Gute Nachricht Bibel: „Es ging darum, den ersten kühnen Wurf zu bändigen“

Von Philipp Keller

Bibel, Bibelübersetzung, GNB, Gute Nachricht Bibel, NT68, Revision, Rolf Schäfer
Dezember 12, 2014

Inhalt

Interview mit Dr. Rolf Schäfer über die Revision der Guten Nachricht Bibel, welche den ‚kühnen Wurf’ in die zuverlässigste freie deutsche Bibelübersetzung verwandelte.

«Die lin­ke Hälf­te war mit dem Bibel­text bedruckt und in der rech­ten Hälf­te hat man die Noti­zen gemacht»: Dr. Rolf Schä­fer, Revi­sor der Guten Nach­richt Bibel

Herr Schäfer, ich weiß, sie waren 1968 bei der ersten Übersetzung der Guten Nachricht Bibel nicht dabei, doch zumindest haben Sie im Gegensatz zu mir damals schon gelebt. Können Sie etwas zum NT68 sagen?

Ich war 1968 zehn Jah­re alt, daher kann auch ich das nur aus einer gro­ßen Ent­fer­nung beschrei­ben: Die Bibel­ge­sell­schaf­ten haben damals ange­fan­gen, sich zusam­men­zu­schlie­ßen und hat­ten Kon­takt auf­ge­nom­men zur Ame­ri­can Bible Socie­ty. Damals gab es bei der Würt­tem­ber­gi­schen Bibel­an­stalt einen Pfar­rer namens Hans-Ulrich Nübel, der das Poten­zi­al erkannt hat, wel­ches die neue ame­ri­ka­ni­sche Good News Bible auch für die deut­schen Leser besaß. Er war der Über­zeu­gung, man müss­te auch in Deutsch­land eine Bibel in moder­ner Spra­che her­aus­brin­gen – nicht in Umgangs­spra­che, son­dern in einem Deutsch, wie es die Zei­tun­gen schrei­ben. Er woll­te weg von den tra­di­tio­nell gepräg­ten Begrif­fen, und weg von der theo­lo­gisch gepräg­ten Spra­che, hin zu einem natür­li­chen, moder­nen Deutsch. Und er sag­te sich: Das darf man nicht in die Hän­de von Theo­lo­gen geben, weil die sich nicht frei machen kön­nen von dem, was sie auf­grund ihrer Aus­bil­dung, ihrer Lebens­ge­schich­te, ihrer Ein­übung der Bibel auf­ge­so­gen haben. Sie kön­nen gar nicht aus die­sem Kor­sett der Kir­chen- und Theo­lo­gen­spra­che aus­bre­chen. Des­halb hat er etwas gemacht, was natür­lich aus phi­lo­lo­gi­scher Sicht hoch pro­ble­ma­tisch ist: Er hat Jour­na­lis­ten gebe­ten – da er ja die Spra­che der Zei­tun­gen im Visier hat­te – das Neue Tes­ta­ment zu übersetzen.

Natür­lich konn­te er bei den Jour­na­lis­ten kei­ne umfas­sen­den theo­lo­gi­schen und phi­lo­lo­gi­schen Sach­kennt­nis­se vor­aus­set­zen, dar­um sag­te er zu ihnen: Ihr über­setzt nicht aus dem Grie­chi­schen, son­dern zunächst Mal aus dem Eng­li­schen (Anm.: aus der Good News Bible) und erst in einer zwei­ten Redak­ti­ons­stu­fe kom­men dann Theo­lo­gen ins Spiel. Sie prü­fen die Über­set­zung anhand des grie­chi­schen Tex­tes auf deren Vertretbarkeit.

Und das alles in zwei Jahren! Geht das nicht zu Lasten der Genauigkeit?

