Kommt die Frage nach einer guten, genauen deutschen Übersetzung auf, werden meist Luther, Elberfelder und Schlachter genannt. Menge steht da meist im Abseits. Zu Unrecht! Die Menge-Übersetzung ist sprachlich gelungen. Aber was mir vor allem imponierte, war ihre Entstehungsgeschichte …
Wieso ein Sprachwissenschaftler die ganze Bibel im Alleingang übersetzte
Hermann Menge (1841–1939) war Lehrer für Altphilologie (Griechisch und Latein) und unterrichtete 30 Jahre am Gymnasium, wo er auch Direktor war. Er war wirklich gut, so dass er für seine wissenschaftliche Arbeit das Prädikat „Professor“ erhielt (dies ist wohl einem heutigen Ehren-Professor-Titel gleichzusetzen). Obwohl er sowohl Griechisch wie auch Hebräisch beherrschte, hatte er sich bis zu seiner Pensionierung nie mit der Bibel auseinandergesetzt. Als dann 1926 die Menge-Bibel herauskam, waren seine früheren Schüler und die Leser seiner Bücher überrascht: Was hat denn diesen Hermann Menge dazu getrieben, die Bibel zu übersetzen? Menge wuchs in einer vom Christentum geprägter Kultur auf: äußerlich war er wohl christlich, aber innerlich hatte er kein Interesse an Jesus. Wohlgemerkt: Seine Schulen galten als christliche Schulen: Menge hielt zum Beispiel regelmäßige Morgenandachten, aber dies tat er nicht aus einer Ehrfurcht zu Gott, sondern es war im Deutschland seiner Zeit einfach selbstverständlich. In dieser akademischen Welt war Menge äußerst erfolgreich. Bis er 1899 bei der Vorbereitung einer Morgenandacht merkte, dass er die Bibel gar nicht wirklich kannte:
da trat mir die Erkenntnis von meiner Unbekanntschaft mit der Bibel in solcher Stärke vor die Seele, daß ich mich tief und aufrichtig zu schämen begann und den festen Entschluß faßte, mich dem Studium der Bibel, und zwar zunächst des Neuen Testaments, mit aller Kraft zu widmen [aus: »Wie ich zur Übersetzung der Heiligen Schrift gekommen bin« im Anhang der Menge-Bibel]
Von da an hatte es ihn „gepackt“. Auf seiner Suche nach Gott übersetzte er das Neue Testament Stück für Stück: zuerst die geschichtlichen Teile, dann die Briefe. Manche Teile übersetzte er sechsmal: immer tiefer grub er in die Schrift und versuchte das Gelesene so gut als möglich in die deutsche Sprache zu übertragen. Er verstand die Gratwanderung zwischen Verständlichkeit und Zuverlässigkeit. Sein Credo war:
nicht sowohl in ängstlicher Weise am Buchstaben zu kleben, als vielmehr sinngetreu zu übersetzen, ohne zu dem überlieferten etwas hinzuzutun noch etwas davon wegzulassen [ebd.]
Ein halbes Jahr später bat er das Gymnasium um eine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Er wollte sich ganz dem Übersetzen widmen. Nachdem er seine laufenden Buchprojekte abgeschlossen hatte, übersetzte er in gut fünf Jahren das gesamte Neue Testament. Er fand auch sofort einen Verleger. Für seine Arbeit bekam er beste Rezensionen. Aber: Die Übersetzung verkaufte sich nicht. Doch Hermann Menge gab nicht auf. Durch eine innere Stimme getrieben, machte er sich auf, auch das Alte Testament zu übersetzen. Obwohl er keine Aussicht hatte, für die komplette Bibel einen Verleger zu finden, arbeitete er zwölf Jahre daran. Menge schreibt:
Ich darf mir mit gutem Gewissen das Zeugnis ausstellen, daß ich zur Erreichung meines Zieles keine Mühe gescheut und keine Zeit gespart habe. […]. [Ich] erlebte das geradezu wunderbare und nur durch Einwirkung von oben her erklärliche Ergebnis, daß ich länger als zwölf Jahre hindurch bei Tag und bei Nacht der Übertragung des Alten Testaments oblag, und zwar so, daß ich der Außenwelt im Innern abgestorben war und das Interesse für die Beschäftigungen, die mich vordemgeistig gefesselt hatten, unaufhaltsam schwinden fühlte. [ebd.]
