Prediger, bleib bei der Bibel [Teil 2]

Von Thomas Powilleit

Bibel, Homiletik, Predigt
Oktober 23, 2017

Predigen mit Vollmacht

Was ist das Geheim­nis, um mit Voll­macht zu pre­di­gen, sodass Men­schen durch die Pre­digt bewegt und ver­än­dert wer­den? Eine zen­tra­le Ant­wort des letz­ten Blog­bei­tra­ges dazu war: Beten Sie dafür, dass Men­schen sich durch die Pre­digt in Got­tes Gegen­wart gestellt wis­sen. Das kann nur der Geist Got­tes selbst bewir­ken und Gott möch­te: Wir sol­len IHN um die­ses Wir­ken bitten.

Ein wei­te­res Geheim­nis, wie eine Pre­digt voll­mäch­tig sein kann, ent­de­cken wir auf einer Wan­de­rung, von der Lukas berich­tet. Jesus war mit zwei Jün­gern nach Emma­us unter­wegs und half ihnen durch ein län­ge­res Gespräch, die Schrif­ten bes­ser zu ver­ste­hen. Als der Sohn Got­tes sie spon­tan ver­ließ, dach­ten die Jün­ger dar­über nach, was sie an die­sem ver­meint­lich Frem­den so ange­spro­chen hat­te. Ihr Ergeb­nis: „Brann­te nicht unser Herz in uns, wie er auf dem Weg zu uns rede­te und wie er uns die Schrif­ten öff­ne­te (Lk 24,32).“ Wie­der geht es dar­um, dass wir für Got­tes Anlie­gen dann Feu­er fan­gen, wenn er selbst zu uns redet. Aber es geht auch um das Mit­tel, das Gott dazu in der Regel gebraucht: die Schrift.

Die Schrift, also die Bibel, ist das Mit­tel, das Gott uns in die Hand gege­ben hat, damit Men­schen sei­ne Stim­me hören. Wenn wir als Ver­kün­di­ger die Bibel zu Sei­te legen, wird unse­re Pre­digt kraft­los sein. Span­nen­de Geschich­ten und tie­fe psy­cho­lo­gi­sche oder sozio­lo­gi­sche Ein­sich­ten kön­nen bibli­sche Aus­sa­gen ver­an­schau­li­chen oder unter­stüt­zen. Aber sie kön­nen nie­mals Got­tes Wort erset­zen. Es gibt vie­le Kon­zep­te, Men­schen von heu­te mit Got­tes guter Nach­richt zu errei­chen. Es ist aber ein fal­scher Ansatz, wenn die­se Metho­den mög­lichst wenig auf Got­tes Wort zurückgreifen.

Bleib bei der Bibel, weil sie irrtumslos ist

Der Apos­tel Pau­lus ermahnt: „Seid unbe­schol­te­ne Kin­der Got­tes inmit­ten eines ver­dreh­ten und ver­kehr­ten Geschlechts, unter dem ihr leuch­tet wie Him­mels­lich­ter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens fest­hal­tet … (Phil 2,15f).“ Gera­de als Ver­kün­di­ger sol­len wir dadurch auf­fal­len, weil wir das Wort des Lebens, also die Bibel, als das fest­hal­ten, was sie ist: Got­tes irr­tums­lo­ses Wort.

Irr­tums­los heißt: Got­tes Wort kann von kei­ner ande­ren Auto­ri­tät kor­ri­giert wer­den. Die Bibel redet nicht über alle Fra­gen des Mensch­seins, der Tier­welt und der Tech­nik. Aber dort, wo sie Aus­sa­gen dazu macht, sind die­se wahr. Wenn uns als Men­schen man­che Aus­sa­gen der Bibel zwei­fel­haft erschei­nen, gehen wir davon aus, dass wir man­che Din­ge noch nicht ent­deckt haben, die die bibli­sche Aus­sa­gen bestä­ti­gen würden.

So galt es lan­ge Zeit als sicher, dass die Hethi­ter eine Erfin­dung der Bibel sei­en, in Wirk­lich­keit aber nie exis­tiert hät­ten. Als 1905 Hugo Wink­ler ein Archiv mit 10.000 Ton­ta­feln fand, konn­te er dadurch bele­gen, dass der Fund­ort Boğaz­köy die Haupt­stadt der Hethi­ter gewe­sen sein muss. Heu­te immer noch belä­chelt ist die Aus­sa­ge aus 3Mo 11,6, dass der Hase ein Wie­der­käu­er sei. Es stimmt, dass er in der Bio­lo­gie nicht unter der Kate­go­rie „Wie­der­käu­er“ geführt wird. Den­noch nimmt der Hase im Dünn­darm befind­li­che Nah­rung erst auf, nach­dem er sie als wei­chen Kot aus­ge­schie­den und wie­der gefres­sen hat – also eine Art Wie­der­käu­en. Sol­che Bei­spie­le sol­len uns hel­fen, der Bibel vor­be­halt­los zu ver­trau­en, auch wenn bei man­chen Aus­sa­gen Zwei­fel in uns aufsteigen.