Sogar in nur ein­ein­halb Jah­ren, denn das ame­ri­ka­ni­sche Vor­bild „Good News for Modern Man“ erschien im Janu­ar 1966 und das deut­sche NT68 kam schon im Herbst 1967 raus. So etwas wür­de man heu­te nicht mehr schaf­fen. Wenn wir das zum Bei­spiel mit der NGÜ ver­glei­chen, bei der die Über­set­zung des NT zwan­zig Jah­re in Anspruch nahm, wird klar, dass da jeweils ein ganz unter­schied­li­cher Anspruch dahintersteht.

Wie wurde diese Übersetzung aufgenommen?

Das NT68 hat stark pola­ri­siert, wie nicht anders zu erwar­ten war. Die einen hat die­se Über­set­zung begeis­tert, da sie die Bibel in einer fri­schen, zeit­ge­mä­ßen Spra­che lesen konn­ten, und den ande­ren ging die gan­ze Sache zu weit. Die tra­di­tio­nel­len Luther­bi­bel-Leser waren natür­lich erschüt­tert. Dabei war das Gan­ze gar nicht so scho­ckie­rend, denn man war in die­ser Zeit auch schon drauf vor­be­rei­tet, dass neue Wege beschrit­ten wer­den. Es gab z.B. die Über­tra­gung von Jörg Zink, die schon 1965 erschie­nen ist, und es war auch die Zeit, in der sich die katho­li­sche Kir­che auf das Kon­zil von 1968 vor­be­rei­te­te, das dann neben vie­len wich­ti­gen Refor­men auch zur Ein­heits­über­set­zung geführt hat. Das The­ma „neue Bibel­über­set­zun­gen“ lag also ohne­hin in der Luft und es gab das Bedürf­nis nach sol­chen Über­set­zun­gen. Inso­fern war das NT68 kein sin­gu­lä­res Vor­pre­schen, son­dern Teil eines Umbruchs auf brei­ter Front.

War die Kritik auf die unorthodoxe Vorgehensweise gerichtet oder auf das Prinzip der freien Übersetzung?

Zunächst ein­mal ist man nicht auf die prin­zi­pi­el­len über­set­zungs-theo­re­ti­schen Fra­gen ein­ge­gan­gen, die wur­den erst zu einem spä­te­ren Zeit­punkt dis­ku­tiert. Anfangs war nur Weni­gen bewusst, dass hin­ter dem NT68 eine von Euge­ne Nida ent­wi­ckel­te über­set­zungs­theo­re­ti­sche Kon­zep­ti­on steht. Die Kri­tik kon­zen­trier­te sich meist auf die vor­der­grün­di­ge phi­lo­lo­gi­sche Ebe­ne und lau­te­te im Kern: „Das ent­spricht nicht mehr dem Grie­chi­schen!“, wobei da eine rela­tiv enge Vor­stel­lung vor­herrsch­te, was „dem Grie­chi­schen ent­spre­chen“ bedeutet.

Danach wurde das NT 1971 korrigiert und 1982 kam die Vollbibel raus. Was ist da noch passiert?

In der Fas­sung von 1971 wur­de schon die Kri­tik am NT68 berück­sich­tigt, da wur­de wesent­lich nach­be­ar­bei­tet. Im Grun­de genom­men ist die gan­ze wei­te­re Geschich­te davon geprägt, die Gute-Nach­richt-Über­set­zung phi­lo­lo­gisch und theo­lo­gisch genau­er zu machen; den ers­ten küh­nen, schnel­len Wurf zu „bän­di­gen“, wie ein Gärt­ner, der die Was­ser­schos­se zurück­schnei­det, die zu viel ins Kraut schos­sen. Aller­dings: Dies zu tun, ohne den Grund­an­satz zu ändern – das ist eine Gratwanderung.

Der Grundtext blieb aber der vom NT68, und an diesem Text wurde immer weitergefeilt, richtig?