Doch was machte er nach den 12 Jahren? Er verschloss die vollendete Übersetzung in seinen Schreibtisch! Er versuchte gar nicht erst, einen Verleger zu finden! Einige Zeit später las er in einen Artikel von Pfarrer Gauger, der die Elberfelder-Übersetzung scharf kritisierte. Menge war empört, denn er kannte die Elberfelder-Übersetzung als sehr genaue, gelungene Übersetzung. Er schrieb Gauger einen empörten Brief, wo er anführte, dass er sehr wohl etwas vom Bibelübersetzen verstehe, denn er habe die Bibel selbst übersetzt. Gauger, der Menges Übersetzung des Neuen Testaments kannte, war sofort Feuer und Flamme und organisierte den Druck der ganzen Menge-Bibel. Als sich der Druck verzögerte, kam Gauger selber für die Druck-Kosten auf. 1926 kam dann die gesamte Menge-Bibel heraus und verkaufte sich 100’000 Mal innert 3 Jahren. Ein beachtlicher Erfolg! Den Rest seines Lebens verbrachte Menge damit, seine Übersetzung zu korrigieren. Er konnte es nicht ertragen, dass seine Bibel Fehler enthielt, welche dem Leser ein falsches Bild von Gott vermitteln könnten. Solange es seine Augen zuließen, korrigierte er seine Bibel, jeden Tag. Menge starb 1939 im Alter von 99 Jahren.
Wie Menge dazu kam, die Bibel zu übersetzen
Aber wieso bloß hatte sich Menge die Mühe genommen, wenn er doch keine Aussicht auf eine Veröffentlichung hatte? Er, der es gewohnt war, seine Werke zur Altphilologie zu publizieren – hätte er nicht wenigstens versuchen können, sein Werk drucken zu lassen? Im Gegensatz zu Menge hatte z. B. Luther die Bibel darum übersetzt, weil das „normale Volk“ die damaligen Bibelübersetzungen nicht verstand. Er wollte die Bibel unters Volk bringen. Er glaubte an “sola scriptura” – die Schrift als endgültige Richtschnur; und da war seine Bibel ein Mittel zum Zweck. Menge aber übersetzte die Bibel in der Absicht, Gott zu finden. Und Gott ließ sich finden: allmählich öffnete der Geist Gottes ihm die Geheimnisse der Schrift. Und in diesem Prozess entstand eine ganze Übersetzung. Die Übersetzung ist sozusagen das Ergebnis von 17 Jahren ununterbrochener stiller Zeit. Es ist die Freude über die Schrift, Teil von Menges Anbetung. Und das, denke ich, macht diese Übersetzung so einzigartig. Im nächsten Beitrag werden Benjamin Misja und ich die Menge-Bibel einem Elchtest unterziehen und im letzten Beitrag werde ich weitere Vorzüge der Menge-Bibel beschreiben.
I am glad to see that Logos is finally doing more with German works, but German Bible texts is probably the least important of them. Any American who took the time to learn German to read theology probably already reads the Bible in Hebrew and Greek. He wants to have available the countless excellent German Biblical and theological works that will never be translated into English. The trick is getting them published. I suggested, for example, putting the German Keil and Delitxsch titles with the classic commentary upgrades as they would be published a lot sooner than entire works in German.
With these German bibles (which have been available this entire time, by the way), Logos is targeting not American readers, but the German market. I’m sure you can understand that German users will be interested in a solid base of quality translations before secondary works. That said, Thomas is hard at work securing all the rights to a whole bunch of German secondary works that will be incredibly useful once published. It’s nice to hear that Germans aren’t the only ones eagerly anticipating more works in German!
Well, in German language, there’s not even one freely licensed modern translation (with the „Offene Bibel“ on its way). Most of the digital German Bible texts could be considered inaccurate, only little checking and digitalization is going on. I collected most of original Keil&Delitzsch commentary books, there are also scans of them available. An English translation of them is currently in print, but as they’re translated, they’re certainly under new copyright protection without free licensing.
I prefer the Hermann Menge Bible Translation because of its honesty. Where a text could have an other meaning, Menge gives it. Where some words in the Hebrew text at his time were blotched or unreadable, Menge reports it in bottom notes.
I find, that after the dead Sea Scrolls’ discovery someone should have revised Menge’s Bible Translation, for surely some of the formerly unreadable words can now be clarified!.
Good idea! Sadly, it doesn’t seem like the Menge bible has a big enough lobby.
On the other hand, who knows, now that it’s in the public domain!