 25,46 könn­te evtl. auch auf einem ein­fa­chen Stil­wech­sel beru­hen, oder das Wort hat­te für Mat­thä­us nicht die ein­ge­schränk­te Bedeu­tung, die wir ihm heu­te zuschreiben.

    Aber gut – schlie­ßen wir hier die Diskussion!

    Ihnen auch alles Gute und freund­li­che Grüße

    Peter Eng­ler

  6. Das Titel­bild macht das The­ma lächer­lich und sug­ge­riert dem Leser, dass die Höl­le in das Reich der Mär­chen und Fabeln gehört…

    1. @Rafi: Vie­len Dank für den Hin­weis. Wir wol­len das The­ma natür­lich nicht ins Lächer­li­che zie­hen, son­dern neh­men es ernst. Das Titel­bild soll­te ledig­lich Vor­stel­lun­gen auf­grei­fen, die beim The­ma Höl­le häu­fig anzu­tref­fen sind. Wir wer­den das Bild anpassen.

  7. Lie­ber Herr Becker,

    vie­len Dank für Ihre aus­ge­wo­ge­ne Dar­stel­lung die­ses hei­ßen The­mas. Wer hier wagt, ande­re biblisch begrün­de­te Sicht­wei­sen zuzu­las­sen, gerät sehr schnell in Gefahr, als Irr­leh­rer gebrand­markt zu wer­den. In vie­len Gemein­den führt das zum Gemein­de­aus­schluss und zur Zer­stö­rung von geschwis­ter­li­chen Bezie­hun­gen. Dabei zeigt ein ein­fa­cher Blick auf die Kir­chen­ge­schich­te, dass es unter­schied­li­che biblisch begrün­de­te Sicht­wei­sen gab und auch heu­te noch gibt. Zu wel­cher Auf­fas­sung jeder kommt, soll­te jedem in frei­er Ent­schei­dung über­las­sen wer­den, ohne dass gleich die Lie­be zuein­an­der in Fra­ge gestellt wird. 

    Die emp­foh­le­ne Neu­erschei­nung bei Logos habe ich mir vor­be­stellt. Dan­ke für den Tipp.

    Freund­li­che Grüße
    Ewald Keck

    1. Lie­ber Herr Keck,
      ich stim­me Ihnen von Her­zen zu. Dan­ke für das Kommentar.
      Lie­be Grüße
      Manu­el Becker

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