Ja, an den meis­ten Stel­len hat man ein­fach wei­ter­ge­feilt. Es gibt im Neu­en Tes­ta­ment aber auch gan­ze Pas­sa­gen, wel­che von Grund auf neu über­setzt wur­den. Wenn man die ver­schie­de­nen Fas­sun­gen neben­ein­an­der hält, dann kann man dies ver­fol­gen. Über die Jah­re hat vor allem die „inne­re Kri­tik“, also die der Über­set­zer sel­ber, die Gute-Nach­richt-Über­set­zung ver­bes­sert. Sie haben die Prin­zi­pi­en Nidas immer kon­se­quen­ter umgesetzt.

Kommen wir nun zur Revision 1997, der „neuen Guten Nachricht Bibel“. Wer hat diese Version initiiert?

Das war eine Initia­ti­ve der Deut­schen Bibel­ge­sell­schaft. Den Anstoß haben die Über­set­zer sel­ber gege­ben, wel­che an der Über­set­zung von 1982 mit­ge­wirkt hat­ten. Sie haben erkannt, dass es bei der Über­set­zung nach wie vor Schwach­punk­te gab. Das ist etwas, was eigent­lich jeder Über­set­zer emp­fin­det: Es bleibt immer eine gewis­se Unzu­frie­den­heit, weil die Über­set­zung ja nie 100% das Ori­gi­nal tref­fen kann.

Wie ging die Revision von 1997 vor sich?

Die Arbeit wur­de von vier Revi­so­ren bewäl­tigt: Feder­füh­rend war Dr. Hell­mut Haug, Ger­ma­nist und evan­ge­li­scher Theo­lo­ge; er hat­te schon für die Fas­sung von 1982 unter ande­rem die Pau­lus-Brie­fe bear­bei­tet. Ihm stan­den zwei Über­set­zer zur Sei­te, die eben­falls maß­geb­lich schon an der Fas­sung von 1982 betei­ligt waren: Dr. Joa­chim Lan­ge, ein katho­li­scher Neu­tes­ta­ment­ler und Schü­ler von Rudolf Schna­cken­burg, und Dr. Rudolf Kas­sühl­ke, Bap­tist und lang­jäh­ri­ger Mis­sio­nar in Kame­run, wo er die Bibel in die Ful-Spra­che über­setzt hat­te; er war es auch, der den Kon­takt zu Euge­ne Nida her­ge­stellt hat­te. Ich kam als Neu­ling zu die­sem Team hinzu.

Jeder von uns hat eine bestimm­te Por­ti­on des Tex­tes durch­ge­ar­bei­tet – anhand des hebräi­schen und grie­chi­schen Tex­tes und der maß­geb­li­chen neu­en Kom­men­ta­re – und alle Stel­len notiert, wel­che exege­tisch oder phi­lo­lo­gisch pro­ble­ma­tisch schie­nen. Man hat damals auf Papier gear­bei­tet: Die lin­ke Hälf­te war mit dem Bibel­text bedruckt und in der rech­ten Hälf­te hat man die Noti­zen gemacht, und hier und da muss­te man ein oder zwei Bei­blät­ter ein­fü­gen, weil es ein­fach zu vie­le Anmer­kun­gen gab.

Wurden da auch Kritiken an der 1982er-Version mit eingearbeitet?

Die Kri­ti­ken wur­den über die Jah­re in Ord­nern gesam­melt. Wobei man sagen muss: Eini­ge Kri­ti­ker hat­ten den theo­re­ti­schen Ansatz nicht voll­stän­dig ver­stan­den. Sol­che Kri­ti­ken wur­den in der Regel nicht mit aufgenommen.

Wie wurden diese Kritiken angebracht? Waren das Leserbriefe?