Bleib bei der Bibel, weil sie dem Verkündiger Autorität gibt

Wer in der Pre­digt Got­tes Wort als unein­ge­schränk­te Auto­ri­tät ste­hen lässt, muss nicht ver­su­chen, auf ande­re Hilfs­mit­tel zurück­zu­grei­fen, um Men­schen Halt und Hoff­nung zu geben. Es ent­las­tet, als Pre­di­ger nur der Bote eines Grö­ße­ren zu sein, des­sen Wort man nach­spre­chen darf. So kann man jeman­den wirk­lich trös­ten, weil man ihm in Got­tes Auf­trag sagen kann: „Fürch­te dich nicht“. Oder man muss jeman­den mit den Wor­ten war­nen: „Irre dich nicht, Gott lässt sich nicht ver­spot­ten.“ Das sind nicht nur die Wor­te eines Ver­kün­di­gers, son­dern Got­tes Wor­te, die nur über die Lip­pen eines Pre­di­gers kom­men. Als Ver­kün­di­ger bin ich nur Über­brin­ger der Nach­richt Got­tes, mehr nicht.

Es war die gro­ße Ent­de­ckung Mar­tin Luthers, dass weder der Papst noch die Kon­zi­li­en die letz­te Auto­ri­tät für unse­ren Glau­ben sein kön­nen. Der Refor­ma­tor ent­deck­te, dass allein das Wort Got­tes ihm die Auto­ri­tät gab, im Namen Got­tes reden zu kön­nen. Als Pre­di­ger müs­sen wir das Wort Got­tes nicht ver­tei­di­gen. Wir dür­fen dar­an festhalten.

Ich fin­de den Ver­gleich pas­send: Got­tes Wort ist wie ein Löwe im Käfig. Als Ver­kün­di­ger muss ich den Löwen nicht ver­tei­di­gen. Ich brau­che nur die Tür zu öff­nen und der Löwe wird für sich selbst kämp­fen. Ich muss nur das nach­spre­chen, was Gott in sei­nem Wort sagt. Als Ver­kün­di­ger soll­ten wir dem Wort Got­tes mehr zutrau­en. Wir soll­ten Got­tes Wort mehr Gewicht als unse­ren eige­nen Wor­ten geben.

Das Wort Got­tes kann uns nach 2Tim 3,16 zu einem Men­schen Got­tes machen, also zu jemand, über den Gott sich freut. Es lohnt sich, dar­über nach­zu­den­ken, wel­che Rol­le in die­sem Pro­zess Got­tes Wort spielt. Die Bibel unter­rich­tet in der Wahr­heit, deckt Schuld auf, bringt auf den rich­ti­gen Weg und erzieht zu einem Leben nach Got­tes Wil­len (2Tim 3,16 NGÜ). Kein Wun­der, dass der Apos­tel Pau­lus sei­nem Men­tee Timo­theus mit Nach­druck sagt: Pre­di­ge das Wort! (2Tim 4,2)

Bleib bei der Bibel, weil sie den Weg zu neuem Leben zeigt

Der Herr Jesus sagt: Ihr sucht in der Schrift, denn ihr meint, ihr habt das ewi­ge Leben dar­in … (Joh 5,39). Damit such­ten die Juden an der rich­ti­gen Stel­le. Schon in 5Mo 32,47 hat­te Mose in Got­tes Auf­trag über die Schrift gesagt: „Nicht ein lee­res Wort ist es für euch, son­dern es ist euer Leben“. Das unter­schei­det die Bibel von allen andern Büchern. Dass die Schrift Men­schen Leben geben kann, sehen wir, als der Haupt­mann Kor­ne­li­us gespannt auf Petrus war­tet, weil die­ser Wor­te zu ihm reden wird, durch die der Offi­zier und sei­ne Freun­de geret­tet wer­den (Apg 11,14).

Es sind „nur“ Wor­te, die Petrus spricht. Aber weil es Got­tes Wor­te sind, haben sie eine Aus­wir­kung dar­auf, ob Men­schen die Ewig­keit in der Tren­nung von Gott oder in tie­fer Gemein­schaft mit Gott ver­brin­gen. Petrus bekräf­tigt die­se Wahr­heit noch ein­mal in sei­nem Brief, wenn der Apos­tel sagt: „ihr seid wie­der­ge­bo­ren … durch das leben­di­ge und blei­ben­de Wort Got­tes“ (1Pet 1,23). Es ist also Got­tes Wort, das neu­es Leben bewirkt.