Nach dem Erschei­nen der Bibel 1982 gab es vie­le Rezen­sio­nen, in denen die Kri­tik öffent­lich geäu­ßert wur­de, und dann gab es tat­säch­lich eine gan­ze Men­ge Brie­fe: ent­we­der Leser­brie­fe oder Brie­fe von Leu­ten, die spon­tan was ent­deckt hat­ten. Man­che haben auch eine Fra­ge gestellt zu einer Bibel­stel­le und uns damit gezeigt, dass die Über­set­zung die­ser Stel­le miss­ver­ständ­lich oder unver­ständ­lich ist für jeman­den, der ohne Vor­kennt­nis­se an den Text her­an­geht. Die Leser­schaft der Guten Nach­richt unter­schei­det sich ja von der Leser­schaft tra­di­tio­nel­ler Bibeln wie der Luther­bi­bel oder der Elber­fel­der Über­set­zung. Vie­le Leser der Guten Nach­richt sind eher jün­ge­re Leu­te, die ent­we­der frisch zum Bibel­le­sen gekom­men sind und nicht kirch­lich sozia­li­siert sind. Jeden­falls war das in den 80er-Jah­ren so. Heu­te ist die Leser­schaft wesent­lich brei­ter, weil bei­spiels­wei­se die Kon­fir­man­den, die in den 80er-Jah­ren die Bibel zur Kon­fir­ma­ti­on erhal­ten haben, die sind ja heu­te auch ent­spre­chend älter gewor­den und kirch­lich viel­leicht auch bes­ser eingebunden.

Wie wurden dann die Anmerkungen der vier Revisoren zusammengetragen?

Wir haben Vor­la­gen aus­ge­ar­bei­tet und die­se wur­den dann in mehr­tä­ti­gen Sit­zun­gen zu viert durchgesprochen.

Wie lange haben Sie daran gearbeitet?

Fünf Jah­re lang, mit einem Pen­sum von 70–80 Pro­zent. Jeder hat­te sei­nen Teil der Bibel, für den er schluss­end­lich ver­ant­wort­lich war und in des­sen Über­set­zung er die Resul­ta­te die­ser Tagun­gen ein­ge­ar­bei­tet hat­te: Joa­chim Lan­ge hat sich auf das Neue Tes­ta­ment kon­zen­triert, Rudolf Kas­sühl­ke hat sehr viel im Alten Tes­ta­ment gemacht und Hell­mut Haug, der auch Ger­ma­nis­tik stu­diert hat­te, hat den gesam­ten Text durch­ge­ar­bei­tet und in Zwei­fels­fäl­len sti­lis­tisch die letz­te Ent­schei­dung getroffen.

Da war also ein Baptist mit dabei, ein Katholik und zwei Protestanten. Wie gut ging diese Zusammenarbeit?

In die­sem Kreis hat der kon­fes­sio­nel­le Hin­ter­grund gar kei­ne Rol­le gespielt. Höchs­tens viel­leicht, dass Rudolf Kas­sühl­ke mit sei­nem frei­kirch­li­chen Hin­ter­grund auch im Umgang mit der Spra­che irgend­wie frei­er gewe­sen ist. Aber ich mei­ne, das kann man nicht nur auf die Kon­fes­si­on zurück­füh­ren, son­dern es lag ein­fach in sei­ner Per­sön­lich­keit: Er sprüh­te immer vor Ideen und hat oft ein­fach mal ins Unrei­ne einen ori­gi­nel­len Vor­schlag gemacht. Aber das Mit­ein­an­der – ich will das jetzt nicht ver­klä­ren, aber das war eine Freu­de, in die­sem Team zu arbei­ten: die Ernst­haf­tig­keit in der Sache und auch, dass man unge­schützt spre­chen und Vor­schlä­ge machen konn­te, ohne dass man Angst vor despek­tier­li­chen Reak­tio­nen haben muss­te. Da wur­de sach­lich kri­ti­siert. Das war eine sehr schö­ne Zeit. Das betrach­te ich im Rück­blick als ein Geschenk.

Die 97er-Version hat die Gute Nachricht Bibel frauengerecht gemacht. War das eine Vorgabe der Bibelgesellschaft?