Des­halb soll­ten wir es in der Pre­digt auch vor­le­sen. Wer Got­tes Wort vor­ge­le­sen bekommt, hört Gott sogar akus­tisch zu sich spre­chen. Gut ist es, wenn man aus der Bibel abschnitts­wei­se vor­liest und den Text so erklärt, dass die Zuhö­rer ihn ver­ste­hen kön­nen (Neh 8,8). Ich per­sön­lich erle­be es als hilf­reich für die Zuhö­rer, wenn ich ihnen den Bibel­text mit einem Bea­mer zei­ge. Die Aus­sa­gen des Tex­tes, mit denen ich mich in der Pre­digt inten­si­ver beschäf­ti­ge, unter­le­ge ich zusätz­lich noch far­big. So kön­nen die Zuhö­rer sich selbst ver­ge­wis­sern, dass ich nicht mei­ne Gedan­ken in den Text hin­ein­le­se, son­dern über das rede, was wirk­lich im Text steht. Außer­dem ler­nen die Zuhö­rer „neben­bei“, wie sie mit bibli­schen Tex­ten auch in ihrer per­sön­li­chen Bibel­le­se umge­hen können.

Bleib bei der Bibel, weil Gottes Worte wirken werden

Eine Pre­digt wird immer bei­des ent­hal­ten: Auf der einen Sei­te eige­ne, gut gemein­te Wor­te, und auf der ande­ren Sei­te Got­tes Wor­te, die der Pre­di­ger nach­spricht. Got­tes Wor­te haben die Ver­hei­ßung, dass sie z. B. nicht leer zurück­kom­men, son­dern wir­ken wer­den (Jes 55,11). Oder dass sie wie ein Ham­mer sind, der har­te Her­zen durch­bre­chen kann (Jer 23,29). Für unse­re eige­nen Wor­te gilt die­se Ver­hei­ßung nicht. Des­halb ist ein Kenn­zei­chen von Pre­dig­ten, die die Zuhö­rer berüh­ren und ver­än­dern, dass Gott selbst in die­sen Pre­dig­ten zu Wort kommt. Das geschieht, indem sein Wort gele­sen und als Auto­ri­tät aner­kannt wird. Als Wahr­heit, die jedes gegen­sätz­li­che Den­ken als Lüge entlarvt.

Ich wün­sche Ihnen den Mut, an Got­tes Wort fest­zu­hal­ten. So hat Jesus es auch gemacht. Er hat zum Bei­spiel an die Schöp­fung geglaubt, an die Ehe als Ver­bin­dung von Mann und Frau, und an Noah und Jona.

Ich hof­fe, es ist deut­lich gewor­den: Eine bibli­sche Pre­digt dreht sich immer aus­le­gend um Bibel­tex­te. Denn sie sind Got­tes nie­der­ge­schrie­be­ne Wor­te, wir­ken Leben und geben dem Ver­kün­di­ger Auto­ri­tät. Um den Bibel­text erklä­rend aus­zu­le­gen, ist es not­wen­dig, sich zuvor mit den Aus­sa­gen von Got­tes Wor­ten beschäf­tigt zu haben.

Bei die­sem wich­ti­gen Teil der Pre­digt­vor­be­rei­tung wird jeder, der LOGOS benutzt, die­ses Werk­zeug sehr schnell zu schät­zen wis­sen. Denn mit die­sem Bibel­pro­gramm ist es mög­lich, ver­schie­de­ne Bibel­tex­te zu ver­glei­chen, wie wir spä­ter sehen wer­den, und damit einen Zugang zu den genau­en Wor­ten zu bekom­men, die dort ste­hen. LOGOS hilft einem Pre­di­ger also, genau hin­zu­hö­ren, was Gott gesagt hat. Das ist eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung, um eine Pre­digt vor­be­rei­ten zu kön­nen, in der die Zuhö­rer durch Got­tes Wort ange­spro­chen werden.


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Thomas Powilleit

Über den Autor

Thomas Powilleit ist Pastor der evangelischen Freikirche „Evangelium für Alle“ in Stuttgart (www.efa-stuttgart.de). Neben seinen Aufgaben dort ist er überörtlich vor allen Dingen im Rahmen des gleichnamigen Netzwerkes „Evangelium für Alle“ zu Seminaren und ausgewählten Einzelveranstaltungen unterwegs.

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  1. Ja – ganz rich­tig, das kann ich von gan­zem Her­zen unter­stüt­zen und ich hof­fe, dass die Bewe­gung hin zur Bibel in der Ver­kün­di­gung wie­der an Platz gewin­nen kann – das scheint mir bit­ter­nö­tig zu sein. Dan­ke für den Beitrag!

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