Nein, das war eine Ent­schei­dung der Über­set­zer. Wir haben die­ses The­ma nicht so pro­gram­ma­tisch bear­bei­tet wie zum Bei­spiel die „Bibel in gerech­ter Spra­che“. Aber immer­hin waren wir die ers­te deut­sche Bibel­über­set­zung, wel­che die­ses berech­tig­te Anlie­gen auf­ge­nom­men und an den Stel­len, an denen es gebo­ten war, dann auch umge­setzt hat. Wir haben zum Bei­spiel die Anre­de „adel­phoi“ als „Brü­der und Schwes­tern“ über­setzt, denn es ist exege­tisch und phi­lo­lo­gisch rich­tig, das im Deut­schen so wie­der­zu­ge­ben. Im Grun­de ist die tra­di­tio­nel­le Über­set­zung mit „Brü­der“ unbe­frie­di­gend und genau genom­men sogar inhalt­lich verfehlt.

Schwie­ri­ger ist es mit „Jün­ge­rin­nen und Jün­gern“, denn hier muss man dann exege­tisch ent­schei­den: Ist an der betref­fen­den Stel­le ein erwei­ter­ter Kreis gemeint, sodass man mit Grün­den anneh­men kann, dass auch Frau­en dazu­ge­hö­ren? Oder ist bei­spiels­wei­se der Zwöl­fer­kreis gemeint, sodass man mit Sicher­heit sagen kann, dass nur von Män­nern die Rede ist? Wir haben die­se Fra­ge des­halb nicht gene­rell, son­dern von Fall zu Fall entschieden.

Unse­re Über­set­zungs­ent­wür­fe haben wir an eini­ge Exege­tin­nen zur Durch­sicht unter dem Gesichts­punkt der frau­en­ge­rech­ten Spra­che geschickt und die haben ihrer­seits auf die Tex­te reagiert. Oft gin­gen ihnen unse­re Ent­wür­fe nicht weit genug. Soweit wir dies exege­tisch ver­ant­wor­ten konn­ten, haben wir sol­che kri­ti­schen Rück­mel­dun­gen ein­ge­ar­bei­tet. Aber die Revi­si­on war bezüg­lich frau­en­ge­rech­ter Spra­che sicher kei­ne „Maxi­mal-Lösung“.

Das andere war, dass Sie Leitbegriffe wie „Glaube“ und „Gerechtigkeit“ wieder eingeführt haben.

Ja, und das ist eigent­lich das Wichtigere.

Ist das auch von Ihnen gekommen oder war das eine Vorgabe?

Weder vom katho­li­schen Bibel­werk noch von der Deut­schen Bibel­ge­sell­schaft gab es irgend­wel­che Vor­ga­ben. Die Leit­li­ni­en der Revi­si­on wur­den von den Über­set­zern auf­grund ihrer eige­nen fach­li­chen Über­zeu­gung abgesteckt.

Seit der 97er-Revision wird die Gute Nachricht Bibel als die zuverlässigste kommunikative Übersetzung anerkannt. War das ein Ziel der Revision?

Ja sicher, natür­lich! Das war sogar der Aus­lö­ser. Es war die stel­len­wei­se mit Recht kri­ti­sier­te Unge­nau­ig­keit der Fas­sung von 1982, auf die sich die Revi­si­on kon­zen­trier­te. Des­we­gen wur­de der gesam­te Text exege­tisch auch noch­mals durch­ge­ar­bei­tet, mit dem Ziel, den Sinn des bibli­schen Tex­tes so genau, so voll­stän­dig und so ver­ständ­lich wie mög­lich auf Deutsch wie­der­zu­ge­ben. Das hat sich inso­fern gelohnt, als die Reak­tio­nen auf die 97er-Über­set­zung den Erfolg die­ser Arbeit durch­aus gewür­digt haben. Fach­leu­te kön­nen jetzt in der Regel ohne Schwie­rig­kei­ten erken­nen, wel­che phi­lo­lo­gi­schen Ent­schei­dun­gen oder exege­ti­schen Über­le­gun­gen oder sogar: wel­cher wis­sen­schaft­li­che Kom­men­tar einer bestimm­ten For­mu­lie­rung zu Grun­de liegt.

Jetzt sind es bald 20 Jahre seit der Revision. Sind Sie immer noch zufrieden mit dem Text? Oder braucht es schon bald eine Neue?

(Lacht) Im Gro­ßen und Gan­zen bin ich immer noch zufrie­den damit. An ein­zel­nen Stel­len wür­de ich jetzt viel­leicht etwas anders for­mu­lie­ren, denn exege­ti­sche Ein­sich­ten und phi­lo­lo­gi­sches Wis­sen ver­än­dern sich eben­so, wie die Sprach­ge­wohn­hei­ten der deut­schen Lese­rin­nen und Leser. Hin­ter mir steht ein Ord­ner, in dem ich sol­che Stel­len samm­le, über deren For­mu­lie­rung man noch ein­mal nach­den­ken muss. Das sind ent­we­der Sachen, die mir sel­ber inzwi­schen beim Lesen auf­ge­fal­len sind, oder auf die ich von ande­ren Lesern hin­ge­wie­sen wur­de. Aber wir machen‘s nicht so, dass wir sozu­sa­gen scheib­chen­wei­se hier und da etwas ändern, son­dern ich samm­le alle Fra­gen und Vor­schlä­ge über eine län­ge­re Zeit, bis wir eines Tages – sicher­lich inner­halb der nächs­ten zehn Jah­re – eine neue Durch­sicht der Über­set­zung in Angriff nehmen.

Man kann sagen, an einer Über­set­zung wie der Gute Nach­richt Bibel zu fei­len, ist eigent­lich eine Sisy­phus­ar­beit, mit der man nie wirk­lich fer­tig wird. Des­halb gibt man nach mei­ner eige­nen Erfah­rung die Über­set­zung nur ungern aus der Hand. In die­sem Sinn ist aus Über­set­zer-Sicht auch die aktu­el­le Fas­sung der Gute Nach­richt Bibel nicht „fer­tig“. Doch wir haben sie 1997 und dann ab 2000 in neu­er Recht­schrei­bung trotz­dem mit gutem Gewis­sen in den Druck gege­ben, weil wir uns sicher waren, dass wir getan und erreicht hat­ten, was in der Zeit mög­lich und erreich­bar war. Die Gute Nach­richt war 1967 die ers­te kom­mu­ni­ka­ti­ve Bibel­über­set­zung in deut­scher Spra­che und heu­te ist sie in der Fas­sung von 1997 auch die zuverlässigste.

Dr. Rolf Schä­fer hat in Tübin­gen Theo­lo­gie stu­diert und wur­de im Fach Altes Tes­ta­ment pro­mo­viert. Dr. Schä­fer arbei­tet bei der Deut­schen Bibel­ge­sell­schaft als Ver­lags­lek­tor und war einer der vier Über­set­zer, wel­che für die voll­stän­di­ge Über­ar­bei­tung der Guten Nach­richt Bibel in den 1990er Jah­ren zustän­dig waren.

Die­ser Arti­kel ist Teil 3 einer vier­tei­li­gen Rei­he über die Gute Nach­richt Bibel. Die ande­ren 3 Beiträge:

  1. Wie­so freie Bibel­über­set­zun­gen belä­chelt wer­den, und was dar­an falsch ist.
  2. Wie es zur ers­ten frei­en deut­schen Über­set­zung kam – eine erstaun­li­che Geschichte.
  3. Gute Nach­richt Bibel – eine umfang­rei­che Textkritik

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Philipp Keller

Über den Autor

Das Wort Gottes nicht nur lesen, sondern auch bewundern. Das versucht Philipp selbst zu tun und andere dazu zu motivieren. Er ist Worship-Leiter und bloggt privat. Auf Twitter ist er erreichbar unter @philippkellr

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